Gedächtnisprobleme sind ein Warnsignal, das ernst genommen werden sollte. Ob eine behandelbare Ursache oder eine demenzielle Erkrankung wie Alzheimer dahintersteckt, eine ärztliche Abklärung ist unerlässlich. Doch welcher Arzt ist der richtige Ansprechpartner bei Gedächtnisproblemen? Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Fachrichtungen und diagnostischen Verfahren, die bei der Abklärung und Behandlung von Demenz eine Rolle spielen.
Der erste Schritt: Der Hausarzt als Anlaufstelle
In der Regel ist die hausärztliche Praxis die erste Anlaufstelle bei Gedächtnisproblemen. Hausärzte haben den Überblick über die Krankengeschichte und Medikamente des Patienten und können prüfen, ob hinter den Beschwerden eine andere, möglicherweise behandelbare Ursache steckt. So können beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen, Vitaminmangel oder Depressionen ähnliche Symptome wie Demenz auslösen. Diese Erkrankungen sind oft behandelbar, weshalb eine frühzeitige Abklärung wichtig ist.
Sollte der Hausarzt den Verdacht auf eine Demenz haben, überweist er den Patienten an Fachärzte für Neurologie oder Psychiatrie oder an eine spezialisierte Gedächtnissprechstunde. Es ist ratsam, eine vertraute Person zum Termin mitzunehmen, da Angehörige Gedächtnisprobleme oft anders schildern als die Betroffenen selbst.
Die Rolle des Facharztes: Neurologie, Psychiatrie und Geriatrie
Bei der fachärztlichen Abklärung von Demenz spielen verschiedene Fachrichtungen eine wichtige Rolle:
- Neurologen: Neurologen sind Spezialisten für Erkrankungen des Nervensystems, einschließlich des Gehirns. Sie können neurologische Untersuchungen durchführen, um die Ursache der Gedächtnisprobleme zu ermitteln und andere neurologische Erkrankungen auszuschließen.
- Psychiater: Psychiater sind Fachärzte für psychische Erkrankungen. Sie können psychische Ursachen von Gedächtnisproblemen, wie z. B. Depressionen, diagnostizieren und behandeln. Bei anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie auffallenden Verhaltensstörungen im Alter sollte unbedingt eine Abklärung der Ursache beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen. Für den Facharzt von Vorteil sind dabei Kompetenzen im Bereich der Alterskrankheiten seines Faches (Gerontopsychiatrie, Geriatrie = Altersheilkunde).
- Geriatrie: Geriater sind auf die Behandlung älterer Menschen spezialisiert. Sie haben ein umfassendes Verständnis für die besonderen Bedürfnisse älterer Patienten und können eine ganzheitliche Betreuung anbieten. Die Geriatrie ist spezialisiert auf Patientinnen und Patienten, die etwa 65 Jahre oder älter sind. Ihr Behandlungsansatz ist ganzheitlich und integriert unterschiedliche medizinische Disziplinen und Therapieformen, darunter auch Physio- und Ergotherapie.
Das Anamnese-Gespräch: Der Schlüssel zur Diagnose
Der erste Schritt bei der fachärztlichen Abklärung ist das Anamnese-Gespräch. In diesem ausführlichen Gespräch werden Beschwerden, Vorerkrankungen und eingenommene Medikamente erfasst. Der Arzt wird Fragen stellen wie:
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- Welche Probleme oder Veränderungen haben Sie bemerkt?
- Seit wann bestehen die Beschwerden?
- Gibt es Tageszeiten, an denen die Probleme stärker oder schwächer sind?
- Wie oft treten die Beschwerden auf?
- Gibt es Situationen oder Faktoren, die den Zustand verbessern oder verschlechtern?
- Wie wirken sich die Beschwerden auf den Alltag aus?
Es ist wichtig, sich auf diese Fragen vorzubereiten und sich eigene Fragen zu notieren. Auch scheinbar nebensächliche Informationen können für die Diagnose wichtig sein.
