Ursachen von Taubheit bei weißen Katzen

Taubheit bei Katzen ist ein komplexes Thema mit vielfältigen Ursachen. Besonders häufig betroffen sind weiße Katzen, insbesondere solche mit blauen Augen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, den zugrunde liegenden Gendefekt, Diagnosemöglichkeiten und den Umgang mit tauben Katzen.

Genetische Ursachen der Taubheit

Die Tatsache, dass blauäugige und weiße Katzen häufiger taub sind als andersfarbige Artgenossen, deutet auf einen genetischen Zusammenhang hin. Es wird vermutet, dass ein Gendefekt für Taubheit und Fellfarbe verantwortlich ist.

Das "weiße Pigment-Gen"

Das dominante Weißfell-Gen (W) unterdrückt die eigentliche Fellfarbe und wird autosomal dominant vererbt. Es findet sich bei verschiedenen Katzenrassen, oft auch nur teilweise als Scheckung, wie z.B. Maine Coon, Türkisch Angora, Britisch Kurzhaar (BKH), Perserkatze, Norwegische Waldkatze oder Devon Rex. Wie der genaue Vererbungsmodus für Taubheit bei blauäugigen und weißen Katzen abläuft, ist noch nicht vollständig erforscht.

Der Zusammenhang mit dem Corti-Organ

Weißen Katzen, die nicht hören können, fehlt oft ein Organ im Innenohr, das Corti-Organ. Dieses Organ ist für die Weiterleitung von Schwingungen im Ohr verantwortlich. Wenn es fehlt, können Geräusche nicht richtig verarbeitet werden. Das Hören erfolgt durch die Wahrnehmung von Schall über den äußeren Gehörgang (Außenohr), das Trommelfell, die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel) des Mittelohres und die Hörschnecke (Innenohr). In der Hörschnecke wandeln neutrale Haarzellen die Schallwellen in Nervenimpulse um und leiten sie über den Hörnerv und den Hirnstamm an die Hörrinde des Großhirns weiter.

Sensoneurale Taubheit und Melanozyten

Die Taubheit wird wahrscheinlich durch das dominante Weißfell-Gen (W) verursacht. Das gleichzeitige Auftreten einer blauen Iris erhöht das Auftreten tauber Tiere, wobei langhaarige weiße Katzen mit blauen Augen stärker betroffen zu sein scheinen. Die angeborene vererbte sensoneurale Taubheit kann also bei Katzen mit weißer Fellfarbe auftreten. Durch die Unterdrückung der Pigmentzellen (Melanozyten) wird eine Degeneration der Blutversorgung der Hörschnecke (Cochlea) hervorgerufen. Die Schicht am äußeren Rand des Schneckenganges (Stria vascularis) bildet dann die Flüssigkeit um die Haarzellen nicht mehr. Pigmentzellen scheinen für den Erhalt der Stria wichtig zu sein. Bei dem Untergang von Nervenzellen (Haarzellen) spricht man von sensoneuraler Taubheit.

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Weitere Ursachen von Taubheit

Neben den genetischen Ursachen gibt es auch andere Faktoren, die zu Taubheit bei Katzen führen können:

  • Akute oder chronische Erkrankungen im Ohr: Entzündungen oder Verletzungen des Ohres können zu vorübergehender oder dauerhafter Taubheit führen.
  • Erworbene Conduktions-Taubheit: Zerstörerische, hochgradige Infektionen können eine erworbene Conduktions-Taubheit im Laufe des Lebens hervorrufen. Hier kann der Gehörsinn auch nur vorübergehend oder auch nur teilweise eingeschränkt sein, zum Beispiel bei einer Mittelohrentzündung oder bei einem massiven Zuschwellen eines entzündeten Gehörganges.
  • Leitungsbedingte Taubheit (konduktiv): Entsteht durch Blockaden oder Schäden im äußeren oder mittleren Ohr, z. B. bei Entzündungen oder Trommelfellverletzungen.
  • Sensorineurale Taubheit: Betrifft die Sinneszellen im Innenohr oder die Nervenbahnen zum Gehirn. Auslöser können starke Lärmbelastung, Verletzungen oder bestimmte Medikamente sein.

Diagnose von Taubheit bei Katzen

Es ist oft nicht einfach, Taubheit bei Katzen zu erkennen, da sie sich gut an ihre Umgebung anpassen können. Einige Anzeichen können jedoch auf eine Hörschädigung hindeuten:

  • Die Katze reagiert nicht auf Geräusche oder laute Geräusche.
  • Sie schläft weiter, auch wenn es laut ist.
  • Sie erschreckt leichter bei Berührungen, insbesondere von hinten.
  • Das Ohrenspiel ist anders als bei hörenden Katzen.
  • Die Katze miaut ungewöhnlich laut.
  • Wenn Sie sich von hinten nähern, den Namen Ihrer Katze sagen und typische Lockgeräusche machen, sollte sie - sofern sie hören kann - reagieren. Typischerweise drehen sich die Ohren in die Richtung, aus der die Geräusche kommen, oder die Katze blickt dich direkt an. Eine Berührung - auch bei Annäherung von außerhalb des Sichtfeldes - sollte nach akustischer Ankündigung möglich sein, ohne dass die Katze erschrickt. Wenn das alles nicht der Fall ist, also keinerlei Reaktionen auf Geräusche zu erkennen sind und sie bei Körperkontakt sichtlich zusammenzuckt, deutet das darauf hin, dass mit dem Gehör etwas nicht stimmt oder vielleicht sogar eine Taubheit vorliegt.

