Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bietet eine umfassende Versorgung von Patient:innen mit Bewegungsstörungen, von der Erstdiagnose bis zur Behandlung im fortgeschrittenen Stadium. Ein besonderes Merkmal ist die enge Verbindung von ambulanter und stationärer Betreuung. Die Parkinson-Tagesklinik in W34, EG, stellt hierbei ein wichtiges Bindeglied dar.
Ambulante Versorgung und Spezialsprechstunden
In der Neurologischen Poliklinik und dem Ambulanzzentrum Neurologie (MVZ) werden verschiedene Sprechstunden angeboten, die sich auf spezifische Bewegungsstörungen konzentrieren. Hierzu gehören Sprechstunden für Dystonien und Spastik. Diese Sprechstunden dienen als Brücke zwischen niedergelassenen Fachärzt:innen und der stationären Patient:innenbetreuung und decken das volle Spektrum neurologischer Erkrankungen ab.
Dystonie-Ambulanz
Die Dystonie-Ambulanz bietet eine umfassende Betreuung von Patient:innen mit isolierten und kombinierten Dystonien. Dystonien sind Bewegungsstörungen, die durch länger anhaltende, unwillkürliche Muskelkontraktionen gekennzeichnet sind. Diese können zu verzerrenden, sich wiederholenden Bewegungen, abnormen Haltungen oder bizarren Fehlstellungen von Körperteilen führen. Die Dystonie kann im Bereich des Gesichtes (Blepharospasmus bzw. Lidkrampf), des Halses (Torticollis spasmodicus bzw. Schiefhals), des Rumpfes, der Beine oder im Bereich der Hände aktionsgebunden auftreten (Schreibkrampf). Tremor ist ein häufiges Begleitsymptom dystoner Bewegungsstörungen.
Diagnostik:
Im Rahmen der Erstvorstellung in der Dystonie-Ambulanz wird eine umfassende Diagnostik zur Einschätzung der Ursache des dystonen Syndroms angeboten. Neben der ausführlichen Anamnese und der klinisch neurologischen Untersuchung zählen hierzu in einzelnen Fällen weitere apparative, laborchemische und molekulargenetische Verfahren.
Therapie:
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Behandlung von Dystonien mittels systemischen medikamentösen Therapien und lokalen Botulinumtoxin-Injektionen. Hinsichtlich der symptomatischen Behandlung von Dystonien stehen neben der selektiven peripheren Denervierung mittels Botulinumtoxin medikamentöse Behandlungsoptionen zur Verfügung, deren Einsatz sich nach dem Verteilungsmuster der betroffenen Körperregionen richtet. Während bei fokalen Dystonien Injektionen von Botulinumtoxin in der Regel die Therapie der ersten Wahl darstellen, stehen bei generalisierten Dystonien medikamentöse Therapieversuche im Vordergrund.
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Spastik-Ambulanz
Die Spastik-Ambulanz bietet eine umfassende Betreuung von Patient:innen mit spastischen Syndromen an. Spastizität entwickelt sich als Folge einer Läsion des oberen Motoneurons. Die Ursachen von Spastizität sind vielfältig und schließen vaskuläre, traumatische, entzündliche, hypoxische und degenerative Ursachen ein - wobei für die Ausbildung der Spastik weniger die Ursache selbst, sondern vielmehr die Lokalisation der Schädigung innerhalb des zentralen Nervensystems entscheidend ist. Im Erwachsenenalter ist die häufigste Ursache von Spastik der ischämische Schlaganfall.
Diagnostische Verfahren:
In der Ambulanz wird im Rahmen einer Erstvorstellung mit der Frage nach Behandlung von Spastizität nach Schlaganfall eine ausführliche Anamnese und klinisch-neurologische Untersuchung durchgeführt, um dann das weitere Therapiekonzept zu planen. Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit einem spastischen Syndrom, das nicht durch einen Schlaganfall verursacht wurde, ist die zusätzliche Mitnahme von bereits veranlassten Untersuchungen (Kopf-MRT, laborchemische und ggf. genetische Testungen) wünschenswert.
Therapeutische Verfahren:
Der Schwerpunkt liegt hierbei vor allem auf der Behandlung von fokaler Spastizität mittels lokalen Botulinumtoxin-Injektionen. Zur Optimierung des Therapieerfolges der Botulinumtoxin-Injektionen werden routinemäßig Sonographie-gestützte Injektionstechniken angewandt. Bei Patientinnen und Patienten mit einem spastischen Syndrom unklarer Ursache steht zunächst die diagnostische Einschätzung im Vordergrund.
Terminvereinbarung
Ambulante Vorstellungen in den Spezialsprechstunden können nur nach vorheriger Terminvereinbarung erfolgen und erfordern zudem einen gültigen ärztlichen Überweisungsschein. Die Terminvergabe für Erst- und Wiedervorsteller in der Spastik-Ambulanz erfolgt telefonisch unter der 040-7410-22300. Bei der Erstvorstellung sollten Vorbefunde (Arztberichte), bildgebende Verfahren (Kopf-MRT), laborchemische Befunde und ggf. genetische Testungen mitgebracht werden.
Die Parkinson-Tagesklinik: Ein interdisziplinäres Angebot
Seit 2016 bietet das UKE ein zusätzliches Behandlungsangebot für Parkinson-Patient:innen im Rahmen einer neu gegründeten teilstationären Tagesklinik an. Dieses Angebot richtet sich an Patient:innen, die eine optimierte Einstellung ihrer Medikation, einer Medikamentenpumpe oder der Tiefen Hirnstimulation benötigen und bei denen ein ambulanter Termin nicht ausreichend ist. Dies ist der Fall, wenn eine engmaschige Verlaufskontrolle notwendig ist, eine stationäre Behandlung jedoch nicht sinnvoll erscheint, da die realistische Alltagsbelastung berücksichtigt werden soll. Neben den medikamentösen soll auch ein Fokus auf begleitende nicht-medikamentöse Therapien gelegt werden.
