Die Neurologie an der Universität Bonn (Uni Bonn) hat sich zu einem bedeutenden Zentrum für Forschung und Patientenversorgung entwickelt. Durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Kliniken und Institute, darunter das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), werden innovative Therapieansätze entwickelt und angewendet.
Schwerpunkte der Neurologischen Forschung in Bonn
Die neurologische Forschung in Bonn konzentriert sich auf verschiedene Schwerpunkte, die im Folgenden näher beleuchtet werden.
Neuroonkologie
Die Klinik für Neuroonkologie am Universitätsklinikum Bonn (UKB) ist spezialisiert auf die Behandlung von Hirntumorerkrankungen. Unter der Leitung von Prof. Ulrich Herrlinger werden hier neueste Entwicklungen schnell in die Therapie integriert. Auch Patienten mit seltenen Hirntumoren können an Studien mit neuesten Medikamenten teilnehmen. In mehreren klinischen Studien werden innovative Therapieansätze bei Glioblastomen untersucht.
Vaskuläre Neurologie
Die Klinik für Vaskuläre Neurologie versorgt Patienten mit Schlaganfällen und anderen Erkrankungen der Hirndurchblutung auf höchstem Niveau. Auch eine Risikovorsorge und Beratung bei Erkrankungen der Hirngefäße wird hier angeboten. Prof. Gabor Petzold betont die enge Zusammenarbeit mit dem DZNE, wodurch Patienten von aktuellen Studienergebnissen profitieren und die neuesten und besten Therapien erhalten können.
Neuromuskuläre Erkrankungen
In der Klinik für Neuromuskuläre Erkrankungen werden Muskeldystrophien, Neuropathien und Motoneuronerkrankungen wie Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) behandelt. Prof. Cornelia Kornblum erläutert, dass es für einige neuromuskuläre Erkrankungen, die bis vor Kurzem noch als unbehandelbar galten, mittlerweile innovative, wirksame Therapien mit ganz neuen Wirkmechanismen gibt, z.B. Gentherapien. Die Klinik ist Behandlungszentrum des Zentrums für Seltene Erkrankungen Bonn und bietet Abklärungen und Behandlungen in einer Muskelspezialambulanz, einer Motoneuronspezialambulanz sowie in einem neuromuskulären klinischen Studienzentrum an. Für eine genaue Diagnose mit individueller Behandlungsempfehlung werden im UKB-eigenen Muskellabor Muskelbiopsien untersucht.
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Parkinson, Schlaf- und Bewegungsstörungen
Die Klinik für Parkinson, Schlaf- und Bewegungsstörungen behandelt das breite Spektrum von Bewegungsstörungen, d.h. neben den häufigen Parkinson- und Tremorsyndromen auch die selteneren neurodegenerativen Krankheiten wie Ataxien und Chorea. Tremorbehandlungen mit Magnetresonanz(MR)-gesteuertem, hoch fokussierten Ultraschall werden nur in Bonn und Kiel angeboten. Für Patienten mit Ataxien werden innovative Behandlungsmöglichkeiten mit wissenschaftlichen Studien angeboten.
Neuroimmunologie
In der Klinik für Neuroimmunologie werden Patienten mit akuten und chronischen entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems behandelt. Diese beinhalten sowohl erregerbedingte Krankheiten als auch insbesondere Autoimmunerkrankungen, wie beispielsweise Multiple Sklerose (MS) oder entzündliche Neuropathien. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und therapeutischen Optionen für solche entzündlichen Erkrankungen haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, so dass in der neuroimmunologischen Ambulanz Therapieentscheidungen getroffen werden können, die auf die individuellen Bedürfnisse im Sinne der „personalisierten Medizin“ optimal abgestimmt sind. Die Klinik für Neuroimmunologie ist außerdem verantwortlich für die neurologische Intensivmedizin im Zentrum für Neurologie.
Kooperationen und Netzwerke
Die Neurologieforschung in Bonn profitiert von zahlreichen Kooperationen und Netzwerken, die den Wissensaustausch und die Entwicklung neuer Therapieansätze fördern.
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Durch die Gründung des DZNE im Jahr 2009 wurde die translationale Forschung in Bonn entscheidend gestärkt. Die enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitsgruppen des Forschungsschwerpunkts Neurosciences und des DZNE wurde durch den Bezug des hochmodernen DZNE-Gebäudes 2016 in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Neurozentrum weiter intensiviert. Mehrere Kliniker des Neurozentrums haben gleichzeitig eine Affiliation im DZNE. Das DZNE betreibt mehrere technologische Plattformen, zu denen Forscher der Medizinischen Fakultät Bonn Zugang haben. In Bonn betreibt das DZNE überdies die „Rheinland Studie“: Diese auf Jahrzehnten angelegte, bevölkerungsbasierte Studie untersucht, welche Faktoren die menschliche Gesundheit bis ins hohe Alter beeinflussen. Mit rund 600 Beschäftigten ist Bonn größter Standort des DZNE sowie Sitz des Vorstands und der zentralen Verwaltung.
