Demenzerkrankungen stellen eine wachsende Herausforderung für die alternde Bevölkerung dar. Neben der Alzheimer-Krankheit spielen Veränderungen im Gefäßsystem des Gehirns eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Demenzen. Läsionen der weißen Substanz, die im MRT sichtbar gemacht werden können, sind ein Indiz für winzige Gefäßschädigungen im Gehirn und treten häufig bei älteren Menschen auf. Diese Läsionen können mit langsamerem Denken im Alltag in Verbindung stehen.
Die Rolle von Läsionen der weißen Substanz bei Demenz
Frauke Beyer vom MPI CBS in Leipzig und Stephanie Debette von der Universität Bordeaux haben anhand von Daten von über 2800 Studienteilnehmern im Alter von über 65 Jahren untersucht, wo solche Läsionen im Gehirn auftreten, welche Faktoren ihr Auftreten begünstigen und wie sie mit Schlaganfall und Demenz zusammenhängen. Ihre Forschung hat gezeigt, dass Läsionen an typischen Orten im Gehirn auftreten, was darauf hindeutet, dass ihnen unterschiedliche Mechanismen zugrunde liegen könnten.
Bluthochdruck und Amyloid-Ablagerungen als Risikofaktoren
Insbesondere spielt Bluthochdruck eine Rolle bei Läsionen um die Ventrikel herum, während Läsionen in der tiefen weißen Substanz möglicherweise mit der Ablagerung von Amyloid in den Gefäßwänden zusammenhängen, einem Protein, das auch bei Alzheimer auftritt. Da diese Läsionen bereits ab dem vierzigsten Lebensjahr sichtbar werden können, betonen die Forscherinnen die Bedeutung präventiver Maßnahmen.
Prävention durch Kontrolle von Risikofaktoren
Bluthochdruck und ein höherer BMI sind die konsistentesten und stärksten Risikofaktoren für die Entstehung von Läsionen der weißen Substanz. Die Schädigung des Gefäßsystems ist oft ein schleichender Prozess, bei dem Betroffene im Alltag eine langsamere Informationsverarbeitung feststellen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind.
Genetische Faktoren als Forschungsziel
In Folgestudien wollen die Wissenschaftlerinnen nun herausfinden, welche genetischen Faktoren den Läsionen an den verschiedenen Orten im Gehirn zugrunde liegen könnten.
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Migräne und das Demenzrisiko
Die Migräne ist eine komplexe neurologische Erkrankung, bei der die Ursachen und Entstehungsmechanismen bis heute nicht vollständig geklärt sind. Aufgrund der Beteiligung der Hirngefäße an der Migränesymptomatik wird seit längerem untersucht, ob es Zusammenhänge zwischen der Kopfschmerzerkrankung und dem Auftreten von Gefäßerkrankungen/Schlaganfällen oder dem Verlust kognitiver Fähigkeiten gibt.
Migräne mit Aura und Schlaganfallrisiko
Es zeigte sich, dass insbesondere Migräneerkrankungen mit Aura mit einem erhöhten Risiko kognitiver Störungen assoziiert sind, woraus sich die Frage ergibt, ob eine Migräne selbst auch einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenzerkrankung darstellt. Eine Studie mit 12.495 Teilnehmern im Alter zwischen 51 und 70 Jahren ergab jedoch keine statistisch bedeutsame Assoziation zwischen Migräne und der Demenz-Inzidenz.
Überwachung des Schlaganfallrisikos bei Migräne mit Aura
Trotzdem weisen Experten darauf hin, dass Migränepatienten, vor allem Frauen, die an einer Migräne mit Aura leiden, hinsichtlich ihres Schlaganfallrisikos überwacht und zusätzliche Gefäßrisiken vermieden werden sollten.
Alzheimer-Krankheit: Ursachen und Mechanismen
Bei der Alzheimer-Krankheit sterben nach und nach Nervenzellen im Gehirn ab, was zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen (kognitiven) Fähigkeiten führt. Gedächtnisprobleme und Orientierungsschwierigkeiten sind nur zwei der Symptome, die den Alltag der Betroffenen zunehmend erschweren.
Amyloid-Beta und Tau-Protein als Schlüsselfaktoren
Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer sammelt sich übermäßig viel Amyloid-beta zwischen den Gehirnzellen an und bildet giftige Klumpen (Oligomere) und Zusammenlagerungen (Plaques). Ein weiteres Protein, das mit Alzheimer in Verbindung gebracht wird, ist das Tau-Protein, das im Inneren der Gehirnzellen für die Stabilität und Nährstoffversorgung sorgt. Bei der Alzheimer-Krankheit ist das Tau-Protein chemisch so verändert, dass es seine Funktion nicht mehr nachkommen kann und eine fadenförmige Struktur bildet.
