Polyneuropathie: Ursachen, Symptome und Behandlungen

Die Polyneuropathie ist eine häufige neurologische Erkrankung, die durch Schädigungen der peripheren Nerven verursacht wird. Diese Nerven verbinden das Gehirn und das Rückenmark mit den Muskeln, der Haut und den inneren Organen. Schäden an diesen Nerven können zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die von leichtem Kribbeln bis hin zu starken Schmerzen und Lähmungen reichen können.

Was ist Polyneuropathie?

Der Begriff "Polyneuropathie" leitet sich von den griechischen Wörtern "poly" (viele), "neuro" (Nerv) und "pathie" (Leiden) ab. Es handelt sich also um eine Erkrankung, bei der viele Nerven betroffen sind. Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Diese Nerven sind für die Steuerung von Muskelbewegungen, die Vermittlung von Sinneswahrnehmungen und die Regulation autonomer Funktionen wie Atmung, Verdauung und Herzfrequenz verantwortlich.

Formen der Polyneuropathie

Abhängig von der Art der betroffenen Nervenfasern und dem Verteilungsmuster der Symptome können verschiedene Formen der Polyneuropathie unterschieden werden:

  • Symmetrische Polyneuropathie: Die Schäden an den Nervenbahnen betreffen beide Körperhälften gleichmäßig. Dies ist die häufigste Form.
  • Asymmetrische Polyneuropathie: Die Erkrankung beeinträchtigt eine Seite des Körpers stärker als die andere.
  • Distale Polyneuropathie: Die Nervenschädigung konzentriert sich auf Körperteile, die von der Körpermitte entfernt sind, wie Hände, Füße und Beine.
  • Proximale Polyneuropathie: Diese seltene Form betrifft rumpfnahe Körperbereiche.
  • Sensible Polyneuropathie: Hier stehen Empfindungsstörungen wie Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen im Vordergrund.
  • Motorische Polyneuropathie: Diese Form äußert sich vor allem durch Muskelschwäche, Muskelkrämpfe oder Lähmungen.
  • Autonome Polyneuropathie: Betrifft die Nerven, die unwillkürliche Körperfunktionen steuern, was zu Störungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks, der Verdauung oder der Blasenfunktion führen kann.

Ursachen der Polyneuropathie

Die Ursachen für Polyneuropathie sind vielfältig. In etwa 25 % der Fälle bleibt die Ursache trotz intensiver Suche unklar ("idiopathische Neuropathie"). Zu den häufigsten bekannten Ursachen gehören:

  • Diabetes mellitus: Die diabetische Neuropathie ist eine der häufigsten Komplikationen von Diabetes und entsteht durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte, die die Nerven schädigen.
  • Alkoholmissbrauch: Alkohol wirkt als Nervengift und kann bei übermäßigem Konsum zu einer alkoholischen Polyneuropathie führen. Oftmals geht der Alkoholmissbrauch mit einer Mangelernährung einher, die die Nervenschädigung zusätzlich verstärkt.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente, insbesondere Chemotherapeutika, können als Nebenwirkung eine Polyneuropathie verursachen (chemotherapie-induzierte Polyneuropathie).
  • Grunderkrankungen: Nieren-, Leber-, Schilddrüsen- oder Tumorerkrankungen können ebenfalls zu einer Polyneuropathie führen.
  • Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom, bei denen das Immunsystem körpereigene Nerven angreift, können eine Polyneuropathie verursachen.
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen, wie Borreliose, HIV oder Diphtherie, können mit einer Polyneuropathie einhergehen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B12, kann Nervenschäden verursachen.
  • Vergiftungen: Schwermetalle wie Blei, Arsen oder Thallium können Nerven schädigen und eine Polyneuropathie auslösen.
  • Erbliche Faktoren: In seltenen Fällen kann eine Polyneuropathie genetisch bedingt sein.

Symptome der Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie können je nach Art der betroffenen Nerven und dem Ausmaß der Schädigung variieren. Typische Symptome sind:

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  • Sensible Symptome:
    • Kribbeln, Brennen, Stechen oder Taubheitsgefühle in Füßen und Händen (häufig als "sockenförmig" oder "handschuhförmig" beschrieben)
    • Vermindertes oder fehlendesTemperaturempfinden
    • Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen
    • Schmerzen, die als brennend, stechend oder bohrend empfunden werden
    • Gefühl, auf Watte zu gehen
  • Motorische Symptome:
    • Muskelschwäche oder -lähmung, insbesondere in Füßen und Beinen
    • Muskelzucken oder -krämpfe
    • Muskelschwund
    • Gangunsicherheit
  • Autonome Symptome:
    • Herzrhythmusstörungen
    • Blähgefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit
    • Verstopfung oder Durchfall
    • Blasenentleerungsstörungen oder Inkontinenz
    • Impotenz
    • Gestörtes Schwitzen
    • Schwindel beim Aufstehen
    • Schwellungen an Füßen und Händen

Die Symptome beginnen oft in den Füßen und breiten sich langsam nach oben aus. In manchen Fällen können auch die Hände und Arme betroffen sein.

