Warum das Gehirn Sauerstoff braucht: Ein detaillierter Überblick

Das Gehirn ist ein bemerkenswertes Organ, das für eine Vielzahl von Körperfunktionen verantwortlich ist, von Bewegung und Sinneswahrnehmung bis hin zu Denken und Gedächtnis. Um all diese Aufgaben erfüllen zu können, benötigt das Gehirn eine stetige und ausreichende Versorgung mit Sauerstoff. Im Vergleich zu seinem Anteil an der Körpermasse benötigt das Gehirn überproportional viel Energie. Erzeugt wird diese Energie hauptsächlich über aerobe Stoffwechselprozesse, die erhebliche Mengen an Sauerstoff verbrauchen. Daher sind die Sauerstoffkonzentrationen im Gehirn ein wichtiger Parameter, der die Funktion von Gehirnzellen - Nervenzellen und Gliazellen - beeinflusst.

Die Energiequelle des Gehirns

Das Gehirn ist der größte Energiefresser des Körpers und gleichzeitig ungemein komplex. Knapp anderthalb Kilo gallertartige Masse im Kopf verschlingen bis zu 20 Prozent des gesamten menschlichen Energieumsatzes. Das Gehirn macht zwar nur 2-3% deines Körpergewichtes aus, aber es benötigt dafür überdurchschnittlich viel Energie - rund 20 Prozent der täglichen Energiezufuhr beansprucht das Gehirn für sich. So braucht dein Denkapparat rund 50 Prozent mehr Energie, als dein Herz.

Unter Ruhebedingungen geht der größte Stromverbrauch- wenig überraschend - auf das Konto der Nervenzellen. Viel Rechnerei ist teuer. Das gilt nicht nur für das Schürfen von Kryptowährung, sondern auch für den Datenaustausch im Gehirn. Neuronen verrechnen Informationen und leiten sie weiter, indem sie ständig Neurotransmitter und Ionen durch ihre Zellmembranen transportieren. Dafür müssen sie fortwährend Transportkanäle öffnen, und brauchen viel Energie, um molekulare Pumpen zu bedienen und die Kanäle wieder zu schließen.

Die Rolle der Gliazellen

Zwar verbrauchen auch andere Zelltypen im Gehirn viel Energie, wie etwa die ebenso zahlreichen Gliazellen, die Nervenzellen aber ragen als Rechenkünstler hervor. Um energiereiche Substanzen und Sauerstoff aus dem Blut zu gewinnen, sind Neurone auf Helferzellen angewiesen, die Blutgefäße anzapfen und vorverdauten Treibstoff an Neurone weitergeben. Mindestens zwei Typen von Gliazellen bieten einen Cateringservice für Neurone: Astrozyten versorgen die Synapse, Oligodendrozyten die Axone.

Astrozyten können die Blutgefäße verengen und auch erweitern und sind damit ein wichtiger Regler für den energiereichen Blutfluss. Weitere Ausläufer legen Astrozyten handschuhartig um die postsynaptischen Regionen von Nervenzellen, wo der Energiebedarf besonders hoch ist. Im Gegensatz zu Neuronen können Astrozyten Glukose gut speichern, und zwar - genau wie die Leber - in Form von Glykogen. Außerdem reichen Astrozyten die Glukose, die sie dem Blut oder aus ihren Glykogenvorräten entnehmen, nicht direkt als Treibstoff an die Neurone weiter, sondern verstoffwechseln sie zunächst zu Milchsäure. Dieses Zwischenprodukt kann dann nach nur einem einzigen weiteren Umwandlungsschritt direkt in die Atmungskette der Mitochondrien eingespeist werden.

