Spezialisten für Tuberöse Sklerose in Deutschland: Ein umfassender Überblick

Die Tuberöse Sklerose (TSC) ist eine seltene, genetisch bedingte Multisystemerkrankung, die verschiedene Organe betreffen kann. Dazu gehören das Gehirn, die Nieren, das Herz, die Lunge, die Augen und die Haut. Die Behandlung der TSC erfordert einen interdisziplinären Ansatz und eine altersübergreifende Betreuung. In Deutschland gibt es spezialisierte Zentren und Kliniken, die eine umfassende Versorgung für Patienten mit TSC anbieten.

Was ist Tuberöse Sklerose?

Die Tuberöse Sklerose (TSC), auch bekannt als hereditäre multiple Systemhamartomatosis, Tuberöser Sklerosekomplex, Morbus Pringle oder Bourneville-Pringle-Syndrom, ist eine komplexe, autosomal-dominant vererbte Systemerkrankung. Sie kann zu Fehlbildungen und zur Entstehung von gutartigen Tumoren, sogenannten Hamartomen, in fast allen Organen führen. Die Erkrankung manifestiert sich oft im Säuglings- oder Kindesalter, jedoch gibt es auch Diagnosen bei Erwachsenen.

Ursachen und Genetik

Ursache der Tuberösen Sklerose sind Mutationen in den Genen TSC1 (kodiert für Hamartin, Chromosom 9q34) oder TSC2 (kodiert für Tuberin, Chromosom 16p13.3). Hamartin und Tuberin bilden einen Proteinkomplex, der den mTOR-Signalweg reguliert. Ein Funktionsverlust dieses Komplexes führt zu einer übermäßigen Aktivierung des mTOR-Signalwegs, was die Entstehung von Gewebefehlbildungen und gutartigen Tumoren begünstigt. Die Neumutationsrate liegt bei etwa 2/3. Charakteristisch für die TSC ist die hohe Penetranz bei variabler Expression, auch innerhalb einer Familie.

Symptome und Diagnose

Die Tuberöse Sklerose kann mit schwersten geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen einhergehen, aber auch nur einzelne Symptome der Erkrankung können nachweisbar sein. Die Bildung von Hirntumoren kann Epilepsien, unterschiedlich schwere mentale Retardierung oder Autismus zur Folge haben. Bei einem Teil der Kinder mit TSC treten infantile Spasmen auf. Akute renale Blutungen sowie eine terminale Niereninsuffizienz zählen zu den häufigsten Todesursachen bei Patienten mit TSC.

Die Diagnose der TSC umfasst in der Regel eine umfassende Anamnese, körperliche Untersuchung und bildgebende Verfahren wie CT oder MRT. Bei Verdacht auf TSC kann eine weiterführende Diagnostik erforderlich sein. Eine frühzeitige diagnostische Absicherung wird zur Prävention und Therapie von Betroffenen empfohlen. Patienten mit nachgewiesener Mutation im TSC1- oder TSC2-Gen wird eine früh einsetzende Vorsorge empfohlen, um Komplikationen vorzubeugen.

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Spezialisierte Zentren und Kliniken in Deutschland

In Deutschland gibt es mehrere spezialisierte Zentren und Kliniken, die eine umfassende Betreuung für Patienten mit Tuberöser Sklerose anbieten. Diese Zentren zeichnen sich durch interdisziplinäre Teams und eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachbereichen aus.

Universitätskliniken Bochum, Essen und Witten-Herdecke (Standort Datteln)

Die Kliniken der Universitäten Bochum, Essen und Witten-Herdecke (Standort Datteln) haben sich zusammengeschlossen, um Patienten mit Tuberöser Sklerose optimal zu betreuen. Dieser Zusammenschluss ermöglicht die unproblematische Übernahme von Kindern und Jugendlichen in die Einrichtung der Erwachsenenmedizin. Regelmäßige Fallkonferenzen und ein enger wissenschaftlicher Austausch verbessern die Versorgung der Patienten. Zudem ermöglicht der Zusammenschluss die Durchführung gemeinsamer klinischer Forschungsvorhaben und die Überprüfung neuer Behandlungsstrategien.

Tuberöse Sklerose Zentrum Hannover

Das TSC-Zentrum Hannover wurde 2011 von Mitarbeitern der neuropädiatrischen Arbeitsgruppe der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) Hannover initiiert. Es ist Einzelzentrum des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZSE) der MHH. TSC-betroffene Kinder und Jugendliche werden hier gemeinsam durch das SPZ und die Spezialsprechstunden des Kinderkrankenhauses „Auf der Bult“ und der Kinderklinik der MHH neuropädiatrisch und kinder- und jugendpsychiatrisch betreut.

