Depressionen sind eine weit verbreitete und ernstzunehmende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Schätzungsweise leiden in Deutschland etwa 5 % der Bevölkerung, also rund 4 Millionen Menschen, aktuell an einer Depression. Pro Jahr erkranken etwa 1 bis 2 von 100 Personen neu. Die gute Nachricht ist, dass es in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte in der Therapie gegeben hat, so dass mehr als 80 % der Erkrankten dauerhaft und erfolgreich geholfen werden kann.
Was ist eine Depression?
Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die sich in zahlreichen Beschwerden äußern kann. Zu den typischen Symptomen gehören eine anhaltende gedrückte Stimmung, eine Hemmung von Antrieb und Denken, Interessenverlust sowie vielfältige körperliche Symptome, die von Schlaflosigkeit über Appetitstörungen bis hin zu Schmerzzuständen reichen können. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede gedrückte Stimmung gleich eine Depression ist. Vielmehr muss ein depressives Krankheitsbild von vorübergehenden Verstimmungszuständen und echter Trauer abgegrenzt werden. Da die Übergänge fließend sind, werden bestimmte Kriterien angelegt, um behandlungsbedürftige Störungen zu identifizieren.
Symptome einer Depression
Die Symptome einer Depression können vielfältig sein und sich von Person zu Person unterscheiden. Einige der häufigsten Symptome sind:
- Psychische Symptome:
- Anhaltende Traurigkeit, die oft oder ständig vorhanden ist und im schlimmsten Fall als nicht auszuhalten empfunden wird.
- Verlust von Lebensfreude und Interessenverlust (Anhedonie).
- Pessimismus und Hoffnungslosigkeit.
- Energieverlust, Ermüdung und Erschöpfung.
- Konzentrationsschwierigkeiten.
- Versagensgefühle, Schuldgefühle und Selbstvorwürfe.
- Mangel an Selbstvertrauen und Gefühl der Wertlosigkeit.
- Entschlussunfähigkeit.
- Bestrafungsgefühle.
- Innere Unruhe oder Agitiertheit.
- Vermehrte Reizbarkeit.
- Todes- und Selbstmordgedanken.
- Angstzustände.
- Körperliche Symptome:
- Veränderter Appetit (Zunahme oder Abnahme).
- Schlafstörungen (Schlaflosigkeit oder vermehrtes Schlafbedürfnis).
- Reduziertes sexuelles Interesse.
- Körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Kribbeln, Hitzegefühle, Schwindel, Atembeschwerden, Magen- und Darmbeschwerden.
Ursachen von Depressionen
Die Ursachen von Depressionen sind vielfältig und komplex. Es ist von einem Zusammenwirken mehrerer Faktoren auszugehen. Zu den wesentlichen Ursachen gehören:
- Biologische Faktoren:
- Genetische Veranlagung: Es gibt Hinweise darauf, dass eine familiäre Veranlagung für Depressionen besteht.
- Störung der Neurotransmitter im Gehirn: Ein Mangel oder Ungleichgewicht an Überträgerstoffen wie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Melatonin kann eine Depression auslösen oder unterhalten.
- Andere Gehirnerkrankungen: Eine Depression kann auch Teil einer anderen Gehirnerkrankung, wie z. B. eines Schlaganfalls, einer Epilepsie oder einer Gehirnverletzung sein.
- Hormonelle Veränderungen: Bei Frauen können hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft und nach der Geburt zu Depressionen führen.
- Psychosoziale Faktoren:
- Belastende Lebensumstände: Auslöser einer Depression können ständige Überforderung, schwerwiegende Verluste oder belastende Lebensumstände sein.
- Traumatische Erlebnisse: Traumatische Kindheitserlebnisse oder andere schwerwiegende Lebensereignisse können das Risiko für eine Depression erhöhen.
- Persönliche Faktoren: Negative Denkmuster, geringes Selbstwertgefühl und Perfektionismus können ebenfalls zur Entstehung einer Depression beitragen.
- Übermäßiger Stress: Chronischer Stress kann das Risiko für eine Depression erhöhen.
- Körperliche Erkrankungen:
- Schilddrüsenerkrankungen: Störungen der Schilddrüse können depressive Symptome verursachen.
- Chronische Schmerzen: Chronische Schmerzen können ebenfalls zu Depressionen führen.
