Uniklinik Freiburg: Neurologische Epilepsiebehandlung – Ein umfassender Überblick

Das Epilepsiezentrum am Universitätsklinikum Freiburg ist eine führende Einrichtung in Deutschland, die sich auf die umfassende Versorgung von Patienten mit Epilepsie spezialisiert hat. Als Zentrum der Maximalversorgung bietet es ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen, insbesondere für seltene und komplexe Epilepsieformen.

Umfassende Diagnostik für Epilepsien

Das Epilepsiezentrum Freiburg legt großen Wert auf eine umfassende und multimodale Diagnostik, um EpilepsienDifferentialdiagnostisch abzuklären und spezifische Therapiepläne zu entwickeln. Hierzu gehören:

  • Epilepsiediagnose im EEG-Labor: Die Elektroenzephalographie (EEG) spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose von Epilepsie. Durch die Ableitung der Hirnströme können typische Veränderungen identifiziert werden, die auf eine erhöhte Anfallsbereitschaft hinweisen.

  • Video-EEG-Monitoring (V-EEG): Diese Methode kombiniert die EEG-Aufzeichnung mit einer Videoaufzeichnung über mehrere Tage und Nächte. Dadurch können verdächtige Ereignisse genau analysiert und von anderen Störungen unterschieden werden. Das V-EEG liefert auch wichtige Hinweise auf den Ursprungsort der Anfälle im Gehirn.

  • Bildgebung des Gehirns: Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) werden eingesetzt, um strukturelle Veränderungen im Gehirn zu identifizieren, die für die Entstehung von Epilepsie verantwortlich sein könnten (z. B. alte Schlaganfälle oder Raumforderungen).

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Therapieansätze im Epilepsiezentrum Freiburg

Das Epilepsiezentrum Freiburg bietet ein breites Spektrum an Therapieansätzen, um Patienten mit Epilepsie bestmöglich zu versorgen. Neben medikamentösen Behandlungen werden auch spezifische Therapieverfahren wie Neurostimulation und operative Eingriffe angeboten.

Medikamentöse Therapie

Eine große Auswahl an Medikamenten steht zur Verfügung, um die Erregbarkeit des Gehirns zu beeinflussen und das Auftreten von Anfällen zu unterdrücken. Die Wahl des Medikaments richtet sich nach dem vorliegenden Epilepsiesyndrom sowie nach den individuellen Merkmalen des Patienten.

Neurostimulation

Zunehmend werden Geräte zur Neurostimulation erfolgreich zur Behandlung von Epilepsien eingesetzt. In Deutschland sind dies vor allem die Vagusnervstimulation, die thalamische Stimulation und neuerdings auch die epikranielle Fokusstimulation.

  • Vagusnervstimulation: Bei diesem Verfahren wird ein kleines Gerät unter dem Schlüsselbein implantiert, das den Vagusnerv regelmäßig stimuliert. Dies kann die Anfallshäufigkeit reduzieren.

  • Thalamische Stimulation: Hierbei werden Elektroden tief im Gehirn platziert, um bestimmte Hirnregionen zu stimulieren und die Anfallshäufigkeit zu verringern.

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Operative Verfahren

Für Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken, können operative Eingriffe eine Option sein. Die operative Behandlung erfolgt in der Klinik für Neurochirurgie im Neurozentrum Freiburg (Prof. Dr. J. Beck). Folgende operative Verfahren werden angeboten:

  1. Entfernung des Temporallappens bzw. einzelner Teile über einen lateralen Zugang: Dieser Eingriff wird bei Patienten mit Temporallappenepilepsie durchgeführt, bei denen der Anfallsursprung im Temporallappen lokalisiert ist.

  2. Laser-gestützte Thermoablation: Als minimalinvasives operatives Verfahren wird eine Laser-gestützte Thermoablation bei Hippocampussklerosen und Heterotopien eingesetzt. Das epileptogene Areal wird hier unter Kontrolle im Kernspintomographen über eine stereotaktisch geführte Lasersonde inaktiviert ohne eine offene Operation.

Innovative Forschung und Studien

Das Epilepsiezentrum Freiburg ist aktiv in der Forschung tätig, um das Verständnis der Epilepsie zu verbessern und neue Therapieansätze zu entwickeln. Aktuelle Studien umfassen:

  • Study to Test the Efficacy and Safety of Padsevonil as Adjunctive Treatment of Focal-onset Seizures in Adults With Drug-resistant Epilepsy (ARISE): Diese Studie untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments Padsevonil als Zusatzbehandlung bei Erwachsenen mit fokalen Anfällen, die resistent gegen Medikamente sind.

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  • Antiepileptic drug withdrawal in long-term video-EEG monitoring for pre-surgical evaluation: a European safety and efficacy analysis: Diese Studie analysiert die Sicherheit und Wirksamkeit des Absetzens von Antiepileptika während des Langzeit-Video-EEG-Monitorings zur präoperativen Evaluation.

  • Prospective multi-center study on the localization accuracy and clinical utility of Automated Visualization of Electrical Sources in Pre-Surgical Evaluation: Diese Studie untersucht die Lokalisationsgenauigkeit und den klinischen Nutzen der automatisierten Visualisierung elektrischer Quellen bei der präoperativen Evaluation.

