Gedächtnisprobleme bei Epilepsie: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können unterschiedliche Symptome hervorrufen, die von kurzen Abwesenheitszuständen bis hin zu Krampfanfällen reichen. Neben den offensichtlichen motorischen Symptomen leiden viele Menschen mit Epilepsie unter kognitiven Beeinträchtigungen, insbesondere Gedächtnisproblemen. Diese Gedächtnisstörungen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und stellen eine besondere Herausforderung in der Behandlung dar.

Epilepsie im Alter: Eine oft unerkannte Ursache für Gedächtnisstörungen

Bei älteren Menschen können Gedächtnisstörungen, Sprachprobleme, kurze Abwesenheitszustände oder Verhaltensänderungen auf eine bisher unerkannte Epilepsie hinweisen. Dr. Frank Bergmann vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) erklärt: „Im Alter kann ein epileptischer Anfall je nach beteiligter Hirnregion und Ausdehnung der nervlichen Übererregung unterschiedliche Symptome hervorrufen. Das können kurzzeitige Bewusstseinseintrübungen sein wie beispielsweise ein Starren, eine Sprechblockade oder aber auch ein zeitweiliger Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit.“ Im Vergleich zu jüngeren Betroffenen treten bei Senioren seltener Grand mal-Anfälle auf, die mit Bewusstseinsverlust, Krämpfen und Zuckungen einhergehen. Weitere Symptome können vorübergehende Lähmungserscheinungen oder Missempfindungen sowie unspezifische Anzeichen wie Kopfweh und Muskelschmerzen sein. Oft sind sich die betroffenen Senioren der kurzen Ausfälle nicht bewusst, solange sie nicht hinfallen und sich verletzen. Epileptische Anfälle bergen gerade für ältere Menschen eine besonders hohe Verletzungsgefahr. Aufgrund der geringeren Knochendichte im Alter kann es bei Stürzen schneller zu Knochenbrüchen kommen, auch das Risiko für Blutungen im Gehirn steigt.

Ursachen von Epilepsie im höheren Lebensalter

Im höheren Lebensalter gibt es viele verschiedene Ursachen, die zu einem epileptischen Anfall führen können. Das Auftreten einer Spätepilepsie muss meist diagnostisch umfassend abgeklärt werden. Dabei müssen beispielsweise andere Ursachen vorübergehender Hirnfunktionsstörungen, insbesondere kurzzeitige Hirndurchblutungsstörungen, Schwindelursachen, Migräne oder Medikamenten-Nebenwirkungen ausgeschlossen werden. „In etwa der Hälfte der Fälle bei Senioren sind Durchblutungsstörungen des Gehirns oder vorangegangene Schlaganfälle die Ursachen von Epilepsie. Zwischen 3 bis 10 Prozent der Schlaganfall-Patienten entwickeln nach einem Schlaganfall diese Erkrankung, weil Narben und teilweise auch Blutabbauprodukte im Hirn verbleiben“, ergänzt Dr. Bergmann. Daneben können auch dementielle Störungen wie die Alzheimer-Krankheit eine Epilepsie verursachen. Rund 3-5 Prozent der Demenzpatienten sind betroffen. Epilepsien erreichen im Alter die höchste Häufigkeit - die Altersepilepsie ist die dritthäufigste Krankheit des Nervensystems im Alter, nach Demenzen und Schlaganfall.

Formen von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie

Gedächtnisstörungen bei Epilepsie können vielfältig sein und unterschiedliche Aspekte des Gedächtnisses betreffen. Dazu gehören:

  • Transiente epileptische Amnesie (TEA): Ein seltenes Phänomen bei Temporallappenepilepsien, das oft nicht erkannt oder als transiente globale Amnesie (TGA) fehldiagnostiziert wird. Die TEA ist durch eine gemischte anterograde und retrograde Gedächtnisstörung charakterisiert. Betroffene stellen oft repetitive Fragen. Die TEA tritt regelhaft rezidivierend auf und bessert sich unter Antiepileptika. Klinisch lassen sich bei TEA-Patienten häufig auch andere Merkmale von Temporallappenanfällen eruieren und in weiterführenden Untersuchungen können typische Befunde erhoben werden (in etwa einem Drittel interiktale epileptiforme Aktivität über den Temporallappen, bei wenigen auch kernspintomographische Läsionen im Temporallappen).
  • Anterograde Amnesie: Schwierigkeiten, neue Informationen zu speichern und sich an Ereignisse nach dem Beginn der Epilepsie zu erinnern.
  • Retrograde Amnesie: Schwierigkeiten, sich an Ereignisse vor dem Beginn der Epilepsie zu erinnern.
  • Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis: Schwierigkeiten, Informationen für kurze Zeit im Gedächtnis zu behalten.
  • Probleme mit dem räumlichen Gedächtnis: Schwierigkeiten, sich an Orte und deren Lage zu erinnern.

