Vegetatives Nervensystem und Schweißausbrüche: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Übermäßiges Schwitzen, auch Hyperhidrose genannt, kann für Betroffene sehr belastend sein. Oftmals wissen sie nicht, woher es kommt. Das vegetative Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Schweißproduktion. Eine Störung dieses Systems kann zu übermäßigem Schwitzen führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Schweißausbrüchen im Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem und bietet einen Überblick über mögliche Behandlungsansätze.

Das vegetative Nervensystem: Ein Überblick

Das vegetative Nervensystem (VNS), auch autonomes Nervensystem genannt, steuert lebenswichtige Körperfunktionen, die nicht bewusst steuerbar sind. Dazu gehören Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Körpertemperatur und sexuelle Reaktion. Es verarbeitet ständig Informationen aus Organen und Geweben, um das Gleichgewicht im Körper aufrechtzuerhalten.

Das VNS gliedert sich in zwei Hauptteile:

  • Sympathikus: Aktiviert das Nervensystem in Stresssituationen und steigert die körperliche Leistungsfähigkeit. Er ist für die Energiebereitstellung, Beschleunigung der Atmung und Schweißbildung zuständig.
  • Parasympathikus: Sorgt in Entspannungsphasen für Ruhe und Regeneration. Er senkt den Blutdruck, kurbelt den Stoffwechsel an und fördert die Verdauung.

Ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Homöostase im Körper. Gerät dieses Gleichgewicht aus dem Takt, kann es zu einer vegetativen Dystonie kommen.

Vegetative Dystonie: Wenn das Nervensystem aus dem Gleichgewicht gerät

Eine vegetative Dystonie, auch als somatoforme Störung bezeichnet, liegt vor, wenn das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus gestört ist. Dies kann den Ablauf lebenswichtiger Prozesse beeinträchtigen. Oftmals lässt sich keine konkrete Ursache für diese Störung finden. Es können sowohl körperliche als auch psychische Faktoren eine Rolle spielen, nicht selten ist es eine Kombination aus beidem.

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Symptome einer vegetativen Dystonie:

Die Symptome einer vegetativen Dystonie können vielfältig und unspezifisch sein, was die Diagnose erschwert. Zu den häufigsten Beschwerden gehören:

  • Herzbeschwerden wie Herzstechen oder Herzklopfen/-rasen
  • Schwindel oder Ohnmacht beim Aufstehen
  • Übermäßiges Schwitzen oder mangelndes Schwitzen
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Probleme beim Entleeren der Blase
  • Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung oder Durchfall
  • Schluckbeschwerden

Wenn einzelne oder mehrere dieser Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.

Ursachen einer vegetativen Dystonie:

Für eine vegetative Dystonie gibt es oft keine konkrete Ursache. Es können sowohl körperliche, als auch psychische Faktoren eine Rolle spielen. Nicht selten ist es eine Kombination aus beiden. Zu den häufigsten körperlichen Ursachen zählt Diabetes mellitus (Typ 2). Die Stoffwechselerkrankung kann das autonome Nervensystem, einschließlich des Sympathikus, schädigen.

Ebenso kann die vegetative Dystonie durch neurologische Erkrankungen, wie Parkinson oder Erkrankungen des peripheren Nervensystems ausgelöst werden. Weitaus seltener sind Verletzungen des Rückenmarks, Medikamente oder Virusinfektionen die Ursache für eine Funktionsstörung des vegetativen Nervensystems.

Da Körper und Psyche über das vegetative Nervensystem eng miteinander verbunden sind, können sich auch psychologische und soziale Faktoren wie Stress, Sorgen oder Überforderung auf das vegetative Nervensystem auswirken. Oftmals lösen die Beschwerden weitere Ängste bei den Betroffenen aus, da sie befürchten, es könne eine schwerwiegende Erkrankung zugrunde liegen. Auf diese Weise können sich die Symptome zusätzlich verschlimmern.

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Schweißausbrüche als Folge einer vegetativen Dystonie

Das vegetative Nervensystem steuert auch die Tätigkeit der Schweißdrüsen und ist somit direkt für die Schweißproduktion verantwortlich. Bei einer Störung des sympathischen Nervensystems kann es zu übermäßigem Schwitzen kommen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein, von Problemen im Hypothalamus bis hin zu Erkrankungen einzelner Nerven.

