PAVK und Polyneuropathie: Ein umfassender Überblick über Unterschiede, Diagnose und Behandlung

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), umgangssprachlich als Raucherbein bekannt, und die Polyneuropathie, insbesondere die diabetische Polyneuropathie, sind zwei unterschiedliche Erkrankungen, die jedoch ähnliche Symptome aufweisen können. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen diesen beiden Krankheitsbildern, ihre jeweiligen Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Behandlungsansätze.

Was ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK)?

Das Raucherbein, medizinisch als periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) bezeichnet, ist durch eine krankhafte Verengung der Arterien in den Beinen gekennzeichnet. Diese Verengungen, auch Stenosen genannt, behindern den Blutstrom zum Gewebe und können ihn im schlimmsten Fall vollständig unterbinden. Der Begriff "Raucherbein" rührt daher, dass Rauchen einen der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer PAVK darstellt und sich die Auswirkungen oft zuerst in den Beinen zeigen.

Ursachen und Risikofaktoren der PAVK

In über 95 Prozent der Fälle ist die Ursache der PAVK eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Dabei lagern sich Fette, Kalk und Bindegewebe in der inneren Schicht der Blutgefäße ab und bilden sogenannte Plaques. Diese Plaques können den Blutfluss behindern und zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe führen.

Zu den Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer Arteriosklerose und somit auch einer PAVK gehören:

  • Rauchen: Bestimmte Inhaltsstoffe von Zigaretten fördern die Verkalkung der Arterien, insbesondere in den Beinen.
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
  • Erhöhte Blutfettwerte (Hyperlipoproteinämie und Hypertriglyceridämie)
  • Herzkreislauferkrankungen bei Blutsverwandten
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Bewegungsmangel
  • Ungesunde Ernährung

Symptome und Stadien der PAVK

Die Entwicklung eines Raucherbeins verläuft in mehreren Stadien. Im Anfangsstadium bemerken Betroffene oft keine Symptome. Im weiteren Verlauf treten jedoch typische Beschwerden auf, die je nach Schweregrad der Erkrankung variieren. Mediziner teilen die PAVK nach Fontaine-Ratschow in vier Stadien ein:

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  • Stadium 1: Keine Beschwerden, obwohl eine Engstelle nachweisbar ist.
  • Stadium 2a: Schmerzen treten bei einer Gehstrecke von über 200 Metern auf und verschwinden beim Stehenbleiben oder in Ruhe wieder.
  • Stadium 2b: Belastungsschmerzen im Bein beginnen bereits bei einer Gehstrecke von unter 200 Metern.
  • Stadium 3: Das Bein schmerzt bereits in Ruhe.
  • Stadium 4: Es entstehen Geschwüre und Entzündungen am Raucherbein, da das unterversorgte Gewebe abstirbt.

Ein charakteristisches Symptom der PAVK ist die sogenannte Claudicatio intermittens oder Schaufensterkrankheit. Dabei treten beim Gehen Belastungsschmerzen auf, die Betroffene dazu zwingen, immer wieder anzuhalten. Durch die Ruhepause lassen die Schmerzen nach, sodass Betroffene nach kurzer Zeit wieder ein Stück weitergehen können.

Im fortgeschrittenen Stadium 3 kommt es auch in Ruhe zu Schmerzen, insbesondere nachts. Im Stadium 4 entwickeln sich aufgrund des Sauerstoffmangels im Gewebe Geschwüre (Ulzera), und das Gewebe kann absterben (Nekrose und Gangrän).

Diagnose der PAVK

Bei Verdacht auf ein Raucherbein ist der Hausarzt in der Regel der erste Ansprechpartner. Dieser erhebt zunächst die Krankengeschichte (Anamnese) und führt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei achtet er auf typische Symptome wie Schmerzen beim Gehen, kalte Füße oder schlecht heilende Wunden.

Zur weiteren Diagnostik können folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Knöchel-Arm-Index (ABI): Hierbei wird der Blutdruck an den Oberarmen und im Knöchelbereich gemessen. Ein ABI-Wert unter 0,9 deutet auf eine PAVK hin.
  • Gehtest: Die Gehleistung des Patienten wird auf einem Laufband unter standardisierten Bedingungen gemessen.
  • Ultraschalluntersuchung (Duplex-Sonographie): Mit dieser Methode können die Blutgefäße schmerzfrei und ohne Strahlenbelastung sichtbar gemacht werden.
  • Angiographie: Eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel, um die Arterien und ihre Engstellen darzustellen.
  • Magnetresonanzangiographie (MRA): Eine Untersuchungsmethode ohne Röntgenstrahlen, die hochaufgelöste Bilder vom gesamten Gefäßnetz liefert.