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Andere Gliazellen, die Oligodendrozyten, spielen ebenfalls eine Rolle bei der Versorgung der Axone. Bekannter als Urheber der isolierenden Myelinschicht, die Axone umwickelt und ihre elektrische Leitfähigkeit erhöht, halten Oligodendrozyten ebenfalls als Energielieferanten her. Auch sie schütten Milchsäure aus, die Mitochondrien im Axon dann schnell verwenden können. Die Liefermenge wird dabei an den Energiebedarf angepasst: je häufiger ein Neuron feuert, desto mehr Glukosetransporter bauen die Oligodendrozyten in ihre Membran ein, und desto mehr Energie können sie aus dem Blut aufnehmen und an ihr Axon weitergeben. Dieser maßgeschneiderte Lieferdienst gelingt, weil die Oligodendrozyten über spezielle Empfangsmoleküle „hören“ können, wie aktiv ein Neuron ist. Diese NMDA-Rezeptoren (für N-Methyl-D-Asparaginsäure) erkennen nämlich eine Verbindung, die jedes Mal freigesetzt wird, wenn eine Nervenzelle ein Aktionspotential „abfeuert“.

Sauerstoffversorgung und Hirnaktivität

Um die Informationsverarbeitung im Gehirn besser zu verstehen, sind Kenntnisse über den Zusammenhang zwischen Sauerstoffverfügbarkeit und Hirnaktivität essenziell. Die ausreichende Sauerstoffversorgung deines Gehirns, ist also essentiell für deine mentale Leistungsfähigkeit!

Forscher haben herausgefunden, dass das Gehirn in normaler Luft-gesättigter Umgebung anoxisch ist, das heißt es ist kein Sauerstoff messbar. Der komplette Sauerstoff wurde also von den Zellen sofort verwendet, um energiereiche Substanzen zu bilden. Stand mehr als die doppelte Luftsauerstoffkonzentration zur Verfügung, war der Energiestoffwechsel gesättigt und Sauerstoff im Gehirn im Überfluss vorhanden. Im Normalbetrieb werden etwa 50 Prozent des Sauerstoffs für die Nervenzellaktivität verbraucht wird, die anderen 50 Prozent werden also für die Gliazellen und die Aufrechterhaltung des Grundumsatzes der Nervenzellen benötigt. Nervenzellen mit erhöhter Aktivität verbrauchen allerdings mehr Sauerstoff.

Was passiert bei Sauerstoffmangel?

Wird der Nachschub von Glukose und Sauerstoff aus dem Blut unterbrochen oder eingeschränkt, zum Beispiel bei einem Schlaganfall, kommt es schnell zum Zelltod und zu neuronalen Funktionsstörungen. Auch Entzündungsprozesse können die sensible Balance stören oder wichtige Komponenten der Energieversorgung schädigen. Neurologische Erkrankungen wie Demenz, Multiple Sklerose und die Parkinson-Krankheit haben fast immer eine energetische Komponente.

Damit dein Gehirn ausreichend mit Energie versorgt ist, benötigt es die ständige Zufuhr von Substrat und Sauerstoff. Ein Stop der Durchblutung und damit ein Stop der Sauerstoffversorgung, führt innerhalb von Sekunden zur Bewusstlosigkeit. Wäre das Gehirn von der Glukose Versorgung abgeschnitten, würde es die Funktionen nur 5 Minuten aufrecht erhalten können, was zeigt, wie klein die Glukosespeicher des Gehirns sind.

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Die Blut-Hirn-Schranke

Das Gehirn steuert Körperprozesse, Bewegungen und Sensibilität, verarbeitet Wahrnehmungen und speichert Informationen. Damit diese und viele weitere Prozesse reibungslos ablaufen können, benötigt das Gehirn etwa 20 Prozent des Sauerstoffs und der Energie, obwohl es nur etwa 2 Prozent der Körpermasse ausmacht. Die Versorgung erfolgt über den Blutkreislauf. Da die Nervenzellen des Gehirns sehr empfindlich sind, muss sichergestellt werden, dass Krankheitserreger, Zellen und Schadstoffe aus dem Blut nicht ins Gehirn gelangen und für die empfindlichen elektrochemischen und biochemischen Vorgänge der Nervenzellen ein gleichbleibendes inneres Milieu sichergestellt wird. Und genau dafür gibt es die Blut-Hirn-Schranke.

