Bis zu einem gewissen Grad ist die zunehmende Vergesslichkeit eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Alterns. Bei krankhafter Vergesslichkeit sprechen Ärzte von Demenz. Es handelt sich um eine Erkrankung, die stärker als jede andere Störung des Gehirns mit dem Lebensalter zusammenhängt. Die Demenz ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für krankhafte Vergesslichkeit unterschiedlicher Ursachen. Gemeinsam ist allen Demenzformen, dass Nervenzellen zugrunde gehen, die für das Gedächtnis unverzichtbar sind. Derzeit ist die Demenz nicht heilbar.
Demenz: Eine komplexe und vielschichtige Erkrankung
Die Demenz ist ein Oberbegriff für mehr als 50 verschiedene Formen. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Demenzerkrankungen, die sich in ihren Ursachen ebenso unterscheiden wie in ihren Symptomen. Die Ursachen für eine Demenz sind vielfältig. Die meisten haben hirnorganische Ursachen (primäre Demenz), welche bisher nicht heilbar sind. Sekundäre Demenzen können durch Intoxikationen (zum Beispiel eine Medikamentenvergiftung), Vitaminmangel oder Schilddrüsenfehlfunktion ausgelöst werden und sind zum Teil heilbar. Weil vor allem ältere Menschen mit einer Demenzform leben, ist im Volksmund häufig auch von Altersdemenz die Rede.
Demenzformen im Überblick
Zu den häufigsten Demenzformen zählen:
Alzheimer-Demenz: Sie ist mit ca. 60 % die häufigste Form oder Ursache einer Demenz. Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, in deren Verlauf Nervenzellen des Gehirns unumkehrbar zerstört werden. Bei der Alzheimerkrankheit sterben immer mehr Nervenzellen im Gehirn ab. Unter dem Mikroskop erkennt man Ablagerungen (Amyloid-Plaques) und Verklumpungen (Neurofibrillenbündel) im Gehirn der Erkrankten.
Vaskuläre Demenz: Ursache sind Durchblutungsstörungen im Gehirn. Bei ungefähr jedem fünften Menschen mit Demenz liegt die Ursache in Durchblutungsstörungen. Durch kleinere Schlaganfälle kann die Durchblutung gestört und dadurch das Gewebe des Gehirns zerstört werden. Durch Verengung oder Verstopfung der Blutgefäße können die Nervenzellen nicht mehr genügend versorgt werden. Es kommt zu kleinen Hirnschlägen, die auf Dauer die Nervenzellen schädigen.
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Lewy-Körper-Demenz: Die Lewy-Körper-Demenz ähnelt nicht nur in den Symptomen, sondern auch in den Ursachen der Alzheimer-Krankheit. Den Untergang der Nervenzellen im Gehirn verursachen Eiweißablagerungen. Ein typisches Symptom der Lewy-Körper-Demenz sind Halluzinationen, die meist häufiger und früher als bei Alzheimer auftreten. Dagegen bleibt das Gedächtnis oftmals länger erhalten.
Frontotemporale Demenz (FTD): Bei der selteneren Form der frontotemporalen Demenz (früher auch Pick-Krankheit oder Morbus Pick genannt) treten anfangs ganz andere Symptome auf. Bei der frontotemporalen Demenz (FTD) handelt es sich um eine eher seltene neurodegenerative Erkrankung. Sie wurde erstmals im Jahr 1892 von dem Prager Neurologen Arnold Pick beschrieben und wird daher auch als Pick-Krankheit bezeichnet. Die Persönlichkeit der Betroffenen verändert sich, sie sind leicht reizbar und benehmen sich seltsam. Viele Betroffene verhalten sich auffällig und unsozial, während ihr Gedächtnis weitgehend erhalten bleibt.
Ursachen und Risikofaktoren der Demenz
Die genauen Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind noch nicht vollständig erforscht. Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer lagern sich schädliche Proteine wie Amyloid-beta ab. Ursache von Alzheimer und den meisten anderen Demenzerkrankungen ist das Absterben von Nervenzellen im Gehirn.
