Polyneuropathie: Welcher Arzt behandelt und was Sie wissen sollten

Wie ein weitverzweigtes Netzwerk durchzieht das periphere Nervensystem unseren Körper. Es entspringt aus dem Rückenmark und stellt die Verbindung zwischen Gehirn und Muskeln, Haut sowie inneren Organen her. Über diese Nervenbahnen laufen lebensnotwendige Informationen und Befehle. Werden diese Nerven jedoch geschädigt, kann es zu einer Polyneuropathie kommen, einer Erkrankung, die den Informationsfluss erheblich stört.

Was ist Polyneuropathie?

Der Begriff „Polyneuropathie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „Erkrankung mehrerer Nerven“. Unter Polyneuropathie (PNP) versteht man eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der mehrere Nerven außerhalb von Rückenmark und Gehirn gleichzeitig erkranken. Die Polyneuropathie ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Überbegriff für verschiedene Syndrome, die mit einer Schädigung von Nerven einhergehen. Verschiedene Ursachen können somit zu unterschiedlichen Formen der Polyneuropathie führen. So bezeichnet man beispielsweise eine durch Diabetes verursachte Nervenschädigung als diabetische Polyneuropathie.

Symptome einer Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie sind vielfältig und hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien. Es können auch mehrere Formen gleichzeitig auftreten. Die Erkrankung kann akut, sich schnell verschlechternd oder chronisch verlaufen.

Typische Symptome sind:

  • Sensible Polyneuropathie: Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühle oder Kribbeln, vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden, meist an Füßen oder Händen. Viele Patienten beschreiben die Missempfindungen als eine Art „Ameisenlaufen“ oder Kribbeln. Neuropathische Schmerzen haben häufig einen brennenden Charakter.
  • Motorische Polyneuropathie: Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe, Lähmungen, Muskelschwund und Gangstörungen.
  • Vegetative Polyneuropathie: Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall, verstärktes Schwitzen oder mangelnde Regulation des Herzschlages bei Anstrengung, Störungen der Schweißproduktion, des Kreislaufs oder der Blasenfunktion.
  • Weitere Beschwerden: Erschöpfungszustände, brennende, schneidende oder stechende Schmerzen, kalte Füße, gestörtes Lageempfinden, Schwanken, Schwindel.

Die Symptome beginnen meist an den Zehen und Füßen und breiten sich im Verlauf auf die Unterschenkel aus. Auch die Finger und Hände können betroffen sein. Alle Symptome entstehen zumeist symmetrisch und nur seltener asymmetrisch mit Betonung auf einer Seite.

Ursachen einer Polyneuropathie

Die Polyneuropathie kann erblich bedingt oder im Laufe des Lebens erworben sein. Es gibt über 300 bekannte Ursachen.

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Häufige Ursachen sind:

  • Diabetes mellitus: Ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel schädigt die Nerven. Etwa jeder dritte Diabetiker ist betroffen.
  • Alkoholmissbrauch: Alkohol hat eine nervenschädigende Wirkung bei langjährigem hohen Konsum.
  • Vitaminmangel: Mangel an Vitamin B1, B2, B6, B12 oder E.
  • Nierenerkrankungen: Nierenversagen kann zu einer Polyneuropathie führen.
  • Schilddrüsenerkrankungen: Schilddrüsenüberfunktion, Schilddrüsenunterfunktion oder Schilddrüsenentzündungen.
  • Entzündliche Erkrankungen: Borreliose, Diphtherie, Gürtelrose, Gefäßentzündungen (Vasculitis), HIV/AIDS oder Autoimmunerkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder rheumatoide Arthritis.
  • Vergiftungen: Kontakt mit giftigen Substanzen wie Schwermetallen (Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber, Gold) oder Lösungsmitteln.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente wie Chemotherapeutika, Antibiotika (Nitrofurantoin oder Metronidazol), Interferone oder Virustherapeutika bei HIV.
  • Krebserkrankungen: Beispielsweise Brustkrebs oder Blutkrebs.
  • Hormonelles Ungleichgewicht: Ausgelöst durch eine Schilddrüsenunterfunktion.
  • Erbliche Veranlagung: Hereditäre Neuropathien.
  • Infektionen: Borreliose oder Syphilis.

In etwa einem Viertel aller Fälle bleibt die Ursache auch nach ausführlicher Abklärung ungeklärt.

