Die Neurologie an der Universität Göttingen, insbesondere an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), zeichnet sich durch eine lange Tradition und eine starke Vernetzung mit anderen Forschungseinrichtungen auf dem Göttingen Campus aus. Der Schwerpunkt Neurowissenschaften prägt das Forschungsprofil der UMG und des Göttingen Campus seit etwa 15 Jahren nachhaltig. Diese Forschungsaktivitäten sind vielfältig mit universitären und außeruniversitären Einrichtungen am Göttingen Campus vernetzt. Die Entwicklung des Schwerpunkts wurde seit 2007 maßgeblich durch die im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderten Vorhaben geprägt.
Schwerpunkte der neurologischen Forschung in Göttingen
Die neurologische Forschung in Göttingen konzentriert sich auf mehrere Schlüsselbereiche, die sowohl grundlagenwissenschaftliche als auch klinische Aspekte umfassen. Besondere Bedeutung haben dabei die folgenden Punkte:
- Neurodegenerative Erkrankungen: Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt auf der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und anderen Demenzformen. Hierbei wird eng mit dem Göttinger Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) zusammengearbeitet, der gemeinsam mit dem Center of Biostructural Imaging in Neurodegeneration (BIN) in einem Hybrid-Gebäude untergebracht ist.
- Multiple Sklerose: Das Klinische Multiple Sklerose Zentrum bietet eine interdisziplinäre Behandlung nach internationalen Standards und erweitert die therapeutischen Optionen im Rahmen klinischer Studien kontinuierlich.
- Neurovaskuläre und neuromuskuläre Erkrankungen: Auch die Zentren für neurovaskuläre und neuromuskuläre Erkrankungen gewährleisten eine umfassende Versorgung und Forschung in diesen Bereichen.
- Kindliche Hirngesundheit: Ab 2021 wird Göttingen, neben DZNE und DZHK, Standort eines dritten Deutschen Zentrums der Gesundheitsforschung (DZG) und wird mit seinem Center for Child Brain Health Göttingen (GoBrain) im Rahmen des Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit (DZKJ) gefördert.
Einrichtungen und Kooperationen
Die neurologische Forschung in Göttingen profitiert von einer Vielzahl von Einrichtungen und Kooperationen, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglichen. Zu den wichtigsten Einrichtungen gehören:
- Göttinger Graduiertenschule für Neurowissenschaften, Biophysik und Molekulare Biowissenschaften (GGNB): Diese Graduiertenschule fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs und bietet eine strukturierte Ausbildung in den Neurowissenschaften.
- Exzellenzcluster Nanoscale Microscopy and Molecular Physiology of the Brain (CNMPB): Dieser Cluster konzentriert sich auf die Erforschung der molekularen und zellulären Prozesse im Gehirn.
- European Neuroscience Institute (ENI): Das ENI ist ein interdisziplinäres Forschungsinstitut, das sich der Erforschung von neuronalen Prozessen widmet.
- Center of Biostructural Imaging in Neurodegeneration (BIN): Das BIN konzentriert sich auf die biostrukturelle Bildgebung bei neurodegenerativen Erkrankungen.
- Heart and Brain Center Göttingen (HBCG): Dieses im Aufbau befindliche Zentrum soll die Verzahnung von Grundlagenwissenschaften und klinischer Versorgung weiter verbessern.
- Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie (ITMP): Die Außenstelle des ITMP in Göttingen erarbeitet neue Therapieansätze für chronisch-progrediente neurologische Erkrankungen.
Klinische Kompetenzzentren
Die UMG verfügt über mehrere neurologisch-psychiatrische medizinische Kompetenzzentren, die eine enge Verbindung zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung gewährleisten. Dazu gehören:
- Klinisches Multiple Sklerose Zentrum
- Zentren für Neurovaskuläre und Neuromuskuläre Erkrankungen
- Klinisches Demenzzentrum
- Parkinsonzentrum Göttingen-Kassel
In diesen Zentren werden die entsprechenden Krankheitsbilder nach internationalen Standards interdisziplinär behandelt und die therapeutischen Optionen im Rahmen klinischer Studien kontinuierlich erweitert.
