Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der Demenz. Sie entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu Schäden an den Hirnzellen führen. Auf MRT-Aufnahmen (Magnetresonanztomografie) des Gehirns zeigen sich diese Schäden oft als weiße Flecken, sogenannte White Matter Hyperintensities (WMH). Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Risikofaktoren für diese WMH, insbesondere im Zusammenhang mit vaskulärer Demenz, und stellt neue Forschungsergebnisse vor.
Was sind White Matter Hyperintensities (WMH)?
Auf MRT-Bildern älterer Menschen sind häufig weiße Flecken im Gehirn zu sehen. Diese WMH können Teil des normalen Alterungsprozesses sein, aber auch auf relevante Erkrankungen hinweisen, wie z.B. Demenzerkrankungen. Heutzutage werden WMH oft als Indikator für Kleingefäßerkrankungen angesehen, also Schädigungen der feinsten Blutgefäße im Gehirn.
Ursachen und Risikofaktoren
Mehrere Faktoren können zur Entstehung von WMH beitragen:
- Alter: Das Auftreten von WMH nimmt mit dem Alter zu. Die Übergänge vom normalen Altern bis hin zum Krankheitswert sind fließend.
- Bluthochdruck: Ein langjähriger und/oder schlecht eingestellter Bluthochdruck schädigt das Gehirn über verschiedene Mechanismen wie Minderdurchblutung und Entzündungsprozesse. WMH sind offensichtlich späte Folgen von Bluthochdruck.
- Geschlecht: Nach der Menopause ist bei Frauen das Ausmaß bestimmter Hirnschäden größer als bei gleichaltrigen Männern. Dies könnte auf denAbfall des Hormons Östrogen zurückzuführen sein. Allerdings konnte in den Daten der Rheinland Studie kein Einfluss einer Hormontherapie festgestellt werden.
- Weitere Risikofaktoren: Rauchen, Diabetes Mellitus und erhöhter BMI können ebenfalls zur Entstehung von WMH beitragen.
Lokalisation der Läsionen
Die Forschung hat gezeigt, dass Läsionen an typischen Orten im Gehirn auftreten, vermutlich weil ihnen unterschiedliche Mechanismen zugrunde liegen:
- Läsionen um die Ventrikel herum: Hier spielt besonders Bluthochdruck eine Rolle.
- Läsionen in der tiefen weißen Substanz: Hier wird ein Zusammenhang mit der Ablagerung von Amyloid in den Gefäßwänden vermutet, einem auch bei Alzheimer auftretenden Protein.
Vaskuläre Demenz: Die Rolle der WMH
Die vaskuläre Demenz ist ein Syndrom, das durch klinische Schlaganfälle oder subklinische vaskuläre Hirnveränderungen und begleitende kognitive Beeinträchtigungen gekennzeichnet ist. WMH können ein wichtiger Bestandteil dieser vaskulären Hirnveränderungen sein.
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Diagnose
Die Diagnose der vaskulären Demenz basiert auf:
- Kognitiven Beeinträchtigungen: Verlust kognitiver Leistungen gegenüber einer früheren normalen Grundsituation. Es sollten mindestens zwei kognitive Domänen betroffen sein und die Fähigkeit des täglichen Lebens beeinträchtigt sein.
- Nachweis eines klinischen Schlaganfalls oder bildgebender Nachweis einer Hirngefäßerkrankung: Die Methode der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT).
Pathophysiologische Einteilung
Wie es durch zerebrovaskuläre Veränderungen zur Demenz kommt, kann durch drei Wege erklärt werden:
- Summationstheorie: Multiinfarktdemenz, es kommt durch mehrere Schlaganfälle zum Untergang einer kritischen Masse von Hirngewebe.
- Theorie des strategischen Infarktes: Kleine Läsionen an der richtigen Verschaltungsstelle, zum Beispiel beidseitig Thalamus, hinteres Kapselknie, Gyrus angularis, frontales Marklager, führen zu schweren Ausfällen.
- Theorie der diffusen Schädigung („Schrotschusstheorie“): Kleine disseminierte Infarkte, die in ihrer Gesamtheit aber eine kritische Masse Hirngewebe zerstören können.
