Vitamin D und Schlaganfall: Aktuelle Studienlage und Kontroversen

Die Rolle von Vitamin D für die allgemeine Gesundheit ist unbestritten. Es ist essenziell für die Knochengesundheit und wird mit verschiedenen anderen gesundheitlichen Aspekten in Verbindung gebracht. Insbesondere die Frage, ob Vitamin D vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall schützen kann, ist Gegenstand intensiver Forschung und Diskussion.

Vitamin D und Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Eine komplexe Beziehung

Beobachtungsstudien deuteten zunächst darauf hin, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel im Blut mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall einhergehen könnten. Diese Beobachtungen führten zu der Hypothese, dass eine Vitamin-D-Supplementierung das Risiko für diese Erkrankungen senken könnte. Allerdings haben nachfolgende randomisierte, kontrollierte Studien diese Erwartungen nicht bestätigt.

Aktuelle Studienergebnisse: Ernüchternde Resultate

Eine im "Journal of the American Medical Association Cardiology" veröffentlichte Meta-Analyse von über 21 randomisierten klinischen Studien mit mehr als 83.000 älteren Erwachsenen zeigte, dass eine Vitamin-D-Supplementierung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr keinen Einfluss auf das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskuläre Sterblichkeit oder Gesamtsterblichkeit hatte. Die Teilnehmer der Studie waren im Schnitt 66 Jahre alt. Die Ergebnisse dieser Analyse legen nahe, dass Vitamin-D-Präparate zur Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall ungeeignet sind.

Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Die 2018 veröffentlichte VITAL-Studie, in der über 25.000 gesunde Männer und Frauen ab 50 Jahren täglich Vitamin D3 (2000 IE) oder ein Placebo einnahmen, zeigte keine Unterschiede in der Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen zwischen den beiden Gruppen. Ähnlich enttäuschend waren die Ergebnisse der D-Health-Studie.

Eine Analyse mehrerer kontrollierter Studien, die die Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln, einschließlich Vitamin-B-Komplex, Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B6 und Vitamin D, untersuchte, kam zu dem Schluss, dass diese Supplemente keinen Einfluss auf Sterblichkeit, Herzinfarkt oder Schlaganfall haben.

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Mögliche Erklärungen für widersprüchliche Ergebnisse

Die Diskrepanz zwischen Beobachtungsstudien und randomisierten, kontrollierten Studien könnte darauf zurückzuführen sein, dass in den Beobachtungsstudien andere Faktoren übersehen wurden, die die Verbindung zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und dem Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erklären könnten. Es ist möglich, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel ein Marker für einen insgesamt ungesunden Lebensstil oder andere zugrunde liegende Gesundheitsprobleme ist, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Vitamin D-Mangel und Schlaganfallrisiko: Weitere Forschungsergebnisse

Eine Studie mit japanisch-amerikanischen Männern auf Hawaii ergab, dass eine Vitamin-D-arme Ernährung mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden war. Die Studie, die 34 Jahre dauerte und 8.006 Männer umfasste, zeigte, dass Männer mit der geringsten Vitamin-D-Aufnahme ein um 22 Prozent höheres Schlaganfallrisiko hatten als Männer mit der höchsten Vitamin-D-Aufnahme. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Vitamin D eine Rolle bei der Schlaganfallprävention spielen könnte, insbesondere bei Personen mit geringer Vitamin-D-Aufnahme.

Eine weitere Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen der Vitamin-D-Zufuhr und dem Risiko, an einem Schlaganfall oder an der koronaren Herzkrankheit (KHK) zu sterben. Die Studie umfasste 58.646 japanische Erwachsene und ergab, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einem erhöhten Risiko, an einem Schlaganfall zu sterben, verbunden war. Es gab jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Vitamin-D-Zufuhr und dem Risiko, an einer KHK zu sterben.

Die Rolle von Vitamin D bei der koronaren Herzkrankheit (KHK)

Die Rolle von Vitamin D bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) ist noch nicht eindeutig geklärt. Während einige Studien keinen Zusammenhang zwischen der Vitamin-D-Versorgung und der KHK feststellen konnten, deuteten andere Studien darauf hin, dass KHK-Patienten, die Vitamin-D-Nahrungsergänzungsmittel einnahmen, ein geringeres Risiko für Folgeerkrankungen hatten. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht schlüssig und erfordern weitere Forschung.

Vitamin D bei Intensivpatienten

Bei schwer kranken Patienten auf der Intensivstation kann ein Vitamin-D-Mangel besonders problematisch sein. Studien haben gezeigt, dass ein schwerer Vitamin-D-Mangel bei Intensivpatienten zu häufigeren Komplikationen oder einer höheren Sterberate führen kann. Es ist jedoch noch unklar, ob ein Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels bei Intensivpatienten diese Probleme verbessern kann. Derzeit laufen Studien, die untersuchen, ob hochdosiertes Vitamin D3 die Krankenhausliegedauer, typische Organversagen und Infektionsraten reduzieren kann.

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Kritische Betrachtung von Vitamin-Präparaten

Experten raten von einer unkritischen Einnahme von Vitaminpräparaten ab. Die Herzstiftung betont, dass es nach aktuellem Kenntnisstand keinen wissenschaftlich haltbaren Beleg dafür gibt, dass Vitaminpräparate vor einem Herzinfarkt schützen. Zudem besteht je nach Vitamin und Dosierung, insbesondere bei den fettlöslichen Vitaminen E, D, K und A, sogar die Gefahr von schädlichen Wirkungen. Fachgesellschaften weisen darauf hin, dass von einer zusätzlichen Vitamineinnahme kein günstiger Effekt auf die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit zu erwarten ist.

Empfehlungen für eine gesunde Vitamin-D-Versorgung

Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst ist der beste Weg, um den Bedarf an den meisten Vitaminen zu decken. Vitamin D kann der Körper mithilfe von Sonnenlicht selbst bilden. In den Wintermonaten oder bei unzureichender Sonnenexposition kann eine Supplementierung sinnvoll sein, insbesondere bei einem nachgewiesenen Mangel. Es ist jedoch ratsam, vor der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten einen Arzt zu konsultieren, um den individuellen Bedarf zu bestimmen und mögliche Risiken zu besprechen.

Weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Neben Vitamin D gibt es zahlreiche andere Risikofaktoren, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können. Dazu gehören:

  • Übergewicht
  • Bluthochdruck
  • Fettstoffwechselstörung
  • Diabetes
  • Rauchen
  • Familiäre Vorbelastung
  • Erhöhte Homocysteinwerte
  • Qualitative Eigenschaften der LDL-Partikel (Größe und Gewicht)

Es ist wichtig, diese Risikofaktoren zu minimieren, um die Herz-Kreislauf-Gesundheit zu fördern. Regelmäßige Untersuchungen der Gefäße werden empfohlen, insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren.

Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Schlafstörungen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems treten häufig gemeinsam auf. Psychosoziale Stressoren wie Einsamkeit, Frustration oder Angst können ebenfalls zu Herz-Kreislaufproblemen führen. Eine ganzheitliche Betrachtung der vegetativen Rhythmik und die Linderung von Symptomen funktioneller Herz-Kreislauf-Beschwerden können zur Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Funktionen beitragen.

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