Die Pubertät ist eine aufregende und herausfordernde Zeit, in der sich nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn von Jugendlichen stark verändert. Diese Veränderungen können zu Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen und unberechenbarem Verhalten führen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Veränderungen im Gehirn während der Pubertät und gibt Eltern wertvolle Tipps, wie sie ihre Kinder in dieser Phase optimal unterstützen können.
Das Gehirn im Umbau: Eine Großbaustelle im Kopf
Früher glaubten Wissenschaftler, dass das Gehirn bereits im frühen Kindesalter vollständig entwickelt sei. Diese Annahme hat sich jedoch als falsch erwiesen. Tatsächlich gleicht das Gehirn von Kindern und Jugendlichen eher einer Großbaustelle, auf der ständig neue Verbindungen entstehen und alte abgebaut werden.
US-Wissenschaftler der Washington University haben herausgefunden, dass im Gehirn von der Kindheit bis zur Pubertät bis zu 120 Milliarden Nervenzellen miteinander verdrahtet werden. Die Art und Weise, wie diese Verbindungen entstehen, hängt maßgeblich von den Erfahrungen und Informationen ab, die das Kind sammelt.
Die kindliche Neugier und das Ausloten von Grenzen im Jugendalter werden Neurologen zufolge hauptsächlich durch den Wissenstrieb im Gehirn gesteuert. Das Gehirn wird aktiver, leistungsfähiger und effizienter. Allerdings kann es nicht alles auf einmal bewältigen. Daher geraten manche Teile des Gehirns ins Hintertreffen, während sich andere in den Vordergrund drängen. Diese Reizüberflutung kann Jugendliche überfordern.
Pruning: Radikale Aufräumaktion im Gehirn
Während der Pubertät findet im Gehirn eine radikale Aufräumaktion statt, die als "Pruning" bezeichnet wird. Dabei werden ungenutzte oder ineffiziente Nervenverbindungen abgebaut, um Platz für wichtigere und häufiger genutzte Verbindungen zu schaffen. Dieser Prozess ist notwendig, um das Gehirn für die Zukunft vorzubereiten.
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Zeitweise sterben in der Pubertät bis zu 30.000 Nervenzellen pro Sekunde ab. Das Ziel ist es, das Gehirn von Altlasten zu befreien und den Kopf freizubekommen. Was junge Menschen im Kindheits- und Pubertätsalter lernen, erfahren und aufnehmen, wird im Gehirn gespeichert. Was sich an Nervenbahnen verknüpft hat, bleibt bestehen - andere, nicht verwendete Stränge werden gekappt und gehen verloren.
Entwicklung des Frontalhirns: Vernunft braucht Zeit
Ein Bereich im Gehirn, der sich bei Jugendlichen großen Umstrukturierungen unterzieht, ist das Frontalhirn. Es liegt direkt hinter der Stirn und ist Bestandteil des präfrontalen Kortex. Seine Aufgaben liegen in der Vernunft, Moral und Ethik sowie dem logischen Denken. Das Frontalhirn ist für strategisches Denken, Planung und Organisation zuständig.
Während der Wachstumsphase des Gehirns liegt dieser Bereich ganz am Ende der Wachstumskette. Junge Menschen wie Leon sind sich der Konsequenzen ihres Handelns daher oft nicht bewusst, denken gar nicht erst darüber nach - oder es fehlt ihnen schlichtweg die Erfahrung. Die Entwicklung des Frontalhirns ist bei vielen Jugendlichen noch nicht vollständig abgeschlossen - oft bis in die frühen 20er Jahre.
Sind die die Nervenbahnen erst einmal verdrahtet und das Frontalhirn entwickelt, wächst aus der pubertären Phase ein erwachsener Mensch: Verstand und Impuls- sowie Emotionskontrollen haben sich im wahrsten Sinne gefestigt. Das Gehirn ist geordnet und um die gespeicherten Nervenstränge legt sich eine isolierende Hülle, die die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns um ein Vielfaches erhöht. Mehrere Studien belegen, dass der Mensch die größtmögliche und schnellste Denkgeschwindigkeit nach der Pubertät im Alter von etwa 20 Jahren besitzt.