- Medikamente und Drogen:
- Bestimmte Medikamente: Die Einnahme oder das Absetzen bestimmter Medikamente wie Zytostatika, Antikonvulsiva, Retinoide und Benzodiazepine kann Depressionen auslösen.
- Drogenmissbrauch: Der Konsum und Entzug von Psychopharmaka und Halluzinogenen können ebenfalls eine Depression verursachen.
Diagnose von Depressionen
Die Diagnose einer Depression basiert auf einer umfassenden psychiatrischen Untersuchung, die ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch beinhaltet. Dabei werden die aktuellen Beschwerden, die Krankheitsgeschichte und mögliche Belastungssituationen erfragt. Hilfreich ist auch der Einsatz von standardisierten Fragebögen. Im Idealfall werden auch Angehörige in die Befragung einbezogen, jedoch nur, wenn der Betroffene einverstanden ist.
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Wichtig für den Arzt ist es auch, neben den aktuellen Beschwerden Vorerkrankungen zu kennen, die in der Vergangenheit aufgetreten sind. Für eine sichere Diagnose muss der Betroffene auch körperlich untersucht werden, um organische Krankheiten mit ähnlicher Symptomatik auszuschließen. Hierzu gehören z.B. Hirntumore, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Hirnhautentzündung, Epilepsie, Migräne, Schilddrüsenerkrankungen oder Störungen der Nebennierenfunktion. Routinemäßig kommen Untersuchungen des Blutes (etwa der Schilddrüsen-, Leber- und Nierenwerte) und apparative Verfahren wie z.B. eine Elektrokardiografie (EKG), eine Ableitung der Hirnströme (EEG) und eventuell auch eine Computertomografie oder eine Kernspintomografie des Kopfes zum Einsatz. Insbesondere beim erstmaligen Auftreten einer depressiven Erkrankung ist es wichtig, körperliche Ursachen der Depression auszuschließen. Darüber hinaus klärt der Arzt ab, ob bestimmte Medikamente wie bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente, Steroidhormone (z.B.
Entscheidend ist es, Depressionen gegenüber anderen psychischen Krankheitsbildern wie der Schizophrenie oder Angststörung abzugrenzen. Denn Angst- und Depressionszustände treten z.B. Auch gilt es abzuklären, dass die Depression nicht im Rahmen einer bipolaren Störung „manisch-depressive Erkrankung“) auftritt, bei der es neben depressiven Phasen auch zu Phasen übersteigerter („manischer“) Stimmung kommt. Die frühe Diagnose ist für einen positiven Verlauf der depressiven Erkrankung sehr wichtig. Je weniger Krankheitsepisoden bis zum Beginn einer entsprechenden Therapie stattgefunden haben, desto besser spricht der Betroffene in der Regel auf die Behandlung an.
Der Neurologe und Psychiater bei Depressionen
Bei der Behandlung von Depressionen spielen sowohl Neurologen als auch Psychiater eine wichtige Rolle. Bis 2003 wurden zusätzlich auch Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie ausgebildet, welche sowohl Patienten mit psychischen Erkrankungen (zum Beispiel Depression) als auch neurologischen Erkrankungen (zum Beispiel Multiple Sklerose) behandeln.
- Neurologen sind Fachärzte, die sich mit Erkrankungen des Nervensystems befassen, einschließlich des Gehirns und des Rückenmarks. Sie können bei der Diagnose und Behandlung von Depressionen helfen, insbesondere wenn neurologische Ursachen vermutet werden oder wenn die Depression im Zusammenhang mit einer neurologischen Erkrankung auftritt.
- Psychiater sind Fachärzte, die sich auf die Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen spezialisiert haben, einschließlich Depressionen. Sie verfügen über vertiefte Kenntnisse über Entstehung, Verlauf, Diagnostik und Behandlung von psychischen Erkrankungen. Bis 2003 wurden zusätzlich auch Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie ausgebildet, welche sowohl Patienten mit psychischen Erkrankungen (zum Beispiel Depression) als auch neurologischen Erkrankungen (zum Beispiel Multiple Sklerose) behandeln.
In der Regel ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner bei Verdacht auf eine Depression. Er kann körperliche Ursachen ausschließen und den Patienten bei Bedarf an einen Facharzt (Psychiater, Nervenarzt) oder einen psychologischen Psychotherapeuten überweisen.
