Vitamin B12 ist ein essentielles Vitamin, das eine Schlüsselrolle bei der Bildung und Regeneration von Nerven spielt. Ein Mangel an diesem Vitamin kann zu schwerwiegenden Nervenschäden führen, die als Polyneuropathie bekannt sind. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten der Vitamin B12-Mangel-Polyneuropathie.
Einführung
Vitamin B12 ist für zahlreiche Körperfunktionen unerlässlich, insbesondere für die Gesundheit des Nervensystems. Es trägt zur Bildung der Myelinscheide bei, einer Schutzhülle, die die Nerven umgibt und für eine reibungslose Signalübertragung unerlässlich ist. Ein Mangel an Vitamin B12 kann die Myelinscheide schädigen und zu neurologischen Problemen führen.
Die Bedeutung von Vitamin B12 für die Nerven
Das Vitamin B12 ist unverzichtbar für die Bildung und Regeneration der sogenannten Myelinscheide, einer Schutzhülle, von der jeder Nerv umhüllt ist. Das gilt nicht nur für die großen Nerven im Rückenmark, sondern auch für sämtliche kleinen Nerven, bis hin zu den feinen Nerven in den Fingerspitzen. Bekommt Ihr Körper zu wenig Vitamin B12, können sich die Myelinscheiden nicht mehr richtig regenerieren und Sie spüren in den Gliedmaßen ein Kribbeln oder eine Taubheit. Sind Ihre Sehnerven betroffen, können Sie sogar Ihr Augenlicht verlieren. Lässt sich ein leichter Vitaminmangel mit ersten Anzeichen von Nervenschäden noch sehr gut mit einer ausreichenden Versorgung mit Vitamin B12 behandeln, können bei längerem Mangel auch irreparable Schäden entstehen. Daher ist die Früherkennung eines Vitamin B12 Mangels so wichtig.
Ursachen für Vitamin B12-Mangel
Es gibt eine Reihe an Ursachen, die für einen Mangel an Vitamin B12 verantwortlich sein können. Wenn Sie an einer chronischen Erkrankung des Magen-Darm-Traktes leiden, kann das eine Ursache sein. Produziert Ihr Körper zu wenig des Proteins, mit dessen Hilfe Vitamin B12 zu den Zellen des Dünndarms und schließlich weiter via Blut zu den Nerven transportiert wird, tritt ebenfalls ein Mangel auf. Medikamente gegen Diabetes können ebenso einen Mangel an Vitamin B12 verursachen wie ein Zuviel an Magensäure oder regelmäßiger Konsum von Alkohol. Dazu kommt: Je älter Sie werden, desto weniger leistungsfähig ist Ihr Magen-Darm-Trakt und kann damit weniger Vitamine aus der Nahrung aufnehmen. Daher sollten Sie auf reichlich Vitamin B12-haltige Nahrung achten, das betrifft vor allen Dingen Milch, Eier und Fleisch. Ernähren Sie sich vegetarisch oder vegan, sollten Sie ausreichend Vitamin B12 zu sich nehmen. Wird der Mangel an Vitamin B12 rechtzeitig diagnostiziert, erholen sich Körper und Nerven in der Regel gut. Der Arzt untersucht das Blut, wenn er einen Mangel an Vitamin B12 diagnostizieren will und verordnet bei Bedarf entsprechende Präparate. Da der Körper über einen großen Vitamin B12 Speicher in der Leber verfügt, ist der Mangel für Sie als Betroffenen selbst nur schwer erkennbar.
Häufige Ursachen im Überblick:
- Ernährung: Eine vegane oder vegetarische Ernährung, die nicht ausreichend mit Vitamin B12-Präparaten ergänzt wird.
- Malabsorption: Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die die Aufnahme von Vitamin B12 beeinträchtigen, wie z.B. chronische Entzündungen, Zöliakie oder Morbus Crohn.