Die Rolle der Hormone: Eine emotionale Achterbahnfahrt
In der Pubertät spielen Hormone eine entscheidende Rolle. Der Hypothalamus, ein wichtiger Teil unseres Zwischenhirns, erwacht in der Pubertät zu neuem Leben: Über ihn werden sogenannte Gonadotropine freigesetzt: Hormone, welche die Produktion von Sexualhormonen im Körper anregen. Neben körperlichen Veränderungen wie wachsenden Brüsten oder Intimbehaarung dreht sich mit einmal auch im Kopf alles um Sexualität, Liebe und das Geschlecht. Das führt in der Folge häufig zu Unsicherheiten und Verletzlichkeit, denn junge Menschen fangen an, sich mit anderen zu vergleichen, Gefühle für jemanden zu entwickeln - und Signale von Mitmenschen bewusster wahrzunehmen.
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Die Hausaufgaben für den nächsten Schultag oder die Bitte der Eltern, doch bitte endlich das Zimmer aufzuräumen, geraten dadurch gerne mal in Vergessenheit. Das überrascht nicht, denn während die Amygdala, der Teil des Gehirns für Emotionen und Gefühle, in der Pubertät schon vollständig entwickelt ist, steckt der präfrontale Kortex, verantwortlich für rationale Entscheidungen, Planung und Impulskontrolle, noch mitten in der Findungsphase.
Dieses Ungleichgewicht im Gehirn freut besonders die Botenstoffe, die unser Gemüt beeinflussen. Dopamin, auch Glückshormon genannt, wird in der Pubertät zum Beispiel vermehrt und häufig unkontrolliert ausgeschüttet - ohne, dass das Gehirn im Ausnahmezustand regulierend und stark darauf einwirken kann. Neue und gute Erfahrungen, Entdeckungen und Ausbrüche aus der Normalität stärken den Ausschuss von Dopamin.
Drogen wie Alkohol und Rauchen erweisen sich für Teenager besonders reizvoll, da sie das Belohnungssystem von Dopamin aktivieren - genau deshalb ist das Alter von 12 bis 18 Jahren laut Wissenschaftlern aber auch so gefährlich. Denn viele psychische Krankheiten wie Sucht, Depressionen, Essstörungen oder Angsterkrankungen bahnen sich häufig während der Umbauphase des Gehirns im Jugendalter an.
Vergesslichkeit: Ein typisches Pubertätsphänomen
Viele Eltern pubertierender Kinder kennen das Phänomen: Wenn mit zwölf, 13 Jahren endlich viele Alltäglichkeiten funktionieren, die Schultasche selbstständig gepackt und das Haustier eigenverantwortlich gefüttert werden kann, macht die Entwicklung plötzlich eine Rolle rückwärts, und der Teenie wird wieder zum Turnbeutelvergesser.
In der Pubertät kann man sich auf das Gehirn nicht ganz verlassen. Wie ein roter Faden zieht sich die Schusseligkeit von Pubertierenden durch den Alltag: Hausaufgaben? Ups, vergessen. Den Sportbeutel? Oh, in der Schule liegen gelassen. Viel Verständnis, Unterstützung und kleine Organisationstricks helfen.
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Das Gemeine ist, dass, während das Kind damit zu tun hat, sein Leben irgendwie auf die Reihe zu bekommen, wir Eltern oft gesteigerte Ansprüche an das ja gar nicht mehr so kleine Kind haben. Wir trauen ihnen (zu Recht) mehr zu und erwarten auch mehr. Allerdings ist das in der Hochphase der Pubertät eine schlechte Kombination.
Das kann bei dem einen oder anderen Teen nämlich in Stress ausarten und der wiederum ist auch bekannt dafür, Menschen schusselig statt gewissenhaft zu machen.
Was Eltern tun können: Unterstützung und Verständnis
Die Pubertät ist für Jugendliche eine schwierige Zeit. Eltern können dabei helfen, ihren Kindern authentisch und selbstbewusst den Weg zu weisen - und sie bei ihren Erfahrungen und Veränderungen unterstützen. Eine kanadische Studie hat ergeben, dass sich mehr als 70 Prozent aller Pubertierenden Eltern mit Vorbildcharakter wünschen (auch wenn sie es vielleicht nicht offen zugeben).
Wie können Eltern ihre pubertierenden Kinder unterstützen?