Diagnostische Verfahren: Von Tests bis Bildgebung
Um die Ursache der Gedächtnisprobleme zu ermitteln, stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung:
- Neuropsychologische Tests: Diese Tests überprüfen Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und andere kognitive Funktionen. Sie helfen, das Ausmaß der Beeinträchtigung festzustellen und die Art der Demenz zu bestimmen. Das heißt, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Sprache und verschiedene andere höhere Hirnfunktionen werden untersucht. Das sind Tests, die mit dem Stift auszufüllen sind oder am Computer. Ein ausführlicher Gedächtnistest, den wir in der Gedächtnisambulanz machen, ist, dass man 15 Wörter lernen muss und zwar fünfmal hintereinander und dass danach eine zweite Wortliste gelernt wird, auch mit 15 Wörtern und dass danach - nach weiteren 20 Minuten - nach der ersten Wortliste nochmal gefragt wird.
- Mini-Mental-Status-Test (MMST): Der MMST ist ein Kurztest, der die Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Sprache überprüft. Er wird häufig vom Hausarzt zur ersten Orientierung durchgeführt.
- Demenz-Detektion (DemTect): Dieser Spezialtest zur Früherkennung ist dem MMST überlegen und wird daher häufig vom Gerontopsychiater/Neurologen durchgeführt.
- Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ähnlich dem DemTect dient auch der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens.
- Uhren-Test: Bereits das einfache Zeichnen einer Uhr lässt eine Beurteilung des geistigen Zustands des Patienten zu. Aufgrund der zunehmenden visuell-räumlichen Orientierungsprobleme im Verlauf der Krankheit können die Ziffern und Zeiger oft nicht mehr richtig in einem vorgegebenen Kreis angeordnet werden.
- ADL-Skalen: ADL-Skalen ("Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten. Der Test misst, zu welchen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens der Patient noch fähig ist.
- Bildgebende Verfahren (CT und MRT): Bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT) geben Einblicke in das Gehirn. Ärzte erkennen so Demenzauslöser wie Durchblutungsstörungen und Schlaganfälle. Der Hauptgrund für die Erstellung von CT- und MRT-Bildern liegt jedoch in der frühzeitigen Erkennung von behandelbaren Ursachen einer Demenz. Dies kann ein Hirntumor oder eine krankhafte Erweiterung der Hohlräume im Gehirn sein.
- Untersuchung von Blut und Nervenwasser: Eine Blutabnahme erfolgt, um behandelbare Ursachen einer Demenz zu erkennen, zum Beispiel einen Vitaminmangel. Über eine Analyse des Nervenwassers lässt sich die Konzentration von beta-Amyloid und Tau-Protein ermitteln, die bei der Entstehung von Demenz eine zentrale Rolle spielen. Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor).
Diagnose Demenz: Was nun?
Steht die Diagnose Demenz fest, ist dies für die Betroffenen und ihre Familien oft ein Schock. Es ist wichtig zu wissen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, mit der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
Therapieansätze: Medikamentös und nicht-medikamentös
Die Behandlung von Demenz umfasst in der Regel medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieansätze.
- Medikamentöse Therapie: Es gibt Medikamente, die die Symptome der Demenz lindern und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen können. Bei der frühen Demenz gehören zum Beispiel sogenannte Antidementiva dazu. Sie wurden entwickelt, um das Gedächtnis zu stabilisieren. Wobei man sagen muss, dass deren Wirksamkeit leider noch sehr beschränkt ist. Dann gibt es noch weitere symptomatische Medikamente für andere Teilaspekte einer Demenz, wie etwa für Schlafstörungen und für Unruhe- oder Angstzustände. Diese würde man nur einsetzen, wenn diese Probleme entsprechend vorhanden sind.
