Ein Schlaganfall kann jeden treffen, unabhängig vom Alter. Obwohl die Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter steigt, ist es wichtig zu verstehen, dass ein Schlaganfall keine reine "Alterskrankheit" ist. Jährlich erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall, was ihn zu einer häufigen Ursache für Tod oder bleibende Behinderungen macht. Es gibt beeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Die Kenntnis dieser Faktoren und die Umsetzung präventiver Maßnahmen können das Risiko eines Schlaganfalls erheblich reduzieren.
Was ist ein Schlaganfall?
Als Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninsult genannt, bezeichnet man die Folge einer Durchblutungsstörung im Gehirn. Diese Durchblutungsstörung kann entweder durch einen Gefäßverschluss oder durch eine Blutung im Gehirn verursacht werden. Bei einem Gefäßverschluss werden ein oder mehrere Blutgefäße durch Ablagerungen an den Innenwänden der Arterien oder durch Blutgerinnsel eingeengt oder sogar vollständig verschlossen. Eine Blutung hingegen entsteht, wenn ein Gefäß im Gehirn platzt. In beiden Fällen werden die betroffenen Hirnregionen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zum Absterben von Nervenzellen führt.
Etwa 80 % aller Schlaganfälle werden durch eine Durchblutungsstörung verursacht, während 10 bis 15 % auf Blutungen zurückzuführen sind. In 2 bis 5 % der Fälle liegt eine Subarachnoidalblutung vor, bei der Blut in den Raum zwischen Gehirn und weicher Hirnhaut gelangt. Bei bis zu 30 % der Schlaganfälle bleibt die Ursache zunächst ungeklärt, was als kryptogener Schlaganfall bezeichnet wird.
Ursachen und Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Grundsätzlich unterscheidet man beeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren für einen Schlaganfall.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
- Alter: Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Die Hälfte aller Schlaganfallpatienten ist älter als 75 Jahre.
- Geschlecht: Männer haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Frauen, insbesondere im mittleren Lebensalter. Bei Frauen ereignet sich der Schlaganfall meist in einem späteren Lebensabschnitt.
- Familiäre Veranlagung: Wenn in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten ist, erhöht sich das Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt besonders, wenn in der Familie eine oder mehrere vererbbare Erkrankungen bekannt sind.
- Erbliche Blutgerinnungsstörungen: Hierbei verklumpen zum Beispiel die Blutplättchen oder es treten Risse (Dissektionen) in den hirnversorgenden Gefäßen auf.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Es ist wichtig zu wissen, dass sich die verschiedenen Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder arterielle Verschlusskrankheit gegenseitig beeinflussen können.
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- Bluthochdruck (Hypertonie): Der Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall. Je höher der Blutdruck ist und je länger er unerkannt und unbehandelt bleibt, desto größer ist das Risiko.
- Erhöhtes Cholesterin: Steigert das Risiko für Gefäßerkrankungen, da es zu cholesterinhaltigen Ablagerungen an den Gefäßwänden führt und somit Arteriosklerose und nachfolgenden Bluthochdruck befördert.
- Rauchen: Erhöht das Schlaganfall-Risiko um das Zwei- bis Vierfache, da viele der Schadstoffe besonders die Blutgefäße belasten. Nikotin führt dazu, dass sich die Arterien verengen und gleichzeitig die Herzaktivität steigt.
- Vorhofflimmern: Eine spezielle Form der Herzrhythmusstörung, die sich durch einen unregelmäßigen Herzschlag äußert und das Schlaganfall-Risiko massiv erhöht. Es können sich Blutgerinnsel im Herzen bilden und mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen.
- Diabetes mellitus: Eine Stoffwechselerkrankung, durch die die Zuckerwerte im Blut erhöht sind. Der hohe Zuckergehalt im Blut greift die Gefäßwände an und beschleunigt das Entstehen von Arteriosklerose. Diabetiker haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Schlaganfall-Risiko.
