Der Zusammenhang zwischen vegetativem Nervensystem und Sexualität

Das vegetative Nervensystem (VNS), auch autonomes Nervensystem genannt, spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung lebenswichtiger Körperfunktionen, die nicht willentlich beeinflussbar sind. Dazu gehören unter anderem Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Körpertemperatur und auch die sexuelle Reaktion. Störungen in diesem System können sich vielfältig äußern und werden oft unter dem Begriff der vegetativen Dystonie zusammengefasst.

Das vegetative Nervensystem: Ein Überblick

Das menschliche Nervensystem besteht aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen) und gliedert sich in das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS). Das vegetative Nervensystem ist Teil des peripheren Nervensystems und wird auch als autonomes Nervensystem bezeichnet. Es reguliert lebenswichtige Körperfunktionen, die nicht bewusst steuerbar sind, wie beispielsweise die Herzfrequenz, den Blutdruck, die Atmung, die Verdauung, den Stoffwechsel, die Körpertemperatur oder die sexuelle Reaktion.

Das vegetative Nervensystem unterteilt sich in zwei Hauptkomponenten:

  • Sympathikus: Der Sympathikus ist das Aktivierungssystem des Körpers. Ab einem bestimmten Erregungslevel wird der Sympathikus aktiv. Er bereitet den Körper auf Stresssituationen vor, indem er die Herzfrequenz erhöht, die Atmung beschleunigt und Energiereserven mobilisiert. Eustress (positiver Stress) aktiviert und motiviert uns, steigert unsere Leistungsfähigkeit.
  • Parasympathikus: Der Parasympathikus ist für Entspannung und Regeneration zuständig. Er senkt den Blutdruck, fördert die Verdauung und unterstützt die Erholung des Körpers.

Gerät dieses Wechselspiel von Sympathikus und Parasympathikus aus dem Gleichgewicht, kann es zu einer vegetativen Dystonie oder somatoformen Störungen kommen. Somatoforme oder funktionelle Störungen beschreiben Beschwerden, für die es keine organische Ursache gibt. Für die Betroffenen geht damit oft ein hoher Leidensdruck einher.

Vegetative Dystonie: Symptome und Ursachen

Eine Störung des vegetativen Nervensystems kann sich auf unterschiedliche Weise äußern. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Herzbeschwerden wie Herzstechen oder Herzklopfen/-rasen
  • Schwindel oder Ohnmacht beim Aufstehen
  • Übermäßiges Schwitzen oder mangelndes Schwitzen
  • Sexuelle Funktionsstörungen beim Mann
  • Probleme beim Entleeren der Blase
  • Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung oder Durchfall inkl. Magenlähmung
  • Schluckbeschwerden

Die Vielfalt an unspezifischen Symptomen macht es oft schwierig, ein überreiztes Nervensystem unmittelbar zu erkennen. Daher ergibt sich das Krankheitsbild einer vegetativen Dystonie in der Regel über das Ausschlussverfahren anderer Erkrankungen. Grundsätzlich gilt: Wenn einzelne oder mehrere der genannten Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen, sollten diese unbedingt ärztlich abgeklärt werden, um eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen.

Für eine vegetative Dystonie gibt es oft keine konkrete Ursache. Es können sowohl körperliche als auch psychische Faktoren eine Rolle spielen. Nicht selten ist es eine Kombination aus beiden. Zu den häufigsten körperlichen Ursachen zählt Diabetes mellitus (Typ 2). Die Stoffwechselerkrankung kann das autonome Nervensystem, einschließlich des Sympathikus, schädigen.

Ebenso kann die vegetative Dystonie durch neurologische Erkrankungen, wie Parkinson oder Erkrankungen des peripheren Nervensystems ausgelöst werden. Weitaus seltener sind Verletzungen des Rückenmarks, Medikamente oder Virusinfektionen die Ursache für eine Funktionsstörung des vegetativen Nervensystems.

Da Körper und Psyche über das vegetative Nervensystem eng miteinander verbunden sind, können sich auch psychologische und soziale Faktoren wie Stress, Sorgen oder Überforderung auf das vegetative Nervensystem auswirken. Oftmals lösen die Beschwerden weitere Ängste bei den Betroffenen aus, da sie befürchten, es könne eine schwerwiegende Erkrankung zugrunde liegen. Auf diese Weise können sich die Symptome zusätzlich verschlimmern.