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Behandlungskonzept und Team
Im Rahmen der Tagesklinik besteht an 5 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 3 Wochen die Möglichkeit, mit ausreichend Zeit die individuellen Probleme der Patient:innen zu erfassen und einen persönlich auf sie zugeschnittenen Therapieplan zu erstellen. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzt:innen, Parkinson-Nurses, Psycholog:innen, Musiktherapeut:innen, Logopäd:innen, Ergo- und Physiotherapeut:innen sowie assoziierten Mitarbeitenden mit Schwerpunkt Parkinson kümmert sich um die Patient:innen.
Leistungen der Tagesklinik
Das Angebot der Parkinson-Tagesklinik umfasst:
- Mehrfache Arztkontakte (Anamnese & Problemanalyse)
- Individueller Therapieplan inklusive:
- Physiotherapie/Sportgruppe
- Ergotherapie
- Logopädie
- ggf. Ernährungsberatung
- ggf. Beratung durch Sozialdienst
- Musiktherapie
- Diverse Schnupperkurse (z.B. Stressbewältigung nach Kaluza, LSVT® BIG)
- ggf. Psychotherapie
- Mehrfache Kontakte mit Parkinson-Nurse (motorische & kognitive Testung)
- Ermittlung der Kerndefizite
- Weiterführende interdisziplinäre Diagnostik/Therapie (z.B. Ausgefüllte Checkliste (bereits VOR dem Aufenthalt zuschicken, siehe unten)
Vorbereitung auf den Aufenthalt
Vor Beginn der tagesklinischen Behandlung werden einige Informationen zu den Parkinson-Patient:innen benötigt. Dies dient dazu, in Bezug auf den Aufnahmezeitpunkt eine Prioritätenliste festzulegen und einzuschätzen, welche Ziele in der Tagesklinik verfolgt werden sollen. Nach der Anmeldung erhalten die Patient:innen einen Termin sowie weitere Informationen (Fragebögen, Vordruck Bewegungsprotokoll etc.). Alle wichtigen Informationen sind in einer Informationsbroschüre zusammengefasst.
Notwendige Unterlagen:
- Einweisungsschein vom Neurologen
- Krankenkassenkarte
- Aktueller und vollständiger Medikamentenplan sowie Medikamente für den jeweiligen Tag
- Ggf. Handprogrammiergerät für die THS bzw.
Innovative Therapieansätze: Kickboxen bei Parkinson ("Kickparkinson")
Das UKE setzt auch auf innovative Therapieansätze wie Kickboxen, um die Symptome von Parkinson zu lindern. Aufgrund der besonderen Kombination von Training des Gleichgewichts, Körperkontrolle, Koordination und Beanspruchung sowohl der oberen als auch der unteren Extremitäten gehen die Expert:innen davon aus, dass Kick-Boxen als ganzheitliches Körpertraining zur Kontrolle der Krankheitssymptome und insbesondere zur Vermeidung von Stürzen bei Parkinson besonders hilfreich ist. Der Bewegungsablauf enthält darüber hinaus große Bewegungen in repetitiver Form. Die Effektivität von beim Kickboxen üblichen Bewegungsmustern wurde bereits für die LSVT-BIG® Therapie bei Parkinson in zahlreichen Studien nachgewiesen. Des Weiteren fordert und fördert Kickboxen Konzentration, Multitasking, Daueraufmerksamkeit und Aufmerksamkeitswechsel (Attention-Shifting), alles neuropsychologische Fähigkeiten, die bei Parkinson regelhaft beeinträchtigt sind.
Die Parkinson Nurse Beate Schönwald gewann für das "Kickparkinson"-Training den Stiftungspreis Praxis 2024 der Hilde-Ulrichs-Stiftung. „Die Verbesserungen hinsichtlich Körperhaltung, Gangstabilität, Sprache und Stimmung wurden bei den Teilnehmern wahrgenommen und beschrieben und darüber hinaus auch durch eine wissen-schaftliche Bachelor-Arbeit begleitet”, erläutert May Evers, stellv. Kuratoriumsvorsitzende der Hilde-Ulrichs-Stiftung die Entscheidung der Jury. „Das harte „Kickparkinson”-Training hat sich ausgezahlt - sowohl körperlich als auch mental”, zieht Beate Schönwald, selbst begeisterte Kickboxerin, eine erfreuliche Bilanz.
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Weitere Angebote und Informationen
Das UKE veranstaltet regelmäßig Informationstage zu Parkinson, zur Tiefen Hirnstimulation und weiteren Themen rund um Bewegungsstörungen. Ein Bildband portraitiert in hochwertigen Schwarz-Weiß-Fotografien verschiedene Menschen, die an Parkinson erkrankt sind und zeigt deren individuelle Ansätze, trotzdem ein erfülltes und spannendes Leben zu führen. Es geht darum, Mut und Hoffnung zu geben und Angst und Vorurteile zu reduzieren.
Parkinson-Kliniken in Deutschland
Neben der Parkinson-Tagesklinik am UKE gibt es in Deutschland weitere spezialisierte Parkinson-Kliniken, die sich auf die Diagnose und Behandlung von Menschen mit Parkinson konzentrieren. Manche dieser Spezialkliniken besitzen auch ein Zertifikat der Deutschen Parkinson-Vereinigung (dPV). Eine Übersicht dieser Kliniken ist über die Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (www.parkinson-vereinigung.de) erhältlich.
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