Die Verbindung zwischen Nase und Gehirn ist ein faszinierendes und komplexes System, das es uns ermöglicht, die Welt der Düfte zu erleben. Dieser Artikel befasst sich mit den anatomischen Details dieser Verbindung, von den ersten Schritten der Geruchserkennung in der Nase bis hin zur Verarbeitung von Geruchsinformationen im Gehirn.
Einführung in die olfaktorische Wahrnehmung
Die olfaktorische Wahrnehmung, also die Fähigkeit zu riechen, ist ein evolutionär relevantes physiologisches System. Der Mensch kann mindestens 10.000 verschiedene Geruchsstoffe erkennen und unterscheiden. Der Geruchssinn ermöglicht es uns, Gefahren zu erkennen, Pheromone wahrzunehmen und Lebensmittel zu identifizieren. Durch die Beteiligung der Amygdala können mit Gerüchen auch Emotionen verbunden werden.
Die Nase: Tor zur Welt der Düfte
Die Nase, als Riechorgan der Wirbeltiere, ist viel mehr als nur ein Eingang für die Atemluft. Sie ist das Tor zur Welt der Düfte. Die Nase ist das Geruchsorgan des menschlichen Körpers und fungiert als Teil der oberen Atemwege. Neben der Riechfunktion und ihrer Beteiligung an der Atmung spielt die Nase aber auch eine wichtige Rolle beim Schmecken, Sprechen und bei der Befeuchtung und Reinigung der eingeatmeten Luft.
Anatomie der Nase
Die Nase befindet sich zentral in der Mitte des Gesichts und besitzt viel mehr Funktionen und Eigenschaften, als man denkt. An ihrem komplexen Aufbau sind sehr viele Strukturen beteiligt. Vor allem im Inneren trifft man auf eine erstaunliche Ansammlung von anatomischer Details. Die Nase lässt sich grob in einen äußeren (Nasus externus) und einen inneren Teil (Nasus internus) untergliedern.
Äußere Nase
Die äußere Nase ist pyramidenförmig. Das knöcherne Nasenskelett besteht aus dem Os nasale, der Maxilla und dem Os frontale. Der knorpelige Anteil setzt sich aus mehreren Elementen zusammen und dient vor allem der Beweglichkeit (z. B. Schutz bei Stößen). Die Nasenlöcher werden seitlich von den Nasenflügeln und medial vom Nasensteg begrenzt.
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Innere Nase
Der innere Teil der Nase (Nasus internus) wird durch die Nasenscheidewand (Septum nasi), welche aus Knochen und Knorpel besteht, in zwei Hälften geteilt. Die Nasenscheidewand besitzt vorne einen knorpeligen Abschnitt (Lamina quadrangularis) und einen knöchernen hinteren Teil (Lamina perpendicularis). Die Vorderkante der Nasenscheidewand mündet in den Nasensteg. Die Nasenhaupthöhlen reichen von den Nasenklappen bis zu den hinteren Nasenöffnungen (Choanae). Die seitlichen Wände der Nasenhaupthöhlen bestehen aus Teilen des Oberkiefers, Tränenbeins, Gaumenbeins und Keilbeins. In den Seitenwänden liegen die drei knöchern gestützten Nasenmuscheln (Conchae nasales). Die obere und mittlere Nasenmuschel gehören mit zum Siebbein, die untere bildet hingegen einen eigenständigen Knochen. Zwischen den Nasenmuscheln liegen die drei Nasengänge (Meatus nasi): der obere zwischen oberer und mittlerer Nasenmuschel, der mittlere zwischen mittlerer und unterer Nasenmuschel und der untere Nasengang zwischen unterer Nasenmuschel und Gaumen. Das Dach der Nasenhaupthöhlen besteht aus dem Nasenbein, dem Keilbeinkörper und einem Teil des Siebbeins. Den Boden der Nasenhaupthöhlen bildet der harte Gaumen.