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Gliazellen als mögliche Auslöser
Neben den Ablagerungen von Amyloid und Tau kommen Fehlfunktionen bestimmter Zellen als mögliche Auslöser der Alzheimer-Krankheit in Frage. Im Fokus stehen hier insbesondere die Gliazellen, die etwa 90 Prozent aller Gehirnzellen ausmachen. Aufgabe der Gliazellen ist es, die Nervenzellen im Gehirn zu schützen und zu unterstützen, damit die Signalübertragung reibungslos funktioniert.
Forschung für Prävention und Heilung
Überall auf der Welt arbeiten Forscherinnen und Forscher daran, Antworten darauf zu finden, wie Alzheimer entsteht, wie es verhindert oder geheilt werden kann.
Demenz: Definition und Symptome
Als Demenz werden Erkrankungen bezeichnet, bei denen es in einem häufig fortschreitenden Prozess zu Störungen der Gedächtnisleistungen und der Kognition kommt. Typische Beschwerden sind Schwierigkeiten beim Speichern neuer oder beim Erinnern früher gespeicherter Informationen, Probleme mit der Urteilsfähigkeit und Informationsverarbeitung, der Planungs- und Handlungsfähigkeit.
Kognitive Domänen und ihre Störungen
Die kognitiven Funktionen werden in einzelne Teilbereiche (Domänen) unterteilt: Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Gedächtnis und die Exekutivfunktionen. Störungen in diesen Domänen können sich unterschiedlich äußern und erfordern eine genaue Unterscheidung.
Wann muss man sich Sorgen machen?
Das Auftreten von Gedächtnisstörungen bedeutet nicht automatisch, dass eine ernsthafte Erkrankung oder gar eine Demenz vorliegt. Etwa ab dem 50. Lebensjahr lässt bei jedem Menschen die Leistungsfähigkeit in allen kognitiven Domänen langsam nach. Wenn es durch kognitive Störung zu beobachtbaren Einschränkung im Alltag kommt, sollte immer eine ärztliche Untersuchung erfolgen.
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Gedächtnisstörungen bei Depression und anderen Erkrankungen
Da die Gedächtniszentren und die Stresssysteme im Gehirn eng miteinander verschaltet sind, entwickeln Menschen mit Depression auch fast immer Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Es gibt außerdem zahlreiche körperliche Erkrankungen, die sich mit Symptomen einer Demenz bemerkbar machen können. Dazu zählen Schilddrüsenerkrankungen, Vitamin-Mangel, Schlaganfall, Tumorerkrankungen, Infektionserkrankungen, Gehirnentzündungen und Stoffwechselstörungen.
Demenz-Krankheiten: Formen und Ursachen
Es gibt verschiedene Formen von Demenz, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden:
- Alzheimer-Demenz: Durch Ablagerung der Eiweißmoleküle Tau und Beta-Amyloid in bestimmten Hirnregionen kommt es zu langsam und kontinuierlich voranschreitenden Störungen des Kurzzeitgedächtnis und der räumlichen Orientierung.
- Vaskuläre Demenz: Ursache von vaskulären Demenzen sind Erkrankungen der Blutgefäße am Gehirn, die die weiße Hirnsubstanz schädigen.
- Demenzen mit Parkinson-Syndrom: In fortgeschrittenen Fällen der Parkinson-Krankheit können zusätzlich Symptome einer Demenz hinzukommen (Parkinson-Demenz).
- Weniger bekannte Demenzformen: Frontotemporale Lobärdegeneration, Limbic-predominant age-related TDP-43 encephalopathy (LATE), Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung.
Diagnostik und Behandlung bei Demenz
Zur Diagnostik von Gedächtnisstörungen und anderen kognitiven Störungen gehören eine ausführliche Erfassung der Beschwerden und des bisherigen Verlaufes, sowie eine neurologische und psychiatrische Untersuchung. Das Ausmaß kognitiver Störungen kann mittels Testverfahren objektiviert werden. Zum Ausschluss anderer Ursachen sind in der Regel Laboruntersuchungen erforderlich. Eine Computer- oder Kernspintomographie hilft bei der Einordnung der Symptome.
Behandlungsstrategien
Je nach gestellter Diagnose können verschiedene Behandlungsstrategien ergriffen werden. Bei bestimmten Demenzen können Medikamente eingesetzt werden. Symptome, welche die Lebensqualität einschränken (z.B. Schlafstörungen, Unruhe, Angst, Depression), können über medikamentöse und nicht-medikamentöse Ansätze gebessert werden. Förderung und Erhalt von kognitiven Leistungen und körperlicher Aktivität spielen eine wichtige Rolle.
Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Hirnschäden
Forschende des DZNE haben herausgefunden, dass nach der Menopause bei Frauen das Ausmaß bestimmter Hirnschäden größer ist als bei gleichaltrigen Männern. Diese Gewebeschäden gelten als mögliche Risikofaktoren für Demenz und Schlaganfall.
White Matter Hyperintensities (WMH)
Auf MRT-Aufnahmen des Gehirns sind bei älteren Erwachsenen helle Flecken zu erkennen, die auf Auffälligkeiten in der weißen Hirnsubstanz hinweisen (White Matter Hyperintensities). Diese Anomalien im Hirngewebe werden mit Durchblutungsstörungen, erhöhtem Blutdruck, Schlaganfall und kognitiven Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht.