Behandlung und Vorsorge

Je nach Ursache und Schweregrad der Störung kann eine vegetative Dystonie ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen, doch lässt sie sich in den meisten Fällen erfolgreich behandeln. Die Behandlung erfordert eine individuelle Herangehensweise, die sich an der eigentlichen Ursache und der Lebenssituation der Patienten orientiert. Während beispielsweise die Behandlung von Typ-2-Diabetes-Patienten auf eine optimale Blutzuckereinstellung abzielt, benötigen Parkinson-Patienten andere Medikamente.

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Wenn kein Hinweis auf eine organische Ursache zugrunde liegt, zählen sowohl psycho- und physiotherapeutische Maßnahmen, als auch der Einsatz bestimmter Medikamente zu den möglichen Behandlungsmethoden. Pflanzliche oder homöopathische Mittel können hierbei eine unterstützende Therapieoption sein, da sie eine gute Verträglichkeit bei geringem Gewöhnungspotenzial aufweisen, dies trifft jedoch nicht auf alle pflanzlichen Arzneimittel zu. Zur Linderung der Beschwerden bei innerer Anspannung durch Stress, haben sich vor allem homöopathische Arzneipflanzen bewährt: Die Passionsblume kann bei Unruhezuständen oder Schlafstörungen helfen. Gelber Jasmin und Schlangenwurzel können bei Schwindel, nervlich bedingtem Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Beschwerden Linderung verschaffen. Und die gelbe Nieswurz kann Kreislaufproblemen vorbeugen.

Bei einer vegetativen Störung ist es wichtig, die Balance zwischen Körper und Psyche wiederherzustellen. Helfen können dabei verschiedene Entspannungsmethoden, eine ausgewogene Ernährung sowie eine gesunde Schlafroutine.

  • Entspannungsmethoden erlernen und anwenden: Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder andere Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem wieder zu beruhigen. Ebenso fördert regelmäßige Bewegung wie Ausdauertraining oder Krafttraining den Stressabbau.
  • Ausgewogen ernähren: Vitaminmangel, insbesondere ein Mangel an Vitamin B12, kann die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann die Gesundheit des autonomen Nervensystems unterstützen. Um möglichen Beschwerden vorzubeugen, empfiehlt es sich außerdem, auf Alkohol und Koffein zu verzichten.
  • Ausreichend schlafen: Ein gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Stressbewältigung und Regeneration des Nervensystems. Dazu sollte die Schlafumgebung eine Temperatur von etwa 18 Grad haben und sich gut abdunkeln lassen. Ebenso wichtig ist ein ruhiges Schlafumfeld. Fernseher oder mobile Geräte wie Smartphones sollten abends ausgeschaltet werden, um Ablenkung und laute Geräusche zu vermeiden. Deftiges Essen, Alkohol und Stress am Abend können die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen. Besser sind daher leicht verdauliche Speisen und warme Getränke wie Tee am Abend. Ebenso unterstützen regelmäßige Zubettgehzeiten und Aufstehzeiten, regelmäßige Bewegung und eine ergonomische Matratze einen gesunden Schlaf und stärken damit auch indirekt das vegetative Nervensystem.

Die Rolle des vegetativen Nervensystems bei sexuellen Funktionsstörungen

Das vegetative Nervensystem spielt eine zentrale Rolle bei der sexuellen Funktion, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Es steuert die physiologischen Prozesse, die für sexuelle Erregung, Orgasmus und Rückbildungsphase notwendig sind.

Erektion und das vegetative Nervensystem

Eine Erektion beruht auf einer komplizierten Folge von Vorgängen, die genau aufeinander abgestimmt sein müssen. Das Zentralnervensystem übt dabei sozusagen die Rolle des Dirigenten aus. Selbst damit der Penis seine Ruhe hat, muss das ZNS arbeiten. Dafür, dass er bei fehlender Erregung schlaff bleibt, sorgen bestimmte Teile des "sympathischen Nervensystems", eines Astes des so genannten vegetativen Nervensystems: Sie schränken dann aktiv den Blutfluss zu dem Organ ein.