- Intrinsic-Faktor-Mangel: Ein Mangel an Intrinsic Factor, einem Protein, das für die Aufnahme von Vitamin B12 im Dünndarm benötigt wird. Dieser Mangel kann durch Autoimmunerkrankungen oder nach einer Magenentfernung entstehen.
- Medikamente: Einige Medikamente, wie Metformin (zur Behandlung von Diabetes) oder Säureblocker, können die Vitamin B12-Aufnahme beeinträchtigen.
- Alter: Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit des Körpers ab, Vitamin B12 aus der Nahrung aufzunehmen.
- Alkoholmissbrauch: Regelmäßiger Konsum von Alkohol.
Symptome eines Vitamin B12-Mangels
Die Symptome eines Vitamin B12-Mangels können vielfältig sein und entwickeln sich oft schleichend. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
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- Neurologische Symptome:
- Taubheitsgefühle und Kribbeln in Händen und Füßen
- Unsicherer Gang und Koordinationsschwierigkeiten
- Schmerzen in den Nerven
- Lähmungen
- Sehstörungen bis hin zum Verlust des Sehvermögens
- Weitere Symptome:
- Müdigkeit und Schwäche
- Blutarmut (Anämie)
- Gedächtnisprobleme und Konzentrationsstörungen
- Depressionen
- Entzündungen der Zunge und des Mundes
Warnzeichen, die auf einen Mangel hinweisen können:
- Taubheitsgefühle an Händen und Füßen
- Kribbeln, Brennen und andere Missempfindungen an den peripheren Gliedmaßen
- Die Hände und Füße schlafen immer wieder ein
- Der Gang wird unsicher und es treten Schwierigkeiten bei der Koordination auf
- Die Nerven schmerzen ununterbrochen
- Es treten Lähmungen auf
- Es kommt zu Sehstörungen, bis hin zum Verlust des Sehvermögens
Diagnose des Vitamin B12-Mangels
Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um irreversible Nervenschäden zu verhindern. Die Diagnose eines Vitamin B12-Mangels umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und die aktuellen Beschwerden des Patienten.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht das Nervensystem, um neurologischeDefizite festzustellen.
- Blutuntersuchungen:
- Vitamin B12-Spiegel: Ein niedriger Vitamin B12-Spiegel im Blut kann auf einen Mangel hindeuten. Allerdings können neurologische Symptome auch bei "normalen Blutwerten" auftreten.
- Holotranscobalamin (Holo-TC): Dieser Wert gilt als Frühmarker und zeigt den Status des tatsächlich aktiven Vitamins an.
- Methylmalonsäure (MMS): Ein erhöhter MMS-Spiegel im Blut oder Urin kann ein Hinweis auf einen Vitamin B12-Mangel sein.
- Blutbild: Eine Anämie mit vergrößerten roten Blutkörperchen (makrozytäre Anämie) kann auf einen Vitamin B12-Mangel hindeuten.
- Antikörper: Parietalzell-Antikörper und IF-Autoantikörpern
- Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B. eine Knochenmarkpunktion oder eine Magenbiopsie.
- Bildgebung: MRT des zervikalen Myelons (Nachweis hyperintenser Darstellung der Hinter- und oder Seitenstränge), MRT des Kopfes (Bei psychiatrischer oder demenzieller Symptomatik)
- Neurographie: Motorische und sensible Nervenleitungsgeschwindigkeitsmessung (Demyelinisierende sensible oder sensomotorische Polyneuropathie(Nervus peronaeus und tibialis mit F-Wellen, Nervus suralis))Elektromyographie (Frage einer axonalen Schädigung)
- Evozierte Potentiale: Sensibel evozierte Potentiale, Visuell evozierte Potentiale (VEP), Magnetisch evozierte Potentiale (MEP)
- Augenärztliche Untersuchung: Bei V.a. Optikusatrophie
- HNO-ärztliche Untersuchung
Gel. Vitamin B12 Spiegel - Normwerte
- Normwerte Erwachsene: 191 - 738pmol/l bzw. 200-1000pg/ml
- Manifester Mangel <200pg/ml
- Niedrig-normaler Spiegel 200-400 pg/ml
- Behandlungsempfehlung bei Werten <450pg/ml
- Neurologische Symptome können bereits bei o.g. Normwerten auftreten
Behandlung der Vitamin B12-Mangel-Polyneuropathie
Die Behandlung der Vitamin B12-Mangel-Polyneuropathie zielt darauf ab, den Vitamin B12-Spiegel im Körper wiederherzustellen und die Symptome zu lindern. Die Behandlung umfasst in der Regel:
- Vitamin B12-Substitution:
- Orale Therapie: Hochdosierte Vitamin B12-Präparate in Tablettenform.
