Alzheimer und Corona: Ein möglicher Zusammenhang

Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur akute gesundheitliche Herausforderungen mit sich gebracht, sondern wirft auch Fragen nach langfristigen Auswirkungen auf unsere Gesundheit auf. Jüngste Forschungsergebnisse deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Corona-Infektion und einem erhöhten Risiko für Alzheimer hin.

Veränderungen im Gehirn nach Corona-Infektion

Forschende haben Hinweise darauf gefunden, dass eine Corona-Infektion Veränderungen im Gehirn beschleunigen kann. In einer Studie wurden Blutplasmaproben von über 1200 Personen untersucht, wobei die Hälfte positiv auf Corona getestet wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Biomarker nach einer Infektion verändern, was auf eine mögliche Amyloid-Ablagerung im Gehirn hindeuten könnte. Diese Veränderung, zusammen mit Gehirnbildern und schlechteren kognitiven Tests, sind typische Zeichen einer Alzheimer-Erkrankung. Es wurde festgestellt, dass diese Biomarker-Veränderungen bei älteren Personen (insbesondere bei den über 70-Jährigen) und bei Personen mit bereits bestehenden Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Fettleibigkeit stärker ausgeprägt waren.

Auch bei einem milden Verlauf einer Corona-Infektion lassen sich Veränderungen feststellen. Die festgestellten Veränderungen bei den Plasmabiomarkern deuten auf eine mögliche langfristige Auswirkung auf die Gesundheit des Gehirns hin. Daraus lässt sich für die Forschenden ableiten, dass durch eine Infektion mit dem Corona-Virus das Risiko für Alzheimer steigen könnte.

COVID-19 und die Ablagerung von Beta-Amyloiden und Tau-Fibrillen

Eine Studie in Nature Medicine (2025) legt nahe, dass COVID-19 möglicherweise die Ablagerung von Beta-Amyloiden und Tau-Fibrillen im Gehirn fördern kann, die Kennzeichen des Morbus Alzheimer sind. Betroffen wären nach den Ergebnissen einer Studie in Nature Medicine (2025; DOI: 10.1038/s41591-024-03426-4) vor allem Patienten, die wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt wurden oder aus anderen Gründen eine erhöhte Vulnerabilität haben.

Ein Team um Paul Matthews vom UK Dementia Research Institute in London hat den Zusammenhang jetzt für COVID-19 untersucht. Die Forscher verglichen dazu Blutproben von 626 Personen, die an COVID-19 erkrankt waren, mit Blutproben von 626 Personen, die sich nicht erkennbar mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Alle Personen hatten zwischen 2005 und 2010 an der UK Biobank-Studie teilgenommen, so dass Blutproben aus der Zeit vor der Pandemie vorlagen. Außerdem waren bei den Teilnehmenden vor und nach der Erkrankung Magnetresonanztomografien (MRT) des Gehirns angefertigt worden.

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In den Blutproben wurden einige Biomarker bestimmt, die derzeit als Screeninginstrument zur Früherkennung des Morbus Alzheimer in der Diskussion sind. Der wichtigste Parameter ist ein Abfall des Quotienten aus Abe­ta42 und Abeta40. Dieser ließ sich jetzt auch bei den Personen nachweisen, die bereits an COVID-19 erkrankt waren. Bei älteren Menschen und solchen mit einer erhöhten Vulnerabilität fiel auch die Abeta42-Konzentration insgesamt ab und die pTau-181-Konzentration nahm zu.

Beschleunigung des Krankheitsverlaufs

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Infektion mit SARS-CoV-2 zwar keinen Morbus Alzheimer auslöst, den jahrzehntelangen Verlauf der Erkrankung jedoch beschleunigen könnte. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird sich erst in künftigen epidemiologischen Studien zeigen.