Ursachen von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie

Die Ursachen für Gedächtnisstörungen bei Epilepsie sind vielfältig und komplex. Folgende Faktoren können eine Rolle spielen:

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  • Anfälle: Epileptische Anfälle können die normale Funktion des Gehirns stören und zu Gedächtnisstörungen führen. Insbesondere Anfälle, die im Temporallappen auftreten, können das Gedächtnis beeinträchtigen. Als Ursache werden iktale und postiktale Störungen der Gedächtnisbildung postuliert, was auch durch das Ansprechen auf Antiepileptika gestützt wird.
  • Veränderungen im Gehirn: Epilepsie kann zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn führen, die das Gedächtnis beeinträchtigen können. Dazu gehören beispielsweise Tumore oder Vernarbungen.
  • Medikamente: Antiepileptika können als Nebenwirkung Gedächtnisstörungen verursachen.
  • Begleitende Erkrankungen: Begleitende Erkrankungen wie Depressionen können Gedächtnisstörungen verstärken.
  • Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Sprach- und Denkstörungen: Diese Störungen können während und nach einem Anfall massiv auftreten, aber auch dauerhaft bestehen.

TEA im Detail

Mittels interner Datenbankanalyse wurden unter 7899 Patientinnen über einen Zeitraum von 8 Jahren 10 Patientinnen mit TEA identifiziert. Klinische Merkmale sowie Befunde der Zusatzdiagnostik wurden retrospektiv untersucht. Bei allen 10 Patientinnen wurde die Diagnose einer Temporallappenepilepsie gestellt. Das Lebensalter bei Erstmanifestation der TEA lag bei 59,1 ± 6,7 Jahren, die Diagnose wurde mit einer Latenz von 21,9 ± 26,3 Monaten gestellt. Eine TEA-Episode dauerte 56 ± 37 min an und trat pro Jahr 16 ± 9,9-mal auf; 6 von 10 Patientinnen berichteten über häufiges Auftreten direkt nach dem Erwachen. Bei 9 von 10 Patientinnen wurde über weitere Anfallstypen bzw. weitere semiologische Elemente während der TEA berichtet. Hinweise auf neuropsychologische Störungen temporaler Funktionen ergaben sich bei 8 von 10 Patientinnen, Hinweise auf eine depressive Störung bei 6 von 10 Patientinnen. Im Schlaf aktivierte epilepsietypische Aktivität wurde bei 4 Patientinnen temporal links sowie bei 2 Patientinnen temporal beidseits nachgewiesen. Bei 3 Patientinnen wurden mittels Kernspintomographie typische Auffälligkeiten im Bereich der temporomesialen Strukturen (bei 2 links, bei 1 rechts) nachgewiesen. TEA sind selten, treten im höheren Erwachsenenalter auf und werden erst nach etwa 2 Jahren korrekt als epileptisches Phänomen diagnostiziert.

Unter 7899 Patientinnen wurden 10 Patientinnen mit TEA identifiziert. Neun von 10 Patientinnen waren männlich. Das Alter bei Erstmanifestation der TEA variierte zwischen 46 und 69 Jahren (59,1 ± 6,7 Jahre), 9 von 10 Patientinnen waren bei Erstmanifestation älter als 50 Jahre. Die zeitliche Latenz zwischen Erstmanifestation und Diagnosestellung betrug 21,9 ± 26,3 Monate. Interessanterweise hatten 5 von 10 Patientinnen einen technischen Beruf erlernt. Sieben von 10 Patientinnen berichteten über subjektive Gedächtnisstörungen, welche bei 2 Patienten zu Einschränkungen und Problemen im Alltag führten. Eine subjektive - teilweise mit einem Antidepressivum behandelte - depressive Störung wurde von 5 Patienten berichtet und war bei 4 Patienten leichtgradig und bei 1 Patienten mittelgradig ausgeprägt. Auswärtig wurde bei 3 Patienten bereits eine Temporallappenepilepsie vermutet, bei 1 Patienten wurden Vigilanzschwankungen diagnostiziert. Die Frequenz der berichteten Anfälle variierte zwischen 4 und 36 Anfällen pro Jahr (16 ± 9,9). Die Dauer eines Anfalls lag meist zwischen 15 und 60 min (56 ± 37 min); bei Fall 10 wurde eine TEA mit einer Dauer von 150 min berichtet. Bei 5 Patientinnen kam es zum Auftreten von Anfällen am Morgen. Insgesamt berichteten 6 Patientinnen über ein Auftreten der TEA direkt nach dem Erwachen. Von einem nächtlichen Auftreten aus dem Schlaf heraus oder nach nächtlichem Erwachen wurde von keiner Patientin berichtet. Bei 9 Patientinnen ergab die Anamnese Hinweise auf weitere Anfallstypen bzw. auf weitere semiologische Elemente während des Anfalls. Drei Patient*innen erhielten bereits auswärtig die Diagnose einer Epilepsie.