- Übergewicht: Erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen und unterstützt die Negativspirale der Faktoren, die Herzinfarkt und Schlaganfall hervorrufen können. Neben Diabetes, Gicht und anderen Stoffwechselerkrankungen steigert Übergewicht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose.
- Bewegungsmangel: Kann einen Bluthochdruck oder einen Diabetes zur Folge haben. Alleine hierdurch ist das Schlaganfallrisiko bei übergewichtigen Menschen deutlich erhöht.
- Stress: Mögliche Folgen sind: Ausschüttung von Stresshormonen durch die Nebennieren, Verengung der Blutgefäße, Zunahme der Herzfrequenz, Anstieg von Blutdruck und Blutzuckerspiegel und Erhöhung der Blutgerinnungsneigung (Thromboseneigung).
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Erhöht das Schlaganfall-Risiko. In geringen Mengen konsumierter Rotwein kann - in geringen Mengen konsumiert - sogar vor atherosklerotischen Gefäßveränderungen schützen und den Cholesterinspiegel senken.
- Arteriosklerose: Eine Veränderung der Blutgefäße, die durch Ablagerungen von Cholesterin, Blutzellen, Bindegewebe und Kalksalzen in den Arterien, begleitet durch entzündliche Prozesse, verursacht wird.
- Carotisstenose: Die Einengung (Stenose) der hirnversorgenden Halsschlagadern (Carotis). Hauptursache für diese Verengung ist die Arteriosklerose.
Schlaganfall bei jüngeren Menschen
Weltweit ereignen sich etwa ein Viertel aller Schlaganfälle bei Menschen unter 65 Jahren und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50. Bei Patienten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren spricht man vom Schlaganfall beim jungen Menschen oder dem sogenannten juvenilen Schlaganfall.
Die Ursachen für Schlaganfälle bei jüngeren Menschen können sich von denen bei älteren Menschen unterscheiden. Bei Schlaganfallpatienten zwischen 18 und 35 Jahren sind angeborene Ursachen wie Herzfehler, Gerinnungsstörungen, Gefäßeinrisse (Dissektionen) und seltene Syndrome häufiger. Auch angeborene Fettstoffwechselstörungen können das Risiko erhöhen. In der Altersgruppe der 35 bis 50-jährigen hingegen findet man vorwiegend die klassischen Ursachen, wie Gefäßverkalkung oder ein durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel.
Bei Frauen spielen zwischen 18 und 35 Jahren das Risiko der Pille - vor allem im Zusammenspiel mit Rauchen - und der Risikofaktor Migräne mit Aura eine besondere Rolle. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall.
Seltene Ursachen
- Moyamoya-Krankheit: Eine seltene Erkrankung, bei der es zu einer fortschreitenden Verengung der Blutgefäße im Gehirn kommt.
- Morbus Fabry: Eine seltene genetische Stoffwechselstörung.
- Sepsis: Eine Infektion, die das gesamte Blut erfasst.
- Sichelzellenanämie: Eine Erbkrankheit, die vor allem in Zentral- und Westafrika sowie dem Mittelmeerraum und Teilen Asiens verbreitet ist.
Schlaganfall verhindern: Präventive Maßnahmen
Die Gefahr, einen Schlaganfall mit all seinen gefürchteten Folgen zu erleiden, kann man jedoch durch Prävention auch abwenden. Wie bei so vielen Krankheiten gehören der Verzicht auf das Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende, regelmäßige Bewegung zu den vorbeugenden Maßnahmen.
- Regelmäßige körperliche Aktivität und Sport: Bewegung trainiert unsere Muskeln und Gefäße und der Körper wird beim Sport mit mehr Sauerstoff versorgt. Dies macht die Gefäße elastisch. Besonders Ausdauersport reguliert den Zuckerstoffwechsel und senkt Blutdruck- und Cholesterinwerte.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann dazu beitragen, das Risiko für Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Diabetes zu senken.