Für Alzheimer gibt es verschiedene Risikofaktoren. Je mehr sie bei einer Person vorliegen, desto wahrscheinlicher tritt die Krankheit bei ihr auf. Bei den beeinflussbaren Risikofaktoren viel tun können. Durch einen anderen Lebensstil kann man ebenfalls viele beeinflussbare Risikofaktoren für das Auftreten von Alzheimer minimieren.
Zu den Risikofaktoren zählen:
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Alter: So steigt das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, statistisch gesehen mit zunehmendem Alter deutlich an. Je älter die Menschen werden, umso größer ist bei ihnen das Risiko für das Auftreten von Demenzerkrankungen.
Genetische Faktoren: Erbliche Faktoren können die Entstehung einer Demenz begünstigen. Genetische Faktoren als alleinige Ursache liegen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle vor. Insgesamt betrachtet spielen sie daher bei der Entstehung von Alzheimer eine untergeordnete Rolle.
Geschlecht: Zwei Drittel aller Demenzkranken sind Frauen.
Lebensstilfaktoren: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischer Stress sowie das Vorliegen einer Hör- oder Sehminderung, erhöhte Cholesterinwerte.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Hauptrisiken für die vaskuläre Demenz sind kardiovaskuläre sowie metabolische Vorerkrankungen. Sie betreffen das Herz-Kreislauf-System und/oder den Stoffwechsel.
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Warum Demenz nicht heilbar ist
Da die Schädigung des Gehirns nicht rückgängig gemacht werden kann, sind diese Demenzen nicht heilbar. Eines der Probleme bei der Demenztherapie ist die meist zu späte Diagnose. Wenn die betroffenen Menschen ausgeprägte Symptome zeigen, sind viele Nervenzellen bereits irreversibel geschädigt.
Herausforderungen in der Forschung
- Komplexer Krankheitsverlauf: Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass die Alzheimer-Krankheit in Form einer Kaskade verläuft, also in einer Kettenreaktion, bei der im Gehirn über einen Zeitraum von möglicherweise bis zu 30 Jahren unterschiedliche Veränderungsprozesse ineinandergreifen.
- Fehlende passende Modelle: Diese Komplexität in konkreten Forschungssettings und Modellen abzubilden und zu untersuchen, ist eine große Herausforderung.
- Fehlende Biomarker für eine frühe Diagnose: Es gibt bisher noch keinen Biomarker, mit dem man den Ausbruch der Alzheimer-Krankheit frühzeitig und niedrigschwellig diagnostizieren kann.
- Blut-Hirn-Schranke: Die Blut-Hirn-Schranke ist eine wichtige Barriere zwischen unserem Blut und dem Zentralnervensystem. Aber auch die meisten Medikamente können die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, was die Entwicklung eines Alzheimer-Medikamentes erschwert.
Therapieansätze und aktuelle Entwicklungen
Mit den sogenannten Cholinesterase-Hemmern und den NMDA-Rezeptorblockern gibt es allerdings zwei Medikamentenklassen, die die Abnahme der Leistungsfähigkeit des Gehirns für eine gewisse Zeit verlangsamen können. Der Effekt ist aber nur vorübergehend. Welche Medikamente für eine gezielte Frühtherapie in Frage kommen, wird derzeit intensiv erforscht.
In Deutschland sind derzeit verschiedene Wirkstoffe zugelassen, um die Alzheimer-Krankheit abhängig vom Schweregrad zu behandeln. Bei der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz stehen in Deutschland die Acetylcholinesterasehemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin zur Verfügung. Zur Therapie der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz ist in Deutschland der N-Methyl-d-Aspartat (NMDA)-Rezeptor-Antagonist Memantin zugelassen.
Neue Medikamente und Antikörpertherapien
Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit (leichte kognitive Störung oder leichte Demenz) gibt es in Deutschland dem September 2025 eine Amyloid-Antikörper-Therapie mit Lecanemab. Die Antikörper binden an die Beta-Amyloid-Ablagerungen, die man zwischen den Nervenzellen im Gehirn Alzheimer-Erkrankter vermehrt feststellt.