Um sicherzustellen, ob eine Katze taub ist, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Dieser kann einen speziellen Hörtest (Audiometrie) durchführen. Da die angeborene sensoneurale Taubheit wie auch die Fellzeichnung erblich ist, schreiben manche Katzenzuchtverbände die Audiometrie für weiße Katzen vor, damit nur einwandfrei hörende Tiere zur Vermehrung herangezogen werden. Diese Auflage dienen zum Erhalt gesunder Rassen. Besonders hervorzuheben ist der Rassekatzen-Züchterbund e.V., der auch für weiße Kitten die Untersuchung auf Taubheit (Audoimetrie) vorschreibt.

Umgang mit tauben Katzen

Taube Katzen können ein erfülltes Leben führen, benötigen aber besondere Aufmerksamkeit und Anpassungen im Alltag:

  • Sicherheit: Da taube Katzen Gefahren in ihrer Umgebung meist deutlich später oder gar nicht wahrnehmen, ist es ratsam, sie ausschließlich als Wohnungskatzen zu halten.
  • Kommunikation: Die Kommunikation sollte über visuelle und taktile Signale erfolgen. Statt „komm“ rufen, winken sie ihre Katze mit der Hand zu sich. Und Begriffe wie Nein oder hopp müssen ebenfalls durch Gesten ersetzt und trainiert werden. Am einfachsten mit den Gesten, mit der sie üblicherweise ihrer Sprache noch mehr Ausdruck verleihen. Im Dunkeln können sie auch Morsezeichen mit der Taschenlampe nutzen, um ihre Katze z.B. zum Fressen zu rufen.
  • Rituale: Rituale helfen im täglichen Umgang. Mahlzeiten zur Kontaktaufnahme sind daher besonders empfehlenswert.
  • Aufmerksamkeit: Besitzer einer tauben Katze müssen sich im Klaren sein, dass das alleinige Sprechen mit ihr eventuell überhaupt nicht ankommt. Die Zuneigung und Bindung muss über Hautkontakt erfolgen.
  • Augenpflege: Außerdem sind die Augen dieser Katzen besonders zu beobachten, damit nicht leichtsinnig ein weiterer Sinneswahrnehmung aufs Spiel gesetzt wird. Weiße Katzen mit blauen Augen können ein fehlendes Tapetum lucidum haben. Diese Pigmentierungsschicht der Netzhaut dient zur besseren Reflexion bei schwachem Licht.
  • Vorsichtige Annäherung: Beachten Sie außerdem, dass Ihre taube Katze auch Sie etwas später bemerkt und bei unerwarteten Annäherungsversuchen sehr schnell erschrecken kann. Gerade wenn Sie Kinder haben, sollten Sie diese darauf hinweisen, um Zwischenfälle mit den scharfen Krallen des Vierbeiners zu vermeiden.
  • Ein sauberes Umfeld: Ein sauberes Umfeld steigert das Wohlbefinden deiner Katze enorm. Besonders wichtig ist das Katzenklo - und das richtige Produkt für das Katzenstreu. Pacha-Streu hilft, unangenehme Gerüche zu reduzieren, schont die Atemwege durch geringe Staubentwicklung und kann durch Farbveränderungen im Urin Hinweise auf mögliche Gesundheitsprobleme geben.
  • Mehr Schlaf: Lasse sie mehr schlafen. Die Schlafposition von Katzen ist ein Spiegel ihres Wohlbefindens.
  • Zusammenleben mit hörenden Katzen: Ja, Sie können eine taube Katze mit einer oder mehreren Katzen, die hören können, zusammen halten. Allerdings müssen Sie eines beachten: Taube Katzen hören keine Drohsignale. Das kann hörende Katzen irritieren. Mischen Sie sich aber erst in die Raufereien ein, wenn es ernst wird.

Zucht und Prävention

Um das Risiko angeborener Hörschädigungen zu minimieren, sollten zwei Katzen mit dem W-Gen nicht miteinander verpaart werden. Möchtest du dir eine weiße Katze anschaffen, empfiehlt sich ein Hintergrundcheck der Elterntiere. Dem Deutschen Tierschutzgesetz zufolge sind Züchtungen, die dem Tier körperliche Leiden verursachen beziehungsweise eine Einschränkung der Körperfunktionen zur Folge haben, verboten. Darunter fällt demnach auch das bewusste Herauszüchten weißer Katzen und weiß-gescheckter Katzen mit dem für Taubheit und Schwerhörigkeit verantwortlichen Gendefekt.

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