- Parenterale Therapie: Vitamin B12-Injektionen in den Muskel oder unter die Haut. Diese Therapieform wird oft bei schweren Mangelzuständen oder bei Malabsorption eingesetzt.
- Behandlung der Grunderkrankung: Wenn der Vitamin B12-Mangel durch eine andere Erkrankung verursacht wird, muss diese entsprechend behandelt werden.
- Symptomatische Therapie: Medikamente zur Linderung von Schmerzen, Kribbeln und anderen neurologischen Symptomen.
- Physiotherapie: Übungen zur Verbesserung der Muskelkraft, Koordination und des Gleichgewichts.
Dosierungsempfehlungen
- Orale Therapie: Therapiebeginn 1000-2000 µg/Tag über eine Woche (Dosis abhängig von Spiegel), Woche 2-4 1000µg/Woche, Ab 2. Monat 1000µg/Monat
- Parenterale Therapie: Therapiebeginn 1-2x /Woche 1000µg intramuskulär oder (abhängig von Schwere der Symptome) 5-7 Tage 1000µg Hydroxycobalamin intramuskulär oder intravenös/subkutan, Danach 2x1000µg in den Wochen 2-4, Erhaltungsdosis 1000µg/Monat
Wichtige Hinweise zur Therapie
- Keine Toxizität bei Überdosierung!
- Bei Therapiebeginn Kombination mit Folsäure 1,5-5 mg/die
- Kontrolle des B12-Spiegels nach ca.
- Hämatologische Symptomatik mit Besserung des Blutbildes innerhalb einer Woche (Anstieg Retikulozten), danach monatliche Kontrollen
- Besserung der neurologischen Symptomatik abhängig von Dauer und Schwere der Symptomatik, meist innerhalb der ersten drei Monate.
Medikamente und Diabetes
Patienten mit Typ-2-Diabetes haben unter langfristiger Metformin-Medikation signifikant häufiger einen Vitamin-B12-Mangel als Typ-2-Diabetiker ohne Metformin-Einnahme. Bei Diabetes-Patienten mit insuffizienten Vitamin-B12-Spiegeln, die mindestens vier Jahre mit Metformin behandelt wurden und unter Neuropathien litten, normalisierten sich durch eine orale Gabe von 1000 μg Vitamin B12 pro Tag nicht nur die Vitamin-B12-Spiegel, sondern auch die Nervenfunktion und Lebensqualität der Studienteilnehmer verbesserten sich signifikant.
Vitamin B12 in der Nahrung
Jeder Mensch muss das für die Nerven so wichtige Vitamin B12 mit der Nahrung aufnehmen. Fehlt es, werden Sie krank. Dabei ist Vitamin B12 nicht in vielen Lebensmitteln in ausreichenden Mengen enthalten, um auf die empfohlene Tagesdosis von 3 Mikrogramm zu kommen. Besonders viel Vitamin B12 steckt in tierischen Lebensmitteln, also in Milchprodukten, Eiern, Fleisch und Fisch. In den pflanzlichen Lebensmitteln ist dagegen so gut wie kein Vitamin B12 enthalten, lediglich fermentierte Pflanzenprodukte wie Sauerkraut und Bier enthalten geringe Spuren des Vitamins. Wer die benötigte Tagesdosis an Vitamin B12 über Lebensmittel decken will, sollte somit kein Vegetarier oder gar Veganer sein. In diesen Fällen ist es sinnvoller, den notwendigen Bedarf an Vitamin B12 über entsprechende Präparate zu decken.
