Glutamat, ein weit verbreiteter Geschmacksverstärker, der in asiatischen Gerichten, Fertigprodukten und sogar natürlichen Lebensmitteln vorkommt, steht seit langem im Fokus der Kritik. Es wird vermutet, dass dieser Stoff Nervenkrankheiten wie Alzheimer und Parkinson fördert. Dieser Artikel beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Glutamat und Alzheimer, indem er wissenschaftliche Erkenntnisse, kontroverse Meinungen und aktuelle Forschungsergebnisse zusammenführt.
Was ist Glutamat?
Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure, einer Aminosäure, die natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vorkommt, darunter Käse, Tomaten, Fleisch, Fisch und Erbsen. Es wird auch vom Körper selbst hergestellt und spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Nervensystems und als Neurotransmitter im Gehirn. Glutamat ist an der Schmerzübertragung, am Körperwachstum, an der Gewichtsregulierung, an der Appetitsteuerung und am Gedächtnis beteiligt.
Als Geschmacksverstärker wird Glutamat in verschiedenen Formen eingesetzt, hauptsächlich als Mononatriumglutamat (MSG). MSG ist ein weißes, kristallines Pulver, das in vielen Fertiggerichten, Tiefkühlprodukten, Tütensuppen, Gewürzmischungen und Soßen enthalten ist. Es verleiht den Speisen einen würzigen, herzhaften Geschmack, der in Japan als "Umami" bezeichnet wird.
Das "China-Restaurant-Syndrom" und die Kontroverse um Glutamat
Glutamat geriet in den 1970er Jahren durch das sogenannte "China-Restaurant-Syndrom" in die Kritik. Einige Menschen berichteten nach dem Verzehr chinesischen Essens über Symptome wie Kribbeln, Taubheit, Schwächegefühl und Herzklopfen. Als Auslöser wurde der Geschmacksverstärker Glutamat verdächtigt, der in der chinesischen Küche seit langem verwendet wird.
Interessanterweise traten diese Symptome hauptsächlich bei Amerikanern und Europäern auf, während sie in China und Japan kaum bekannt waren. Trotzdem wurde das "China-Restaurant-Syndrom" in den vergangenen 30 Jahren in mehreren Studien untersucht. Doppelblindversuche, bei denen die Teilnehmer nicht wussten, ob sie Glutamat erhielten, konnten jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Glutamataufnahme feststellen.
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Glutamat als Nervengift? Die Rolle der Blut-Hirn-Schranke
Obwohl Glutamat eine wichtige Rolle im Gehirn spielt, kann das über die Nahrung aufgenommene Glutamat die Blut-Hirn-Schranke normalerweise nicht passieren. Diese Schranke schützt das Gehirn vor schädlichen Substanzen, die im Blutkreislauf zirkulieren. Die Zellen des Gehirns produzieren die benötigte Glutaminsäure selbst.
Kritiker argumentieren jedoch, dass die Blut-Hirn-Schranke bei bestimmten Erkrankungen wie Hirnhautentzündung, Alzheimer oder inneren Blutungen gestört sein kann. In solchen Fällen könnte Glutamat möglicherweise ins Gehirn gelangen und dort schädliche Auswirkungen haben. Bei einem Schlaganfall beispielsweise wird aus den Gehirnzellen Glutamat freigesetzt, das diese Zellen zerstören kann.
Tierversuche haben ebenfalls gezeigt, dass hohe Dosen von Glutamat eine schädigende Wirkung auf das Gehirn haben können. Aus diesem Grund wird Glutamat von einigen Kritikern als Nervengift bezeichnet. Der Heidelberger Alzheimerforscher Professor Konrad Beyreuther hält einen Zusammenhang zwischen Glutamat und Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson für möglich, betont jedoch, dass eine schädigende Wirkung nur bei extrem hohen Dosen auftritt, die beim gesunden Menschen aufgrund der Blut-Hirn-Schranke unwahrscheinlich sind.
Glutamataufnahme und -verzehr: Natürliche Quellen vs. Geschmacksverstärker
Ein durchschnittlicher Mitteleuropäer nimmt etwa 0,3-0,5 Gramm Glutamat pro Tag als Geschmacksverstärker auf. Zusätzlich werden rund ein Gramm natürlicherweise vorkommendes freies Glutamat aus Gemüse, Käse und Wurstwaren verzehrt. Spitzenreiter sind Roquefortkäse, Parmesan, Sojasoße und Tomaten. Der Körper selbst produziert täglich etwa 50 Gramm Glutamat.
Je nach Verzehrsgewohnheiten kann die Glutamataufnahme bei einzelnen Personen deutlich höher liegen, insbesondere bei regelmäßigem Konsum von Brühwürfeln, Hefeextrakten, Tütensuppen, Pizza und Kartoffelchips. Allerdings erreichen selbst diese Mengen in der Regel nicht die Werte, die in asiatischen Ländern üblich sind, wo durchschnittlich 1,2-1,7 Gramm Glutamat als Geschmacksverstärker pro Tag konsumiert werden. Es gibt jedoch keine Hinweise auf eine besondere Häufung von Alzheimer oder Parkinson in China oder Japan.