Hirnschrittmacher gegen Epilepsie

Am Epilepsiezentrum des Universitätsklinikums Freiburg wurden die europäischen Zulassungsstudien für den weltweit ersten minimalinvasiven Hirnschrittmacher für Epilepsiepatienten geleitet. Dieser Hirnschrittmacher kann die Anfallshäufigkeit und -stärke deutlich reduzieren.

In einer Folgestudie im Rahmen des Projekts Brain-MEP untersucht das Forschungsteam um Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, wie mittels Künstlicher Intelligenz bereits erste Anfallssignale erkannt und durch gezielte Stimulation unterbrochen werden können, sodass es gar nicht erst zu einem Anfall kommt. Außerdem wollen die Wissenschaftlerinnen und Ärztinnen herausfinden, welche Patient*innen von der Behandlung besonders profitieren, um sie gezielt anbieten zu können.

Neue Behandlungsoption durch Stimulation

Auf eine neue Behandlungsoption für Epilepsiepatienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken und ein hirnchirurgischer Eingriff nicht infrage kommt, hoffen Ärzte vom Universitätsklinikum Freiburg. Dazu haben sie jetzt ein neuartiges Stimulationssystem bei einer Patientin eingesetzt.

Im Rahmen einer klinischen Studie platzierten sie eine dünne Elektrodenmatte direkt unter die Kopfhaut auf den Schädelknochen. Durch den Stromfluss sollen die Nervenzellen im Anfallsareal leicht negativ geladen und das Ruhemembranpotenzial abgesenkt werden. Dadurch reagieren die Nervenzellen langsamer und die Wahrscheinlichkeit für Anfälle soll verringert sein.

On-Demand Niedrigfrequente Stimulation

Wissenschaftler*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg haben einen wichtigen Schritt hin zu einer neuen Behandlungsart von Menschen mit mesialer Temporallappenepilepsie (MTLE) erzielt. Die Studie zeigt im Tiermodell vielversprechende Ergebnisse einer neuartigen Methode, die als „on-demand niedrigfrequente Stimulation“ (LFS) bezeichnet wird. Die Hirnstimulation war ebenso wirksam wie früher eingesetzte Verfahren, hatte aber deutlich weniger Nebenwirkungen.

Die Forschergruppe um Prof. Dr. Carola Haas entwickelte eine Methode, bei der die niederfrequente Stimulation erst dann aktiviert wird, wenn bestimmte Aktivitätsmuster im Gehirn erkannt werden. Dies reduziert die Belastung durch ständige Stimulation.

Alltag mit Neurostimulation

Patienten mit Neurostimulationsgeräten müssen im Alltag einige Dinge beachten:

  • Mobiltelefone: Mobilfunkgeräte beeinflussen die Funktionsweise der medizinischen Implantate nicht.

  • Haushaltsgeräte: Zur Sicherheit sollte ein Mindestabstand von 25 cm von Induktionsherden und von Mikrowellengeräten eingehalten werden, um eine Erwärmung der Elektroden zu vermeiden.

  • Scanner mit Metalldetektoren: Am Flughafen und auch in einigen Kaufhaus-Sicherungssysteme werden die Geräte erkannt. Es ist daher ratsam, einen Geräteausweis mit sich zu führen, um das Sicherheitspersonal über das Implantat zu informieren. Von sog. RFID-Scannern, die oft im Eingangsbereich von Kaufhäusern stehen, sollte ein Abstand von einem halben Meter gehalten werden.

  • Kernspintomographen: Neuere Gerätegenerationen sind oft MR-kompatibel und können nach entsprechender Rücksprache und Auswahl geeigneter Sequenzen bei einer notwendigen Diagnostik eingesetzt werden. Es ist wichtig, dies mit dem verantwortlichen Arzt im Einzelfall zu klären und so sicherzustellen, dass es nicht zu einer Überwärmung der Elektrode kommt.

Ambulante und stationäre Versorgung

Das Epilepsiezentrum Freiburg bietet eine umfassende ambulante und stationäre Versorgung für Patienten mit Epilepsie.

Ambulanz

Der erste Weg für Patienten führt in die Ambulanz. Ziel der Ambulanz ist die Behandlung von Patienten mit Epilepsien sowie die diagnostische Einordnung bei Patienten mit unklaren Bewusstseinsstörungen. Im Rahmen eines Termins in der Ambulanz werden ein EEG und eine ausführliche Anamnese durchgeführt. Neben der Beratung der Patienten erfolgt außerdem eine Vorauswahl der Patienten, bei denen weitere Diagnosemaßnahmen notwendig sind. Des Weiteren steht die Ambulanz zur medikamentösen Behandlung, Stimulationsbehandlung und zur Betreuung vor, während und nach einem operativen Eingriff zur Verfügung. Bei allen Fragen rund um den Alltag mit Epilepsie stehen die Mitarbeiter der Ambulanz Patienten und deren Angehörigen beratend zur Seite. Die ambulante Vorstellung von Kindern mit Epilepsie erfolgt in den Räumen der Kinderklinik.

Station Wartenberg

Auf Station Wartenberg werden stationäre diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei Kindern und Erwachsenen mit Epilepsien und verwandten Erkrankungen versorgt, zudem erfolgt eine perioperative Versorgung in enger Zusammenarbeit mit dem neurochirurgischen Team.

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