Welcher Nerv versorgt den großen Zeh? Eine umfassende Betrachtung

Als Wirbelsäulenchirurg bzw. Neurochirurg ist das Verständnis der komplexen Interaktion zwischen der Wirbelsäule und dem Nervensystem von zentraler Bedeutung. Taubheitsgefühle in den Zehen, insbesondere im großen Zeh, können vielfältige Ursachen haben, die von Problemen in der Wirbelsäule bis hin zu peripheren Nervenerkrankungen reichen. Dieser Artikel beleuchtet die Nervenversorgung des großen Zehs, mögliche Ursachen für Taubheitsgefühle und Sensibilitätsstörungen sowie Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.

Die Anatomie des Fußes und seine Nervenversorgung

Der Fuß ist eine komplexe anatomische Struktur, die in Ferse (Regio calcanea), Fußrücken (Dorsum pedis) und Fußsohle (Planta pedis) unterteilt wird. Er besteht aus 28 Knochen, darunter 7 Fußwurzelknochen, 5 Mittelfußknochen und 14 Zehenknochen, die durch Gelenke, Sehnen und Bänder miteinander verbunden sind. Die Füße tragen beim Gehen das gesamte Körpergewicht und ermöglichen gleichzeitig die Balance. Das Körpergewicht ruht vor allem auf den Fersen und den Zehenballen.

Die Zehen sind über das Nervensystem mit den Spinalwurzelnerven entlang der Wirbelsäule verbunden. Die Nerven, die die Zehen anregen, sitzen als Spinalnerven in der Lenden- und Sakralregion der Wirbelsäule (Lendenwirbelsäule und Kreuzbein). Die Zehen des menschlichen Fußes sind mit je 2 Nerven auf der Oberseite und 2 Nerven an der Unterseite der Zehe versorgt.

Abgesehen von den Hirnnerven entspringen alle peripheren Nerven aus dem Rückenmark. Zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule treten sie als dicke ca. 2-3 cm lange Spinalnerven aus dem Rückenmark aus und verzweigen sich dann im weiteren Verlauf durch den Körper zu einem komplizierten Netzwerk. Die peripheren Nerven werden entsprechend ihrer Austrittshöhe im Rückenmark bestimmten Hautarealen zugeordnet. Die sog. Dermatome ziehen streifenförmig über den ganzen Körper und sind für die Höhendiagnostik von Rückenmarkschäden von wesentlicher Bedeutung.

Die spezifische Nervenversorgung des großen Zehs

Für die Innervation des großen Zehs sind hauptsächlich folgende Nerven verantwortlich:

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  • Nervus cutaneus hallucis lateralis: Versorgt den Fußrücken des großen Zehs.
  • Nervus plantaris medialis: Versorgt die Seite der Fußsohle des großen Zehs.
  • Nervus fibularis profundus: Dieser Nerv ist für die sensible Innervation des Bereiches zwischen Großzehe und zweiter Zehe verantwortlich. Diese Stelle wird aufgrund ihrer Lage auch als Flip-Flop-Areal bezeichnet. Sensibilitätsstörungen in diesem Bereich deuten auf eine Verletzung dieses Nervs hin, die unter anderem auch im Unterschenkel liegen können.

Mögliche Ursachen für Taubheitsgefühle im großen Zeh

Ein Gefühl der Taubheit im großen Zeh kann verschiedene Ursachen haben. Es ist wichtig, die genaue Ursache zu ermitteln, um eine gezielte Behandlung einzuleiten. Hier sind einige mögliche Ursachen:

Probleme im Bereich der Wirbelsäule

Die Wirbelsäule ist eine komplexe anatomische Struktur mit miteinander verbundenen Knochen, den Wirbeln. Im Inneren der Wirbelsäule verläuft das Rückenmark, das eine Vielzahl von Nervenfasern enthält. Außerdem führen die spinalen Nervenwurzeln, die sich zwischen den Wirbeln befinden, in verschiedene Teile des Körpers. Probleme oder Schäden an der Wirbelsäule haben dementsprechend eine direkte Auswirkung auf die Funktion der Nerven.