Der Nachweis epilepsietypischer Aktivität im Routine-EEG gelang in diesem Kollektiv erwartungsgemäß nur selten. Bei 4 Patientinnen wurde eine unspezifische Thetaaktivität über der Temporalregion nachgewiesen. In kernspintomografischen Untersuchungen des Neurokraniums stellten sich bei 3 Patientinnen epileptogene Läsionen im Bereich der temporomesialen Strukturen dar, bei 2 Patientinnen links, bei 1 Patienten rechts. In Video-EEG-Langzeitableitungen von mindestens 24 h Dauer wurde bei 6 Patientinnen eine im Schlaf aktivierte epilepsietypische Aktivität über der Temporalregion nachgewiesen, bei 4 Patientinnen über der linken Temporalregion, bei 2 Patientinnen temporal beidseits. Einmalig wurde ein Anfallsmuster temporal rechts während einer TEA nach dem Erwachen aufgezeichnet (Fall 6). Die ergänzende neuropsychologische Untersuchung erbrachte bei 8 Patientinnen Hinweise auf temporale Funktionsstörungen, welche bereits auch subjektiv von den meisten Patienten wahrgenommen wurden. Bei 3 Patientinnen korrelierte die neuropsychologische Seitenlokalisation mit der Seite des spezifischen Herdbefunds mit Nachweis epilepsietypischer Potenziale (2 links, 1 rechts). Hinweise auf eine depressive Störung fanden sich bei 6 Patientinnen. In einer ergänzenden Liquoranalyse war bei 3 von 10 Patientinnen eine Eiweißerhöhung nachweisbar. Bei 2 von 10 Patientinnen wurden identische Bandenmuster im Serum und Liquor als Hinweis auf eine systemische Immunreaktion nachgewiesen, davon einmalig mit Nachweis einer intrathekalen IgG-Synthese. Die ergänzende Antikörperdiagnostik ergab bei 1 von 10 Patientinnen den schwachen Nachweis von GAD65-Antikörpern. Zudem fielen bei 2 von 10 Patientinnen Bindungsmuster an Neuronen des Hippocampus sowie bei 1 weiteren Patientin Zusatzbanden im Western Blot auf. Eine ergänzende Tumorsuche wurde nur bei 4 von 10 Patientinnen durchgeführt und ergab dort jeweils keinen Hinweis auf eine Tumorerkrankung.

Diagnose von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie

Eine gezielte neuropsychologische Diagnostik kann feststellen, ob derartige Einschränkungen vorliegen und wodurch sie verursacht sind. Die Diagnose von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie umfasst in der Regel folgende Schritte:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden.
  • Neurologische Untersuchung: Untersuchung der neurologischen Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprache.
  • Neuropsychologische Tests: Durchführung von standardisierten Tests zur Beurteilung der verschiedenen Gedächtnisfunktionen.
  • EEG (Elektroenzephalogramm): Messung der Hirnströme, um epileptische Aktivität festzustellen.
  • MRT (Magnetresonanztomographie): Bildgebung des Gehirns, um strukturelle Veränderungen festzustellen.

Behandlung von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie

Epilepsien bei älteren Menschen sind - nach Berücksichtigung der altersbedingten Besonderheiten - heutzutage insbesondere mit modernen Antiepileptika gut behandelbar. Die Therapie ist jedoch bei älteren Menschen etwas komplizierter als in jüngeren Jahren. „Sind Medikamente notwendig, muss die Einstellung der Dosierung meist langsam und unter Berücksichtigung zusätzlicher Erkrankungen sowie anderer notwendiger Präparate und deren möglichen Wechselwirkungen erfolgen. In der Regel ist die Dosierung der jeweiligen Medikamente aufgrund des veränderten Stoffwechsels im Alter wesentlich niedriger als bei jüngeren Patienten“, ergänzt der Nervenarzt.

