Vollstationäre Pflege bei Demenz: Definition, Formen und Finanzierung

Die vollstationäre Pflege wird notwendig, wenn Patienten nach einer Krankenhausbehandlung oder aufgrund fortschreitender Erkrankungen nicht mehr ohne Hilfe in der Lage sind, alltägliche Aufgaben und Tätigkeiten zu verrichten. Wenn es im Lebensumfeld keine Möglichkeiten gibt, die private Pflege zu organisieren, oder die teilstationäre Pflege nicht ausreicht, ist eine vollstationäre Pflege notwendig. Die rechtlichen Vorgaben werden im 11. Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt.

Wann ist vollstationäre Pflege notwendig?

Nahezu jeder Mensch im fortgeschrittenen Alter hat den Wunsch, im Herbst des Lebens so lange wie möglich selbstbestimmt und eigenständig zu leben. Das Älterwerden und die damit verbundenen Erkrankungen und Sorgen gehören zum Leben dazu. Chronische Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Apparates, eine Krebserkrankung oder degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates sind übliche Erkrankungen betagter Personen. Die vollstationäre Behandlung oder Pflege ist angezeigt, wenn eine häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder zielführend ist.

Bevor die vollstationäre Pflege notwendig ist, wurden ältere Menschen in vielen Fällen im Vorfeld über Jahre ambulant gepflegt. Die vollstationäre Pflege kann notwendig werden, wenn der Grad der Pflegebedürftigkeit mit zunehmendem Alter weiter zunimmt. Gleichzeitig kann es der Fall sein, dass kein Angehöriger verfügbar ist, der die Pflege teilweise oder vollständig übernehmen kann.

Beispiel

Eine 93-jährige Rentnerin pflegt ihren 95 Jahre alten, an Demenz erkrankten Ehemann zu Hause. Aufgrund diverser persönlicher Erkrankungen ist es ihr nicht mehr möglich, ihren Mann vollumfänglich zu versorgen. Vor allem das Heben und die ständige Rufbereitschaft sind für die betagte Pflegeperson beschwerlich. Sie führen bei ihr zu körperlichen und seelischen Beschwerden. An diesem Beispiel erkennt man eindeutig, wann die Notwendigkeit besteht, Patienten vollstationär in einer Pflegeeinrichtung zu versorgen.

Gleichzeitig bedeutet es für die Angehörigen in vielen Fällen, dass gewohnte und über Jahrzehnte praktizierte Familienleben und Umfeld aufzugeben. Sie müssen lernen, das Pflegeheim als neuen Lebensmittelpunkt zu akzeptieren.

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Rechtlicher Anspruch und Pflegegrade

Der gesetzliche Anspruch auf vollstationäre Pflege besteht seit dem 01.01.2017 unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit. Gleichzeitig muss der pflegebedürftigen Person von der zuständigen Pflegekasse bescheinigt worden sein, dass Pflegebedürftigkeit vorliegt. Hierzu prüft der Medizinische Dienst (MD) vor Ort, wie sich der Gesundheitszustand des Patienten verändert hat.

Abhängig vom Pflegegrad erhalten pflegebedürftige Personen unterschiedlich hohe finanzielle Zuschüsse zur Versorgung und Behandlung in einer stationären Pflegeeinrichtung. Die Pflegekasse finanziert neben der vollstationären Pflege ebenso Teile der teilstationären Pflege oder der Kurzzeitpflege. Pflegebedürftige, die vollstationär untergebracht sind, können keine Leistungen der häuslichen Pflege, wie zum Beispiel Pflegegeld oder Pflegesachleistungen beantragen.

Pflegegrade im Überblick

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

Wohnformen für Menschen mit Demenz

Nicht immer ist es Angehörigen möglich, Pflegebedürftige mit Demenz in der häuslichen Umgebung zu pflegen. Die Pflege kann sowohl körperlich als auch seelisch sehr belastend sein. Es gibt verschiedene Wohnformen für Menschen mit Demenz:

Wohnen mit Service (Betreutes Wohnen)

Beim Wohnen mit Service oder auch betreutes Wohnen leben Seniorinnen und Senioren in ihren eigenen Wohnungen und können je nach Bedarf Pflege, Mahlzeiten oder hauswirtschaftliche Dienste in Anspruch nehmen. Das Konzept des Wohnens mit Service sieht vor, dass die Wohnungen eines Hauses oder eines Häuserkomplexes seniorengerecht gestaltet werden und direkt vor Ort geschultes Personal zur Verfügung steht. Es gibt einen Fahrstuhl und Rollstuhlrampen an Treppen und Schwellen. Die Flure sind hell und übersichtlich und im Badezimmer befinden sich Stützen zum Hochziehen. Außerdem können die Bewohner per Notrufknopf rund um die Uhr professionelle Hilfe in ihre Wohnung holen.

Worauf sollten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen achten?

