Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihre Angehörigen vor große Herausforderungen stellt. Der Umgang mit den Veränderungen, die die Krankheit mit sich bringt, kann mitunter sehr belastend sein. Ziel dieses Artikels ist es, Ihnen praktische Tipps und Strategien an die Hand zu geben, um den Alltag mit Demenz zu erleichtern und die Lebensqualität aller Beteiligten zu verbessern.
Was Demenz bedeutet und wie sie sich auswirkt
Es ist wichtig, sich zunächst umfassend über die Erkrankung zu informieren. Viele Missverständnisse im Umgang mit Menschen mit Demenz entstehen durch mangelndes Wissen über die Krankheit und ihre Folgen. Ein besseres Verständnis dafür, wie sich Menschen mit Demenz fühlen, wenn ihnen Fähigkeiten verloren gehen und sie sich nicht mehr zurechtfinden, kann helfen, Konflikte und Schwierigkeiten im Alltag zu vermeiden. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem fremden Land, ohne die Sprache zu verstehen oder die Schrift lesen zu können. Die Angst, Unruhe und Frustration, die in einer solchen Situation entstehen, sind vergleichbar mit den emotionalen Belastungen, die Menschen mit Demenz im Alltag erleben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Selbstwert der Betroffenen, der durch die Krankheit zunehmend angegriffen wird. Sie können Dinge nicht mehr tun, die sie früher konnten, werden von Gesprächen ausgeschlossen und fühlen sich nicht mehr als vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft. Deshalb ist es wichtig, ihnen so viel Selbstständigkeit und Autonomie wie möglich zu lassen.
Praktische Tipps für den Umgang mit Demenz im Alltag
Beteiligung und Integration
Achten Sie darauf, Menschen mit Demenz in Gespräche, Familienaktivitäten und Haushaltsarbeiten einzubeziehen. Auch wenn die Ergebnisse nicht immer den Erwartungen entsprechen, ist es für die Betroffenen wichtig zu wissen, dass sie dazugehören und ein aktives Mitglied der Gemeinschaft sind.
Vermeidung von Überforderung
Vermeiden Sie Situationen, die hektisch werden könnten, wie z.B. zu viele Termine oder Zeitdruck beim Anziehen. Geben Sie den Betroffenen die Zeit, die sie für alltägliche Aufgaben benötigen, und reduzieren Sie Hintergrundgeräusche wie Radio oder Fernseher, die Stress verursachen können. Zu viele Eindrücke können verwirren, anstrengen und Stress verursachen.
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Gedächtnistraining und Erinnerungen
Gedächtnistraining kann zwar hilfreich sein, sollte aber nicht zu Misserfolgserlebnissen führen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf Aktivitäten, die Freude bereiten, wie Bewegung, Spiele oder Haushaltsarbeiten. Nutzen Sie die Lieblingsmusik der Betroffenen, um Erinnerungen zu wecken und Gespräche anzuregen. Auch das Betrachten alter Fotoalben kann eine schöne gemeinsame Erfahrung sein. Wichtig ist es, die Erkrankten nicht unter Druck zu setzen oder zu forcieren, wenn Dinge eben nicht mehr erinnert werden können.
Routinen und Gewohnheiten
Routinen und Gewohnheiten können hilfreich sein, um den Alltag zu strukturieren und den Betroffenen Sicherheit zu geben. Allerdings ist es wichtig, zu prüfen, ob die Routinen noch zum Wohlbefinden des Betroffenen beitragen oder ob Anpassungen erforderlich sind, z.B. mehr Ruhepausen, Bewegung oder Beschäftigung. Manchmal fühlen sich Menschen mit Demenz in einer Tagespflegeeinrichtung oder einem Pflegeheim wohler, weil sie dort Geselligkeit finden.
Bedürfnisse erkennen und berücksichtigen
Achten Sie auf die Gefühle und den körperlichen Ausdruck des Betroffenen, um seine Bedürfnisse zu erkennen. Unruhe, Anspannung oder Wohlbefinden sind oft im Gesicht und an der Körperhaltung erkennbar. Versuchen Sie, die Ursachen für Unwohlsein zu identifizieren und entsprechend zu reagieren.
Unterstützung für Angehörige
Die Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die oft zur Überforderung führt. Es ist daher wichtig, als Angehöriger auch auf sich selbst zu achten und sich Hilfe zu holen. Bauen Sie genügend Pausen und Erholungsphasen ein, entpflichten Sie sich von bestimmten Aufgaben und planen Sie systematisch, wer wo unterstützen kann. Nutzen Sie Angebote wie Pflegeberatung, Selbsthilfegruppen, psychologische Beratung und den Familiencoach Pflege der AOK.
Wohnraumanpassung für mehr Sicherheit und Orientierung
Eine übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums ist entscheidend, um Menschen mit Demenz die Orientierung zu erleichtern. Vermeiden Sie zu viele Sinneseindrücke, die überfordern können.
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Orientierungshilfen
- Türen: Offene Türen sind besser erkennbar als geschlossene. Kennzeichnen Sie wichtige Türen wie die zum Badezimmer mit Schildern.
- Fenster: Bieten eine grobe räumliche Orientierung, wenn draußen markante Gebäude oder Landschaftsmerkmale zu sehen sind.