Wer behandelt Polyneuropathie?

Die richtige Anlaufstelle bei Verdacht auf Polyneuropathie ist eine neurologische Facharztpraxis. Betroffene können sich aber auch an den Hausarzt wenden, der bei Bedarf an einen Neurologen überweist. Die Diagnostik und Therapie der Polyneuropathie fallen in das Fachgebiet des Neurologen.

Die Aufgaben des behandelnden Arztes umfassen:

  • Diagnosestellung: Feststellung, ob tatsächlich eine Polyneuropathie vorliegt und welche Nerven wie stark geschädigt sind.
  • Ursachenforschung: Abklärung der Ursache der Polyneuropathie, um eine gezielte Behandlung einzuleiten.
  • Therapieplanung: Erstellung eines individuellen Therapieplans, der auf die Beschwerden und die Ursache der Erkrankung abgestimmt ist.
  • Symptomlinderung: Behandlung der Schmerzen und Missempfindungen.
  • Begleitende Therapien: Verordnung von Physio- oder Ergotherapie zur Unterstützung der Regeneration und zur Verbesserung der Beweglichkeit.
  • Verlaufskontrolle: Regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit der Therapie und Anpassung bei Bedarf.

Diagnostik einer Polyneuropathie

Um festzustellen, ob eine Polyneuropathie vorliegt und welche Ursache zugrunde liegt, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der vorliegenden Beschwerden.
  • Körperliche Untersuchung: Prüfung der Muskelkraft, Reflexe, Sensibilität und Koordination.
  • Elektroneurographie (NLG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
  • Elektromyographie (EMG): Messung der Muskelaktivität, um festzustellen, ob die Muskeln richtig auf die Nervensignale ansprechen.
  • Laboruntersuchungen: Blut- und Urinuntersuchungen zur Abklärung möglicher Ursachen wie Diabetes, Vitaminmangel, Entzündungen oder Vergiftungen.
  • Untersuchung des Nervenwassers (Liquor): Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung.
  • Bildgebende Verfahren: Kernspintomographie (MRT) der Wirbelsäule, um andere Erkrankungen auszuschließen.
  • Genetische Tests: Bei Verdacht auf eine erblich bedingte Polyneuropathie.
  • Nervenbiopsie: In seltenen Fällen zur Untersuchung einer Gewebeprobe des Nervs.

Behandlung einer Polyneuropathie

Das primäre Ziel der Behandlung ist die Beseitigung oder Behandlung der Ursache der Polyneuropathie.

Weitere Behandlungsansätze sind:

  • Einstellung des Blutzuckers: Bei Diabetes mellitus ist eine optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels wichtig.
  • Alkoholabstinenz: Bei Alkoholmissbrauch ist ein vollständiger Verzicht auf Alkohol erforderlich.
  • Vitaminzufuhr: Bei Vitaminmangel werden entsprechende Präparate verabreicht.
  • Behandlung von Entzündungen: Bei entzündlichen Ursachen können Kortison-Infusionen, Plasmapherese (Blutwäsche) oder Immunglobuline eingesetzt werden.
  • Schmerztherapie: Medikamente wie Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioide können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Zur Behandlung von Lähmungen, Muskelschwund, Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen.
  • Ergotherapie: Zur Verbesserung derAlltagsfähigkeiten und des Körperempfindens.
  • Neural-Akupunktur: Zur Behandlung von Missempfindungen und Schmerzen.
  • Orthesen: Spezielle Schienen zur Unterstützung bei Muskellähmungen.

Tipps für die Vorsorge und mehr Lebensqualität

  • Blutzucker kontrollieren: Menschen mit Diabetes sollten regelmäßig ihren Blutzucker kontrollieren und ärztlich verordnete Medikamente einnehmen.
  • Füße kontrollieren: Eine Polyneuropathie an Beinen oder Füßen erhöht das Risiko für Fußgeschwüre - eine regelmäßige Kontrolle auf Wunden ist also wichtig.
  • Bewegen: Menschen mit Polyneuropathie können bei Schmerzen und Missempfindungen von verschiedenen Angeboten wie Aquagymnastik oder Gehtraining profitieren.
  • Gesundheits-Check-up: Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen können Risikofaktoren wie einen erhöhten Blutzuckerspiegel und frühe Symptome aufdecken.

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