Neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz, Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington und ALS stellen eine massive Belastung für Betroffene und deren Angehörige dar. Bei diesen Erkrankungen werden kontinuierlich Nervenzellen zerstört, bis ganze Hirnbereiche ihre Funktionen verlieren. Dieser Artikel konzentriert sich auf Chorea Huntington und beleuchtet die Unterschiede zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere ALS, sowie Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Neurodegenerative Erkrankungen: Ein Überblick
Neurodegenerative Erkrankungen sind durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet. Diese Zellen sind zwar robust, können sich aber nach Beschädigung schwer erholen oder sterben frühzeitig ab. Je nachdem, welche Hirnbereiche betroffen sind, ergeben sich unterschiedliche Krankheitsbilder mit spezifischen motorischen oder mentalen Einschränkungen.
Häufige neurodegenerative Erkrankungen
Zu den bekanntesten neurodegenerativen Erkrankungen zählen:
- Demenz: Betrifft in Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen, wobei die Alzheimer-Krankheit den Großteil ausmacht.
- Alzheimer: Die häufigste Form der Demenz, bei der wichtige Teile der Großhirnrinde zerstört werden, was zu Gedächtnisschwund, Sprach- und motorischen Störungen führt.
- Parkinson: Die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, bei der Zellen, die Dopamin produzieren, zerstört werden, was zu Bewegungsverlangsamung, Steifheit und Zittern führt.
- Chorea Huntington: Eine erbliche Erkrankung, die Nervenzellen in den für die Bewegungssteuerung zuständigen Hirnbereichen betrifft und zu unwillkürlichen Bewegungen führt.
- ALS (Amyotrophe Lateralsklerose): Betrifft Nervenzellen, die Gehirn und Muskulatur verbinden, was zu Lähmungen führt, die im fortgeschrittenen Stadium auch die Atemmuskulatur beeinträchtigen können.
Chorea Huntington im Detail
Chorea Huntington wurde nach dem US-amerikanischen Arzt George Huntington benannt, der die Krankheit 1872 erstmals wissenschaftlich beschrieb. Die Krankheit ist auch unter den Bezeichnungen Huntington-Krankheit oder Morbus Huntington bekannt. Der Begriff "Chorea" stammt aus dem Griechischen und bedeutet Tanz, was sich auf die charakteristischen, unwillkürlichen Bewegungen bezieht. Im Mittelalter wurde die Krankheit auch als Veitstanz bezeichnet.
Ursachen und Vererbung
Chorea Huntington ist eine rein genetisch bedingte Erkrankung. Sie wird autosomal-dominant vererbt, was bedeutet, dass ein Kind eines betroffenen Elternteils mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % das mutierte Gen erbt und somit die Krankheit entwickelt. Ursache ist eine Mutation im Huntingtin-Gen (HTT) auf Chromosom 4.
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Bei gesunden Menschen wiederholt sich das Basentriplett CAG (Cytosin, Adenin, Guanin) in diesem Gen etwa 10-26 Mal. Bei Betroffenen ist diese Wiederholungssequenz jedoch verlängert. Ab etwa 36 Wiederholungen kann die Krankheit ausbrechen, wobei die Wahrscheinlichkeit und der Zeitpunkt des Ausbruchs mit der Anzahl der Wiederholungen korrelieren. Je mehr CAG-Repeats vorhanden sind, desto früher bricht die Krankheit aus und schreitet schneller voran.
Die verlängerte CAG-Sequenz führt zu einer fehlerhaften Produktion des Huntingtin-Proteins, das in seiner veränderten Form toxisch wirkt und zum Absterben von Nervenzellen führt.
Symptome
Die Symptome von Chorea Huntington beginnen meist schleichend und treten typischerweise im Alter zwischen 35 und 50 Jahren auf, können aber auch früher oder später auftreten. Die ersten Anzeichen sind oft unspezifisch und können Verhaltensauffälligkeiten und psychische Veränderungen umfassen, wie Reizbarkeit, Aggressivität, Depressionen, Angstzustände, Misstrauen oder Kontrollzwang.
Typische Symptome sind:
- Bewegungsstörungen: Unwillkürliche, zuckende Bewegungen (Chorea) von Kopf, Armen, Beinen und Rumpf, die wie ein Tanz wirken können. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf können Muskelsteifheit und Bewegungshemmung auftreten.
- Psychische Veränderungen: Reizbarkeit, Aggressivität, Depressionen, Angstzustände, Apathie, Zwangsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Wutausbrüche, Misstrauen und Kontrollzwang.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Interessensverlust, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, verminderte Urteilsfähigkeit, Schwierigkeiten beim Lernen und Planen.