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Prof. Dr. Mathias Bähr und sein Beitrag zur Neurologie in Göttingen
Seit April 2001 leitet Prof. Dr. med. Mathias Bähr die Abteilung für Neurologie der Universität Göttingen. Zuvor war er leitender Oberarzt der Neurologischen Universitätsklinik in Tübingen. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Behandlung von Schlaganfallpatienten durch Akuttherapie, protektive und regenerative Therapieverfahren. Professor Bähr wurde 1960 in Mainz geboren und studierte Humanmedizin in Tübingen, wo er 1985 promovierte. Seine Habilitation erfolgte 1993 über "Zelluläre Grundlagen der neuronalen Regeneration im adulten ZNS". Prof. Bährs Engagement hat maßgeblich zur Weiterentwicklung der Neurologie in Göttingen beigetragen.
Diagnostik und Therapie
Die Klinik für Neurologie bietet ein umfassendes Spektrum an zusatzdiagnostischen Verfahren der Neurologie und Neurophysiologie. In enger Zusammenarbeit mit dem Institut für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie wird das gesamte Spektrum bildgebender und interventioneller Verfahren angeboten. Dies ermöglicht eine präzise Diagnostik und eine individuelle Therapieplanung für jeden Patienten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer stationären Frührehabilitation.
Forschungsschwerpunkte im Detail
Der wissenschaftliche Fokus der Klinik liegt auf einem besseren Verständnis der Entstehung neurologischer Erkrankungen. Ziel ist es, wichtige zelluläre, molekulare und systemische Krankheitsmechanismen zu identifizieren und neue therapeutische Strategien zu entwickeln. Dies umfasst unter anderem die folgenden Forschungsbereiche:
- Zelluläre Mechanismen: Untersuchung der zellulären Prozesse, die bei neurologischen Erkrankungen eine Rolle spielen.
- Molekulare Mechanismen: Identifizierung von Molekülen und Signalwegen, die an der Entstehung und Progression neurologischer Erkrankungen beteiligt sind.
- Systemische Mechanismen: Analyse der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Organsystemen und deren Einfluss auf neurologische Erkrankungen.
- Entwicklung neuer Therapien: Entwicklung und Erprobung neuer therapeutischer Strategien, die auf die identifizierten Krankheitsmechanismen abzielen.
Internationale Studiengänge und Promotionsförderung
Die Universität Göttingen bietet einen internationalen Studiengang in Neurowissenschaften an, der gemeinsam von der Universitätsmedizin, dem Deutschen Primatenzentrum und den Max-Planck-Instituten für Multidisziplinäre Naturwissenschaften bzw. für Dynamik und Selbstorganisation getragen wird. Dieser Studiengang bietet hervorragende Studien- und Forschungsbedingungen, um angehende junge Wissenschaftler*innen auf eine berufliche Laufbahn in der Wissenschaft oder in wissenschaftsnahen Berufen im privaten oder öffentlichen Sektor vorzubereiten. Der mehrfach ausgezeichnete Studiengang bietet als International Max Planck Research School allen Studierenden Stipendien an. Während ihrer Promotion werden die Studierenden üblicherweise aus Mitteln der betreuenden Einrichtung durch Arbeits-/Förderverträge finanziert. Neu zugelassene Studierende erhalten studienvorbereitende Infoschreiben, Beratung und vielfältige administrative Unterstützung im Rahmen eines zweiwöchigen Orientierungsprogramms vor Beginn des ersten Studienjahrs. Der Studiengang Neurowissenschaften wird regelmäßig von unabhängigen externen Gutachtern evaluiert und wurde mehrfach als modellhaftes Best-Practice-Beispiel bewertet. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Masterprüfungen führt eine sechsmonatige Masterarbeit (30 Credits ECTS) zum Titel Master of Science und schließt damit das Masterstudium nach 18 Monaten ab.
Forschung von Peter Dechent
Peter Dechents Forschung konzentriert sich auf die Anwendung moderner MRT-Techniken zur Untersuchung des menschlichen Gehirns unter gesunden und pathologischen Bedingungen. Seine Arbeit umfasst verschiedene Bereiche, darunter:
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- Funktionelle Bildgebung (fMRT): Untersuchung der neuronalen Aktivität im Gehirn während verschiedener Aufgaben und in Ruhe.
