Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Während Epilepsie-Anfälle jederzeit auftreten können, gibt es spezielle Formen, bei denen die Anfälle vorwiegend oder ausschließlich im Schlaf auftreten. Diese schlafgebundenen Epilepsien stellen besondere Herausforderungen dar, da sie oft unbemerkt bleiben und spezifische Risiken bergen.
SUDEP: Plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie
Eine der größten Gefahren im Zusammenhang mit Epilepsie, insbesondere bei nächtlichen Anfällen, ist der SUDEP (Sudden Unexpected Death in Epilepsy). SUDEP bezeichnet den plötzlichen, unerwarteten Tod eines Menschen mit Epilepsie, ohne dass eine andere Todesursache gefunden werden kann. Das Risiko für SUDEP ist zwar relativ gering, aber dennoch real und sollte ernst genommen werden.
Risikofaktoren für SUDEP:
- Generalisierte tonisch-klonische Anfälle: Dies sind die klassischen "Krampfanfälle", bei denen der ganze Körper zuckt und versteift. Insbesondere wenn diese Anfälle im Schlaf auftreten, ist das SUDEP-Risiko erhöht.
- Häufige Anfälle: Je häufiger jemand Anfälle hat, desto höher ist das Risiko für SUDEP. Insbesondere generalisierte tonisch-klonische Krämpfe im Jahr vor dem Tod steigerten das SUDEP-Risiko massiv. Insgesamt lag die Gefahr fast 27-mal höher, bei mindestens vier solcher Anfälle sogar 32-mal.
- Schlaf: Die meisten SUDEP-Fälle treten im Schlaf auf.
- Alleinleben: Menschen, die allein leben und schlafen, haben ein höheres SUDEP-Risiko, da im Falle eines Anfalls niemand da ist, um Hilfe zu rufen. Bei ihnen kam ein SUDEP etwa fünfmal so oft vor wie bei Patienten mit (Bett-)Partner. Ganz extrem wurde die Situation, wenn man die Risikofaktoren kombinierte. Die Experten errechneten eine 67-fach erhöhte Gefahr für einen plötzlichen Tod bei Patienten mit generalisiertem tonisch-klonischem Anfall in den zurückliegenden zwölf Monaten, die sich das Schlafzimmer nicht mit einer anderen Person teilten.
- Früher Beginn der Epilepsie.
- Medikamentöse Behandlung mit mehreren Antiepileptika.
- Häufiger Wechsel der Medikamente oder unregelmäßige Einnahme.
- Mehrfachbehinderung.
Mögliche Ursachen für SUDEP:
Die genauen Mechanismen, die zu SUDEP führen, sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass epileptische Anfälle zu Störungen der Herzfrequenz und der Atmung führen können. Diese Störungen können so schwerwiegend sein, dass sie zum Tod führen.
Prävention von SUDEP:
Die beste Möglichkeit, SUDEP vorzubeugen, ist eine gute Anfallskontrolle. Das bedeutet, die Anfälle so gut wie möglich mit Medikamenten oder anderen Therapien zu kontrollieren. Bei fokalen Epilepsien sollte frühzeitig die Möglichkeit einer Operation in Betracht gezogen werden, falls der Patient nicht auf die Medikamente anspricht. Weitere Maßnahmen zur Risikominimierung können sein:
- Regelmäßige Einnahme von Medikamenten: Es ist wichtig, die verordneten Medikamente genau nach Anweisung des Arztes einzunehmen.
- Vermeidung von Anfallsauslösern: Bestimmte Faktoren, wie Schlafmangel, Stress oder Alkohol, können Anfälle auslösen. Diese sollten nach Möglichkeit vermieden werden.
- Schlaf-Monitoring: Für Menschen mit einem hohen SUDEP-Risiko kann ein Schlafüberwachungssystem sinnvoll sein, das bei einem Anfall Alarm schlägt.
Ursachen von Epilepsie im Schlaf
Epilepsie ist eine komplexe Erkrankung, und die Ursachen für Epilepsie im Schlaf können vielfältig sein. In vielen Fällen ist eine genetische Veranlagung beteiligt. Das bedeutet, dass bestimmte Genveränderungen das Risiko für Epilepsie erhöhen können.