Hyperhidrose: Übermäßiges Schwitzen

Wenn übermäßiges Schwitzen ohne erkennbare Ursache auftritt, spricht man von primärer Hyperhidrose. In diesem Fall liegt eine Fehlregulation des Nervensystems bei der Steuerung der Schweißbildung vor. Der Körper registriert einen Temperaturanstieg, obwohl dieser nicht durch Anstrengung oder Wärme ausgelöst wurde. Schon kleinste Reize können das vegetative Nervensystem aktivieren und den Botenstoff Acetylcholin ausschütten, der die Schweißproduktion ankurbelt.

Nachtschweiß: Schwitzen im Schlaf

Nachtschweiß ist definiert als übermäßiges Schwitzen, das nur nachts auftritt. Betroffene schwitzen so stark, dass Pyjama und Bettzeug durchnässt sind. Häufige Ursachen für Nachtschweiß sind:

  • Ungünstige Schlafbedingungen: Zu hohe Raumtemperatur, zu dicke Bettdecke, synthetische Materialien in Kleidung und Bettwäsche.
  • Lebensgewohnheiten: Übermäßiger Konsum von Alkohol, Koffein und Nikotin sowie scharf gewürzte Speisen.
  • Hormonelle Schwankungen: Schilddrüsenüberfunktion, Wechseljahre, Schwangerschaft, Menstruation.
  • Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus, Bluthochdruck.
  • Infektionskrankheiten: Grippe, Tuberkulose, HIV/AIDS.
  • Autoimmunerkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Gefäßentzündungen.
  • Medikamente: Antidepressiva, Neuroleptika, fiebersenkende Mittel.
  • Neurologische Erkrankungen: Parkinson-Krankheit.
  • Psychische Belastungen: Stress, Angststörungen.
  • Krebserkrankungen: Lymphdrüsenkrebs, Leukämie.

Medikamente als Ursache für Schweißausbrüche

Eine Reihe von Arzneistoffen kann die Schweißproduktion anregen. Dazu gehören:

  • Direkte oder indirekte Parasympathomimetika: Werden zur Behandlung von Erkrankungen wie Glaukom, Muskelschwäche, Darmproblemen, Mundtrockenheit und Demenz eingesetzt. Durch ihre cholinerge Wirkung kommt es zur Sekretionsförderung der Schweißdrüsen.
  • Antidepressiva (Venlafaxin, Duloxetin) sowie Opioide: Regen die Sympathikusaktivität an.
  • Serotonerge Arzneimittel: Die Kombination mehrerer serotonerger Arzneimittel kann zu einem Serotonin-Syndrom führen, dessen Symptom die erhöhte Schweißbildung ist.
  • Acetylsalicylsäure: Regt die Schweißdrüsentätigkeit bei entsprechend disponierten Menschen an.
  • Schilddrüsenpräparate: Eine unzureichend behandelte Hyperthyreose kann sich durch starkes Schwitzen bemerkbar machen.
  • Arzneimittel zur Therapie hormonsensitiver Tumoren von Brust oder Prostata: Greifen in den Hormonstoffwechsel ein und können Hitzewallungen verursachen.
  • Hormontherapie mit GnRH-Analoga bei Endometriose: Verringert den Einfluss der Estrogene auf die Gebärmutterschleimhaut und kann zu Estrogenmangel-bedingten Schweißausbrüchen führen.

Es ist auch möglich, dass Patienten nach einer Rabattvertrag-bedingten Umstellung eines Medikaments auf ein anderes mit verstärktem Schwitzen reagieren, ohne dass sich eine konkrete Erklärung finden lässt.

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Wechselwirkungen von Medikamenten:

Bestimmte Medikamente können in Kombination miteinander zu gefährlichen Wechselwirkungen führen, die sich unter anderem durch stark erhöhte Schweißbildung äußern. Ein Beispiel ist die Kombination von Dextromethorphan (Hustenstiller) mit Tramadol (Schmerzmittel) oder Antidepressiva. Diese Kombination kann zu einem Serotonin-Syndrom führen, das sich durch stark erhöhte Schweißbildung, Durchfall, Tachykardie, Bewusstlosigkeit, Hyperthermie und Krämpfe äußern kann.