Die Sexualreaktion beruht auf einem dynamischen Gleichgewicht zwischen erregenden und hemmenden Einflüssen im Penis wie in den Instanzen des Nervensystems. Während das "sympathische Nervensystem" eine Erektion eher verhindert, bildet der "parasympathische" Zweig des autonomen Nervensystems einen von mehreren wichtigen erregenden Schaltwegen. Ob die sexuelle Erregung nun durch physische Stimulation der Geschlechtsorgane oder psychisch ausgelöst wird, etwa durch einen Geruch oder den Anblick eines Menschen, vielleicht nur durch den Gedanken an jemanden - die erregenden Nervenfasern im Penis reagieren dabei, indem sie so genannte pro-erektile neuronale Botenstoffe (Neurotransmitter) freisetzen. Zu ihnen gehören Stickstoffmonoxid (NO) und Acetylcholin. Bei einer Erektion bewirken diese Botenstoffe, dass die Muskulatur der Penisarterien erschlafft. Dadurch weiten sich die Arterien, und in die schwammartigen Gewebe der Schwellkörper des Penis fließt vermehrt Blut ein. Dabei füllen sich kleine Blutkammern prall. Die Ausdehnung drückt die Venen zusammen, über die das Blut sonst abfließen würde, bis sie fast verschlossen sind und das Blut sich staut.

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Während einer Erektion sendet das Zentralnervensystem nicht nur Nervensignale zum Penis, sondern es erhält auch welche von ihm. Werden die speziellen Berührungsrezeptoren gereizt, die das Glied in besonders hoher Dichte besitzt, gelangen diese Signale zu Rückenmark und Gehirn. So beeinflusst der Penis seinerseits die Befehle der höheren Zentren. Auch wenn er also nicht selbstständig zu "denken" vermag, hält er das ZNS doch sehr wohl über seine "Gefühle" informiert. Nach dem Orgasmus, beziehungsweise wenn die Erregung abklingt, geht die Erektion schnell zurück, und das sympathische Nervensystem begrenzt wieder den Bluteinstrom. Eine übermäßige Aktivierung des sympathischen Nervensystems, etwa durch Stress oder Kälte, kann bewirken, dass das Glied vorübergehend noch stärker erschlafft und schrumpft. Umgekehrt treten Erektionen vermehrt auf, wenn die sympathische Aktivität abgeschaltet ist, wie bei den Erektionen im Schlaf. Diese Erektionen ereignen sich vor allem in "REM-Schlafphasen" (in denen - wohl beim Träumen - schnelle Augenbewegungen, rapid eye movements, auftreten). Im REM-Schlaf sind nämlich sympathische Neuronen im "Locus coeruleus" abgeschaltet, einem Kern im Stammhirn oder Hirnstamm.

Nicht bei jeder Erektion gibt erst das Gehirn den Befehl dazu. Manche Erektionen entstehen bei Berührung des Penis rein als Reflex über das Rückenmark - entsprechend nennen Mediziner sie "reflexogen" im Gegensatz zu den "psy-chogenen" -, ähnlich wie unsere Hand unwillkürlich zurückzuckt, wenn wir plötzlich eine heiße Herdplatte berühren. Dieser Erektionsreflex ist tief unten im Rückenmark verankert, was die Bedeutung der Fortpflanzungsfunktion erkennen lässt.

Neurogene erektile Dysfunktion

Störungen im Nervensystem, ob durch Schädigung von Nerven oder neurologische Erkrankungen wie Parkinson, können die Funktion der Sexualorgane beeinträchtigen. Man spricht in diesem Fall von neurogener erektiler Dysfunktion (Neurogene ED). Experten schätzen, dass sich 10-19 Prozent aller Fälle von erektiler Dysfunktion auf neurogene (nervlich bedingte) Ursachen zurückführen lassen. Störungen können dabei im zentralen und im peripheren Nervensystem auftreten.

Schädigungen im Zentralen Nervensystem:

  • Rückenmarksverletzung: Diese Verletzungen sind zwar eher selten, aber dafür sehr häufig mit erektiler Dysfunktion verbunden. Fast 80 Prozent aller Männer mit Rückenmarksverletzungen erleben Erektionsstörungen, wobei diese sowohl auf organische als auch psychosomatische Ursachen zurückzuführen sind. Abhängig von der Schwere der Verletzung kann es auch vorkommen, dass es den Betroffenen gar nicht mehr möglich ist, eine Erektion zu erreichen.
  • Multiple Sklerose (MS): Die besonders bei jungen Erwachsenen häufig auftretende Autoimmunerkrankung greift die Nerven auf besondere Weise an. Die Krankheit schädigt die Schutzhülle (Myelin) der Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark. Durch die Schädigung des Myelins verlangsamt sich die Signalübertragung in den Nerven oder wird ganz unterbrochen. Dies führt zu den vielfältigen Symptomen von MS, zu denen unter anderem Erektionsstörungen gehören. Bis zu 70 % der MS-Patienten leiden an erektiler Dysfunktion.
  • Parkinson: Bei der chronischen neurodegenerativen (mit dem Absterben von Nervenzellen einhergehenden) Erkrankung unterscheidet man zwischen Haupt- und Nebensymptomen. Hauptsymptome zeigen sich im Bewegungsapparat durch Zittern oder Steifheit, während zu den Nebensymptomen zum Beispiel Sprachstörungen oder Depression gehören. Die Krankheit beeinflusst auch den Transport von Dopamin, das für die sexuelle Erregung und eine Erektion nötig ist. Dennoch wird das Thema erektile Dysfunktion bei an Parkinson Erkrankten häufig vernachlässigt. Obwohl laut Experten 42 bis 79 Prozent der Erkrankten von Erektionsstörungen betroffen sind, erhalten nur wenige eine entsprechende Behandlung.
  • Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann in allen Gehirnarealen auftreten. Ob und in welchem Maße ein Schlaganfall die Erektionsfähigkeit beeinflusst, hängt von der Schwere und dem betroffenen Hirnareal ab. Man geht davon aus, dass zwischen 17 % und 48 % der Erkrankten von Erektionsstörungen betroffen sind. Dabei spielen sowohl die potenzielle Unterbrechung wichtiger Nervenverbindungen als auch die medikamentöse Behandlung und psychologische Nachwirkungen eines Schlaganfalls eine Rolle.

Schädigungen im peripheren Nervensystem:

  • Diabetes mellitus: Der chronisch erhöhte Blutzucker bei Diabetespatienten führt zur Schädigung der Blutgefäße, die auch die Nerven versorgen. Diese erhalten weniger Sauerstoff und Nährstoffe und können so auch die Erektionsfähigkeit beeinflussen.
  • Urologische Operationen: Vor allem durch Operationen an der Prostata können Nervenschädigungen entstehen, die die sexuellen Funktionen beeinflussen. Da die für eine Erektion wichtigen Nervenstränge und Blutgefäße nah an der Prostata liegen, kann eine Verletzung nicht immer vermieden werden.
  • Nervenschädigungen durch schädliche Substanzen: Chemotherapien, Alkohol- und Drogenmissbrauch können sowohl die Nervenzellen im Gehirn als auch die peripheren Nerven schädigen.
  • Nervenkompression (eingeklemmter Nerv): Ob durch eine falsche Bewegung oder durch lang anhaltenden Druck - auch physische Aktivitäten können in seltenen Fällen Nerven schädigen, die für die Erektionsfähigkeit wichtig sind.

Behandlungsmöglichkeiten bei neurogener erektiler Dysfunktion

Sollte die Diagnose NED (Neurogene erektile Dysfunktion) lauten, gibt es gute und erprobte Therapiemöglichkeiten. Die sogenannten PDE-5-Inhibitoren (Phosphodiesterase-5-Hemmer), besser bekannt unter dem Namen der Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil haben sich auch bei NED als effektiv und sicher erwiesen. Alternativ oder zusätzlich können Vakuum-Therapien (Penispumpe), Penisinjektionstherapien, chirurgische Eingriffe und Psychotherapien Betroffenen helfen.

Sexualität und Querschnittlähmung

Eine Querschnittlähmung verändert das Leben eines jeden Menschen auf dramatische Art und Weise. Die Bewältigung einer Querschnittlähmung stellt einen gewaltigen Anpassungsprozeß dar, der mit Veränderungs- und Lernprozessen in fast jedem Lebensbereich verbunden ist. Dies betrifft auch in ganz zentraler Weise den Bereich der Sexualität.

Vor allem in diesem Bereich hat fast jeder ein ganz selbstverständliches Bewußtsein darüber, was Sexualität ist, wie Sexualität funktioniert, wann sie gut beziehungsweise schlecht ist, wie sie eben wirklich ist und wie sie sein soll. Das Gefühl der Selbstverständlichkeit steht damit aber dem Gefühl der Veränderbarkeit und damit jedem notwendigen Anpassungsprozeß massiv im Wege. Wenn ein Mann zum Beispiel die feste Überzeugung hat, daß Sexualität ausschließlich Geschlechtsverkehr mit Erektion und Ejakulation bedeutet, dann wird er sich kaum oder nur schwer damit auseinandersetzen können, neue oder andere Formen von Sexualität auszuprobieren und genießen zu können. Starre Überzeugungen sind unveränderbare Überzeugungen und sie erschweren oder verunmöglichen Anpassung und Veränderung. Erst durch das Akzeptieren der Veränderung wird man erkennen können, daß es gut ist, wie es ist, selbst wenn es anders ist, als es in der Vergangenheit war.