  • Welche Grundleistungen bietet der Betreiber der Wohnanlage an?
  • Welche Zusatzleistungen sind buchbar? Dazu gehören etwa die Reinigung von Wohnung und Wäsche oder Fahrdienste zum Arzt.
  • Gibt es im Haus eine feste Ansprechperson? Die Antwort "Wir haben einen Hausmeister" genügt nicht. Es sollte pflegerisch geschultes Personal zur Verfügung stehen.
  • Gibt es Angebote, die bewusst den Kontakt zu anderen Bewohnern fördern? Finden Gruppenveranstaltungen zu festgesetzten Zeiten statt? Lädt der Betreiber zu Kulturveranstaltungen ein?
  • Werden die Bewohner rundum versorgt, wenn sie vorübergehend erkranken?
  • Bis zu welchem Grad der Pflegebedürftigkeit darf ein alter Mensch in der Einrichtung bleiben? Steht das im Betreuungsvertrag?
  • Listet der Mietvertrag die Nebenkosten genau auf? Wie sind künftige Mieterhöhungen geregelt?
  • Legt der Anbieter je einen Miet- und einen Betreuungsvertrag vor oder sind beide kombiniert? Rechtsexperten empfehlen getrennte Verträge.
  • Wie gut ist die Betreuungseinrichtung an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen?
  • Gibt es in der Nähe eine Apotheke, Ärzte, die Hausbesuche machen, Einkaufsmöglichkeiten?
  • Bietet die Einrichtung selbst eine Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz oder kann sie eine in der Nähe empfehlen?

Demenz-Wohngemeinschaften (Demenz-WG)

In Demenz-Wohngemeinschaften (Demenz-WG) teilen sich meist sechs bis zwölf Menschen mit Demenz eine Wohnung. Jedes WG-Mitglied bewohnt darin ein eigenes Zimmer mit eigenen Möbeln. Küche, Wohnzimmer und Bäder nutzen die Mieter gemeinsam. Professionelles Pflegepersonal kümmert sich um die Mieter. In beinahe allen Bundesländern gibt es Wohngemeinschaften für Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz und es werden ständig mehr.

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Das Konzept der Demenz-WG bietet die Chance, dass Menschen mit Demenz länger selbstbestimmt leben. Für die Bewohnerinnen und Bewohner kann die Wohngemeinschaft im Laufe der Zeit zu einer vertrauten Umgebung werden. Die Gruppe ist überschaubar und es kommen stets die gleichen Pflegekräfte und Helfer ins Haus. Außerdem können sich die Angehörigen der Menschen mit Demenz rege am WG-Leben beteiligen. In vielen Wohngemeinschaften ist es sogar ausdrücklich erwünscht, dass sie den Alltag organisieren helfen.

Worauf sollten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen achten?

  • Die Verträge für Wohnraum sowie Pflege und Betreuung werden separat abgeschlossen und sind separat kündbar.
  • Der Pflege- und Betreuungsdienst ist frei wählbar.
  • Die WG-Mitglieder bilden ein gemeinsames Gremium und treffen schriftliche Vereinbarungen, die den Alltag regeln.
  • Jedes Mitglied trägt Verantwortung - für sich und die anderen.
  • Die Mitglieder der WG bestimmen selbst, welche Dienstleistungen sie in Anspruch nehmen.

Pflegeheim

In Pflegeheimen leben geistig klare Menschen mit Menschen mit Demenz zusammen. Viele Pflegeheime gehen dazu über, spezielle Betreuungsangebote oder auch besondere Wohn- und Pflegebereiche für Menschen mit Demenz zu schaffen, damit diese bestmöglich versorgt werden können. Jedes Pflegeheim ist verpflichtet zusätzliche Betreuungs- und Aktivierungsangebote, welche über die normale Versorgung hinausgehen, anzubieten und durchzuführen. Dieses ist im § 43b SGB XI geregelt.

Worauf sollten Sie achten?

  • Ist die Atmosphäre stressfrei, wohnlich und familiär? Oder fühlen Sie sich an ein Krankenhaus, ein Hotel oder an eine Kindertagesstätte erinnert?
  • Erleichtern Piktogramme, Wegweiser und eine entsprechende Farbgestaltung die Orientierung?
  • Gibt es gemütliche Nischen, in denen sich Menschen aufhalten?
  • Werden die Bewohner würdevoll und fürsorglich behandelt? Verräterisch sind Begriffe wie "unsere Patienten", "Insassen" oder "Pflegefälle"
  • Kümmert sich das Personal oder reagiert es nur auf Klingeln? Können Sie kleine Gesten der Freundlichkeit beobachten?
  • Wie wirken die Bewohnerinnen und Bewohner?
  • Wie vielen Bewohnerinnen und Bewohnern begegnen Sie? Sind sie an ihrer Umgebung interessiert oder wirken sie apathisch?
  • Ist die Kleidung der Bewohnerinnen und Bewohner sauber? Sie muss allerdings nicht unbedingt zusammenpassen - gute Heime überlassen ihren Bewohnerinnen und Bewohnern individuelle Entscheidungen
  • Wie viel Freiheit haben geistig verwirrte Bewohnerinnen und Bewohner?
  • Welche Angebote speziell für Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz gibt es? Wie wird auf ihre Vorlieben und ihre Biografie eingegangen?
  • Wie ist die medizinische und pflegerische Unterstützung geregelt?
  • Können Angehörige rund um die Uhr zu Besuch kommen?
  • Sind die Pflegekräfte festen Gruppen zugeordnet? Wie lange arbeiten die Pflegekräfte schon in dieser Einrichtung?
  • Sieht sich die Einrichtung gezwungen, Leiharbeiter zu engagieren?
  • Gibt es für die Bewohnerinnen und Bewohner Einzel- und Gruppenangebote, um sich ihren Möglichkeiten entsprechend zu beschäftigen?
  • Wie gut und individuell werden Sie beraten? Erschrecken Sie nicht über die Frage, ob Sie sich für Ihr Familienmitglied mit Demenz ein Doppelzimmer vorstellen können. Manche Menschen haben Angst vor dem Alleinsein und fühlen sich im Doppelzimmer wohler.
  • Wie reagiert die Heimleitung auf die Frage, wie viele Druckgeschwüre im Heim entstanden sind? Offene Stellen am Rücken oder Po weisen auf unzureichende Bewegung oder zu langes Liegen in einer Position hin
  • Wie lange leben die Bewohnerinnen und Bewohner durchschnittlich im Heim?
  • Gibt es eine Sterbebegleitung oder sterben die meisten Bewohnerinnen und Bewohner im Krankenhaus?

