Tuberöse Sklerose: Verlauf, Symptome und Behandlung

Die tuberöse Sklerose (TSC) ist eine genetisch bedingte Multisystemerkrankung, die durch das Wachstum gutartiger Tumore in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist. Am häufigsten sind Haut, Gehirn, Herz und Nieren betroffen. Die Krankheit manifestiert sich sehr unterschiedlich und der Verlauf ist individuell verschieden. In manchen Fällen sind die Beeinträchtigungen so gering ausgeprägt, dass die Lebensqualität kaum beeinträchtigt ist.

Definition und Ursachen

Die tuberöse Sklerose ist eine erbliche Krankheit, die in etwa 30 % der Fälle vererbt wird. In den übrigen 70 % beruht sie auf spontanen Mutationen. Ursächlich sind Veränderungen in den Genen TSC1 und TSC2, die für die Produktion der Proteine Hamartin (TSC1) und Tuberin (TSC2) zuständig sind. Diese Proteine bilden den Hamartin-Tuberin-Komplex, der eine wichtige Rolle bei der Regulation von Zellwachstum und Zelldifferenzierung spielt. Mutationen in diesen Genen führen zu einem unkontrollierten Zellwachstum, was die Bildung von Tumoren an verschiedenen Stellen im Körper zur Folge hat. Obwohl diese Tumore gutartig sind, können sie die Funktion normaler Zellen beeinträchtigen und stören. Da die Tuberöse Sklerose Complex autosomal dominant vererbt wird, genügt bereits die Veränderung einer dieser beiden Kopien, um die Erkrankung zu verursachen.

Häufigkeit

Die tuberöse Sklerose tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1 Fall pro 6.000 in der Gesamtbevölkerung auf. Die Anzahl neuerkrankter Personen liegt bei 1 zu 11.180 und 1 zu 22.360 Lebendgeburten.

Symptome

Die tuberöse Sklerose kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, die je nach betroffenem Organ variieren. Die am häufigsten betroffenen Organe sind Haut, Gehirn, Nieren, Herz, Augen und Lungen.

Neurologische Beeinträchtigungen

Veränderungen im Gehirn treten häufig auf und können Epilepsie verursachen. Autismus, kognitive Störungen und Verhaltensauffälligkeiten sind ebenfalls häufig, wobei etwa 85 % der Kinder Komplikationen des zentralen Nervensystems erleiden. Intellektuelle Entwicklungsstörungen werden bei 50 % der Betroffenen beobachtet. Häufig macht sich Tuberöse Sklerose erstmals durch epileptische Anfälle bemerkbar - vor allem in den ersten Lebensmonaten.

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Hautbefunde

Hautveränderungen treten besonders häufig im Gesicht, aber auch in anderen Körperregionen auf. Angiofibrome sind gelb-rote, feste, Muttermal-ähnliche Veränderungen, die oft eine leicht blutende Oberfläche haben und im Gesicht und auf der Stirn vorkommen. Weißliche Flecken lassen sich am ganzen Körper erkennen. Knollenartige Veränderungen in der Nähe des Nagelbetts oder unter den Nägeln sind ebenfalls häufig.

Beeinträchtigungen der Herzfunktion

Fetale Herztumore (Rhabdomyome) können Herzklappen oder Herzkammern verengen und zu einer verminderten Kontraktionsfähigkeit des Herzens führen. Dies kann Erkrankungen des Herzmuskels zur Folge haben (Kardiomyopathie). Die Rhabdomyome verschwinden aber häufig in den ersten Lebensjahren ohne größere Folgen. Einen ersten Hinweis auf die Krankheit können Tumoren am Herzen geben, die mittels Ultraschall zum Teil schon vorgeburtlich erkannt werden.

Nierenbeeinträchtigung

In den Nieren kann tuberöse Sklerose zur Bildung von Tumoren führen, die Blutungen auslösen können (Angiomyolipome). Auch Nierenzysten sind häufig. Nierenkrebs tritt bei Personen mit tuberöser Sklerose häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Bei mehr als der Hälfte der TSC-Betroffenen sind Tumoren an der Niere bereits vor dem 10. Lebensjahr zu finden, im Erwachsenenalter bei etwa 75 %. Diese können zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen führen.

Lungenerkrankungen

In der Lunge treten Zysten auf, die symptomlos sein können, aber im Falle eines Risses zu einem Pneumothorax (krankhafte Luftansammlung im Brustkorb) führen können. Außerdem kann es zu Veränderungen der glatten Muskulatur kommen, die im Verlauf Lungenfunktionsstörungen und eine Herzbelastung mit sich bringen können. Etwa ein Drittel der erwachsenen Frauen haben eine Lymphangioleiomyomatose (LAM).

Augenbefunde

Die Augen können ebenfalls betroffen sein, was zur Einschränkung des Sehfelds oder Sehvermögens führen kann. Bei etwa 30 - 50 % der TSC-Betroffenen finden sich häufig bereits schon ab dem frühen Kindesalter gutartige Gewebsveränderungen der Netzhaut.