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Die Behandlung von Gedächtnisstörungen bei Epilepsie zielt darauf ab, die Anfallskontrolle zu verbessern und die kognitiven Funktionen zu unterstützen. Folgende Maßnahmen können eingesetzt werden:

  • Antiepileptische Medikamente: Anpassung der Medikation, um Anfälle zu reduzieren und gleichzeitig Nebenwirkungen zu minimieren.
  • Kognitive Therapie: Training der Gedächtnisfunktionen und Erlernen von Kompensationsstrategien.
  • Behandlung begleitender Erkrankungen: Behandlung von Depressionen oder anderen Erkrankungen, die das Gedächtnis beeinträchtigen können.
  • Lebensstiländerungen: Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung können die kognitiven Funktionen verbessern.

Neue Erkenntnisse aus der Forschung

Menschen mit Epilepsie haben oft Probleme mit dem Gedächtnis, unter anderem fällt es ihnen schwer, Bekanntes von Unbekanntem zu unterscheiden. Mit Hilfe von Experimenten mit Mäusen haben Forscher nun aufgedeckt, welche Mechanismen möglicherweise dahinterstecken könnten. Demnach sind bei Epilepsie bestimmte Zellen im Gehirn zu leicht erregbar, sodass sie unspezifisch sowohl auf bekannte als auch auf unbekannte Reize reagieren. Im Mausmodell konnten die Forscher die Symptome bereits medikamentös lindern.

Jeder Ort, den wir besuchen, hat eine unverwechselbare Kombination von Merkmalen, die uns dabei helfen, ihn bei einem erneuten Besuch wiederzuerkennen. Der Apfelbaum vor dem Haus, die verklinkerte Fassade, der rot gestrichene Zaun - all das speichert unser Gehirn ab und verknüpft es mit diesem Ort. Bei Menschen mit Epilepsie ist diese Art der Erinnerung jedoch gestört. Neben verschiedenen anderen Gedächtnisproblemen fällt es ihnen schwer sich zu erinnern, ob sie einen Ort oder einen Gegenstand schon einmal gesehen haben.

Ein Team um Nicola Masala von der Universität Bonn hat nun erforscht, wie die Verarbeitung von Reizen und Erinnerung im Gehirn von Mäusen funktioniert, bei denen das Team künstlich Epilepsie erzeugt hatte. Dabei fokussierten sie sich auf den Hippocampus, eine Region im Gehirn, die eine zentrale Rolle für das Gedächtnis spielt, darunter auch für die räumliche Erinnerung. „Es gibt im Hippocampus sogenannte Ortszellen“, erklärt Masala. „Diese helfen uns, uns an besuchte Orte zu erinnern.“ Diese Ortszellen speichern bestimmte Merkmale eines besuchten Ortes ab.

Jede Ortszelle hat eine Vielzahl an langen Ausläufern, die Dendriten. Über zahlreiche Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, an diesen Dendriten sammeln diese Gehirnzellen Informationen, die in Form von elektrischen Potenzialen weitergeleitet werden. Bei ausreichend starken Reizen werden Ionenkanäle geöffnet, durch die positiv geladene Natrium-Ionen in die Zelle einströmen können. Die Verrechnung der Informationen erfolgt durch einen Vorgang, der als dendritische Integration bezeichnet wird: Nur wenn ausreichend viele Signale gleichzeitig eingehen, kann sich im Dendrit ein starker Spannungsimpuls bilden - ein sogenannter dendritischer Spike.

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„In Mäusen mit Epilepsie ist dieser Vorgang jedoch gestört“, erklärt Masalas Kollege Heinz Beck. „Bei ihnen entstehen die Spikes schon, wenn nur wenige Synapsen gereizt werden. Das zeigte sich unter anderem bei einem Experiment, bei dem die Tiere zunächst daran gewöhnt wurden, dass in einem Käfig zwei blaue Deckel lagen. Nach einigen Tagen wurde einer der Deckel gegen eine durchsichtige Petrischale der gleichen Größe ausgetauscht. Um herauszufinden, ob die Mäuse die Petrischale als neu erkannten, erhoben Masala und ihre Kollegen, wie lange die Mäuse jeweils den bekannten blauen Deckel und die unbekannte Petrischale beschnupperten. Das Ergebnis: Während Mäuse aus der Kontrollgruppe die Petrischale im Vergleich zum blauen Deckel länger erkundeten, machten die Epilepsie-Mäuse keinen Unterschied zwischen den beiden Gegenständen.

