Vegetatives Nervensystem: Symptome, Ursachen und Behandlung

Einführung

Das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, steuert lebenswichtige Körperfunktionen, die wir nicht bewusst beeinflussen können. Es reguliert unter anderem Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Herzschlag und Blutdruck. Eine Störung dieses Systems kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die oft unter dem Begriff "vegetative Dystonie" zusammengefasst werden. Dieser Artikel beleuchtet die Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der vegetativen Dystonie.

Was ist das vegetative Nervensystem?

Das vegetative Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen) besteht. Es ist Teil des peripheren Nervensystems und reguliert automatisch ablaufende Körperfunktionen. Es besteht aus zwei Hauptkomponenten:

  • Sympathikus: Dieser Teil des Nervensystems aktiviert den Körper in Stresssituationen und steigert die Leistungsfähigkeit. Er erhöht Herzschlag und Atemfrequenz, verbessert die Durchblutung und hemmt die Verdauung.
  • Parasympathikus: Dieser Teil des Nervensystems ist für Entspannungsphasen zuständig. Er senkt den Blutdruck, beruhigt die Atmung, kurbelt den Stoffwechsel an und fördert die Verdauung.

Das enterische Nervensystem, das Nervensystem des Darms, gehört ebenfalls zum vegetativen Nervensystem. Es reguliert den Darm weitgehend unabhängig.

Normalerweise arbeiten Sympathikus und Parasympathikus zusammen, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Wenn dieses Zusammenspiel gestört ist, kann es zu einer vegetativen Dystonie kommen.

Was ist vegetative Dystonie?

Vegetative Dystonie ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom, das durch eine Vielzahl von Symptomen gekennzeichnet ist, die auf eine gestörte Erregungsleitung im vegetativen Nervensystem zurückzuführen sind. Der Begriff "Dystonie" leitet sich vom griechischen Wort für Spannung ab und bedeutet, dass die Spannung im vegetativen Nervensystem bzw. das Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus gestört ist. Dies führt zu körperlichen Beschwerden, die keiner organischen Ursache zuzuordnen sind.

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Die Diagnose "vegetative Dystonie" wird oft dann gestellt, wenn keine organische Grundlage für die Beschwerden gefunden wird. Sie hat die frühere Diagnose "Neurasthenie" abgelöst. Kritiker bezeichnen den Begriff jedoch als "Verlegenheitsdiagnose", da er wenig über das Wesen der Erkrankung aussagt. Stattdessen werden oft Begriffe wie "somatoforme Störung" oder "funktionelles Syndrom" verwendet.

Symptome der vegetativen Dystonie

Die Symptome der vegetativen Dystonie sind vielfältig und unspezifisch, was die Diagnose erschwert. Sie können fast jede Körperfunktion betreffen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Herz-Kreislauf-Beschwerden: Herzstechen, Herzklopfen, Herzrasen, erhöhter oder erniedrigter Pulsschlag, Blutdruckschwankungen, Schwindel oder Ohnmacht beim Aufstehen.
  • Atembeschwerden: Gefühl der Kurzatmigkeit, Beklemmungsgefühl in der Brust.
  • Verdauungsbeschwerden: Verstopfung, Durchfall, Reizdarm, Blähungen, Völlegefühl, Magenlähmung, Schluckbeschwerden.
  • Harnwegsbeschwerden: Reizblase, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Blasenschwäche.
  • Schlafstörungen: Einschlaf- und Durchschlafstörungen, unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus.
  • Temperaturregulationsstörungen: Übermäßiges Schwitzen, mangelndes Schwitzen, Hitzewallungen, Frösteln, kalte Hände und Füße.
  • Neurologische Symptome: Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern der Hände, Kribbeln in den Gliedmaßen, Muskelzucken, Muskelkrämpfe.
  • Sexuelle Funktionsstörungen: Erektionsstörungen beim Mann.
  • Allgemeine Symptome: Müdigkeit, Erschöpfung, Schwäche, innere Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Angstzustände, Panikattacken.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch durch andere Erkrankungen verursacht werden können. Daher ist eine gründliche ärztliche Untersuchung erforderlich, um andere Ursachen auszuschließen.