- Strukturelle Bildgebung: Analyse der Struktur des Gehirns und ihrer Veränderungen bei verschiedenen Erkrankungen.
- Quantitative Bildgebung: Messung von Parametern wie Hirnvolumen, Blutfluss und Stoffwechsel im Gehirn.
Einige seiner bemerkenswerten Publikationen umfassen:
- Wilke M, Schneider L, Dominguez-Vargas AU, Schmidt-Samoa C, Miloserdov K, Nazzal A, Dechent P, Cabral-Calderin Y, Scherberger H, Kagan I, Bähr M. Reach and grasp deficits following damage to the dorsal pulvinar.
- Wilke M, Dechent P, Bähr M. Sarcoidosis Manifestion Centered on the Thalamic Pulvinar Leading to Persistent Astasia. Mov Disord Clin Pract.
- Barke A, Preis MA, Schmidt-Samoa C, Baudewig J, Kröner-Herwig B, Dechent P. Neural correlates differ in high and low fear-avoidant chronic low back pain patients when imagining back-straining movements.
- Cabral-Calderin Y, Weinrich C, Schmidt-Samoa C, Poland E, Dechent P, Bähr M, Wilke M. Transcranial alternating current stimulation affects the BOLD signal in a frequency and task-dependent manner.
- Cabral-Calderin Y, Williams K, Dechent P, Opitz A, Wilke M. Transcranial alternating current stimulation modulates spontaneous low frequency fluctuations as measured with fMRI. Neuroimage 2016 Jul 5.
- August JM, Rothenberger A, Baudewig J, Roessner V, Dechent P. May Functional Imaging be Helpful for Behavioral Assessment in Children? Regions of Motor and Associative Cortico-Subcortical Circuits Can Be Differentiated by Laterality and Rostrality.
- Goya-Maldonado R, Weber K, Trost S, Diekhof E, Keil M, Dechent P, Gruber O. Dissociating pathomechanisms of depression with fMRI: bottom-up or top-down dysfunctions of the reward system.
- Dreha-Kulaczewski S, Kalscheuer V, Tzschach A, Hu H, Helms G, Brockmann K, Weddige A, Dechent P, Schlüter G, Krätzner R, Ropers HH, Gärtner J, Zirn B. A Novel SLC6A8 Mutation in a Large Family with X-Linked Intellectual Disability: Clinical and Proton Magnetic Resonance Spectroscopy Data of Both Hemizygous Males and Heterozygous Females.
- Helms G, Garea-Rodriguez E, Schlumbohm C, König J, Dechent P, Fuchs E, Wilke M. Structural and quantitative neuroimaging of the common marmoset monkey using a clinical MRI system.
- Seseke S, Baudewig J, Ringert RH, Rebmann U, Dechent P. Monitoring brain activation changes in the early postoperative period after radical prostatectomy using fMRI.
Diese Publikationen zeigen die Bandbreite seiner Forschung und seinen Beitrag zum Verständnis der Gehirnfunktion und neurologischer Erkrankungen.
Zweitmeinung
Die Klinik bietet die Möglichkeit, eine Zweitmeinung zu einer neurochirurgischen Erkrankung und dem erstellten Therapiekonzept einzuholen. Dies ermöglicht es Patienten, sich umfassend über etwaige Alternativen zu informieren, bevor sie ihre endgültige Entscheidung treffen.
Besuchsregeln
Die Besuchsregeln der Klinik sind wie folgt:
- Pro Patientin max. zwei Besucherinnen zeitgleich und ohne Zeitbeschränkung.
- Besuchszeit auf Normalstation ist von 13:00 bis 20:00 Uhr (letzter Einlass: 19:30 Uhr) und auf Wochenstation von 15:00 bis 18:00 Uhr.
- Ausnahmen sind nach Absprache mit der jeweiligen Stationsleitung möglich.
- Besuchszeiten für Palliativ- sowie Spezial- und Intensivstationen können abweichen.
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