Bislang gibt es hierfür keine sicheren Hinweise. Zwar war die Infektion mit SARS-CoV-2 mit einem Rückgang der kognitiven Fähigkeiten verbunden, der etwa einem zusätzlichen Alter von 2 Jahren entsprach. Die kognitiven Einbußen korrelierten allerdings nicht mit dem Abfall des Abeta42/Abeta40-Quotienten. Nur bei den Patienten mit erhöhter Vulnerabilität waren laut Matthews erste Auswirkungen auf Abeta42 und pTau erkennbar.

Weitere Forschung notwendig

Die Forschenden der Studie erklären, dass ihre Erkenntnisse mit früheren Berichten übereinstimmen, die auf ein höheres Auftreten von Alzheimer nach einer Corona-Infektion hinweisen. Trotzdem betonen sie auch, dass es weiterer Forschung bedarf, um die Ergebnisse ihrer Studie zu bekräftigen.

Matthews betont jedoch - wie auch eine von Science Media Center befragte Expertin - dass die Studie eine Kausalität nicht beweisen kann.

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Die Rolle von Virusinfektionen bei Demenzerkrankungen

Hirnforscher vermuten seit einiger Zeit, dass Virusinfektionen die Anfälligkeit für Demenzen erhöhen. Das Risiko war in epidemiologischen Studien nicht nur nach schweren Infektionen der Hirnhäute oder des Gehirns erhöht. Auch für Grippe- und einige andere Viren, die normalerweise nicht das Gehirn infizieren, wurde eine Assoziation mit späteren Demenzerkrankungen gefunden.

Unterschiede in den Symptomen von Post COVID und Demenz

Professor Dr. Denn: „Post COVID-Betroffene und an Demenz erkrankte Menschen im Frühstadium berichten von sehr ähnlich ausgeprägten Symptomen“, sagt Siebler. „Die kognitiven Einschränkungen bei Post COVID-Erkrankten und dementen Personen sind auf den ersten Blick ähnlich, unterscheiden sich aber bei genauerem Hinsehen“, betont er.

Ein Symptom, das sowohl bei Post COVID als auch bei Demenzen wie Alzheimer auftritt, ist das sogenannte „Brain Fogging“. „Brain Fogging kann man mit Gehirnvernebelung übersetzen“, erläutert der Neurologe. „Betroffene fühlen sich wie im Nebel und haben das Gefühl, nicht mehr klar denken zu können.

Die dänische Studie und ihre Interpretation

Eine Studie aus Dänemark sorgt für mediale Aufregung. Die Forschenden haben die Gesundheitsdaten von fast drei Millionen Dänen auf verschiedene neurologische Erkrankungen nach einer COVID-19-Infektion hin untersucht. Das Ergebnis: Ja, etwa sechs bis 12 Monate nach einer COVID-19-Infektion ist das Risiko größer, eine Alzheimer-Demenz oder ein Parkinson-Syndrom zu entwickeln. Allerdings ist das Risiko dafür nach einer anderen Atemwegserkrankung wie Influenza oder der bakteriellen Lungenentzündung ebenso groß.

"Es handelt sich um eine bevölkerungsbasierte, statistische Studie, die nicht geeignet ist, einen kausalen Zusammenhang zwischen einer COVID-19-Infektion und dem Auftreten von Alzheimer oder Parkinson zu beweisen. Gerade weil das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson laut der Studie nach einer Coronainfektion nicht höher sei als bei anderen Atemwegserkrankungen, sei es wahrscheinlich eher der Infekt an sich, der das Risiko steigert. "Wir wissen, dass sich die Demenz, eine Form davon ist Alzheimer, besonders häufig nach besonderen Lebensereignissen zeigt", so Berlit. Dazu gehöre auch eine schwere Infektion, die womöglich mit einem Krankenhausaufenthalt einhergehe. "Es scheint so zu sein, dass Infektionen dazu führen, dass sich ein Alzheimer dechiffriert.