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Weitere mögliche Ursachen:
- Hirnstrukturelle Veränderungen: Veränderungen im Gehirn, wie z. B. Narben nach Verletzungen oder Fehlbildungen, können epileptische Anfälle verursachen. Bei einer 22-jährigen Patientin, die gelegentlich in einem „durchwühlten“ Bett erwachte und über Tagesmüdigkeit klagte, wurde als Ursache eine fokale kortikale Dysplasie (FCD) festgestellt.
- Stoffwechselstörungen: Bestimmte Stoffwechselstörungen können die Funktion des Gehirns beeinträchtigen und Anfälle auslösen.
- Infektionen: Hirnhautentzündung oder andere Infektionen des Gehirns können zu Epilepsie führen.
- Schlafapnoe: Fast ein Drittel der Menschen mit Epilepsie leidet möglicherweise an einer nicht diagnostizierten Schlafapnoe. Für Menschen mit Epilepsie ist ein gesunder Schlaf unerlässlich, um Krampfanfälle wirksam unter Kontrolle zu halten. Für diejenigen mit Epilepsie sind Schlafstörungen ein zweischneidiges Schwert. Epilepsie stört den Schlaf und Schlafentzug verschlimmert die Epilepsie.
Formen der Epilepsie im Schlaf
Es gibt verschiedene Formen von Epilepsie, die sich vorwiegend im Schlaf manifestieren. Einige der häufigsten sind:
- Rolando-Epilepsie: Die Rolando-Epilepsie ist eine häufige Form der Epilepsie bei Kindern. Betroffene haben typischerweise Muskelkrämpfe im Gesicht und können nicht sprechen. Die Anfälle treten häufig nachts auf, enden meist schnell wieder und erfordern nicht immer eine Behandlung. Die Rolando-Epilepsie (auch: Rolandische Epilepsie) gehört zu den häufigsten Formen der Epilepsie bei Kindern. Sie äußert sich durch epileptische Anfälle, die vor allem zwischen dem dritten und dreizehnten Lebensjahr (selten bis achtzehn) auftreten. Jungen sind öfter betroffen als Mädchen. Erwachsene haben die Rolando-Epilepsie in der Regel nicht mehr. Die Ursachen der Rolando-Epilepsie sind noch nicht vollständig geklärt. Mediziner gehen von einer sogenannten genetischen Prädisposition aus. Das heißt, Betroffene haben Veränderungen (Mutationen) im Erbgut, die sie anfälliger für die Erkrankung machen. Vermutlich begünstigen dann äußere Einflussfaktoren, dass die Rolando-Epilepsie tatsächlich ausbricht.
- Nokturnale Frontallappenepilepsie: Diese Form der Epilepsie ist durch Anfälle gekennzeichnet, die im Schlaf auftreten und ihren Ursprung im Frontallappen des Gehirns haben. Die Anfälle können sich durch ungewöhnliche Bewegungen, Schreie oder andere Verhaltensweisen äußern.
- Aufwach-Grand-Mal: Genetische Epilepsien wie Aufwach-Grand mal treten schlafassoziiert auf. Anfälle in der morgendlichen Aufwachphase sind häufig Myoklonien oder tonisch klonische Anfälle bei idiopathisch generalisierter Epilepsie.
Diagnose von Epilepsie im Schlaf
Die Diagnose von Epilepsie im Schlaf kann eine Herausforderung sein, da die Anfälle oft unbemerkt bleiben. Eine sorgfältige Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) und die Beobachtung des Schlafverhaltens sind wichtige erste Schritte.
Weitere Diagnoseverfahren:
- EEG (Elektroenzephalogramm): Das EEG ist eine Untersuchung, bei der die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen wird. Ein EEG kann helfen, epileptische Aktivität im Schlaf zu erkennen. Insbesondere die Durchführung von EEG nach Schlafentzug gehört zum Standardrepertoire zur Diagnosesicherung einer Epilepsie. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass ein vorheriger Schlafentzug die Ausbeute an epilepsietypischen Potenzialen (ETP) im EEG um 40 % erhöht. Damit hat das EEG nach Schlafentzug eine höhere Sensitivität für das Erfassen von epileptischer Aktivität.
- Schlaf-EEG: Da die Anfälle oft nur im Schlaf auftreten, ist ein Schlaf-EEG (eine EEG-Aufzeichnung während des Schlafs) besonders aussagekräftig.
- Video-EEG-Monitoring: Bei dieser Untersuchung wird das EEG über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet, während der Patient gleichzeitig gefilmt wird. Dies ermöglicht es, die Anfälle genau zu beobachten und zu dokumentieren.