Aufnahme und Funktion
- Abspaltung von proteingebundenem Vitamin B12 durch Pepsin und Magensäure
- Bindung im Magen an R-Proteine Haptocorrine
- Abspaltung von R-Proteinen durch Pankreasenzyme
- Bindung an Intrinsic Factor im Dudodenum (IF wird durch Parietalzellen des Magens gebildet)
- Resorption des an IF gebundenen Vitamin B12 im terminalen Ileum
- Geringe passive Resorption (ca. 1%) im gesamten Duodenum
- Im Körper Bindung in Form von Holotranscobolamin (biologisch aktive Form), Haptocorrin und Transcobalamin
- Katalisator für Umwandlung von Metylmalonyl-Coenzym A zu Succinyl-Coenzym A, bei Mangel Erhöhung der Methylmalonsäure
- Synthese von Methionin durch Homocystein (Hierzu wird Folsäure benötigt)
- Methionin wichtig in der Hämatopoese
- Bei Mangel von Methionin Erhöhung von Homocystein
Bedarf und Speicherung
- Bedarf Ca. 3-4µg/Tag
- Speicherung von Vitamin B12 größtenteils in der Leber, geringer in Nieren, Muskulatur, Gehirn, Milz
- Körperspeicher reichen für ca.
Polyneuropathie: Mehr als nur Vitamin B12-Mangel
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Vitamin B12-Mangel nur eine von vielen möglichen Ursachen für Polyneuropathie ist. Andere Ursachen können Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch, Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Medikamente oder genetische Faktoren sein. Eine umfassende Diagnose ist daher unerlässlich, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und eine geeignete Behandlung einzuleiten.
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Neuropathien
- Polyneuropathie - sensibel oder sensomotorisch (Handschuh- und/oder strumpfförmige Hypästhesien, Gemindertes Lage- und Vibrationsempfinden, Gangunsicherheit, Parästhesien, Optikusatrophie)
- Funikuläre Myelose - häufig als Begleitsymptomatik (Degeneration der Seiten- und Hinterstränge im Myelon beginnend zervikothorakaler Übergang, Schädigung der Myelinscheiden sowie im Verlauf der Axone, Subakute Manifestation, Parästhesien der Hände und später Füße, Störung der Tiefensensibilität, Im Verlauf spastische Ataxie)
Ursachen einer Polyneuropathie
- Infektiöse Polyneuropathien können oft durch Antibiotika gut behandelt werden.
- Bei der diabetischen Polyneuropathie ist eine optimale Blutzuckereinstellung der entscheidende Faktor.
- Ist die Ursache ein Vitaminmangel, können hochdosierte Vitamine, zum Beispiel Vitamin B12, gegeben werden.
Prävention des Vitamin B12-Mangels
Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitamin B12-haltigen Lebensmitteln ist, kann dazu beitragen, einem Mangel vorzubeugen. Besonders gefährdete Gruppen, wie Veganer, ältere Menschen oder Menschen mit Magen-Darm-Erkrankungen, sollten ihren Vitamin B12-Spiegel regelmäßig überprüfen lassen und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Empfehlungen zur Vorbeugung:
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12-reichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten.
- Nahrungsergänzungsmittel: Veganer und Vegetarier sollten Vitamin B12-Präparate einnehmen, um ihren Bedarf zu decken.
- Regelmäßige Kontrollen: Lassen Sie Ihren Vitamin B12-Spiegel regelmäßig überprüfen, insbesondere wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören.
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