Nasenhöhle
Die Nasenhöhle (Cavum nasi) besteht aus einem Nasenvorhof (Vestibulum nasi) mit Haaren und einer Nasenhaupthöhle (Cavum nasi proprium). Die Haare im Nasenvorhof dienen dazu, grobe Partikel aus der Atemluft zu filtern.
Nasenmuscheln
In der Nasenhöhle selbst trifft man auf die drei Nasenmuscheln (Conchae nasales): eine obere, eine mittlere und eine untere. Sie verlangsamen den Luftstrom und unterteilen die nasalen Atemwege in vier, rillenartige Luftwege. Die Nasenmuscheln sind gut durchblutet und können anschwellen, um den Luftstrom zu regulieren und die Atemluft zu erwärmen und zu befeuchten.
Nasennebenhöhlen
Die Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) sind Pneumatisationsräume, also sozusagen Aussackungen der Nasenhöhle. Sie ragen in die angrenzenden Schädelknochen hinein und sind mit Schleimhaut ausgekleidet. Die genaue Funktion der Nasennebenhöhlen ist bisher noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass sie zur Gewichtsreduktion des Schädels, zur Resonanz der Stimme und zur Befeuchtung der Atemluft beitragen. Zu den Nasennebenhöhlen gehören die Kieferhöhlen, die Stirnhöhlen, die Siebbeinzellen und die Keilbeinhöhle.
Histologie der Nasenschleimhaut
Das Naseninnere ist mit einer Schleimhaut (Mucosa nasi) ausgekleidet, die sich in zwei Bereiche unterteilt: die Regio respiratoria und die Regio olfactoria.
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Regio respiratoria
Der Hauptteil der Nasenschleimhaut bildet die Regio respiratoria, der Bereich der Atmung. Diese respiratorische Schleimhaut kleidet den größten Teil des inneren Nasenraums aus und besteht aus einer speziellen Zellschicht, dem mehrschichtigen Flimmerepithel. Dessen feine Flimmerhärchen (Zilien) bewegen sich ständig zeitversetzt hin und her. Auf diese Weise werden die Naseninnenräume permanent von Schmutz- und Schadstoffen befreit (mukoziliäre Clearance). Etwa 10.000 Liter Atemluft werden in der Nase tagtäglich von Fremdkörpern bereinigt, angewärmt und befeuchtet. In der Regio respiratoria liegen zudem viele kleine Gefäße (Venenplexus), die vor allem in den Wänden der Nasenmuscheln eine Art Schwellkörper bilden. Abhängig von der Füllung dieser Blutgefäße kann der Druck sowie das Volumen des Naseninneren und damit der Atemstrom reguliert und die Atemluft erwärmt werden. Weiter befinden sich in der respiratorischen Nasenschleimhaut Drüsen, die das Nasensekret bilden und hiermit die Nasenschleimhaut vor dem Austrocknen schützen. Eine Reizung der Nasenschleimhaut kann einen unwillkürlichen Reflex, das Niesen, auslösen.
Regio olfactoria
Die kleine Regio olfactoria, die Riechschleimhaut, befindet sich im Bereich der oberen Nasenmuschel, am Nasendach und in den obersten Abschnitten der Nasenscheidewand. Diese Region im oberen Nasengang (= Riechgang) enthält u.a bestimmte Zellgruppen, deren Rezeptoren Duftmoleküle aus der eingeatmeten Luft aufnehmen können (Riech- bzw. Sinnesepithel). Von diesem Sinnesepithel aus werden die olfaktorischen Reize über Riechnerven zum Riechzentrum ins Gehirn geleitet. Das Riechepithel besteht hauptsächlich aus drei verschiedenen Zelltypen: Riechzellen, Stützzellen und Basalzellen. Die Riechzellen sind die eigentlichen olfaktorischen Rezeptorneurone, die Geruchsinformationen direkt ans Zentrale Nervensystem (ZNS) weiterleiten. Sie besitzen an dem einen Ende lange dünne Zilien, die von einer Verdickung ausgehen, dem so genannten Riechkegel. Die Zilien sind mit Geruchsrezeptoren besetzt und ragen in den Schleim des Riechepithels hinein. Dort treten sie in Kontakt mit den darin gelösten Duftmolekülen. Heften sich diese Moleküle an die Geruchsrezeptoren, kommt es zur Depolarisation der Membran: Positiv geladene Natrium- und Kalzium-Ionen strömen ins Zellinnere, negativ geladene Chlorid-Ionen strömen hinaus. Dadurch verändern sich die elektrischen Eigenschaften der Zelle. Aus dem chemischen Reiz wird ein elektrischer, der in Form eines Aktionspotenzials durch das Axon in Richtung ZNS rast. Die Geruchs-Axone aller Riechzellen bilden gemeinsam den Riechnerv. Sie bündeln sich jedoch nicht wie andere Nervenzellen, sondern durchdringen als kleine Axonengruppen die Siebplatte, eine feine poröse Knochenschicht, die an das Riechepithel grenzt.