- MRT (Magnetresonanztomographie): Eine MRT des Gehirns kann helfen, strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erkennen, die möglicherweise für die Anfälle verantwortlich sind.
Behandlung von Epilepsie im Schlaf
Die Behandlung von Epilepsie im Schlaf zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.
Behandlungsmöglichkeiten:
- Medikamente (Antiepileptika): Antiepileptika sind die häufigste Form der Behandlung von Epilepsie. Es gibt viele verschiedene Antiepileptika, und der Arzt wird das am besten geeignete Medikament für den jeweiligen Patienten auswählen.
- Chirurgie: In einigen Fällen kann eine Operation eine Option sein, um die Anfälle zu kontrollieren. Dies kommt vor allem dann in Frage, wenn die Anfälle von einem bestimmten Bereich des Gehirns ausgehen, der entfernt werden kann.
- Vagusnervstimulation: Bei der Vagusnervstimulation wird ein kleines Gerät unter die Haut im Brustbereich implantiert, das elektrische Impulse an den Vagusnerv sendet. Dies kann helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
- Ketogene Diät: Die ketogene Diät ist eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist. Sie kann bei einigen Menschen mit Epilepsie helfen, die Anfälle zu kontrollieren.
- Verhaltensänderungen: Bestimmte Verhaltensänderungen, wie z. B. regelmäßiger Schlaf, Stressreduktion und Vermeidung von Anfallsauslösern, können ebenfalls helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
Schlaf und Epilepsie: Ein Teufelskreis
Schlaf und Epilepsie beeinflussen sich gegenseitig. Die Epilepsie kann Ursache der Schlafstörungen sein durch Störung der Schlafarchitektur über die postiktale Phase hinaus. Es resultieren Tagesmüdigkeit und Gedächtnisstörungen. Das Durchlaufen der Schlafstadien ist für die Konsolidierung der Gedächtnisinhalte wichtig. Andererseits verschlechtern Schlafstörungen die Häufigkeit epileptischer Anfälle.
Schlafstörungen als Trigger für Anfälle:
Schlafmangel und unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus gehören zu den häufigsten Triggern für epileptische Anfälle. Dies liegt daran, dass Schlafentzug die Erregbarkeit des Gehirns erhöht und die Wahrscheinlichkeit für unkontrollierte elektrische Entladungen erhöht.
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Epilepsie als Ursache für Schlafstörungen:
Epileptische Anfälle, insbesondere nächtliche Anfälle, können den Schlaf erheblich stören. Die Anfälle selbst können zu Aufwachreaktionen führen und den Schlaf fragmentieren. Darüber hinaus können auch die Medikamente, die zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt werden, Schlafstörungen verursachen.
Die Bedeutung von gutem Schlaf:
Für Menschen mit Epilepsie ist es daher besonders wichtig, auf einen guten Schlaf zu achten. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Regelmäßige Schlafzeiten: Jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen, auch am Wochenende.
- Ausreichend Schlaf: Die meisten Erwachsenen benötigen 7-8 Stunden Schlaf pro Nacht.
- Gute Schlafhygiene: Schaffung einer entspannenden Schlafumgebung, Vermeidung von Koffein und Alkohol vor dem Schlafengehen.
- Behandlung von Schlafstörungen: Wenn Schlafstörungen bestehen, sollten diese von einem Arzt behandelt werden.
Leben mit Epilepsie im Schlaf
Epilepsie im Schlaf kann das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erheblich beeinträchtigen. Die Angst vor nächtlichen Anfällen, die Ungewissheit und die möglichen Folgen von SUDEP können zu Stress und Angst führen.
Unterstützung und Ressourcen:
Es gibt viele Organisationen und Selbsthilfegruppen, die Menschen mit Epilepsie und ihre Familien unterstützen. Diese bieten Informationen, Beratung und die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.
Wichtige Tipps für den Alltag:
- Offene Kommunikation: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Ihrer Familie und Ihren Freunden über Ihre Epilepsie.
- Notfallplan: Erstellen Sie einen Notfallplan für den Fall eines Anfalls.
- Sicherheitsvorkehrungen: Treffen Sie Sicherheitsvorkehrungen, um Verletzungen bei einem Anfall zu vermeiden.
- Selbstfürsorge: Achten Sie auf Ihre körperliche und seelische Gesundheit.
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