Diagnose der Polyneuropathie

Die Diagnose einer Polyneuropathie umfasst in der Regel mehrere Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art und Dauer der Symptome, Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme und möglicher Risikofaktoren wie Diabetes oder Alkoholmissbrauch.
  2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Sensibilität, Muskelkraft, Reflexe und Koordination des Patienten.
  3. Neurologische Untersuchung: Hierbei werden spezielle Tests durchgeführt, um die Funktion der Nerven zu überprüfen, z. B. die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurographie) und die Untersuchung der Muskelaktivität (Elektromyographie).
  4. Laboruntersuchungen: Blut- und Urinuntersuchungen können Hinweise auf mögliche Ursachen der Polyneuropathie liefern, z. B. Diabetes, Vitaminmangel, Nierenerkrankungen oder Entzündungen.
  5. Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Polyneuropathie zu ermitteln, z. B. eine Nervenbiopsie (Entnahme einer Gewebeprobe aus einem Nerv), eine Hautbiopsie (zur Untersuchung kleiner Nervenfasern), eine Lumbalpunktion (Entnahme von Nervenwasser) oder bildgebende Verfahren wie MRT oder CT.

Behandlung der Polyneuropathie

Die Behandlung der Polyneuropathie zielt in erster Linie darauf ab, die zugrunde liegende Ursache zu behandeln und die Symptome zu lindern.

Behandlung der Ursache

  • Diabetes: Eine gute Blutzuckereinstellung ist entscheidend, um die Nervenschädigung zu stoppen oder zu verlangsamen.
  • Alkoholmissbrauch: Eine vollständige Alkoholabstinenz ist notwendig, um die alkoholbedingte Polyneuropathie zu behandeln.
  • Medikamente: Medikamente, die eine Polyneuropathie verursachen, sollten nach Möglichkeit abgesetzt oder ersetzt werden.
  • Vitaminmangel: Ein Vitaminmangel kann durch eine Ernährungsumstellung oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln behoben werden.
  • Entzündungen: Entzündliche Polyneuropathien können mit entzündungshemmenden Medikamenten wie Kortikosteroiden oder Immunglobulinen behandelt werden.

Symptomlinderung

  • Schmerzmittel: Verschiedene Medikamente können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, darunter:
    • Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva können Nervenschmerzen lindern, indem sie die Schmerzsignalübertragung im Gehirn beeinflussen.
    • Antikonvulsiva: Medikamente, die ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt wurden, können ebenfalls bei Nervenschmerzen wirksam sein.
    • Opioide: In schweren Fällen können Opioide zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, sollten aber aufgrund des Suchtpotenzials nur kurzfristig angewendet werden.
    • Capsaicin-Pflaster: Capsaicin, der Wirkstoff aus Chilischoten, kann in Form von Pflastern auf die Haut aufgetragen werden, um Schmerzen zu lindern.
  • Physikalische Therapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft zu verbessern, die Koordination zu fördern und Gangunsicherheiten zu reduzieren.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag besser zu bewältigen und Hilfsmittel anzupassen.
  • Elektrotherapie: Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) kann eingesetzt werden, um Schmerzen zu lindern, indem sie die Nerven stimuliert.
  • Akupunktur: Einige Studien deuten darauf hin, dass Akupunktur bei der Linderung von Schmerzen und Missempfindungen bei Polyneuropathie helfen kann.

Weitere Maßnahmen

  • Fußpflege: Bei diabetischer Polyneuropathie ist eine sorgfältige Fußpflege besonders wichtig, um Verletzungen und Infektionen zu vermeiden.
  • Anpassung von Hilfsmitteln: Gehhilfen, Orthesen oder spezielle Schuhe können helfen, die Mobilität und Sicherheit zu verbessern.
  • Psychologische Unterstützung: Eine Psychotherapie kann helfen, mit den chronischen Schmerzen und den Einschränkungen, die mit der Polyneuropathie einhergehen, besser umzugehen.

Verlauf und Prognose

Der Verlauf einer Polyneuropathie hängt von der Ursache, dem Schweregrad der Erkrankung und der Wirksamkeit der Behandlung ab. In einigen Fällen kann die Polyneuropathie geheilt werden, wenn die Ursache beseitigt wird. In anderen Fällen kann die Erkrankung chronisch verlaufen und eine langfristige Behandlung erfordern.

Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern.

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Vorbeugung

Einige Risikofaktoren für Polyneuropathie können durch einen gesunden Lebensstil beeinflusst werden:

  • Diabetes: Eine gute Blutzuckereinstellung durch gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Medikamente kann das Risiko einer diabetischen Neuropathie verringern.
  • Alkohol: Ein maßvoller Alkoholkonsum oder der Verzicht auf Alkohol kann das Risiko einer alkoholischen Polyneuropathie senken.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Nährstoffen ist wichtig für die Nervengesundheit.
  • Schutz vor Giften: Der Kontakt mit Schwermetallen und anderen Nervengiften sollte vermieden werden.

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