Sie ermöglicht einen Balanceakt zwischen Versorgung und Abriegelung, indem sie bestimmte Stoffe durchlässt, andere aber am Durchtritt hindert (selektive Durchlässigkeit). Anders als an anderen Stellen im Körper sind die kleinsten Blutgefäße dicht. Diese abgedichteten Endothelzellen der Blutgefäße bilden gemeinsam mit Perizyten und Astrozyten die Blut-Hirnschranke. Es gibt im Körper noch weitere Blut-Gewebe-Schranken. Die Blut-Hirn-Schranke ist jedoch besonders „streng kontrolliert“.

Zu den Stoffen, die über verschiedene Mechanismen durch die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangen können, gehören das Blutgas Sauerstoff, Nährstoffe wie Glukose und Aminosäuren, Ionen, kleinere lipophile (fettlösliche) Moleküle, Hormone, aber auch schädliche Stoffe wie Nikotin und Alkohol. Vor diesen kann die Barriere nicht schützen.

Körperliche Aktivität und Sauerstoffversorgung des Gehirns

Schon leichte körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf das Gehirn aus. Das konnten Forschende des DZNE um Dr. Dr. Ahmad Aziz aus Untersuchungen von 2.550 Teilnehmenden der Bonner „Rheinland Studie“ zeigen. Bestimmte Bereiche des Gehirns sind demnach bei körperlich aktiven Personen größer als bei Personen, die weniger aktiv sind. Insbesondere Hirnregionen, die relativ viel Sauerstoff benötigen, profitieren von diesem Effekt.

Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass schon kleine Verhaltensänderungen, wie etwa 15 Minuten am Tag Spazierengehen oder die Treppe statt des Aufzugs zu nehmen, eine erhebliche positive Wirkung auf das Gehirn haben und möglicherweise altersbedingtem Verlust an Hirnsubstanz sowie der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen entgegenwirken können. Um die Hirnregionen zu charakterisieren, die von körperlicher Aktivität am meisten profitierten, hat das Forschungsteam in Datenbanken nach Genen gefahndet, die in den jeweiligen Hirnregionen besonders aktiv sind. Dabei handelte es sich vor allem um Gene, die für die Funktion der Mitochondrien - das sind die Kraftwerke unserer Zellen - essenziell sind. Das heißt: In diesen Hirnregionen kommen besonders viele Mitochondrien vor. Sie stellen unserem Körper Energie zur Verfügung und benötigen dafür viel Sauerstoff.

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Treibstoff fürs Gedächtnis: Glukose vs. Ketonkörper

Bei all den Überlegungen zu der richtigen Energieversorgung des Gehirns, haben wir nun festgestellt, dass Sauerstoff und Energie in Form von Nahrung eine wichtige Rolle spielen. Die Nahrung kannst du über BRAINFOOD aufnehmen und die Sauerstoffversorgung deines Gehirns reguliert der Körper von alleine. Aufgrund dessen kommt es dabei selten zu Fehlfunktionen.

Dabei kann das Gehirn entweder aus Glukose oder aus Ketonkörpern Energie gewinnen. Die Frage ist nun, welcher der bessere Energielieferant für eine optimale mentale Leistungsfähigkeit ist. Als Treibstoff wird dabei entweder Glukose, oder Fett verbrannt. Die Energie, die aus Fetten entsteht, nennt man Ketonkörper und sie stellen grundsätzlich die bessere Energiequelle dar, was nur wenige wissen. Ketone versorgen dich tatsächlich mit schnellerer und konstanterer Energie. So kommt es zu keinem mentalen Leistungseinbruch. Der Grund dafür liegt darin, dass die Ketone weniger Stoffwechselprozesse benötigen als Glukose.

Im Vergleich: Ketonkörper, die in der Ketose gebildet werden, können in 3-5 Schritten zu Energie umgewandelt werden. Bei Glukose sind es 26 Schritte. Der zweite Vorteil der Ketonkörper besteht darin, dass sie wasserlöslich sind und so einfach die Blut-Hirn-Schranke überwinden können, ohne an Stoffe gebunden und über das Blut transportiert werden zu müssen. Ketonkörper stellen also den besseren Energielieferanten dar. Die “Herausforderung” liegt in der Ernährung, denn Kohlenhydrate und Zucker müssen nahezu komplett vom Ernährungsplan gestrichen werden.

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