Klinisch orientierte Systematik
Die von Loeb und Meyer entwickelte Klassifikation schafft eine gewisse klinisch orientierte Systematik:
- Multiinfarktdemenz: Typisch mit Aphasien, Dyslexien, Dysgraphien, Dyspraxien, Amnesien, Agnosien, Störungen von Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen.
- Strategische Infarkte
- Multiple lakunäre Infarkte: Typische Symptome sind Apathie, Denkverlangsamung, psychomotorische Verlangsamung, Bradykinesie, Orientierungs-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Perseverationen.
- Binswangersche Erkrankung: Subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie mit diffusen Marklagerveränderungen. Im Extremfall eine schwere subkortikale Demenz mit Abulie, Inkontinenz und Rigidität.
- Mischung obiger Formen: Zum Beispiel Territorialinfarkte und lakunäre Infarkte.
- Einzelne oder multiple intrazerebrale Hämatome: Verursacht vor allem durch die Amyloidangiopathie.
- Subkortikale familiäre Demenzen: Zum Beispiel Cadasil-Syndrom.
- Mixed Dementia: Vaskuläre Demenz plus Alzheimer-Demenz.
Behandlung und Prävention
Die wesentliche Therapie der vaskulären Demenz ist die Behandlung der zerebrovaskulären Risikofaktoren und die konsequente Sekundärprävention weiterer ischämischer Ereignisse.
Medikamentöse Behandlung
- Behandlung der Risikofaktoren: Vor allem durch Blutdrucksenkung kann eine Reduktion von Schlaganfällen erreicht werden. Die konsequente medikamentöse Sekundärprävention bei Patienten mit vaskulärer Demenz ist empfehlenswert.
- Antidementiva: Bisher gibt es noch keine symptomatische medikamentöse Standardbehandlung der kognitiven Störungen bei vaskulären Hirnveränderungen. Da eine Abgrenzung zu Mischdemenzen mit der Alzheimer-Demenz im Einzelfall schwierig ist, wird pragmatisch häufig eine antidementive Therapie auf dem Boden der S3-Leitlinie Demenzen für die AD gewählt.
Nichtmedikamentöse Therapie
Die nichtmedikamentöse und psychiatrische Therapie folgt den allgemeinen Prinzipien der Neurorehabilitation, Soziotherapie und Psychoedukation.
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Präventive Maßnahmen
- Blutdruckkontrolle: Bluthochdruck ist der konsistenteste und bei weitem stärkste Risikofaktor für die Entstehung von WMH.
- Gesunder Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht kann dazu beitragen, das Risiko für WMH und vaskuläre Demenz zu senken.
Neue Forschungsergebnisse
Aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Frauen nach der Menopause anfälliger für Veränderungen an den Hirngefäßen und damit für Hirnerkrankungen sind als Frauen vor der Menopause, selbst wenn sie ein ähnliches Alter haben. Die Ursachen für diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind unklar, es wird jedoch vermutet, dass das Hormon Östrogen eine schützende Wirkung haben könnte, die im Alter verloren geht.
Eine weitere Studie hat die Auswirkungen von COVID-19 auf das Gehirn untersucht und festgestellt, dass es bei COVID-19 zu zweierlei Läsionen im Gehirn kommen kann: Neben Mikrothromben, die kleine Infarkte auslösen, könnten Entzündungsreaktionen das Gehirn schädigen.
Der Alltag mit vaskulärer Demenz: Ein Erfahrungsbericht
Kirstin Puchner, eine pflegende Angehörige, berichtet von ihren Erfahrungen mit ihrem an vaskulärer Demenz erkrankten Ehemann. Sie betont die Wichtigkeit einer festen Tagesstruktur, viel Bewegung und einer Ernährungsumstellung. Auch die Aufrechterhaltung des Vertrauensverhältnisses und der Wertschätzung spielt eine wichtige Rolle.
Kirstin Puchner: Angefangen hat es eigentlich damit, dass mein Mann unpassende Worte beim Sprechen benutzt hat. Wenn ich gesagt habe, „bringe bitte den Brotkorb mit“, dann war seine Reaktion darauf zum Beispiel „Brottüte“.
Sie gibt Betroffenen und Angehörigen den Rat, erste Anzeichen ernst zu nehmen und sich gut zu informieren.
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