Behandlung der PAVK

Die Behandlung der PAVK richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Im Stadium 1 liegt der Fokus auf der Bekämpfung der Ursachen und Risikofaktoren. Dazu gehören:

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  • Rauchstopp
  • Regelmäßige Bewegung
  • Gesunde Ernährung
  • Normalisierung von Cholesterin-, Blutfettwerten und Blutdruck

Zusätzlich wird in der Regel eine Bewegungstherapie verschrieben, um die Bildung von Umgehungskreisläufen (Kollateralen) anzuregen. Ab Stadium 2 kommen zusätzlich Medikamente zum Einsatz, sogenannte Thrombozytenaggregationshemmer, die die Fließfähigkeit des Blutes verbessern und Blutgerinnseln vorbeugen.

In den Stadien 3 und 4 ist eine sorgfältige Fußpflege besonders wichtig, um Druckstellen und Verletzungen zu vermeiden. Operative Eingriffe, wie die Aufdehnung der Gefäße mit einem Ballonkatheter (perkutane transluminale Angioplastie, PTA), die Implantation einer Gefäßstütze (Stent), die Ausschälung von Ablagerungen aus der Arterie (Thrombendarteriektomie) oder eine Bypass-Operation, können erforderlich sein, um die Durchblutung wiederherzustellen. In schweren Fällen kann eine Amputation der betroffenen Gliedmaße notwendig sein.

Was ist Polyneuropathie?

Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die mehrere periphere Nerven betrifft. Die peripheren Nerven sind für die Übertragung von Signalen zwischen dem Gehirn und dem Rückenmark und dem Rest des Körpers verantwortlich. Eine Schädigung dieser Nerven kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die von Taubheit und Kribbeln bis hin zu Schmerzen und Muskelschwäche reichen.

Ursachen und Risikofaktoren der Polyneuropathie

Es gibt viele verschiedene Ursachen für Polyneuropathie, darunter:

  • Diabetes mellitus: Hohe Blutzuckerspiegel können die Nerven schädigen und zu einer diabetischen Polyneuropathie führen.
  • Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum kann die Nerven schädigen und zu einer alkoholischen Polyneuropathie führen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, wie Vitamin B12, kann die Nerven schädigen.
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen, wie Borreliose oder HIV, können Polyneuropathie verursachen.
  • Autoimmunerkrankungen: Autoimmunerkrankungen, wie rheumatoide Arthritis oder Lupus, können die Nerven angreifen und zu Polyneuropathie führen.
  • Medikamente: Einige Medikamente, wie Chemotherapeutika, können als Nebenwirkung Polyneuropathie verursachen.
  • Toxine: Die Exposition gegenüber bestimmten Toxinen, wie Blei oder Quecksilber, kann die Nerven schädigen.
  • Erbliche Faktoren: In einigen Fällen kann Polyneuropathie erblich bedingt sein.

Symptome der Polyneuropathie

Die Symptome der Polyneuropathie können je nach den betroffenen Nerven und dem Schweregrad der Schädigung variieren. Häufige Symptome sind:

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  • Taubheit und Kribbeln: Diese Symptome treten oft in den Füßen und Händen auf und können sich allmählich ausbreiten.
  • Schmerzen: Die Schmerzen können brennend, stechend oder bohrend sein und sich nachts verstärken.
  • Muskelschwäche: Die Muskelschwäche kann zu Schwierigkeiten beim Gehen, Greifen oder anderen alltäglichen Aktivitäten führen.
  • Gleichgewichtsstörungen: Die Gleichgewichtsstörungen können das Risiko von Stürzen erhöhen.
  • Verlust der Reflexe: Die Reflexe, insbesondere in den Knöcheln, können abgeschwächt oder nicht vorhanden sein.
  • Störungen der autonomen Funktionen: Dies können Probleme mit dem Blutdruck, der Herzfrequenz, der Verdauung, der Blasen- und Darmfunktion sowie dem Schwitzen sein.

Diagnose der Polyneuropathie

Die Diagnose der Polyneuropathie umfasst in der Regel eine körperliche Untersuchung, eine neurologische Untersuchung und verschiedene Tests, um die Ursache der Nervenschädigung zu ermitteln. Zu den gängigen Diagnoseverfahren gehören:

  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Reflexe, die Muskelkraft, die Sensibilität und die Koordination.
  • Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG): Dieser Test misst, wie schnell elektrische Signale durch die Nerven wandern. Eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit kann auf eine Nervenschädigung hinweisen.
  • Elektromyographie (EMG): Dieser Test misst die elektrische Aktivität der Muskeln. Veränderungen in der Muskelaktivität können auf eine Nervenschädigung hinweisen.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, bestimmte Ursachen der Polyneuropathie zu identifizieren, wie Diabetes, Vitaminmangel oder Autoimmunerkrankungen.
  • Nervenbiopsie: In seltenen Fällen kann eine Nervenbiopsie erforderlich sein, um die Ursache der Polyneuropathie zu ermitteln.