Behandlung von Depressionen
Die Behandlung einer Depression kann unter verschiedenen Rahmenbedingungen angeboten werden. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die je nach Schweregrad der Depression und den individuellen Bedürfnissen des Patienten eingesetzt werden können:
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- Psychotherapie: Die Psychotherapie ist eine effektive Methode zur Behandlung der Depression. Es werden verschiedene psychotherapeutische Verfahren eingesetzt, wie z.B. Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse oder Systemische Therapie. Ziel der Psychotherapie ist es, die Ursachen der Depression zu erkennen, negative Denkmuster zu verändern und Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
- Medikamentöse Therapie: Antidepressiva können helfen, das Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn wiederherzustellen. Es gibt verschiedene Arten von Antidepressiva, die je nach Symptomatik und Verträglichkeit ausgewählt werden. Wichtig ist zu wissen, dass viele antidepressive Medikamente ihre Wirksamkeit erst nach Ablauf von 2 Wochen entfalten und sich diese danach, auch bei gleichbleibender Dosierung, noch steigern kann. Die Medikamente machen nicht abhängig und können jederzeit (ausschleichend) wieder abgesetzt werden.
- Körperliche Aktivität und Entspannung: Regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannungstechniken können helfen, die Stimmung zu verbessern und Stress abzubauen. Ratsam sind 30-60 min Ausdauertraining mehrfach wöchentlich. Durch körperliches Training werden die Gehirnzellen aktiviert und Stammzellen im Gehirn zur Teilung angeregt. Schon nach kurzer Zeit können Stimmung und Lebensfreude steigen, Antrieb und Selbstvertrauen sich normalisieren, Schlafstörungen behoben sein. Eine Sonderform des körperlichen Trainings ist das Entspannungstraining. Dieses wird unter Anleitung durch spezifisch geschulte Physiotherapeuten oder Sportlehrer vermittelt und kann danach in eigener Regie praktiziert werden.
- Weitere Therapieformen: Ergänzend zu den genannten Therapieansätzen können auch andere Therapieformen wie Ergotherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie oder Lichttherapie eingesetzt werden.
Wo wird eine Depression behandelt?
Die Behandlung einer Depression kann ambulant, tagesklinisch oder stationär erfolgen.
- Ambulante Behandlung: Eine ambulante psychotherapeutische bzw. medikamentöse Behandlung erfolgt über Fachärzte oder psychologische Psychotherapeuten. Es gibt aber auch Ambulanzen an psychiatrischen Kliniken (sogenannte Institutsambulanzen).
- Tagesklinische Behandlung: In einer Tagesklinik findet in der Regel von Montag bis Freitag tagsüber eine Behandlung statt. Die Patienten übernachten zu Hause und verbringen auch das Wochenende zu Hause. Tageskliniken bieten Schutz und Struktur. Sie fördern gleichzeitig die Eigenverantwortung.
- Stationäre Behandlung: Patienten in Krisensituationen, mit mittelschweren bis schweren Depressionen sowie Suizidgefährdung, werden in der Regel in eine Klinik oder Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie überwiesen. In einer Not- oder Krisensituation können sich Betroffene auch direkt an die Klinik wenden. Bestandteil der Behandlung in einer Klinik sind Medikamente, psychotherapeutische Angebote und andere Therapieformen (wie zum Beispiel Ergotherapie, Kunsttherapie, Bewegungstherapie). Eine stationäre Therapie kann auch in einer Psychosomatischen Klinik stattfinden.
Was können Betroffene tun?
Neben der professionellen Behandlung gibt es auch einige Dinge, die Betroffene selbst tun können, um den Heilungsprozess zu unterstützen:
- Sich Hilfe suchen: Es ist wichtig, sich bei Verdacht auf eine Depression professionelle Hilfe zu suchen. Der Hausarzt ist oft die erste Anlaufstelle.
- Offen über die Erkrankung sprechen: Sprechen Sie mit Freunden, Familie oder anderen Vertrauenspersonen über Ihre Erkrankung. Das kann helfen, sich weniger isoliert zu fühlen und Unterstützung zu erhalten.
- Auf eine gesunde Lebensweise achten: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung.
- Stress reduzieren: Versuchen Sie, Stress abzubauen, z.B. durch Entspannungstechniken, Yoga oder Meditation.
- Sich nicht überfordern: Nehmen Sie sich nicht zu viel vor und setzen Sie sich realistische Ziele.
- Sich selbst etwas Gutes tun: Tun Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten und Ihnen guttun.
- Selbsthilfegruppen: Für viele Menschen sind Selbsthilfegruppen auch in der Wartezeit eine wichtige Stütze.
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