- Aufklärung betreiben: Früher oder später landet das Thema Sexualität zwischen Eltern und Kind auf dem Tisch. Mit dem Kind offen darüber zu reden, verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sich emotionale Blockaden bilden. Im Gegenteil: Regelmäßig die Gefühle des Pubertierenden zu erörtern, kann beiden Parteien helfen, einander besser zu verstehen.
- Feste Regeln einhalten: Bei der Aufforderung, am Wochenende den Rasen zu mähen oder das Wohnzimmer zu saugen, stoßen Eltern häufig auf Widerstand. Trotzdem: Klare Anweisungen und geregelte Anforderungen an das Kind helfen ihm dabei, sich in der Welt Verpflichtungen zu stellen, geregelte Abläufe einzuhalten und damit entgegen seiner Gefühlswelt Verantwortung zu übernehmen. Zu den Regeln gehört aber auch, dem Kind Freiheiten zu lassen - wie etwa eine gesicherte Privatsphäre.
- Streit lösen: Bei Widerständen und launischem Verhalten des Kindes bleiben Streitereien nicht aus. Wichtig ist es, als autoritärer Elternteil die Oberhand zu behalten, ohne dabei handgreiflich zu werden. Am meisten lernt das Kind, wenn stattdessen gemeinsam eine Lösung gefunden und der Streit nicht langfristig fortgeführt wird.
- Vergesslichkeit akzeptieren: Wenn das Kind auf dem Weg in die Küche schon wieder vergessen hat, dass es eigentlich den Müll rausbringen soll, ist das nicht immer böser Wille: Während der Pubertät fällt einiges aus dem gedanklichen Raster. Wichtig ist es, von Elternseite keinen zusätzlichen Druck oder Stress aufzubauen - sondern gemeinsam Konzepte, wie zum Beispiel Wochenpläne, zu entwickeln.
Tipps für den Umgang mit Vergesslichkeit
- Erinnerungs-Boten sein: Wenn es den Eltern selbst wichtig ist, können sie kurz etwas sagen, anrufen oder eine SMS schreiben. Entscheidend dabei ist eine Balance zwischen Unterstützung und Freiheit: Man darf den Kindern natürlich nicht den ganzen Tag hinterher telefonieren und alles managen. Sie dürfen ruhig noch eigene Erfahrungen machen.
- Gespräche führen: Um ständigen Stress in der Familie zu vermeiden, sei ein grundsätzliches Gespräch geeignet. In ihm wird geklärt, wie man zukünftig mit Vergesslichkeiten umgeht und diesen vorbeugt. Fragen Sie Ihr Kind, welche Unterstützung es gebrauchen kann. Ob ein Zettel auf dem Küchentisch, ein Familienplaner, Erinnerungsnachrichten per Whats-App oder eine abendliche Besprechung des kommenden Tages: Probieren Sie verschiedene Sachen aus.
- Terminkalender entlasten: Da Vergesslichkeit auch ein Zeichen von Überlastung sein kann, sei es zudem sinnvoll, den Terminkalender zu betrachten: Allein die Ansprüche aus der Schule sind heute für viele Kinder schon eine enorme Belastung. Wenn dann noch viele Freizeitaktivitäten dazu kommen, läuft das Fass eben irgendwann über. Mehr Pausen, mehr Zeit für Müßiggang und Entspannung können den Teenagerkopf dann spürbar entwirren.
Die Rolle der Eltern: Loslassen und wachsen
Genauso wie sich das Gehirn der Jugendlichen in der Pubertät verändert, so müssen auch die Eltern ihre Rolle neu überdenken und wachsen. Sie müssen lernen, ihre Kinder loszulassen und ihnen den Raum zu geben, den sie brauchen, um ihre eigenen Flügel auszubreiten.
Weitere Tipps für Eltern pubertierender Kinder
- Erkennen Sie an, dass viele Verhaltensweisen Ihres Kindes auf neurologische Veränderungen zurückzuführen sind.
- Trotz des Bedürfnisses nach Unabhängigkeit benötigen Jugendliche weiterhin klare Regeln und Strukturen. Diese geben Sicherheit und Orientierung.
- Führen Sie offene und ehrliche Gespräche mit Ihrem Kind. Zeigen Sie Interesse an seinen Gedanken und Gefühlen, ohne zu urteilen.
- Geben Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen und Verantwortung zu übernehmen.
- Seien Sie präsent und bieten Sie Unterstützung an, ohne sich aufzudrängen.
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