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Aktuelle Forschungsergebnisse und Expertenmeinungen
Verschiedene nationale und internationale Expertengremien wie die FAO und der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU geben Entwarnung bezüglich der Schädlichkeit von freiem Glutamat. Sie argumentieren, dass ein schädlicher Einfluss auf den Menschen nicht nachweisbar sei und der Einsatz als Geschmacksverstärker daher unbedenklich sei. Trotzdem fordern die Experten weitere große Doppelblind-Studien.
Eine aktuelle Studie [4] mit transgenen Mäusen, die Aβ-Ablagerungen aufweisen, zeigt, dass die neuronale Hyperaktivität mit einem gestörten „Glutamat-Reuptake“ beginnt. Bei fehlender Glutamat-Wiederaufnahme kommt es zu einer Dauererregung der Zelle. Die Studie konnte nachweisen, dass ein Überschuss an Glutamat im Gehirn ausreicht, um die β-Amyloid abhängige Neuronenüberaktivität anzukurbeln.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass einzelne Personen sensibel auf Glutamat reagieren können. Auch schwer Asthmakranke weisen möglicherweise eine besondere Glutamat-Empfindlichkeit auf.
Glutamat und Alzheimer: Ein möglicher Teufelskreis
Die Alzheimer-Krankheit ist durch eine Reihe von komplexen Veränderungen im Gehirn gekennzeichnet, darunter die Bildung von Amyloid-Plaques und Neurofibrillen aus Tau-Protein. Diese Veränderungen beeinträchtigen die synaptische Kommunikation zwischen den Neuronen und führen zu kognitiven Störungen.
Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Glutamat eine Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit spielen könnte. Eine Studie [4] mit transgenen Mäusen, die Aβ-Ablagerungen aufweisen, zeigt, dass die neuronale Hyperaktivität mit einem gestörten „Glutamat-Reuptake“ beginnt: Glutamat ist ein körpereigener Botenstoff im Gehirn (Neurotransmitter), der erregende Wirkung auf Nervenzellen (Neuronen) hat. Wenn ein Neurotransmitter die Aufgabe der Signalübertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle erfüllt hat, wird er normalerweise aus dem synaptischen Spalt zwischen den Nervenfasern wieder ins Zellinnere aufgenommen. Bei fehlender Glutamat-Wiederaufnahme (sogenanntem Reuptake) kommt es aber zu einer Dauererregung der Zelle. „Die Studie konnte nachweisen, dass ein Überschuss an Glutamat im Gehirn ausreicht, um die β-Amyloid abhängige Neuronenüberaktivität anzukurbeln.
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Es wird vermutet, dass ein Überschuss an Glutamat im synaptischen Spalt zu einer Übererregung der Nervenzellen führt, was langfristig zu deren Schädigung und Tod beitragen kann. Beta-Amyloid könnte die Glutamat-Rezeptoren stimulieren und so zu einer übermäßigen Phosphorylierung von Tau-Proteinen führen, die sich in Form von Neurofibrillen ablagern. Dieser Teufelskreis könnte die Neurodegeneration bei Alzheimer beschleunigen.
Glutamat und Übergewicht: Ein indirekter Zusammenhang?
Es gibt Hinweise darauf, dass künstlich zugesetztes Glutamat mit Übergewicht in Verbindung stehen könnte. Eine US-amerikanische Studie hat gezeigt, dass Menschen, die viel Glutamat zu sich nehmen, eher zu Übergewicht neigen. In Tierstudien wurde beobachtet, dass Glutamat zu einer Leptinresistenz führen und auf diese Weise zu Übergewicht beitragen kann.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieser Zusammenhang indirekt sein könnte. Lebensmittel, die Glutamat enthalten, sind oft stark verarbeitet und kalorienreich, was ebenfalls zu Übergewicht beitragen kann. Zudem kann Glutamat den Appetit anregen und so möglicherweise zu einer erhöhten Kalorienaufnahme führen.
Empfehlungen für den Umgang mit Glutamat
Wer keine Unverträglichkeit auf glutamathaltige Speisen zeigt, für den wird der gelegentliche Genuss von Fertigsuppen oder Kartoffelchips sicher keine Folgen haben. Vor der Aufnahme größerer Mengen ist allerdings abzuraten, insbesondere Kindern und Jugendlichen. Zum einen aus kulinarischen Gründen. Denn wer sich regelmäßig dem Einheitsgeschmack von Glutamat aussetzt, verliert die Sensibilität für das natürliche Aroma von Lebensmitteln. Zudem soll der Geschmacksverstärker den Appetit anregen und kann so möglicherweise zu Übergewicht beitragen.
Ernährungsexperten raten generell zu einer ausgewogenen Ernährung mit frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann den Konsum von Fertigprodukten und stark verarbeiteten Lebensmitteln reduzieren und stattdessen auf natürliche Geschmacksverstärker wie Kräuter, Gewürze und Gemüse zurückgreifen.
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