Blutversorgung und Innervation der Nase
Arterien, welche die Nasenhöhle versorgen, sind vor allem die Arteriae ethmoidales sowie die A. sphenopalatina. Der äußere Anteil wird von der A. nasalis lateralis und der A. Der venöse Abfluss hingegen erfolgt über verschiedene Gesichtsvenen, unter anderem V. angularis und V. Die sensible Innervation von Haut und Schleimhaut geschieht über die ersten beiden Äste des Nervus trigeminus (N. opthalmicus, N. maxillaris). Der Geruchssinn schließlich ist Aufgabe des Nervus olfactorius, beziehungsweise der Fila olfactoria (Riechfäden).
Der Riechnerv: Autobahn zum Gehirn
Die Riechzellen sind das Bindeglied zwischen Nase und Gehirn. Ihre Axone bilden den Nervus olfactorius (Riechnerv), den ersten der zwölf Hirnnerven.
Anatomie des Riechnervs
Die Riechzellen in der Riechschleimhaut der Nasenhöhle nehmen die Geruchsstoffe auf. Die Axone dieser Zellen, die Riechfäden (Fila olfactoria), ziehen durch die Löcher der Siebbeinplatte (Lamina cribrosa) in die Schädelhöhle. Dort verteilen sie sich im Bulbus olfactorius (Riechkolben).
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Der Bulbus olfactorius: Das erste Verarbeitungszentrum
Die Axone der Riechzellen enden im Bulbus olfactorius, einer Ausstülpung des Gehirns, die direkt über der Nasenhöhle liegt. Hier werden die Geruchsinformationen von den primären olfaktorischen Neuronen auf die sekundären Geruchsneurone, die Mitralzellen, übertragen. Die Eintrittsstellen in den Riechkolben sind die Glomeruli, kugelförmige Strukturen. Bei Ratten enthält jeder Riechkolben rund 2.000 Glomeruli - beim Menschen sind es sogar noch mehr, wobei die genaue Zahl nicht bekannt ist. In jedem Glomerulus läuft selektiv die Information über eine ganz bestimmte Sorte von Duftmolekülen ein. So sortiert projizieren die Mitralzellen die Geruchsinformation dann auf dem direkten Weg weiter in die Riechrinde und einige benachbarte Strukturen im Schläfenlappen, zu denen auch das Angstzentrum, die Amygdala, zählt.
Verarbeitung der Geruchsinformation im Gehirn
Vom Bulbus olfactorius aus wird die Geruchsinformation über den Tractus olfactorius zu verschiedenen Hirnregionen weitergeleitet, darunter die Riechrinde (olfaktorischer Kortex), die Amygdala und der Hippocampus.
Riechrinde
Der olfaktorische Kortex umfasst die Strukturen des Großhirns, die für die Verarbeitung von Geruchsinformationen zuständig sind. Der primäre olfaktorische Kortex ist der präpiriforme Kortex, ein entwicklungsgeschichtlich alter Teil des Cortex (Paleocortex) mit dreischichtiger Struktur.