Seit diesem Jahr stehen zwei Antikörper zur ursächlichen Behandlung der frühen Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Ursächlich bedeutet: Sie bauen aktiv Amyloid-Plaques ab. Das sind Eiweißablagerungen im Hirn, die bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen.
Prävention und Risikoreduktion
Unabhängig davon kann jeder Mensch sein Demenzrisiko zumindest etwas senken. Eine Reihe von Studien zeigt beispielsweise, dass regelmäßige körperliche Betätigung mit einer geringeren Häufigkeit von Demenz im Alter einhergeht. Bei Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Blutdruck geht eine gute medikamentöse Einstellung mit einem geringeren Demenzrisiko einher (Deutsche Hochdruckliga). Auch wer auf seine Ernährung achtet und starkes Übergewicht vermeidet, kann die Demenzentwicklung im Alter positiv beeinflussen: Ein Body Mass Index (BMI) von über 30 ist aktuellen Daten zufolge mit einem vierfach höheren Demenzrisiko verbunden (Schwedisches Zwillingsregister). Auch ein geistiges Training kann dazu beitragen, dass sich das Demenzrisiko vermindert. Wissenschaftliche Studien legen darüber hinaus nahe, dass körperliche Aktivitäten und gezielte Trainingsverfahren, die die geistigen Fähigkeiten stärken, den Krankheitsverlauf verlangsamen können.
Insgesamt lässt sich feststellen: Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend geistiger Stimulation ist der beste und einfachste Weg, um einer Demenz bestmöglich vorzubeugen.
Leben mit Demenz: Unterstützung und Strategien
Die Diagnose einer Alzheimer-Krankheit ist für die meisten Betroffenen und ihre Familien zunächst ein tiefer Einschnitt. Wie geht es jetzt weiter? Das ist eine der ersten, oft unausgesprochenen Fragen. Alzheimer verändert das Leben. Aber es nimmt nicht sofort alles, was den Menschen ausmacht. Erinnerungen mögen verblassen, der Alltag sich verändern - doch der Mensch bleibt. Trotz der Diagnose ist ein Leben mit Sinn, Freude und Verbindung möglich. Gerade deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen.
Kleine Veränderungen im Alltag, Routinen, liebevolle Unterstützung und Geduld helfen dabei, Orientierung zu geben. Wer versteht, was gerade geschieht, kann bewusster handeln. Ein guter Weg ist es, die eigenen Stärken bewusst auszubauen - und mit den Schwächen möglichst gelassen und kreativ umzugehen. Was gut gelingt oder Freude macht, darf und soll intensiviert werden. Gleichzeitig ist es wichtig, mit den Einschränkungen liebevoll umzugehen - nicht als persönliches Scheitern, sondern als Teil der Krankheit.
Tipps für den Alltag mit Demenz
- Struktur gibt Halt. Feste Tagesabläufe, wiederkehrende Rituale und vertraute Umgebungen helfen, sich zu orientieren.
- Bleiben Sie aktiv - auf Ihre Weise. Bewegung, frische Luft, Musik, gemeinsames Kochen oder einfache Handarbeiten können viel Lebensfreude schenken. Es geht nicht um Leistung, sondern um Teilhabe und Freude an vertrauten Tätigkeiten.
- Sprechen Sie über Ihre Gefühle. Der Austausch mit vertrauten Menschen, mit Angehörigen oder in Selbsthilfegruppen kann entlasten.
- Akzeptieren Sie Unterstützung. Hilfe anzunehmen, bedeutet nicht Schwäche - es bedeutet Stärke.
- Lassen Sie sich nicht entmutigen. Jeder Tag ist neu. Nicht jeder wird einfach sein - aber in vielen steckt ein kostbarer Moment: ein Lächeln, ein vertrauter Blick, ein Augenblick der Nähe. Diese Momente zählen.