Neue Flaschendeckel: Frust und Fakten rund um die "Tethered Caps"

Seit Sommer 2024 sind sie Pflicht: fest mit der Flasche verbundene Deckel, auch bekannt als "Tethered Caps". Diese EU-weite Regelung soll verhindern, dass Flaschendeckel achtlos in der Umwelt landen und so die Vermüllung reduzieren. Doch was als Beitrag zum Umweltschutz gedacht war, sorgt bei vielen Verbrauchern für Unmut.

Verbrauchermeinung: Unpraktisch und störend

Auch ein Jahr nach der Einführung empfinden viele Menschen in Deutschland fest angebrachte Deckel bei Flaschen oder Tetrapaks als unpraktisch. Knapp zwei Drittel kritisieren, dass das Trinken dadurch umständlicher sei, wie aus einer aktuellen Studie des Nürnberger Instituts für Marktentscheidungen (NIM) hervorgeht. Das NIM hatte im Mai rund 1.000 Menschen im Alter von 18 bis 74 Jahren repräsentativ befragt. Das Ergebnis: Nur zwölf Prozent haben keine Probleme mit den neuen Deckeln. 63 Prozent der Befragten finden sie schlechter zu handhaben als herkömmliche Verschlüsse. Häufig bemängelt wird auch, dass die sogenannten Tethered Caps beim Ausgießen stören und sich schlecht schließen lassen.

Die Studie basiert auf qualitativen Befragungen und Gruppendiskussionen, an denen insgesamt 30 Personen teilnahmen. Es zeigte sich, dass vor allem Kinder, ältere und körperlich beeinträchtigte Menschen die neuen Verschlüsse nur mit erhöhtem Kraftaufwand oder gar nicht öffnen können. Zudem berichteten die Teilnehmenden über vermehrtes Kleckern oder sogar Verletzungsgefahr. Etliche Befragte störten sich an der Vielfalt der Deckeltypen, sodass die Funktionsweise jeweils neu ermittelt werden müsse. Einige lassen sich weiter öffnen als andere, manche sind dreh- oder arretierbar.

Umweltnutzen: Umstritten und in Frage gestellt

Nur jeder Dritte sieht der Umfrage zufolge in den neuen Deckeln einen Vorteil für den Umweltschutz. Bei jungen Menschen, Eltern sowie umweltbewussten Verbraucherinnen und Verbrauchern liegt der Anteil nur leicht höher. Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) stellt den Nutzen der Regelung infrage. Mit den neuen Deckeln sei ein Problem gelöst worden, "das es gar nicht gab", sagt eine Sprecherin. PET-Einwegflaschen mit Pfand hätten hierzulande demnach ohnehin eine Sammelquote von nahezu 100 Prozent, meist inklusive Verschluss. Einer Vermüllung sei damit bereits wirksam vorgebeugt worden. Das WDR-Wissenschaftsmagazin Quarks berichtete kürzlich in den Sozialen Medien, dass es bisher keine stichhaltigen Belege dafür gebe, dass die Deckel bislang ein besonders großes Problem darstellten. Die Redaktion verweist darauf, dass durch die neue Regelung letztlich nur die Müllmenge in der Statistik zurückgehe.

Eine ähnliche Kritik an der Pflicht zum angebundenen Deckel äußert nun auch Umweltexperte Philip Heldt von der Verbraucherzentrale NRW. Viel nützlicher für die Umwelt wäre "ein Mehrweggebot für Getränkeflaschen", sagt Heldt. Auch müsse die Gastronomie dazu gebracht werden, dass "mehr Mehrweg-Gefäße als diese ganzen To-go-Verpackungen ausgegeben werden". Außerdem bräuchten Zahnpasta-Tuben keine Umverpackungen.

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Trotzdem sei der angebundene Deckel durchaus sinnvoll, sagt Professor Eugen Herzau dem WDR. So ein Plastik-Deckel wiege zwischen 1,85 und 1,9 Gramm, sagt Herzau. Das sei nicht viel, aber bei einer Million Flaschen komme man auf fast zwei Tonnen Plastik. Würden diese dem Recyclingkreislauf zugeführt werden, ließe sich in der Plastik-Produktion viel einsparen.

Auswirkungen auf das Konsumverhalten

So trinken 23 Prozent nach eigenen Angaben seltener direkt aus der Flasche, 20 Prozent meiden Produkte mit fest angebundenen Deckeln. Die Mehrheit hält laut NIM-Befragung jedoch an ihren Trinkgewohnheiten fest. Ein breiter Boykott sei nicht in Sicht, sagt Experte Unfried. "So groß der Ärger mit den Verschlüssen ist - die Deutschen scheinen sich insgesamt damit zu arrangieren." Trotz der Kritik beobachtet der VDM einen Gewöhnungseffekt: Die Zahl der Beschwerden sei deutlich zurückgegangen, das Kaufverhalten habe sich nicht wesentlich verändert.

Anpassungen der Hersteller und Investitionen

Für den Getränkefachgroßhandel hatte die Umstellung im vergangenen Jahr Folgen. Anlagen hatten um- oder neu gebaut werden müssen. Laut Branchenverband waren Investitionen im Millionenbereich nötig. Vor allem Platzhirsch Coca-Cola produzierte nach eigenen Angaben bereits vor Juli 2024 in 11 von 14 regionalen Standorten neue Gebinde mit den so genannten "tethered caps". Bereits vor der Verabschiedung des EU-Maßnahmenpakets 2019 gab es heftige Kritik seitens der Getränkehersteller. Laut einer Studie, die vom Europäischen Mineralwasserverband (EFBW) in Auftrag gegeben wurde, erhöhe sich sogar der Plastikverbrauch bei der Produktion durch die fest verschweißten Verschlussdeckel.

Einige Flaschenhersteller reagierten bereits auf das Problem und entwickelten clevere Systeme, bei denen der Deckel seitlich einrasten kann.

Lifehacks und Tricks für den Umgang mit "Tethered Caps"

Viele Konsumenten sind jedoch von den neuen Verschlüssen genervt. Der Deckel stört oft beim Trinken, da er nicht mehr vollständig entfernt werden kann. Aber es gibt einen einfachen Trick, der Abhilfe schafft.

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Hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:

  1. Zunächst müssen Sie den Deckel der Flasche entfernen, indem Sie ihn abschrauben.
  2. Dann müssen Sie die Verschlusskappe leicht nach unten ziehen. Dabei löst sich bei vielen Falschen der obere Teil des Kunststoffrings, was die Verbindung zwischen Flasche und Deckel verlängert.
  3. Anschließend schieben Sie Sie den Deckel auf die andere Seite der Flaschenöffnung - dann steht er nicht mehr störend nach oben und ist beim Trinken nicht mehr im Weg.
  4. Zum verschließen der Flasche, ziehen Sie den Deckel einfach zurück über die Öffnung in seine ursprüngliche Position.

Sollte der Trick bei Ihrer Flasche nicht funktionieren, gibt es eine weitere Möglichkeit, das Trinken angenehmer zu gestalten. Drehen Sie den Deckel um 180 Grad, sodass die Innenseite des Deckels nach unten zeigt. Auf diese Weise stört der Deckel weniger und Sie können Ihr Getränk ohne Probleme genießen.

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