  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule kann Druck auf die Nervenwurzeln ausüben, die für die Versorgung des großen Zehs zuständig sind. Bei einem Bandscheibenvorfall, bei dem eine einseitige Symptomatik vorliegt, kann der sogenannte Radikulärschmerz (Radikulopathie) rechts oder links auch ins Bein ausstrahlen. Ein radikulärer, also ausstrahlender Schmerz tritt in dem Bereich auf, in dem der Nerv die Haut versorgt und bringt auch Taubheitsgefühle mit sich.
  • Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Spinalkanals (Spinalkanalstenose) kann ebenfalls Druck auf die Nervenwurzeln ausüben und zu Taubheitsgefühlen in den Zehen führen. Taube Zehen können auf Spinalkanalstenosen hindeuten.

Periphere Neuropathie

Als Polyneuropathien werden verschiedene Erkrankungen bezeichnet, die das periphere Nervensystem betreffen. Das periphere Nervensystem umfasst jenes Nervensystem außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Wie der Name schon sagt, sind bei der Polyneuropathie gleich mehrere (griechisch: “poly” wie “viele”) periphere Nerven erkrankt, dementsprechend variieren auch die Symptome.

  • Diabetes mellitus: Diabetes kann zu Nervenschäden führen, die als diabetische Neuropathie bezeichnet werden. Diese kann sich unter anderem durch Taubheitsgefühle in den Füßen und Zehen äußern.
  • Morton Neurom: Ein Morton Neurom (auch Morton-Neuralgie oder Morton-Metatarsalgie) ist die Verdickung einer Nervenhülle im Mittelfuß. Sie tritt meistens zwischen der 3. und 4. Zehe auf und ist schmerzhaft, weil sie Druck auf den Nerv ausübt. Die Morton-Neuralgie ist eine Reaktion auf eine permanente Reizung der Nerven, weil diese dauerhaft zusammengedrückt werden (Kompression). Die Nervenverdickungen werden auch als Nervenknoten bezeichnet. Diese sind nicht immer gleich groß, sondern von Patient zu Patient sehr unterschiedlich: Zwischen wenigen Millimetern und der Größe einer Erbse ist alles möglich. Jeder einzelne dieser Umbauprozesse führt zu einer Größenzunahme des betroffenen Nervs und der Strukturen um ihn herum - und dadurch zu starker mechanischer Belastung beim Laufen.

Andere Ursachen

  • Einengung von Nerven: Eine Einengung von Nerven im Fußbereich, beispielsweise durch enges Schuhwerk, kann ebenfalls zu Taubheitsgefühlen führen. An der Außenseite der Ferse verlaufen Nerven, die den Fuß versorgen. Eine Einengung oder Reizung dieser Nerven führt zu seitlichen Fersenschmerzen. Zwei Erkrankungen, welche die nervöse Versorgung des Fußes mit sensiblen Reizen betreffen, können zu seitlichen Fersenschmerzen führen: die Einengung (Kompression) des Schienbeinnervs (Tarsaltunnelsyndrom) und die Baxter-Neuropathie. Beide zählen zu den Nervenkompressionssyndromen und werden nicht selten bei Laufsportlern beobachtet.
  • Durchblutungsstörungen: Eine verminderte Durchblutung der Füße kann ebenfalls Taubheitsgefühle verursachen. Die Versorgung des Beines mit frischem Sauerstoffreichen Blut erfolgt über die Arterien. Über die großen Stämme der Rumpfarterien fließt das Blut unterhalb der Leisteregion im Oberschenkel in die A. Femoralis. Diese gliedert sich nach ein paar Zentimetern in die A. profunda femoris (Versorgung der Adduktorenmuskeln des Oberschenkels) und A. femoralis. Die A. femoralis verläuft bis in die Kniekehle und von dort als A. Poplitea weiter an der Unterschenkelrückseite. Im weiteren Verlauf gibt sie die Arteria tibialis anterior zur Versorgung von Haut und Muskeln der Unterschenkelvorderseite ab. Etwas später gehen aus der A. poplitea die A. peronea für die Unterschenkelaußenseite (lateral) und die A. tibialis posterior für die Unterschenkelinnenseite (medial) hervor.
  • Turf-toe-Verletzung: Bei Überstreckung der Großzehe im Grundgelenk kann die Faserknorpelplatte reißen, was als Turf-toe-Verletzung bezeichnet wird.