Behandlung der Polyneuropathie

Die Behandlung der Polyneuropathie zielt darauf ab, die Ursache der Nervenschädigung zu behandeln, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Die Behandlungsmöglichkeiten können je nach Ursache und Schweregrad der Polyneuropathie variieren. Zu den gängigen Behandlungsansätzen gehören:

  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Polyneuropathie durch eine Grunderkrankung wie Diabetes oder eine Autoimmunerkrankung verursacht wird, ist die Behandlung dieser Erkrankung entscheidend.
  • Medikamente: Verschiedene Medikamente können helfen, die Symptome der Polyneuropathie zu lindern, wie Schmerzen, Taubheit und Kribbeln. Dazu gehören Schmerzmittel, Antidepressiva und Antikonvulsiva.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und die Koordination zu verbessern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, alltägliche Aktivitäten zu erleichtern.
  • Orthopädische Hilfsmittel: Orthopädische Hilfsmittel, wie Schuheinlagen oder Orthesen, können helfen, die Füße zu stützen und das Gleichgewicht zu verbessern.
  • Alternative Therapien: Einige alternative Therapien, wie Akupunktur oder Capsaicin-Creme, können bei manchen Menschen mit Polyneuropathie Linderung verschaffen.

PAVK und diabetische Polyneuropathie: Die besondere Herausforderung

Menschen mit Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko, sowohl an einer PAVK als auch an einer diabetischen Polyneuropathie zu erkranken. Die Kombination dieser beiden Erkrankungen stellt eine besondere Herausforderung dar, da die Symptome sich überlappen und die Diagnose erschweren können.

Die diabetische Polyneuropathie kann die Schmerzwahrnehmung beeinträchtigen, sodass Betroffene die typischen Belastungsschmerzen der PAVK möglicherweise nicht oder erst spät wahrnehmen. Dies kann dazu führen, dass die PAVK erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt wird, wenn bereits schwerwiegende Komplikationen aufgetreten sind.

Zudem können die durch die Polyneuropathie verursachten Nervenschäden die Wundheilung beeinträchtigen und das Risiko für Fußgeschwüre und Amputationen erhöhen.

Diagnostische Besonderheiten bei Diabetes

Bei der Diagnose der PAVK bei Diabetikern ist es wichtig, die Möglichkeit einer begleitenden Polyneuropathie zu berücksichtigen. Neben den üblichen Diagnoseverfahren sollten auch spezielle Tests zur Beurteilung der Nervenfunktion durchgeführt werden.

Ein wichtiger Aspekt ist die Abgrenzung zwischen einer Ischämie (Durchblutungsstörung) und einer Neuropathie. Bei der Inspektion der Füße lassen sich hier oft deutliche Unterschiede erkennen:

  • Neuropathie: Die Haut ist trocken, warm und rosig.
  • PAVK: Die Haut ist atrophisch, dünn, kühl, blass-livide, und der Vorfuß erblasst bei Hochlagerung.

Allerdings können gerade beim diabetischen Fuß auch Mischbilder auftreten, bei denen sowohl neuropathische als auch ischämische Veränderungen vorliegen.

Der Knöchel-Arm-Index (ABI) ist ein wichtiges диагностическое Werkzeug, um eine PAVK zu erkennen. Allerdings kann es bei Diabetikern aufgrund einer Mediasklerose (Verkalkung der mittleren Gefäßwandschicht) zu falsch-hohen ABI-Werten kommen. In solchen Fällen können zusätzliche diagnostische Methoden, wie der Zehen-Arm-Index (TBI) oder die Duplexsonographie, erforderlich sein.

Therapeutische Besonderheiten bei Diabetes

Die Behandlung der PAVK bei Diabetikern erfordert einen umfassenden Ansatz, der sowohl die Durchblutungsstörung als auch die Polyneuropathie berücksichtigt. Neben den üblichen Maßnahmen zur Behandlung der PAVK ist eine optimale Blutzuckereinstellung von entscheidender Bedeutung, um die Nervenschädigung zu minimieren und die Wundheilung zu fördern.

Eine sorgfältige Fußpflege ist besonders wichtig, um Druckstellen und Verletzungen zu vermeiden. Spezielle Schuhe und Einlagen können helfen, die Füße zu entlasten und das Risiko für Fußgeschwüre zu reduzieren.

In manchen Fällen kann eine Revaskularisation (Wiederherstellung der Durchblutung) erforderlich sein, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Wundheilung zu fördern. Allerdings ist die Entscheidung für eine Revaskularisation bei Diabetikern oft komplex und sollte von einem interdisziplinären Team getroffen werden.

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