Amygdala
Die Amygdala ist ein Teil des limbischen Systems und spielt eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen, insbesondere Angst. Die direkte Verbindung zwischen dem Bulbus olfactorius und der Amygdala erklärt, warum Gerüche oft starke emotionale Reaktionen auslösen können.
Hippocampus
Der Hippocampus ist ebenfalls Teil des limbischen Systems und spielt eine wichtige Rolle bei der Gedächtnisbildung. Die Verbindung zwischen dem Bulbus olfactorius und dem Hippocampus erklärt, warum Gerüche oft lebhafte Erinnerungen hervorrufen können.
Der Ensemble-Code: Wie wir Tausende von Düften unterscheiden
Obwohl der Mensch nur über etwa 350 verschiedene funktionstüchtige Rezeptorgene für Duftrezeptoren verfügt, können wir bis zu 10.000 verschiedene Gerüche unterscheiden. Dieses Rätsel wurde durch die Entdeckung des Ensemble-Codes gelöst. Der Riechkolben fungiert als eine Art Mischpult, in dem Duftkombinationen zusammengefügt werden. Die meisten natürlichen Düfte setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen. Wenn wir Apfel riechen, schwirren verschiedene Moleküle durch die Luft, die sich zu dieser Duftnote zusammensetzen. Sie docken im Riechepithel an die entsprechenden Rezeptoren an und senden die Information an die zugehörigen Glomeruli im Riechkolben. So entstehen charakteristische räumliche Aktivierungsmuster, so genannte sensorische Karten. Dabei unterscheidet sich eine Apfelnote klar von den Mustern für Rosenduft, Vanillekipferln oder dem Gestank eines verdorbenen Fisches.
Klinische Bedeutung der Verbindung zwischen Nase und Gehirn
Die enge Verbindung zwischen Nase und Gehirn macht das olfaktorische System anfällig für verschiedene Erkrankungen.
Anosmie
Anosmie ist der Verlust des Geruchssinns. Sie kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, darunter Infektionen der oberen Atemwege, Kopfverletzungen, Nasenpolypen und neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.
Dysosmie
Dysosmie ist eine qualitative Veränderung oder Verzerrung der Geruchswahrnehmung. Sie kann in Parosmie und Phantosmie eingeteilt werden. Parosmie ist eine unangenehme Geruchswahrnehmung, während Phantosmie die Wahrnehmung eines Geruchs ist, wenn kein Geruchsstoff vorhanden ist. Dysosmie kann mit Sinusitis in Verbindung gebracht werden.
Hyposmie
Hyposmie ist eine verminderte Geruchsempfindlichkeit. Sie kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter Alterung, Rauchen und bestimmte Medikamente.
Erkrankungen der Nasennebenhöhlen
Entzündungen der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) können die Funktion des Riechnervs beeinträchtigen und zu Geruchsstörungen führen.
Frakturen der Lamina cribrosa
Frakturen der Lamina cribrosa, der Knochenplatte, durch die die Riechfäden verlaufen, können den Riechnerv schädigen und zu Anosmie führen.
Entwicklung der Nase und der Riechfunktion bei Kindern
Im Kindesalter befindet sich die anatomische Ausformung der Nase und ihrer Nebenhöhlen noch in vollem Gange. Das ist, neben einem noch unausgereiften Immunsystem, ein Grund für die Häufigkeit des Kinderschnupfens. Die Siebbeinzellen sind bereits beim Neugeborenen vorhanden. Die übrigen Nebenhöhlen existieren zum Zeitpunkt der Geburt nur ansatzweise. Am deutlichsten sind die Kieferhöhlen angelegt. Sie formen sich mit dem Durchbruch der bleibenden Zähne im Alter von 6-7 Jahren dort im Oberkiefer aus, wo sich zunächst die Zahnanlage der bleibenden Zähne befindet. Die Stirnhöhlen beginnen sich nach dem ersten Lebensjahr im Stirnbein zu entwickeln. Gleiches gilt für die Keilbeinhöhle, die sich etwa ab dem 4.-5. Lebensjahr bildet.
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