- Weitere Symptome: Hastiges Essen, Schluckbeschwerden, Sprachstörungen, Gewichtsverlust, Schlafstörungen.
Diagnose
Die Diagnose von Chorea Huntington basiert auf der Familienanamnese, den klinischen Symptomen und einer molekulargenetischen Untersuchung. Durch einen Gentest, der aus einer Blutprobe durchgeführt wird, lässt sich die verlängerte CAG-Sequenz im Huntingtin-Gen nachweisen.
Weitere diagnostische Maßnahmen:
- Neurologische Untersuchung: Beurteilung der motorischen Fähigkeiten, Reflexe, Koordination und des Gleichgewichts.
- Neuropsychologische Untersuchung: Testung der kognitiven Fähigkeiten, wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und exekutive Funktionen.
- Psychiatrische Untersuchung: Beurteilung der psychischen Verfassung und des Vorliegens von Depressionen, Angstzuständen oder anderen psychischen Störungen.
- Bildgebende Verfahren: MRT des Gehirns, um den Abbau von Hirnbereichen darzustellen, die bei Chorea Huntington besonders betroffen sind.
Therapie
Bisher ist Chorea Huntington nicht heilbar. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.
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Behandlungsmöglichkeiten:
- Medikamentöse Therapie:
- Tetrabenazin oder Tiaprid: Zur Reduktion der unwillkürlichen Bewegungen (Chorea).
- Antidepressiva (z.B. SSRI oder Sulpirid): Zur Behandlung von Depressionen.
- Atypische Neuroleptika: Zur Behandlung von Reizbarkeit, Aggressivität oder Psychosen.
- Unterstützende Maßnahmen:
- Physiotherapie: Zur Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination.
- Ergotherapie: Zur Erhaltung der Selbstständigkeit im Alltag.
- Logopädie: Zur Verbesserung der Sprach- und Schluckfunktion.
- Psychotherapie: Zur Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung.
- Ernährungsberatung: Zur Sicherstellung einer ausreichenden Kalorienzufuhr und zur Vermeidung von Gewichtsverlust.
Forschung
Die Forschung zur Chorea Huntington konzentriert sich auf das Verständnis der Krankheitsmechanismen und die Entwicklung neuer Therapieansätze. Vielversprechende Ansätze sind Gentherapien, die darauf abzielen, die Produktion des fehlerhaften Huntingtin-Proteins zu reduzieren oder zu verhindern. Eine erste klinische Phase I/IIa ASO-Studie hat aktuell sehr ermutigende Ergebnisse gezeigt, weitere Entwicklungen werden von Patienten und Angehörigen verständlicherweise sehr aufmerksam verfolgt und diskutiert.
Chorea Huntington vs. ALS: Ein Vergleich
Obwohl sowohl Chorea Huntington als auch ALS neurodegenerative Erkrankungen sind, unterscheiden sie sich in ihren Ursachen, Symptomen und dem Verlauf der Krankheit erheblich.
| Merkmal | Chorea Huntington | ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) |
|---|---|---|
| Ursache | Genetisch bedingt (Mutation im Huntingtin-Gen) | Meist sporadisch (unbekannte Ursache), in einigen Fällen genetisch bedingt |
| Betroffene Zellen | Nervenzellen in den Basalganglien (insbesondere Striatum), die für die Bewegungssteuerung, Kognition und Emotionen zuständig sind | Motoneurone (Nervenzellen, die die Muskeln steuern) im Gehirn und Rückenmark |
| Hauptsymptome | Unwillkürliche Bewegungen (Chorea), psychische Veränderungen, kognitive Beeinträchtigungen | Muskelschwäche, Lähmungen, Sprech- und Schluckstörungen, Atemprobleme |
| Verlauf | Langsam fortschreitend, typischerweise über 15-20 Jahre | Schnell fortschreitend, typischerweise 2-5 Jahre nach Diagnose |
| Vererbung | Autosomal-dominant (50% Wahrscheinlichkeit der Vererbung bei einem betroffenen Elternteil) | Meist nicht vererbbar, in einigen Fällen autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv |
| Behandlung | Symptomatisch (Medikamente zur Linderung der Bewegungsstörungen und psychischen Symptome, unterstützende Therapien) | Symptomatisch (Medikamente zur Linderung der Symptome, unterstützende Therapien, Beatmung) |
| Heilung | Nicht heilbar | Nicht heilbar |
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