Neurologische Forschung an der Universität Halle: Schwerpunkte und Innovationen

Die neurologische Forschung an der Universität Halle hat sich in den letzten Jahren durch innovative Projekte und die Berufung von Experten wie Prof. Dr. Markus Otto deutlich weiterentwickelt. Ein besonderer Fokus liegt auf neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere Alzheimer, frontalen Demenzen und seltenen Sprachstörungen.

Expertise und Forschungsschwerpunkte von Prof. Dr. Markus Otto

Seit dem 1. Juli leitet Prof. Dr. Markus Otto die Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie. Seine frühe Begeisterung für neurodegenerative Erkrankungen führte ihn über die Labordiagnostik, beispielsweise zur Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, und die Elektrophysiologie in die klinische Neurologie. Die Verbindung von Klinik und Wissenschaft war ihm dabei stets ein Anliegen.

Prof. Otto nennt die hallesche Proteinforschung als einen der Hauptgründe für seine Entscheidung, den Ruf anzunehmen. Er sieht hier viele Anknüpfungspunkte, betont aber auch die hilfreiche Verbindung zur Psychiatrie und den einzigartigen versorgungswissenschaftlichen Schwerpunkt in Bezug auf Prävention und häusliche Situation. Der Wissenschaftler bringt zwei hochkarätige, internationale Forschungsprojekte in den Bereichen Depression und frontale Demenz mit nach Halle, die vor allem auf die Identifikation von Biomarkern abzielen.

Otto studierte Medizin in Mainz, London und Zürich, promovierte 1995 in Mainz und habilitierte sich 2002 in Göttingen. 2005 wurde er Professor für neuropsychiatrische Demenzforschung, bevor er 2006 einem Ruf auf eine Professur für Neurologie an der Universitätsmedizin Ulm folgte.

Früherkennung und Therapieansätze bei ALS

Gemeinsam mit einem internationalen Team erhielt Prof. Dr. Markus Otto einen Innovationspreis des Sean M. Healey and AMG Center for ALS für seine Forschung zur Früherkennung von Nervenerkrankungen. Seit 2010 sucht er systematisch nach geeigneten Biomarkern zur Früherkennung von ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), einer unheilbaren und tödlich verlaufenden Muskellähmung.

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„Die Ursachen von ALS sind noch nicht eindeutig geklärt. Man weiß, dass einige Betroffene die Erkrankung aufgrund eines vererbten Gendefekts entwickeln. Die Zusammenarbeit mit diesen Personen ist eine große Chance, um an neuen therapeutischen Ansätzen zu forschen, bei denen diese fehlerhaften Gene ausgeschaltet werden können. Inzwischen konnten wir sogenannte Neurofilamente als mögliche diagnostische Marker im Blut und Nervenwasser identifizieren, die mit den klinischen Symptomen zusammenhängen“, erklärt Markus Otto.

Aktuell wird eine klinische Studie durchgeführt, die auch präsymptomatische Personen mit dem Gendefekt einschließt. Ziel ist es, direkt nach dem Anstieg der Neurofilamente im Blut mit einer Therapie zu beginnen, um das Auftreten von Symptomen zu verhindern.

SMARTGEM: Smartphone-gestützte Migränetherapie

Ein weiteres innovatives Projekt an der Universitätsmedizin Halle ist SMARTGEM, eine Smartphone-gestützte Migränetherapie. Das Projekt, unter Konsortialführung der Charité - Universitätsmedizin Berlin, zielt darauf ab, Patientinnen und Patienten mit häufigen Migräneattacken eine effektive und ortsunabhängige Behandlungsform anzubieten. Die App kombiniert Dokumentation, Therapiemodule und Schulungen zur Selbsthilfe. Zusätzlich werden telemedizinische Beratung sowie ärztlich moderierte Foren und Expertenchats angeboten. Das Projekt wird im Rahmen des Innovationsfonds gefördert.

Am Universitätsklinikum Halle (Saale) ist der Leitende Oberarzt Dr. med. Torsten Kraya von der Kopfschmerzambulanz der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie für das Projekt verantwortlich. Ziel ist eine verbesserte Versorgung von Migränepatienten in der Region Sachsen-Anhalt. Jährlich werden etwa 1.000 Patientinnen und Patienten in der Hochschulambulanz der Klinik für Neurologie behandelt, wobei 75 Prozent davon Migräne-Betroffene sind.

Mit dem integrierten Therapiemodul werden die Patienten bei der Durchführung von Entspannungsverfahren und Ausdauersport unterstützt und in individuellen verhaltenstherapeutischen Ansätzen geschult. Niedergelassene Ärzte können sich telemedizinisch mit den Neurologen der universitären Kopfschmerzzentren vernetzen und sich zur Behandlung ihrer Patienten beraten lassen.

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Die Effektivität der neuen Versorgungsform wird in einer kontrollierten Studie mit 1.200 Patienten untersucht. Dr. Neeb sieht in SMARTGEM ein Modell für die bundesweite Versorgung von Migränepatienten, insbesondere in strukturschwachen Regionen.

Muskelzentrum Halle: Expertise bei neuromuskulären Erkrankungen

Ein weiterer Schwerpunkt der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Halle liegt im Bereich der neuromuskulären Erkrankungen. Neben der klinischen Diagnostik und der Elektrophysiologie werden auch Muskel- und Nervenproben entnommen. Die Therapie dieser Erkrankungen, einschließlich neuer Therapiestudien, erfolgt im Muskelzentrum Halle, welches von der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM) zertifiziert ist. Eine Ambulanz für neuromuskuläre Erkrankungen steht für die Weiterbetreuung ambulanter Patienten zur Verfügung.

Im Muskelzentrum werden Myositis-Patienten in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken der Dermatologie und der Rheumatologie interdisziplinär betreut. Forschungsschwerpunkte sind insbesondere die mitochondrialen Veränderungen im Rahmen von Myositiden sowie die Analyse von Muskel-MRT-Daten bei Patienten mit Myopathien/Myositiden.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Forschungspartner

Die Neurologische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Halle arbeitet eng mit anderen Kliniken und Instituten zusammen, darunter:

  • Klinik für Dermatologie (Schwerpunkt: Vaskulopathie und Vaskulitis bei Dermatomyositis)
  • Institut für Pathologie (Elektronenmikroskopie)
  • Institut für Humangenetik (Fallbesprechungen)
  • Experimentelle Orthopädie/Sportmedizin (Biomechanische Bewegungsanalyse)

Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht eine umfassende Betreuung der Patienten und fördert innovative Forschungsprojekte.

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