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Die Auswirkungen von COVID-19 auf die Blutgerinnung

Anders sieht es allerdings bei Schlaganfällen und Thrombose aus. Die COVID-19-Infektion führt zu einer sogenannten Koagulopathie, einer Blutgerinnungsstörung, die im Fall von COVID-19 mit einer verstärkten Blutgerinnung einhergeht. Die Impfung gegen das Coronavirus kann das Risiko für all diese Folgeerkrankungen senken. Das Risiko für Long-COVID-Beschwerden wird durch die Impfung ebenfalls verringert. Allerdings ist die Impfung einer Studie zufolge weniger effektiv als erhofft, wenn es darum geht, Long-COVID zu verhindern: Das Risiko sinkt nur um etwa 15 Prozent.

Die Rolle von APOE-Genvarianten

Forscher*innen von der Rockefeller Universität und der Charité - Universitätsmedizin Berlin wiesen nach, dass Mäuse mit Genvarianten, die zuvor mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht wurden, ein höheres Sterberisiko hatten, wenn sie mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Und eine retrospektive Analyse ergab, dass Patienten mit denselben Genvarianten während der gesamten Pandemie mit größerer Wahrscheinlichkeit an COVID-19 gestorben sind. Da drei Prozent der Weltbevölkerung diese Genvarianten besitzen, könnten die Ergebnisse Auswirkungen auf Hunderte von Millionen von Menschen weltweit haben.

"Dies ist das erste Mal, dass wir eine so häufige genetische Variante kausal mit der COVID-19-Sterblichkeit in Verbindung gebracht haben", fügt Sohail Tavazoie, der Letztautor der Studie und Laborleiter, hinzu.

Langzeitfolgen von COVID-19 auf neurologische Erkrankungen

Das Risiko für kognitive Defizite, Demenz, psychotische Störungen, Epilepsie oder Krampfanfälle bleibt bei COVID-19-Patienten selbst 2 Jahre nach der Infektion leicht erhöht im Vergleich zu anderen Atemwegserkrankungen.

Die schlechte Nachricht allerdings: Die Risiken für die meisten neurologischen Erkrankungen sind auch nach Ablauf von 6 Monaten noch erhöht. Die Studie ergab, dass bei Patienten im mittleren Alter von 18 bis 64 Jahre die Inzidenz für kognitive Defizite 2 Jahre nach einer COVID-19-Infektion bei 6,39 % (95-%-KI 5,88-6,89) lag und in der Kontrollgruppe mit anderen Atemwegserkrankungen nur 5,50 (5,,88) betrug. Bei Erwachsenen älter als 65 Jahre lag die Inzidenz einer Demenz bei 4,46 % (95-%-KI 4,19-4,73) nach einer COVID-19-Infektion und bei 3,34 % (3,,61) nach anderen Atemwegsinfektionen. Das entspricht 446 Fällen pro 10 000 versus 334.

Herausforderungen für Angehörige von Menschen mit Demenz während der Corona-Pandemie

Angehörige von Menschen mit einer Demenz stehen aufgrund der Corona-Pandemie vor besonderen Herausforderungen: Der größte Teil der Demenzerkrankten ist hochaltrig. Viele von ihnen leiden an weiteren Erkrankungen und sind durch den Corona-Virus besonders gefährdet.

Für einen Menschen mit Demenz kann es beängstigend sein, wenn sich die Routine bzw. die üblichen Abläufe plötzlich ändern. Versuchen Sie daher, den Tag wie bisher zu strukturieren, auch wenn bestimmte Dinge wie der Besuch der Gymnastikgruppe, der Betreuungsgruppe oder des Cafés derzeit nicht möglich sind. Stattdessen können Sie vielleicht gemeinsam eine Runde sportlicher Aktivität in der Wohnung einführen.

Umgang mit Masken bei Demenz

Menschen mit Demenz verstehen aber oft nicht, warum sie eine Maske tragen sollen, und fühlen sich dadurch irritiert, wollen die Maske nicht aufsetzen oder aufbehalten. Soweit wie möglich sollten in diesem Fall der Besuch von Geschäften und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln vermieden werden. Wenn das nicht möglich ist, kann ein Verständniskärtchen helfen mit dem Hinweis, dass die oder der Betreffende eine Demenz hat.

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