Nervenverödung: Methoden zur Schmerzlinderung bei chronischen Beschwerden

Die Nervenverödung, auch Neurolyse oder Denervation genannt, ist ein Verfahren zur Schmerztherapie, das seit über 30 Jahren in der Medizin eingesetzt wird. Dabei werden gezielt sensible Nervenbahnen behandelt, die Schmerzinformationen aus einer bestimmten Körperregion weiterleiten. Ziel ist es, die Schmerzweiterleitung zum Gehirn zu unterbrechen und so die Schmerzwahrnehmung zu reduzieren.

Ursachen und Anwendungsbereiche

Millionen Menschen weltweit leiden unter Rücken- und Nackenschmerzen, die oft durch Gelenkprobleme in der Wirbelsäule verursacht werden. Diese Schmerzen können sich beim Zurückbeugen oder Drehen verschlimmern und als dumpf, stechend, dauernd oder pulsierend empfunden werden. Auch Muskelkrämpfe und Berührungsempfindlichkeit können auftreten.

Die Nervenverödung kann bei verschiedenen Arten von Schmerzen eingesetzt werden, insbesondere wenn konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Schmerzmittel oder Injektionen nicht zu einer ausreichenden und dauerhaften Schmerzlinderung geführt haben. Zu den häufigsten Anwendungsbereichen gehören:

  • Facettensyndrom: Hierbei sind die kleinen Wirbelgelenke (Facettengelenke) gereizt oder entzündet, was zu lokalen Rückenschmerzen führen kann.
  • Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom): Beschwerden in diesem Gelenk zwischen Kreuzbein und Darmbein können ebenfalls starke Rücken- und Nackenschmerzen verursachen.
  • Chronische Knieschmerzen: Auch nach Knieoperationen, Prothesen oder Verletzungen können anhaltende Schmerzen auftreten, die durch eine Nervenverödung behandelt werden können.
  • Tumorbedingte Schmerzen: Bei Krebspatienten können Nervenverödungen zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, insbesondere nach operativen Eingriffen oder Bestrahlungen.
  • Neuropathische Schmerzen: Bei Nervenschmerzen, beispielsweise nach Gürtelrose oder Verletzungen, kann eine Verödung der betroffenen Nerven in Betracht gezogen werden.

Diagnostik vor der Nervenverödung

Vor einer Nervenverödung ist eine sorgfältige Diagnose erforderlich, um die genaue Schmerzursache zu identifizieren und sicherzustellen, dass die Behandlung geeignet ist. Dazu gehören:

  • Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und führt eine körperliche Untersuchung durch, um mögliche Ursachen für die Schmerzen zu finden.
  • Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) können helfen, strukturelle Veränderungen an der Wirbelsäule oder anderen betroffenen Bereichen zu erkennen. Es ist wichtig zu beachten, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und in der Bildgebung sichtbarer Facettenarthrose gibt.
  • Facettenblockade: Um festzustellen, ob die Schmerzen tatsächlich von den Facettengelenken ausgehen, wird ein kurz wirksames Betäubungsmittel an die Nerven gespritzt, die die Facettengelenke versorgen. Wenn die Schmerzen daraufhin nachlassen, ist dies ein Hinweis auf ein Facettensyndrom. Um die Aussagekraft zu erhöhen, wird die Facettenblockade manchmal wiederholt.
  • Testinfiltration: Um den potenziellen Erfolg der Behandlung zu simulieren, wird vor der eigentlichen Verödung ein lokales Betäubungsmittel an die Zielnerven gespritzt, um die Schmerzweiterleitung vorübergehend zu unterbrechen.

Methoden der Nervenverödung

Es gibt verschiedene Methoden zur Nervenverödung, die sich in der Art der Nervenzerstörung und der verwendeten Technologie unterscheiden:

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  1. Thermokoagulation (Radiofrequenzablation): Dies ist die am häufigsten angewandte Methode. Dabei wird eine dünne Sonde unter radiologischer Kontrolle (CT oder Röntgen) an den schmerzleitenden Nerv herangeführt. Durch Hochfrequenzstrom wird die Spitze der Sonde erhitzt (meist auf 60-90 °C), wodurch das Nervengewebe thermisch zerstört wird. Die Hitze erzeugt eine thermische Läsion an den entzündeten, schmerzübermittelnden Nervenendigungen, wodurch die Nervenenden blockiert und daran gehindert werden, Schmerzsignale weiter an das Gehirn zu leiten.
  2. Kryodenervation (Kälteverödung): Bei dieser Methode wird eine Kryosonde verwendet, um den Nerv mit Kälte (meist zwischen -20 und -60 °C) zu vereisen. Die Kälte führt ebenfalls zu einer Zerstörung des Nervengewebes.
  3. Chemische Neurolyse: Hierbei wird eine chemische Substanz, wie z.B. Alkohol (Ethanol 96%) oder Zuckerlösung (Glucose 5%), in die Nähe des Nervs injiziert, um diesen zu zerstören.
  4. Laserdenervation: Bei dieser Methode wird ein Laser verwendet, um den Nerv zu durchtrennen oder zu veröden.
  5. Endoskopische Denervation: Hierbei wird ein Endoskop verwendet, um den Nerv zu visualisieren und zu veröden. Bei diesem Verfahren können auch Knochen abgetragen, Nerven und Bänder durchtrennt oder das Gelenk gespült werden. Da es sich um einen stärkeren Eingriff handelt, ist er mit mehr Risiken verbunden.