Neben den medikamentösen Therapien zur Behandlung von Epilepsien werden komplementär ketogene Ernährungstherapien (einschließlich der modifizierten Atkins Diät) angeboten. Zusätzlich werden Kinder mit TSC im SPZ in Hinblick auf Entwicklungsstörungen regelmäßig von Ärzten und Psychologen untersucht und erhalten entsprechende Therapieprogramme. Für epilepsiechirurgische Fragestellungen arbeitet das TSC-Zentrum Hannover mit dem Epilepsiezentrum Bielefeld-Bethel zusammen. Unmittelbare Kooperationspartner sind zudem die Kinderkardiologen mit Erfahrung in der Behandlung von kardialen Rhabdomyomen, das Institut für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie der MHH und niedergelassene Neuroradiologen für die bildgebenden Untersuchungen des Gehirns, die neurochirurgische Klinik der MHH und das Institut für Humangenetik der MHH. Die mit TSC klinisch und wissenschaftlich befassten Ärzte treffen sich mindestens zweimal jährlich zu einem Austausch über Patienten und Behandlungsoptionen.

Tuberöse Sklerose-Zentrum Worms

Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Wormser Klinikums ist als einzige Einrichtung in Rheinland-Pfalz als Tuberöse Sklerose-Zentrum (TSC-Zentrum) zertifiziert. Der Leiter des Tuberöse Sklerose-Zentrums, Univ.-Prof. Dr. Markus Knuf, ist ein ausgewiesener Tuberöse Sklerose-Experte und seit vielen Jahren als wissenschaftlicher Berater und im Vorstand der Selbsthilfeorganisation „Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.“ tätig. Im TSC-Zentrum Worms werden über 100 TSC-Patienten betreut.

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TSC-Zentrum Berlin-Brandenburg

Die Klinik ist Teil des TSC-Zentrums Berlin-Brandenburg und kooperiert in der interdisziplinären Versorgung von TSC-Patienten mit mehr als 10 weiteren Fachabteilungen. Sie ist bereits 2005 vom Verein Tuberöse Sklerose Deutschland e.V. (TSD e.V.) zertifiziert worden und arbeitet darüber hinaus eng mit der Kinderklinik zusammen.

Katholisches Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Hamburg

Die kinderneurologische (neuropädiatrische) Abteilung des Katholischen Kinderkrankenhauses Wilhelmstift in Hamburg behandelt jährlich weit mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche mit Erkrankungen des Nervensystems. Ein Schwerpunkt liegt auf der hochspezialisierten Epilepsie-Diagnostik und Behandlung an dem seit 2018 zertifizierten Kinderepilepsie-Zentrum Hamburg. Die Klinik bietet eine Spezialsprechstunde für Tuberöse Sklerose in Kooperation mit dem Ev. Krankenhaus Alsterdorf, UKE und Klinikum Nord an.

Therapieansätze bei Tuberöser Sklerose

Die Therapie der Tuberösen Sklerose ist symptomatisch, da die Erkrankung selbst nicht heilbar ist. Es stehen jedoch vielfältige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist die medikamentöse Behandlung mit mTOR-Inhibitoren (Everolimus oder Sirolimus). Diese Medikamente können das Wachstum von Tumoren reduzieren und die Symptome der TSC verbessern.

Ketogene Ernährungstherapie

Komplementär zu den medikamentösen Therapien kann eine ketogene Ernährungstherapie (einschließlich der modifizierten Atkins Diät) angeboten werden. Diese spezielle Diät kann insbesondere bei der Behandlung von Epilepsien hilfreich sein.

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Weitere Therapien

Zusätzlich zu den genannten Therapien können je nach Bedarf weitere Behandlungen erforderlich sein, wie z.B.:

  • Epilepsiechirurgie: Bei therapierefraktären Epilepsien kann eine epilepsiechirurgische Intervention in Erwägung gezogen werden.
  • Entwicklungsförderung: Kinder mit TSC und Entwicklungsstörungen erhalten im SPZ entsprechende Therapieprogramme.
  • Kardiologische Behandlung: Bei kardialen Rhabdomyomen ist eine enge Zusammenarbeit mit Kinderkardiologen erforderlich.
  • Nephrologische Betreuung: Akute renale Blutungen sowie eine terminale Niereninsuffizienz erfordern eine nephrologische Behandlung.
  • Neurochirurgische Intervention: Bei bestimmten Hirntumoren kann eine neurochirurgische Behandlung notwendig sein.

Die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Die Behandlung der Tuberösen Sklerose erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachbereichen. Dazu gehören:

  • Neuropädiatrie: Für die neurologische Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit TSC.
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie: Zur Behandlung von psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten.
  • Epileptologie: Für die Diagnostik und Behandlung von Epilepsien.
  • Kardiologie: Zur Behandlung von Herzerkrankungen, insbesondere Rhabdomyomen.
  • Nephrologie: Für die Behandlung von Nierenerkrankungen.
  • Dermatologie: Zur Behandlung von Hautveränderungen.
  • Augenheilkunde: Zur Untersuchung und Behandlung von Augensymptomen.
  • Humangenetik: Für die genetische Beratung und Diagnostik.
  • Sozialpädiatrie: Für die umfassende Betreuung von Kindern mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen.

Selbsthilfeorganisationen und Patientenunterstützung

Eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Patienten mit Tuberöser Sklerose spielen Selbsthilfeorganisationen wie die „Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.“ Diese Organisationen bieten Informationen, Beratung und Unterstützung für Betroffene und ihre Familien. Sie fördern den Austausch zwischen Patienten, Ärzten und Forschern und tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Erkrankung zu erhöhen.

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