Östrogen und hormonelle Umstellung als mögliche Faktoren
Die Ursachen für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind unklar. Es wird spekuliert, dass das Hormon Östrogen eine schützende Wirkung haben könnte, die im Alter verloren geht, weil der weibliche Organismus dessen Produktion mit den Wechseljahren nach und nach einstellt.
Bildgestützte Bevölkerungsstudien und die Früherkennung von Krankheiten
Bildgestützte Bevölkerungsstudien verfolgen das Ziel, in einer großen Anzahl radiologische Bilder zu analysieren, um auf deren Grundlage Biomarker für die Früherkennung und Voraussage von Krankheiten entwickeln zu können.
Alterungsprozess des Gehirns: Mehr als nur das Alter
Gabriel Krestin, Leiter der Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin am Erasmus University Medical Center in Rotterdam, betont, dass das, was wir mit dem Alter in Verbindung bringen, nicht mit dem normalen Alterungsprozess zusammenhängt, sondern Teil eines Prozesses ist, der mit der Pathophysiologie von bestimmten Krankheiten zusammenhängt.
Läsionen in der weißen Substanz als Indikatoren für Diagnosen
Durch bildgestützte Bevölkerungsstudien wurde festgestellt, dass Läsionen in der weißen Substanz mit einer bestimmten Zahl an Risikofaktoren assoziiert sind und Indikatoren für bestimmte Diagnosen wie Demenz und Schlaganfall sein können.
Die Bedeutung der bildgebenden Erfassung von Veränderungen
Die bildgebende Erfassung solcher Veränderungen wird immer wichtiger, weil sie als Biomarker fungieren, die bestimmte Erkrankungen voraussagen können.
Individuelle Unterschiede in der Hirnstruktur
Forscher des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) der Uniklinik RWTH Aachen haben herausgefunden, dass sich die Gehirnflächen der Menschen tatsächlich in nur fünf Prozent gleichen. Diese Flächen befinden sich erstaunlicherweise sehr konzentriert in Hirnarealen, die dazu dienen, den Körper wahrzunehmen.
Umwelt und Gene als Einflussfaktoren
Umwelt und Gene machen die Gehirne von Menschen recht unterschiedlich. Somit würde jeder Mensch ein vollkommen einmaliges Gehirn aufweisen, was erklärt, warum Menschen sich so im Denken und Fühlen unterscheiden.
Krankheiten der weißen Substanz des Zentralnervensystems (ZNS)
Krankheiten der weißen Substanz des Zentralnervensystems (ZNS) werden auch als Leukoenzephalopathien (LE) bezeichnet. LE sind genetisch bedingt oder erworben. In der Diagnostik spielt die Magnetresonanztomografie (MRT) eine große Rolle.
Genetische Leukoenzephalopathien (LD)
Als Leukodystrophien (LD) werden klinisch progredient verlaufende genetische LE bezeichnet, bei denen es entweder zu einer Demyelinisierung oder zu einem konstant vermindert bzw. fehlerhaft gebildeten Myelin kommt. Genetische LE manifestieren sich vorwiegend im Kindes- und Jugendalter, können aber in jedem Lebensalter auftreten. Klinische Leitsymptome sind Bewegungsstörungen mit muskulärer Hypotonie, progredienter Spastik oder Ataxie.
Metachromatische Leukodystrophie (MLD)
Ursächlich sind Genmutationen, die zu Defekten im lysosomalen Abbau von Sulfatid führen. Der Abbau von Sulfatid kann durch verschiedene Defekte gestört sein. Hierdurch reichert sich Sulfatid in der weißen Substanz und anderen Organen an.
Morbus Krabbe, Globoidzellen-Leukodystrophie
Die Defizienz des lysosomalen Enzyms Galaktozerebrosidase führt zur Akkumulation von Galaktozerebrosid (Galaktosylceramid) und Psychosin im ZNS. Dabei zerstört das zytotoxische Psychosin die für die Aufrechterhaltung der Myelinmembran zuständigen Oligodendrozyten.
Vanishing White Matter (VWM)
Die Krankheit ist durch vakuolisierende, zystische, schließlich zu großen Kavitäten führenden Läsionen der weißen Substanz gekennzeichnet. VWM kann im Säuglingsalter beginnen, rasch progredient verlaufen und früh zum Tode führen, aber auch erst im Erwachsenenalter mit schleichender, zunächst rein psychopathologischer Symptomatik auftreten.
Morbus Pelizaeus-Merzbacher (PMD)
Die PMD wird durch vererbte oder de novo entstandene Mutationen des das Proteolipidprotein 1 (PLP1) kodierenden Gens auf Chromosom Xq22 verursacht. Makroskopisch zeigt das Gehirn einschließlich Zerebellum und Hirnstamm eine diffuse Atrophie, die weiße Substanz ist in ihrem Volumen reduziert, der Balken verschmälert.
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