Die Wahl der Methode hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Art der Schmerzen, der Lokalisation des betroffenen Nervs und den Vorlieben des Arztes.

Ablauf der Behandlung

Die Nervenverödung wird in der Regel ambulant durchgeführt. Der Patient wird in Bauchlage auf dem Behandlungstisch positioniert. Nach Desinfektion und örtlicher Betäubung der Haut wird unter radiologischer Kontrolle (CT oder Röntgen) eine dünne Nadel an den Zielnerv herangeführt. Durch Einleitung eines leichten Reizstroms kann der Arzt prüfen, ob die Nadel richtig platziert ist. Sitzt die Nadel richtig, wird die eigentliche Verödung durchgeführt.

Während des Eingriffs ist der Patient in der Regel bei Bewusstsein und kann dem Arzt Rückmeldung geben. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Nadel richtig positioniert ist und keine anderen Nerven beeinträchtigt werden. Nach der Behandlung wird die Rückenregion gekühlt und der Patient für etwa 30 Minuten überwacht. Vor der Entlassung werden die Sensorik und Motorik überprüft.

Nachsorge und Verhalten nach der Behandlung

Nach der Nervenverödung sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Körperliche Schonung: Für etwa 3 Tage nach der Behandlung sollte man sich körperlich schonen und keine schweren Lasten heben.
  • Fahrtüchtigkeit: Am Tag des Eingriffs sollte man nicht selbst Auto fahren oder schwere Maschinen bedienen.
  • Schmerzlinderung: Die schmerzlindernde Wirkung setzt in der Regel verzögert ein, meist innerhalb von wenigen Tagen bis 6 Wochen.
  • Kontrolluntersuchungen: Der Arzt wird mitteilen, wann die nächste Kontrolluntersuchung stattfinden soll.
  • Komplikationen: Bei Fieber, starken Schmerzen, Lähmungserscheinungen oder Entzündungszeichen an der Einstichstelle sollte umgehend der Arzt kontaktiert werden.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Wie bei jedem medizinischen Eingriff können auch bei der Nervenverödung Nebenwirkungen und Risiken auftreten. Diese sind jedoch in der Regel gering. Zu den möglichen Komplikationen gehören:

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  • Schmerzen an der Einstichstelle: Nach der Facettenblockade und Facettendenervation kann die Einstichstelle schmerzen.
  • Blutergüsse: Es kann zu kleinen Blutergüssen in der Haut kommen.
  • Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Jucken: Die umliegende Haut kann für einige Tage bis Wochen druckempfindlich sein und taub werden, kribbeln oder jucken.
  • Bewegungseinschränkungen: Manchmal ist die Beweglichkeit etwas eingeschränkt, weil das erhitzte Gewebe gereizt ist.
  • Nervenentzündung: Die verödeten Nerven können sich vorübergehend entzünden, was sich ähnlich wie ein Sonnenbrand anfühlt. Um dies zu vermeiden, wird nach der Verödung manchmal etwas Kortison an die Nerven gespritzt.
  • Muskelschwäche: Die Verödung kann Muskeln und Bänder zwischen den Wirbeln schwächen, was in seltenen Fällen zu einer Instabilität der Wirbelsäule führen kann.
  • Nervenverletzung: In seltenen Fällen kann es bei der Behandlung zu einer versehentlichen Verletzung einer Nervenwurzel kommen, was zu Beinschmerzen, einem Schwächegefühl oder Taubheit in den Beinen führen kann.
  • Deafferenzierungsschmerzen: In sehr seltenen Fällen kann es zu chronischen Schmerzen kommen, die durch die Nervenverödung selbst verursacht werden (Deafferenzierungsschmerzen).

Erfolgsaussichten und Langzeiteffekte

Die Nervenverödung kann bei vielen Patienten zu einer deutlichen Schmerzlinderung führen. Die Wirkung ist jedoch zeitlich begrenzt, da sich die verödeten Nerven im Laufe der Zeit (meist nach 6-24 Monaten) wieder erholen und nachwachsen können. Dann können die Schmerzen zurückkehren, und die Nerven können erneut verödet werden.

Während der Zeitspanne der Schmerzlinderung kann eine Physiotherapie begonnen werden, um die betroffenen Gelenke zu stärken und die Rückenmuskulatur zu kräftigen. Regelmäßige Bewegung kann dazu beitragen, Rückenschmerzen langfristig zu reduzieren.

Studien haben gezeigt, dass die Schmerzlinderung nach einer Facettendenervation über einen Zeitraum von etwa vier Wochen anhalten kann. Längerfristig zeigte sich allerdings kein Vorteil gegenüber einer Scheinbehandlung.

Alternativen zur Nervenverödung

Es gibt verschiedene alternative Behandlungsmöglichkeiten für chronische Schmerzen, die je nach Ursache und Art der Schmerzen in Frage kommen:

  • Konservative Therapien: Dazu gehören Physiotherapie, Schmerzmittel, Injektionen, Akupunktur, manuelle Therapie und psychologische Schmerztherapie.
  • Operationen: In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Ursache der Schmerzen zu beheben, z.B. bei einem Bandscheibenvorfall oder einer Spinalkanalstenose.
  • Schmerzschrittmacher (Spinal Cord Stimulation): Bei dieser Methode werden Elektroden in den Wirbelkanal eingeführt, um die Schmerzweiterleitung zum Gehirn zu modulieren.
  • Schmerzpumpe: Hierbei wird ein Medikamentenreservoir unter die Haut implantiert, das kontinuierlich Schmerzmittel in den Wirbelkanal abgibt.

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