Diagnose und Behandlung von Schweißausbrüchen

Diagnose:

Bei der Diagnose von Schweißausbrüchen ist es wichtig, die zugrunde liegende Ursache zu finden. Der Arzt wird zunächst eine Anamnese erheben, um die Beschwerden, Lebensumstände und Vorerkrankungen des Patienten zu erfassen. Es ist hilfreich, vor dem Arztbesuch ein "Schlaftagebuch" zu führen, in dem die Häufigkeit und der Zusammenhang der nächtlichen Schwitzattacken dokumentiert werden.

Abhängig von der Verdachtsdiagnose können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden, wie z.B.:

  • Körperliche Untersuchung (Körpertemperatur, Blutdruck)
  • Blutuntersuchung
  • Ultraschall, Röntgen
  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Neurologische Untersuchung
  • Knochenmarkpunktion

Behandlung:

Die Behandlung von Schweißausbrüchen richtet sich nach der Ursache.

  • Allgemeine Maßnahmen:
    • Anpassung der Schlafgewohnheiten (Raumtemperatur, Bettdecke, Materialien)
    • Verzicht auf Alkohol, Koffein und Nikotin
    • Vermeidung scharf gewürzter Speisen
    • Ausgewogene Ernährung
    • Regelmäßige Bewegung
    • Entspannungstechniken
  • Medikamentöse Behandlung:
    • Anpassung oder Umstellung der Medikation bei medikamenteninduzierten Schweißausbrüchen
    • Behandlung von Grunderkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes mellitus oder Infektionen
    • Einsatz von Antitranspiranten zur lokalen Reduktion der Schweißproduktion
    • In schweren Fällen: Medikamente zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems
  • Weitere Therapieansätze:
    • Psychotherapie bei stressbedingten Schweißausbrüchen
    • Akupunktur
    • Homöopathie
    • Iontophorese (Gleichstrombehandlung) bei Hyperhidrose an Händen und Füßen
    • Botulinumtoxin-Injektionen (Botox) bei Hyperhidrose der Achseln
    • Chirurgische Maßnahmen (z.B. Entfernung der Schweißdrüsen) in seltenen Fällen

Produkte gegen starkes Schwitzen

Als Mittel gegen starkes Schwitzen empfehlen sich Produkte mit unterschiedlichen Wirkprinzipien. Bewährte Mittel sind beispielsweise Antitranspirante. Mit ihren Wirkstoffen sorgen diese einfach auf die Haut aufzutragenden Produkte dafür, dass die Schweißdrüsen abgedichtet werden.

Für den Einsatz unter den Achseln sind beispielsweise Roll-Ons sehr hilfreich. Antitranspirante enthalten Aluminiumsalze, die die Schweißdrüsen vorübergehend verschließen. Bei übermäßiger Schweißbildung aufgrund von Störungen im vegetativen Nervensystem kann die Anwendung von Antitranspiranten große Erleichterung verschaffen.

Es gibt auch spezielle Produkte, die bei schwitzenden Händen und Füßen helfen können. Just dry ist beispielsweise ein Antitranspirant, das auch bei stark schwitzenden Händen oder Füßen aufgetragen werden kann. Es ist wichtig, das Produkt nicht auf frisch rasierte Stellen aufzutragen. Am nächsten Morgen kann man ganz normal duschen und einen Deoroller mit Duft verwenden.

Vorsorge und Stärkung des vegetativen Nervensystems

Um das vegetative Nervensystem zu stärken und Schweißausbrüchen vorzubeugen, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:

  • Entspannungsmethoden erlernen und anwenden: Yoga, Meditation oder Achtsamkeitsübungen können helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem zu beruhigen.
  • Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann die Gesundheit des autonomen Nervensystems unterstützen. Ein Mangel an Vitamin B12 kann die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen.
  • Ausreichend Schlaf: Ein gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Stressbewältigung und Regeneration des Nervensystems. Die Schlafumgebung sollte eine Temperatur von etwa 18 Grad haben und sich gut abdunkeln lassen.
  • Regelmäßige Bewegung: Ausdauertraining oder Krafttraining fördern den Stressabbau.
  • Vermeidung von Stressoren: Stress, Sorgen und Überforderung können sich negativ auf das vegetative Nervensystem auswirken.
  • Schlafhygiene: Regelmäßiger Wach-/Schlafrhythmus, angenehme und schlaffördernde Schlafumgebung (Temperatur, Licht, Geräusche) schaffen.

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