Ursachen und Risikofaktoren

In vielen Fällen lässt sich keine konkrete Ursache für eine vegetative Dystonie finden. Es können sowohl körperliche als auch psychische Faktoren eine Rolle spielen. Oft ist es eine Kombination aus beiden.

Körperliche Ursachen:

  • Diabetes mellitus: Ein unbehandelter oder schlecht eingestellter Diabetes kann das Nervensystem schädigen.
  • Neurologische Erkrankungen: Parkinson, Multiple Sklerose, Polyneuropathie.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen.
  • Hormonelle Störungen: Schilddrüsenfunktionsstörungen, Wechseljahre, Schwangerschaft.
  • Infektionen: Virale oder bakterielle Infektionen.
  • Verletzungen: Vor allem in der Nähe des Rückenmarks.
  • Tumore: Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom).
  • Genetische Erkrankungen: Amyloidose.
  • Medikamente: Einige Medikamente können das vegetative Nervensystem beeinträchtigen.
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch: Übermäßiger Konsum von Alkohol und Drogen kann das Nervensystem schädigen.
  • Mangelernährung: Vitaminmangel, insbesondere Vitamin B12-Mangel.

Psychische Ursachen:

  • Stress: Chronischer Stress, Überforderung, Zeitdruck.
  • Psychische Belastungen: Trauer, Sorgen, Ängste, Depressionen.
  • Traumatische Erlebnisse: Unverarbeitete Traumata.
  • Soziale Faktoren: Isolation, Beziehungsprobleme, finanzielle Schwierigkeiten.

Da Körper und Psyche über das vegetative Nervensystem eng miteinander verbunden sind, können sich psychologische und soziale Faktoren auf das vegetative Nervensystem auswirken. Die Beschwerden können weitere Ängste auslösen und die Symptome zusätzlich verschlimmern.

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Diagnose

Die Diagnose der vegetativen Dystonie basiert in erster Linie auf der Anamnese und der körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird sich nach den Beschwerden, der Krankengeschichte und den Lebensumständen des Patienten erkundigen. Anschließend wird er verschiedene Untersuchungen durchführen, um mögliche organische Ursachen auszuschließen.

Mögliche Untersuchungen:

  • Körperliche Untersuchung: Überprüfung der Reflexe, der Muskelkraft, der Sensibilität und der Organfunktionen.
  • Blutdruck- und Pulsmessung: Messung von Blutdruck und Puls in Ruhe und unter Belastung.
  • EKG (Elektrokardiogramm): Aufzeichnung der Herzaktivität.
  • Blutuntersuchung: Überprüfung der Blutwerte, der Entzündungswerte, der Hormonwerte und des Vitaminspiegels.
  • Urinuntersuchung: Überprüfung der Urinwerte.
  • Stuhluntersuchung: Überprüfung des Stuhls auf Bakterien, Viren oder Parasiten.
  • Bildgebende Verfahren: Ultraschall, Röntgen, CT (Computertomographie), MRT (Magnetresonanztomographie).
  • Elektroneurographie: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit.
  • Elektromyographie: Messung der Muskelaktivität.
  • VNS-Analyse: Messung der Herzschlagvariabilität, um die Aktivität des vegetativen Nervensystems zu beurteilen.

Da die vegetative Dystonie keine eigenständige Krankheit ist, gibt es keinen spezifischen Test, um sie nachzuweisen. Die Diagnose wird in der Regel dann gestellt, wenn keine organischen Ursachen für die Beschwerden gefunden werden.