- Licht: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser sichtbar als warmweißes. LED-Nachtlichter mit Bewegungsmeldern helfen bei nächtlichen Toilettengängen.
- Zeitliche Orientierung: Ein Kalender mit großen Zahlen und Symbolen für die Jahreszeit erleichtert die zeitliche Orientierung.
Vermeidung von Gefahren
- Stolperfallen: Entfernen Sie lose Kabel und Teppiche.
- Rutschgefahr: Verwenden Sie Anti-Rutsch-Matten im Badezimmer.
- Elektronische Geräte: Installieren Sie Herdschutzknöpfe und Rauchmelder.
Farben und Kontraste
- Farben: Vermeiden Sie dunkle Töne und großflächige Muster. Setzen Sie Farbakzente behutsam und gezielt ein.
- Kontraste: Helfen Demenzerkrankten, Details schnell wahrzunehmen. Verwenden Sie kontrastierende Farben für Tischränder oder Türrahmen.
Umgang mit Unruhe und Bewegungsdrang
- Bewegungsdrang: Schaffen Sie Rundwege innerhalb der Wohnung oder des Grundstücks, auf denen die Person gefahrlos herumlaufen kann.
- Weglaufen: Lenken Sie das Interesse von der Haustür ab oder versehen Sie die Ausgänge mit Klingeln.
Kommunikation mit Menschen mit Demenz
Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz kann herausfordernd sein, aber mit den richtigen Ansätzen lassen sich Missverständnisse vermeiden und Gespräche einfühlsamer gestalten.
Tipps für eine bessere Verständigung
- Sprache: Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie komplizierte Begriffe.
- Körpersprache: Verwenden Sie eine deutliche Körpersprache und halten Sie Blickkontakt.
- Fragen: Vermeiden Sie offene Fragen, die eine große Auswahl an Antworten erfordern. Stellen Sie stattdessen Ja/Nein-Fragen.
- Kritik: Vermeiden Sie Kritik, Korrekturen, Diskussionen oder Vorwürfe. Loben Sie stattdessen und begegnen Sie Vorwürfen positiv.
- Routinen: Halten Sie sich an vertraute Abläufe, um Sicherheit und Vertrautheit zu geben.
- Sinnesanregung: Nutzen Sie Musik, Düfte oder andere Sinnesreize, um Erinnerungen hervorzurufen und die Lebensqualität zu fördern.
Die Rolle der Pflegeversicherung und weiterer Hilfsangebote
Die Pflegeversicherung sichert einen Teil der Risiken und Folgen der Pflegebedürftigkeit ab. Seit 2016 werden auch geistig und psychisch bedingte Einschränkungen der Selbstständigkeit bei der Einschätzung eines Pflegebedarfs berücksichtigt. Je nach Pflegegrad können Leistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden.
Weitere Hilfsangebote
- Rechtliche Betreuung: Wenn eine Person krankheitsbedingt ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbstständig erledigen kann, bestellt das Gericht einen rechtlichen Betreuer.
- Selbsthilfegruppen: Bieten eine Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.
- Alzheimer Gesellschaft: Bietet Kurse, Beratungen und Informationen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.
- Palliative Versorgung: In der letzten Lebensphase ist eine gute palliative Versorgung auch für Menschen mit Demenz wichtig, um die Lebensqualität zu verbessern.
Leben mit Demenz: Eine veränderte, aber wertvolle Lebenszeit
Die Diagnose Demenz verändert das Leben, aber sie bedeutet nicht das Ende eines erfüllten Lebens. Mit den richtigen Strategien und der Unterstützung von Familie, Freunden und professionellen Helfern ist es möglich, den Alltag zu erleichtern und die Lebensqualität aller Beteiligten zu verbessern.
Mut machen und Perspektiven aufzeigen
Immer mehr Menschen sprechen öffentlich über ihre Demenz-Diagnose und werben für mehr Verständnis in der Öffentlichkeit. Sie machen Mut und zeigen, dass es auch mit Demenz möglich ist, ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu führen. Angehörige können durch die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten und die Anpassung des Wohnraums dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.
Die Bedeutung von Akzeptanz und Wertschätzung
Es ist wichtig, die betroffene Person so anzunehmen, wie sie ist, und das zu akzeptieren, was sie tatsächlich leisten kann. Wertschätzung, Geduld und Einfühlungsvermögen sind entscheidend für eine positive Beziehung und ein harmonisches Miteinander. Auch wenn Alltagsgespräche irgendwann unmöglich werden, bleibt der Austausch wichtig. Am einfachsten ist es, sich an bereits vertraute Abläufe zu halten, wie zum Beispiel Aufstehen, Frühstücken, Anziehen oder Duschen. Diese Routinen geben der erkrankten Person Sicherheit und Vertrautheit.
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Aktivitäten, die Freude bereiten
Versuchen Sie, möglichst täglich Aktivitäten einzubauen, die gut tun, wie zum Beispiel gemeinsame Spaziergänge oder Zeit für soziale Kontakte oder Hobbys. Aktivitäten, die Angst auslösen könnten, sollten behutsam und in kleinen Schritten vorbereitet werden. So behält die erkrankte Person die Übersicht über die Situation, und Angst und Panik entstehen weniger schnell.