Um den Grund dafür herauszufinden, beobachteten die Forscher mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern die Aktivierung der Nervenzellen im Gehirn der Mäuse. Nach Abschluss der Experimente wurden die Tiere zudem enthauptet und ihre Gehirne untersucht. Dabei stellten Masala und ihre Kollegen fest, dass ein bestimmter Typ von Natrium-Ionen-Kanal im Gehirn der Epilepsie-Mäuse deutlich häufiger vorhanden war als normal. An einer Gruppe von Epilepsie-Mäusen erprobten die Forscher auch bereits, wie sich die Gedächtnisprobleme womöglich medikamentös behandeln lassen könnten. Dazu verabreichten sie den Tieren einen Hemmstoff, der gezielt den betroffenen Kanaltyp blockiert. „Dadurch normalisierte sich bei ihnen das Feuerverhalten der Dendriten. Außerdem konnten sie sich wieder besser an Orte erinnern, die sie besucht hatten“, berichtet Masala.

Fallbeispiel

Ein 47-jähriger Patient, kaufmännischer Angestellter, berichtete über erstmaliges Auftreten einer amnestischen Episode über ca. 30 min nach dem morgendlichen Erwachen vor einem Jahr. Er konnte sich nicht an den Tag und die Tagesplanung erinnern, auch seien ihm die Ereignisse des Vortags sowie seine Handy-PIN nicht erinnerlich gewesen. Fremdanamnestisch habe sich der Patient unauffällig verhalten, im Verlauf seien jedoch auch Episoden mit Areagibilität und starrem Blick beobachtet worden. Danach seien in Abständen von ca. 3 Wochen immer morgens nach dem Aufwachen ähnliche Episoden über bis zu 60 min aufgetreten. Eine auswärtige stationäre Diagnostik mittels CCT-, cMRT-, Ruhe-Wach-EEG-Untersuchung (auch nach Schlafentzug) sowie einer Liquordiagnostik waren nicht wegweisend gewesen. Während einer Video-EEG-Ableitung konnten am frühen Morgen nach dem Erwachen 2 amnestische Episoden mit einem Herzfrequenzanstieg aufgezeichnet werden, wobei sich bei einer Episode ein Anfallsmuster über 40 s beginnend mit einer rhythmischen Thetaaktivität frontotemporal rechts zeigte. Der erste Anfall wurde von dem Patienten selbst nicht bemerkt und auch nicht erinnert. Beim zweiten Anfall ohne Nachweis eines Anfallsmusters schrieb der Patient seiner Ehefrau eine Kurznachricht mit der Frage „Wo er hier [sei] und was er hier [mache]?“. Erst fünf Minuten später bemerkte er, dass er einen Anfall gehabt hatte. Interiktal zeigten sich im Schlaf epilepsietypische Potenziale temporal rechts. In einer cMRT-Untersuchung war keine epileptogene Läsion nachweisbar. In der neuropsychologischen Untersuchung ergaben sich Hinweise auf eine Funktionsstörung temporal rechts. Das Depressionsinventar verwies auf eine depressiv gefärbte Stimmungslage. Die antineuronalen Antikörper waren negativ. Es wurde eine Temporallappenepilepsie rechts unklarer Ursache diagnostiziert und eine antiepileptische Therapie mit Lamotrigin eingeleitet. In einer Follow-up-Untersuchung nach 6 Monaten berichtete der Patient über durchgehende Anfallsfreiheit.

TEA-Episode in der Video-EEG-Langzeitableitung

Die Abbildung zeigt eine TEA-Episode in der Video-EEG-Langzeitableitung mit Ein-Kanal-EKG.

Antiepileptische Therapie und Anfallskontrolle

Bei 9 Patient*innen wurde Lamotrigin zur antiepileptischen Therapie eingesetzt. Dies verbesserte die Anfallskontrolle bei 5 Patienten. Eine Patientin profitierte nicht von der Lamotrigingabe. Diese Patientin erfüllte die Kriterien einer therapieresistenten Epilepsie (keine Anfallsfreiheit unter Anwendung von mehr als 2 Antiepileptika). Ein weiterer Patient erreichte mit dem Einsatz von Levetiracetam eine gute Anfallskontrolle. Die Anfallskontrolle eines Patienten stabilisierte sich schon zuvor unter Durchführung einer immunsuppressiven Therapie mit Kortison, Immunadsorption und Therapie mit Azathioprin. Die antiepileptische Therapie war danach überlappend von Levetiracetam auf Lamotrigin umgestellt worden, worunter schließlich Anfallsfreiheit erreicht wurde.

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