Behandlung

Die Behandlung der vegetativen Dystonie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Störung. Ziel ist es, die Symptome zu lindern und das vegetative Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Behandlungsmöglichkeiten:

  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die vegetative Dystonie durch eine andere Erkrankung verursacht wird, muss diese behandelt werden. Zum Beispiel muss bei Diabetes eine optimale Blutzuckereinstellung erreicht werden.
  • Psychotherapie: Psychotherapeutische Maßnahmen sind oft die wichtigste Säule der Behandlung, insbesondere wenn keine organische Ursache gefunden wird. Eine kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, die Beschwerden besser einzuordnen und mit ihnen im Alltag umzugehen. Es ist auch wichtig, die Gründe und Gefühle aufzuarbeiten, die hinter den Symptomen stehen.
  • Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung können helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem zu beruhigen.
  • Körperliche Aktivität: Regelmäßige körperliche Aktivität wie Sport oder Spaziergänge kann den Stressabbau fördern und die Stimmung verbessern.
  • Ernährungsumstellung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann die Gesundheit des autonomen Nervensystems unterstützen. Es ist ratsam, auf Alkohol, Koffein und Nikotin zu verzichten. Ein Vitamin-B12-Mangel sollte behoben werden.
  • Schlafhygiene: Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, eine angenehme und schlaffördernde Schlafumgebung und der Verzicht auf schwere Mahlzeiten und Alkohol am Abend können die Schlafqualität verbessern.
  • Medikamente: Medikamente werden in der Regel nur eingesetzt, um die Symptome zu lindern, wenn der Leidensdruck sehr hoch ist. Zum Einsatz kommen können Schmerzmittel, Antidepressiva oder angstlösende Medikamente. Die Medikation sollte individuell auf den Patienten abgestimmt und nur vorübergehend eingesetzt werden.
  • Pflanzliche und homöopathische Mittel: Pflanzliche oder homöopathische Mittel können eine unterstützende Therapieoption sein, da sie oft gut verträglich sind. Bewährte Mittel sind zum Beispiel Passionsblume bei Unruhezuständen oder Schlafstörungen, Gelber Jasmin und Schlangenwurzel bei Schwindel und nervlich bedingtem Bluthochdruck sowie Gelbe Nieswurz bei Kreislaufproblemen.
  • Hydrotherapie: Wechselbäder oder Saunagänge können die Regulation des vegetativen Nervensystems anregen.
  • Störfeldbehandlung mittels eIRT: Diese Methode kann helfen, zentral abgespeicherte alte Verletzungsmuster zu lösen, die zu einer vegetativen Dysregulation führen können.

Prognose

Die Prognose der vegetativen Dystonie ist in der Regel gut. In vielen Fällen bessern sich die Symptome mit der Zeit von selbst wieder. Eine vegetative Dystonie schränkt die Lebenserwartung nicht ein.

Bei Patienten mit einer sehr ängstlichen und negativen Sicht auf ihre Beschwerden, bei starkem Vermeidungsverhalten und parallelen psychischen Erkrankungen ist die Prognose schlechter. Auch starke psychosoziale Belastungen können den Verlauf negativ beeinflussen.

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Es besteht jedoch immer die Möglichkeit, dass sich die vegetative Dystonie von selbst zurückentwickelt, auch wenn die Symptome zunächst nicht erfolgreich behandelt werden können.

Vorbeugung

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann, um das vegetative Nervensystem zu stärken und einer vegetativen Dystonie vorzubeugen:

  • Stressmanagement: Erlernen und Anwenden von Entspannungstechniken, um Stress abzubauen.
  • Regelmäßige Bewegung: Ausdauertraining und Krafttraining können den Stressabbau fördern und die Stimmung verbessern.
  • Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann die Gesundheit des Nervensystems unterstützen.
  • Ausreichend Schlaf: Ein gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Regeneration des Nervensystems.
  • Vermeidung von Genussmitteln: Übermäßiger Konsum von Alkohol, Koffein und Nikotin sollte vermieden werden.
  • Soziale Kontakte pflegen: Ein stabiles soziales Netzwerk kann vor Stress und Isolation schützen.
  • Achtsamkeit: Achtsamkeitsübungen können helfen, den Körper besser wahrzunehmen und frühzeitig auf Warnsignale zu reagieren.

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