Centrum für Integrierte Onkologie (CIO Bonn)
Das Centrum für Integrierte Onkologie (CIO Bonn) ist das interdisziplinäre Krebszentrum des Universitätsklinikums Bonn und des Johanniter- Krankenhauses Bonn. Unter seinem Dach arbeiten alle Kliniken und Institute des UKB zusammen, die sich mit der Diagnose, Behandlung und Erforschung aller onkologischen Erkrankungen befassen. Das CIO Bonn gehört zum bundesweiten Netzwerk ausgewählter Onkologischer Spitzenzentren der Deutschen Krebshilfe.
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Lamarr-Institut
Ein Forschungsteam des Lamarr-Instituts und der Universität Bonn hat gemeinsam mit der Translational Neuroimaging Group an den Kliniken für Neuroradiologie und Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) eine KI-gestützte Methode untersucht, die diese Rekonstruktionen präziser macht.
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Die Universität Bonn legt großen Wert auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Neurologie.
Clinician Scientist Programm „Neuro-aCSis“
Das Universitätsklinikum Bonn (UKB) und die Medizinische Fakultät der Universität Bonn werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Ausschreibung „Clinician Scientist“ (CS) gefördert. Am 2. November fand die Kick-off-Veranstaltung zum offiziellen Start des „Neuro-aCSis“-Programm (Clinician Scientist Programm) statt. Der Programmsprecher Prof. Dr. Gabor Petzold stellte das Förderprogramm vor.
Das Programm richtet sich an Assistenzärztinnen und -ärzte, die sich in der Mitte ihrer fachärztlichen Ausbildung befinden. Der thematische Fokus liegt auf der Erforschung der Zusammenhänge zwischen Erkrankungen des Nervensystems und systemischen Faktoren. Teilnehmende Clinician Scientists forschen also im Programm zum Beispiel dazu, welchen Einfluss Umweltfaktoren, Ernährung oder systemische Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen, auf neurologische und psychiatrische Erkrankungen haben. Hierzu wird eine geschützte Freistellung von 66% der Arbeitszeit für die Forschungstätigkeit über einen Zeitraum von 3 Jahren zugesichert.
Übergeordnete Ziele des Programms sind die Schaffung langfristiger, attraktiver Karriereperspektiven und verbindlicher Verträge für eine geschützte Forschungszeit. Ärztinnen und Ärzte sollen so bestärkt werden, eine akademische Laufbahn als attraktive Karriereoption wahrzunehmen und zu verfolgen. Zudem wird angestrebt, mindestens 50% der Förderungen an Bewerberinnen zu vergeben.
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Masterstudiengang Neurosciences
Der Masterstudiengang Neurosciences ist ein forschungsorientierter, internationaler Studiengang, dessen Hauptziel die umfassende Ausbildung talentierter Studierender in dem schnell wachsenden Bereich der Neurowissenschaften ist. Die Studierenden werden auf eine Tätigkeit in der Forschung oder auf eine Karriere in einem verwandten medizinischen bzw. Schwerpunkt liegt auf der praktischen Forschungserfahrung in den Laboren der teilnehmenden Abteilungen und Forschungsgruppen.
Ehemalige Direktoren und Professoren
Prof. Dr. Thomas Klockgether
Prof. Dr. Thomas Klockgether, geboren 1956 in Köln, studierte Humanmedizin an der Universität Göttingen und promovierte am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin. Seine Facharztausbildung absolvierte er in Tübingen, wo er neben Parkinsonforschung auch begann, sich auf Ataxien zu spezialisieren. Ab 1998 war er Direktor der Klinik für Neurologie am UKB. Klockgether setzte eine Entwicklung in Gang, das das gesamte Spektrum der neurologischen Krankenversorgung mit den entsprechenden Spezialisierungen am UKB erfolgreich zu etablieren. So richtete er bereits nach einem Jahr eine Stroke Unit für die notfallmäßige Versorgung des Schlaganfalls ein. Die Stiftungsprofessur für Neuroonkologie folgte, dann die Einrichtung von Sektionen für die Behandlung der Parkinson-Krankheit und später von neuromuskulären Krankheiten. Zudem ist das UKB ein wichtiges Zentrum für die Versorgung von Menschen mit Ataxien geworden und heute eine treibende Kraft in der Erforschung dieser Krankheiten. Klockgether war von 2008 bis 2011 Dekan der Medizinischen Fakultät Bonn und ab 1. Vorher war er drei Jahre Dekan der Medizinischen Fakultät Bonn. In dieser Zeit lag ihm das Zentrums für Seltene Erkrankungen Bonn (ZSEB) besonders am Herzen, das er zusammen mit dem Bonner Humangenetiker Prof. Markus Nöthen initiierte.
Prof. Jerusalem
Der erste Lehrstuhlinhaber für Neurologie an der Universität Bonn war Prof. Jerusalem, der die Klinik von 1981 bis 1995 leitete.
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