Sexualität jenseits von Genitalverkehr

Der Begriff der Sexualität und das Verständnis darüber, was Sexualität wirklich ist, ist erheblichen Veränderungen unterworfen. Ursprünglich entstand der Begriff als neutrale botanische Bezeichnung für das Vermehrungsverhalten von Pflanzen und wurde von daher als medizinischer Fachbegriff auf den Menschen übertragen. Während der Begriff anfangs eng verwendet wurde, d. h. lediglich auf Fortpflanzung und genitale Funktionen beschränkt war, umfasst Sexualität heute auch psychologische, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte.

Sexualität ist viel mehr als das, was zwischen zwei Menschen im Bett passiert. Sexualität ist mehr als Geschlechtsverkehr! Dazu gehören: Streicheleinheiten im weitesten Sinne, das Gefühl von Nähe, sich mögen, sich lieben, sich akzeptieren.

Der Orgasmus: Ein neurologisches Feuerwerk

Viele fiebern auf ihn hin. Aber warum ist der Orgasmus eigentlich so befriedigend? Während des Orgasmus ist die Aktivität des Gehirns größer als zu jeder anderen Zeit - sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Die erste Gehirnregion, die aktiv wird, ist der genitale sensorische Cortex, der in der Scheitelmitte sitzt (Lobulus paracentralis). Die verschiedenen Geschlechtsorgane stimulieren jeweils unterschiedliche Regionen des genitalen Cortex. Je mehr erotisch sensible Körperregionen gleichzeitig stimuliert werden, desto größer ist die im genitalen Cortex aktivierte Region, und desto intensiver kann ein Orgasmus werden.

Der genitale Cortex aktiviert das limbische System, zum Beispiel den Hippocampus und die Amygdala, die beide bei der Emotionsverarbeitung eine Rolle spielen. Die Amygdala trägt auch dazu bei, dass Herzfrequenz und Blutdruck jetzt ansteigen. Während sich der Orgasmus aufbaut, löst das Kleinhirn vielfältige Muskelspannungen aus. In der Insula und im Gyrus cinguli beobachten wir derweil Aktivität, die wir sonst sehen, wenn jemand Schmerz empfindet. Das ist interessant, weil die Schmerzempfindlichkeit während des Orgasmus eigentlich deutlich nachlässt. Dazu trägt sicherlich auch das Schmerzunterdrückungssystem des Gehirns bei, das ebenfalls stark während des Orgasmus aktiviert wird: das periaquäduktale Grau und die Raphe-​Kerne, die Serotonin ins Rückenmark schicken.

Auf dem Höhepunkt des Orgasmus spielen vor allem der Nucleus accumbens und der Hypothalamus eine Rolle. Der Nucleus accumbens ist Teil des Lustzentrums des Gehirns und reagiert sehr empfindlich auf Dopamin. Die Zellen im vorderen Teil des Hypothalamus produzieren Oxytocin, das auch als „Kuschelhormon“ bekannt ist und zum starken orgasmischen Wohlgefühl beitragen mag. Auch Oxytocin treibt Herzschlag und Blutdruck in die Höhe, und es sorgt auch dafür, dass sich die Pupillen beim Orgasmus weiten.

Wenn der Orgamus dann vorbei ist, hört das Hirnfeuerwerk schlagartig auf. Und bei Männern - aber nicht Frauen! - bleibt es auch erstmal still. Sie erleben eine so genannte Refraktärzeit. Während dieser können sie eine erneute Stimulation der Genitalien zwar spüren, doch im Orgasmussystem im Gehirn tut sich derweil nichts.

VNS-Analyse: Einblick in das vegetative Nervensystem

Die VNS-Analyse (Analyse des vegetativen Nervensystems) ist ein diagnostisches Verfahren, das durch die Messung der Herzratenvariabilität (HRV) einen Einblick in das innere Gleichgewicht gibt. Ein moderner Brust-Sensor misst die Herzratenvariabilität über einen Zeitraum von ca. 7 Minuten. Die VNS-Analyse ist ein kraftvolles Tool, um herauszufinden, wo der Körper Unterstützung braucht.

Stress ist nicht gleich Stress - hier unterscheidet man zwischen Eustress (positiver Stress) und Distress (negativer Stress). Während Eustress uns aktiviert, motiviert und unsere Leistungsfähigkeit steigert, führt Distress zu Überforderung, Erschöpfung und gesundheitlichen Problemen. Distress blockiert die flexible Zusammenarbeit zwischen Sympathikus und Parasympathikus.

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