Wohnen auf dem Bauernhof

Ein Bauernhof ist ein idealer Ort für Begegnung. Die ruhige Umgebung und die Begegnung mit Natur und Tier sind optimal, damit Menschen mit Demenz schöne Augenblicke erleben können.

Finanzierung der vollstationären Pflege

Die Pflegeversicherung zahlt je nach Pflegegrad bis zu 2.005 Euro im Monat für die vollstationäre Pflege. Dieses deckt in der Regel höchstens die Kosten für die Pflege und Betreuung, nicht jedoch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Die Ausgaben für einen Pflegeheimplatz, in dem alle Kosten enthalten sind, belaufen sich im Monat zwischen 1.800 Euro bis 3.990 Euro.

Die Kosten übernehmen bis zu einem festgelegten Betrag (Pflegesachleistung bei Vollstationäre Versorgung), welcher vom Pflegegrad abhängig ist, die Pflegeversicherungen. Wenn der Betrag der Pflegeversicherung nicht ausreicht, um die Leistungen des Pflegeheimes zu bezahlen, muss der Restbetrag aus eigenen Mitteln finanziert werden oder es kann bei Bedarf beim zuständigen Sozialamt ein Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ (SGB XII) gestellt werden.

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Eigenanteil und Zusatzkosten

Reicht die Leistung der Pflegeversicherung nicht aus, um die pflegebedingten Aufwendungen abzudecken, ist von der pflegebedürftigen Person ein Eigenanteil zu zahlen. Zusätzlich zum pflegebedingten Eigenanteil fallen bei vollstationärer Pflege für die Pflegebedürftigen stets weitere Kosten an, zum Beispiel für die Unterbringung und Verpflegung. Auch müssen Bewohnerinnen und Bewohner einer Einrichtung gegebenenfalls gesondert berechenbare Investitionskosten übernehmen. Wenn die Heimbewohnerin oder der Heimbewohner zudem besondere Komfort- oder Zusatzleistungen in Anspruch nimmt, muss sie beziehungsweise er diese ebenfalls privat bezahlen.

Zusätzliche Betreuung und Aktivierung

Jede pflegebedürftige Person in voll- und teilstationären Einrichtungen hat einen Anspruch auf eine zusätzliche Betreuung und Aktivierung, die über die nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit notwendige Versorgung hinausgeht. Menschen in der stationären Pflege wird durch diese zusätzliche Betreuung und Aktivierung mehr Zuwendung, mehr Austausch mit anderen Menschen sowie ein besseres Teilnehmen am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht. Die Kosten für diese Leistungen werden im vollen Umfang von der Pflegeversicherung getragen, indem sogenannte zusätzliche Betreuungskräfte finanziert werden.

Die Wahl der richtigen Einrichtung

Die Angehörigen sollten sich ausreichend Zeit für die Wahl der geeigneten Einrichtung nehmen und mehrere Pflegeheime persönlich besichtigen. Idealerweise kann die pflegebedürftige Person einige Stunden oder Tage probeweise in der Einrichtung verbringen. So lassen sich Atmosphäre, Umgang mit demenzkranken Menschen und das Betreuungskonzept besser einschätzen. Kurzzeitpflege kann eine hilfreiche Übergangslösung sein.

Checkliste für die Besichtigung

  • Wie ist die Atmosphäre in der Einrichtung?
  • Wie ist das Personal geschult und wie geht es mit den Bewohnern um?
  • Welche Betreuungsangebote gibt es speziell für Menschen mit Demenz?
  • Wie ist die medizinische Versorgung geregelt?
  • Wie hoch sind die Kosten und welche Leistungen sind darin enthalten?
  • Gibt es die Möglichkeit, probeweise in der Einrichtung zu wohnen?

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