- Blutdruckkontrolle: Sowohl Bluthochdruck als auch Diabetes begünstigen die Kalkeinlagerung in die Blutgefäße und erhöhen so das Risiko für einen Schlaganfall. Es gilt etwa, den Blutdruck als wichtigsten Risikofaktor unbedingt in einen Bereich von unter 140/90 mmHg zu bringen. Bei Patienten mit Diabetes müssen Blutdruckwerte in einem Bereich von 130-139/80-85 mmHg erreicht werden, um das Risiko für einen Schlaganfall zu senken.
- Blutzuckerkontrolle: Bei Patienten mit Diabetes muss konsequent der Blutzucker richtig eingestellt werden. Durch die Senkung des Blutzuckerspiegels, kann das damit verbundene Risiko von Folgeerkrankungen wie z.B.
- Cholesterinkontrolle: Fettstoffwechselstörungen können eine Atherosklerose begünstigen und tragen damit zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko bei. Besonders das sogenannte LDL-Cholesterin erhöht das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
- Vermeidung von Übergewicht: Ausgelöst und verstärkt wird das metabolische Syndrom und somit auch das Risiko für Schlaganfälle durch Übergewicht (insbesondere ein hoher Taille-Hüft-Quotient), Bewegungsmangel, und Fehlernährung.
- Stressmanagement: Dauerhafter Stress kann der Gesundheit schaden. Es ist wichtig, Wege zu finden, um Stress abzubauen und Entspannung zu fördern.
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Auch bei einem gesunden Lebensstil sollten bekannte Risikofaktoren für einen Schlaganfall durch den Hausarzt intensiv kontrolliert und behandelt werden. Weitere Risikofaktoren, bei denen von ärztlicher Seite risikosenkende Therapien eingeleitet werden sollten, sind Fettstoffwechselstörungen und bestimmte Herzerkrankungen, wie z. B. Herzrhythmusstörungen, oder ein genetisch bedingtes erhöhtes Thromboserisiko.
- Behandlung von Herzerkrankungen: Herzrhythmusstörungen können zur Bildung von Blutgerinnseln im Herzen führen. Solche Gerinnsel können mit dem Blutstrom in die Hirnschlagadern gelangen und stellen ein sehr großes Risiko für Schlaganfälle dar. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Die Einnahme von Gerinnungshemmern (Blutverdünnern) beispielsweise gehört zu den wichtigsten Therapiemaßnahmen bei Vorhofflimmern und Herzklappenerkrankungen.
Anzeichen und Symptome eines Schlaganfalls
Die Anzeichen eines Schlaganfalls sind vor allem plötzlich auftretende neurologische Krankheitszeichen wie Seh- oder Sprachstörungen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen im Gesicht oder an den Armen und Beinen. Oft ist nur eine Körperhälfte betroffen.
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F.A.S.T.-Test:
- F wie "Face" (Gesicht): Ist das Gesicht verzogen, hängt ein Mundwinkel herunter?
- A wie "Arms" (Arme): Beide Arme sollen nach vorn ausgestreckt mit den Handflächen nach oben gleichzeitig angehoben und waagerecht gehalten werden.
- S wie "Speech" (Sprache): Die Aussprache eines einfachen Satzes ist lallend oder verwaschen, Silben werden verwechselt, der Betroffene muss nach Wörtern suchen oder es werden falsche Buchstaben gesprochen.
- T wie "Time" (Zeit): Tritt auch nur eines der beschriebenen Anzeichen akut auf − keine Zeit verlieren und sofort die 112 anrufen! Denn "Time ist Brain".
Weitere Symptome können sein:
- (Dreh-)Schwindel und Unsicherheit beim Stehen, schwankender Gang, oder der Betroffene fühlt sich wie bei Seegang.
- Koordinationsstörungen
- Sehstörungen
- Bewusstlosigkeit
- Atmung und Puls setzen aus.