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Zähne und Mundraum

Typisch sind Defekte des Zahnschmelzes und gutartige Tumore im Bereich des Zahnfleisches (Zahnfleischfibrome).

Diagnose

Bei Verdacht auf tuberöse Sklerose werden in der Regel unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt. Die Haut wird untersucht, Blut und Urin analysiert, der Blutdruck gemessen und ein EKG geschrieben. Weitere Untersuchungen bei Spezialisten sind erforderlich:

  • CT oder MRT des Gehirns: Diese bildgebenden Verfahren können die typischen Veränderungen im Gehirn erkennen lassen.
  • Ultraschalluntersuchungen: Diese können Nierenzysten und -tumore aufzeigen und werden auch eingesetzt, um Herzerkrankungen aufzuspüren, die bei Neugeborenen und Kleinkindern mit tuberöser Sklerose häufig sind.
  • Genetische Untersuchung: Eltern und Geschwister betroffener Patienten können genetisch untersucht werden, um die Diagnose zu bestätigen und das Vererbungsrisiko einzuschätzen.

Tumoren am Herzen können per Ultraschall schon vorgeburtlich entdeckt werden und geben dann häufig den ersten Hinweis auf die Erkrankung. wird die Diagnose jedoch aufgrund epileptischer Anfälle gestellt, die bereits in den ersten Lebensmonaten auftreten können.

Therapie

Tuberöse Sklerose ist nicht heilbar. Die Behandlungsziele sind eine Verbesserung der Lebensqualität, Symptombekämpfung und Vermeidung von Komplikationen. Die Behandlung besteht aus verschiedenen Maßnahmen, damit das Kind so normal wie möglich heranwachsen und sich entwickeln kann. Je nach Ausmaß der Erkrankung sind bei Kindern unterschiedliche Behandlungen erforderlich. Einzelne Kinder benötigen zusätzliche Unterstützung, um Dinge zu lernen, die andere Kinder leicht lernen.

Medikamentöse Therapie

Viele Patienten mit tuberöser Sklerose benötigen Antiepileptika, um Anfällen vorzubeugen. Das Medikament Everolimus (Votubia®) kann bei therapieresistenten Epilepsien zu Erfolgen führen, wirkt aber immunsuppressiv und kann Nebenwirkungen haben. Es wirkt als Inhibitor am „Hauptschalter“ MTOR und hemmt somit das unkontrollierte Zellwachstum. Eine fettreiche Ernährung, eine sogenannte ketogene Diät, kann sich bei Patienten mit häufigen epileptischen Anfällen positiv auswirken. Zudem können andere Medikamente erforderlich sein, z. B. Herzmedikamente.

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Der Wirkstoff Everolimus hemmt diese Wucherungen, die sich dadurch zurückbilden können. Everolimus fährt das Immunsystem herunter. Dadurch kann es häufiger zu Infekten kommen. Außerdem können Medikamente wie Cannabidiol dazu führen, dass Everolimus langsamer abgebaut wird.

Operative Eingriffe

Darüber hinaus können die Tumore gelegentlich so groß werden, dass sie einen operativen Eingriff erfordern.

Weitere Maßnahmen

  • Regelmäßige zahnmedizinische Untersuchungen: Diese sind wichtig, um Defekte des Zahnschmelzes und Zahnfleischfibrome frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
  • Frühförderung und spezielle Förderung: Kinder mit kognitiven Einschränkungen oder Entwicklungsverzögerungen benötigen möglicherweise Frühförderung und spezielle Förderung, um ihre Fähigkeiten optimal zu entwickeln.
  • Psychologische Unterstützung: Die Diagnose tuberöse Sklerose kann für Betroffene und ihre Familien eine große Belastung darstellen. Psychologische Unterstützung kann helfen, mit den Herausforderungen der Erkrankung umzugehen.

Regelmäßige Kontrollen

Der Umfang der Behandlung hängt teilweise vom Ausmaß der Erkrankung und den betroffenen Organsystem ab. Im Allgemeinen sollten sich Patientinnen mindestens zu jährlichen Routinekontrollen bei Hausärztinnen und anderen Spezialistinnen (wie Neurologinnen) vorstellen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um Komplikationen der Tuberösen Sklerose vorzubeugen.

Prognose

Die Ausprägung der Symptome und Einschränkungen kann sehr unterschiedlich sein. Patient*innen mit Epilepsie, die vor dem 12. Lebensmonat auftritt, haben eine schlechtere Prognose hinsichtlich ihrer Beschwerden. Eine gute Anfallskontrolle scheint sich positiv auf geistige Entwicklungsprozesse auszuwirken. Die Prognose ist davon abhängig, welche Organe wie betroffen sind und wie gut die Folgen behandelt werden können.

Forschung

Eine Studie untersucht, ob Babys mit der Seltenen Erkrankung Tuberöse Sklerose von sehr früher Medikation profitieren. In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie erhalten 30 Säuglinge von den ersten vier Lebensmonaten an das Medikament.

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