- Nicht-medikamentöse Therapie: Nicht-medikamentöse Therapien, wie z. B. Physio- und Ergotherapie, Gedächtnistraining und soziale Aktivitäten, können helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern. Da stehen insbesondere Physio- oder Ergotherapie im Vordergrund. Das ist in dem frühen Stadium einer Demenz meistens sehr sinnvoll, um motorische Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern. Natürlich hängt das auch davon ab, ob Beweglichkeitseinschränkungen mit der Demenzerkrankung zusammen aufgetreten sind. In den mittleren Stadien sind auch Tagesstätten sinnvoll. Dort haben die Betroffenen die Möglichkeit, entsprechend ihrer Leistungsbreite Beschäftigung und Anregung zu finden. Ganz wichtig bei Demenzerkrankungen ist, dass der Alltag nicht zu eintönig oder reizisoliert stattfindet. Sonst kann es unter anderem zu einer Tag-Nacht-Rhythmusstörung kommen. Auch Spaziergänge und ähnliche Tätigkeiten helfen bei einer Rhythmisierung des Alltags.
Unterstützung für Angehörige
Die Betreuung von Demenzkranken ist eine große Herausforderung für Angehörige. Es ist wichtig, sich Unterstützung zu suchen und sich nicht zu überlasten. Es gibt verschiedene Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, die Angehörigen helfen können, mit der Situation umzugehen. Antworten und Unterstützung bekommen Angehörige auch durch die Pflegeberatung der AOK. Die Pflegeexperten und -expertinnen helfen dabei, einen individuellen Versorgungsplan zu erstellen, unterstützen bei der Organisation und nehmen Kontakt zu anderen Beteiligten wie etwa dem Pflegedienst auf. Vereinbaren Sie einen Termin zur Pflegeberatung - am Telefon, im persönlichen Gespräch in einem Kundencenter oder auch bei Ihnen zu Hause.
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Die Rolle der geriatrischen Reha
Die Geriatrie ist spezialisiert auf Patientinnen und Patienten, die etwa 65 Jahre oder älter sind. Ihr Behandlungsansatz ist ganzheitlich und integriert unterschiedliche medizinische Disziplinen und Therapieformen, darunter auch Physio- und Ergotherapie. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer leichten bis mittleren Demenzerkrankung ähnlich gut profitieren wie Menschen ohne eine Demenz. Daher ist es ein sehr gutes Angebot.
Es gibt keine Reha direkt mit dem Anlass Demenzerkrankung. Aber sehr oft haben Demenzerkrankte eine Hüftfraktur, einen kleinen Schlaganfall oder auch einen Herzinfarkt. Gerade diese Patienten profitieren von einer geriatrischen Reha, die ja nicht immer nur auf das betroffene Organ - das Herz oder die Hüfte - abzielt, sondern umfassender probiert rehabilitativ tätig zu werden. Mit dem Ziel, neben der bestmöglichen Heilung auch im guten Maße die Alltagskompetenz zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Vorstellung, dass sich jemand schlechter von einem Knochenbruch erholt, weil er eine leichte bis mittlere Demenz hat, ist falsch. Wenn die Reha darauf angepasst ist, dass die Patienten Orientierungsschwierigkeiten oder Ähnliches haben, dann könne diese genauso gut profitieren.
Leben mit Demenz: Ein würdevoller Umgang
Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Familien stark beeinflusst. Es ist wichtig, einen würdevollen Umgang mit Demenzkranken zu pflegen und ihnen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Frühzeitige Vorsorge
In der frühen Phase der Erkrankung können Patienten ihren Willen noch kundtun und Entscheidungen treffen, die erst in der dritten Phase relevant werden, wie: „Würde ich denn wollen, auch künstlich ernährt oder an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen zu werden?“
Aktive Einbindung
Es ist sehr wichtig, dass Demenzkranke aktiv bleiben und in Unternehmungen mit einbezogen werden. Das kann die Geduld zwar sehr strapazieren, ist aber für den Verlauf der Demenz von Vorteil.
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Verständnis und Akzeptanz
Es ist wichtig, Verständnis für die Verhaltensweisen von Demenzkranken zu haben und sie so zu akzeptieren, wie sie sind.