- Plötzlich sehr starke Kopfschmerzen
Auch, wenn derartige Anzeichen nur kurzzeitig auftreten, könnten sie Zeichen einer Mangeldurchblutung sein und müssen ernst genommen werden. Sie können einen Schlaganfall ankündigen. Mediziner sprechen von einer Transitorisch Ischämischen Attacke (TIA). Eine medizinische Abklärung ist auch dann dringend erforderlich, wenn die Symptome zwischenzeitlich abklingen, denn TIAs sind oft Vorboten eines schweren Schlaganfalls. Auch bei nur gering ausgeprägten Schlaganfall-Symptomen, einem sog. „Minor Stroke“ oder „kleinen Schlaganfall“, muss eine rasche Untersuchung und Behandlung erfolgen.
Diagnose und Behandlung
Bei Schlaganfallverdacht sind eine rasche Diagnostik und Versorgung im Krankenhaus äußerst wichtig. Je mehr Zeit vergeht - also je länger Gehirngewebe ohne Sauerstoff bleibt, desto wahrscheinlicher sind schwere und bleibende Schäden nach einem Schlaganfall. Deswegen gilt in der Schlaganfallbehandlung der Leitsatz „Time is brain“, deutsch übersetzt: „Zeit ist Gehirn“.
Um zu unterscheiden, ob es sich um einen Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) oder um eine Hirnblutung handelt, werden bildgebende Untersuchungen durchgeführt. Dabei handelt es sich um Schichtaufnahmen des Gehirns, entweder mittels Computertomographie (CT) oder mittels Kernspin- bzw. Magnetresonanztomographie (MRT). Meist erfolgt dabei auch eine Darstellung der hirnversorgenden Gefäße (CT- oder MR-Angiographie). Darüber hinaus erfolgt eine Laboruntersuchung des Bluts. Des Weiteren wird immer ein EKG zum Nachweis bzw.
Vordringliches Ziel der Behandlung ist die schnelle Wiederherstellung der Blutzirkulation. Bei einem ischämischen Schlaganfall muss das durch ein Blutgerinnsel akut verstopfte Gefäß so schnell wie möglich wiedereröffnet werden. Dies kann durch eine medikamentöse Therapie erfolgen, die als Thrombolyse (kurz auch: „Lyse“) bezeichnet wird. Reicht eine Lysetherapie zur Auflösung des die Arterie verstopfenden Blutgerinnsels nicht aus, gibt es die Möglichkeit der sogenannten Thrombektomie, einem Eingriff, bei dem das Blutgerinnsel mechanisch entfernt wird.
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Bei einer Hirnblutung wird zunächst versucht, die Ausbreitung der Blutung zu bremsen, durch Senkung des Blutdrucks und ggf. den Einsatz gerinnungsaktiver Medikamente. Bei ausgedehnten Hirnblutungen wird operiert.
Grundsätzlich sollte die Lysetherapie innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Schlaganfallsymptome begonnen werden. Vor allem beim Verschluss großer Hirngefäße erfolgt eine Thrombektomie.
Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Die Frührehabilitation mit Krankengymnastik, Ergo- und Sprachtherapie unterstützt die Rückbildung neurologischer Ausfälle. Nach einem ischämischen Schlaganfall, auch bei einem „Mini-Schlaganfall“ (TIA), erfolgt eine therapeutische Beeinflussung der Blutgerinnung, um das Risiko zu minimieren, dass sich ein neues Blutgerinnsel bildet und zu einem Folgeschlaganfall führt. Oft wird dafür Aspirin/ASS eingesetzt, da es die Blutplättchenbildung hemmt. Wenn ein Vorhofflimmern ursächlich war, erfolgt die sogenannte Antikoagulationstherapie.
Viele Patientinnen und Patienten entwickeln in Folge des Schlaganfalls eine Depression, da sich ihr Leben massiv verändert hat und sie mit Folgen oder gar schweren Behinderungen leben müssen. Eine Depression ist eine schwere Erkrankung, die von Anfang an konsequent behandelt werden muss.