Diagnose von Taubheitsgefühlen im großen Zeh

Die Diagnose von Taubheitsgefühlen im großen Zeh umfasst in der Regel eine gründliche körperliche Untersuchung, eine Anamnese und gegebenenfalls zusätzliche Tests.

  • Klinische Untersuchung: Wie die Taubheitsgefühle bzw. Sensibilitätsstörungen bewertet werden, wird im Rahmen der klinischen Untersuchung betrachtet. Ein Neurologe kann dabei zusätzlich zur klinischen Untersuchung auch Nervenmessungen durchführen. Der Arzt wird die Sensibilität, Reflexe und Muskelkraft in den Füßen und Beinen überprüfen. Bei Fußschmerzen gehört die Untersuchung der Beinachse und der Stellung der Ferse zu den grundlegenden Aufgaben des Fußspezialisten.
  • Anamnese: Der Arzt wird Fragen zu den Symptomen, der Krankengeschichte und möglichen Risikofaktoren stellen.
  • Nervenmessungen: Ein Neurologe kann Nervenmessungen durchführen, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
  • Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, MRT oder CT-Scans erforderlich sein, um die Ursache der Taubheitsgefühle zu ermitteln. Manchmal geben Röntgenbilder, Ultraschall, Kernspintomographie oder MRT (Magnetresonaztomographie) im Rahmen der Diagnostik in der Orthopädie näheren Aufschluss. Allerdings sind auch sie nicht eindeutig.
  • Testinjektion: Eine „Testspritze“ kann den Anfangsverdacht erhärten. Dabei wird ein örtliches Betäubungsmittel an den erkrankten Nerv gespritzt und der Nerv so für einige Stunden ausgeschaltet. Der Patient sollte nach Erhalt der Spritze den Fuß belasten und beobachten, ob der typische Schmerz immer noch auftritt. Kommt es für die Dauer der Wirkung des Betäubungsmittels (0,5-6 Stunden) nicht mehr zu den typischen Beschwerden, wird dadurch der Verdacht des Morton Neuroms bestätigt.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Taubheitsgefühlen im großen Zeh richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

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  • Behandlung von Wirbelsäulenproblemen: Bei Bandscheibenvorfällen oder Spinalkanalstenosen können konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, Schmerzmittel und Injektionen helfen. In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein.
  • Behandlung der peripheren Neuropathie: Die Behandlung der peripheren Neuropathie konzentriert sich auf die Kontrolle des Blutzuckerspiegels bei Diabetes und die Linderung der Symptome.
  • Behandlung des Morton Neuroms: Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für das Morton Neurom, darunter Einlagen, Kortison-Spritzen und Operationen. Einlegesohlen: Spezielle orthopädische Einlagen sollen die Nerven im Mittel- und Vorfuß entlasten. Kurzfristig kann das die Schmerzen lindern. Endet die Einlagenversorgung jedoch, kehren die Beschwerden meist schnell zurück. Daher empfehlen wir dir, unsere Liebscher & Bracht Übungen® auszuprobieren - vorübergehend auch begleitend zum Tragen von Einlagen. Kortison-Spritzen: Helfen Einlagen und ein verändertes Schuhwerk nichts, werden herkömmlicherweise Kortison-Spritzen empfohlen. Oft werden bei dieser Methode entzündungshemmende Mittel wie Kortison gespritzt, die dafür sorgen sollen, dass der Nervenknoten abschwillt. Operationen: Letzte Maßnahme des Behandlungskatalogs ist eine Operation. Neurektomie - Meistens wird in der Fußchirurgie das Nervengeschwulst über einen Schnitt am Fußrücken entfernt. Dadurch kann die betroffene Person nach der Entfernung schnell wieder laufen, muss aber zur Nachbehandlung in der Regel spezielle Schuhe zur Entlastung des Vorfußes (Vorfußentlastungsschuh) tragen.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Geeignetes Schuhwerk: Viele Betroffene bekommen den Tipp, geeignete Schuhe zu tragen oder auf hohe Absätze zu verzichten. Noch wichtiger ist allerdings, dass du durch regelmäßiges Dehnen und die Faszien-Rollmassage dafür sorgst, dass hohe Spannungen im Gewebe heruntergefahren werden.
    • Physiotherapie und Fußgymnastik: Einige Betroffene bekommen Physiotherapie, ein Fußmuskeltraining oder auch Fußgymnastik verschrieben. Aus unserer Sicht kann dies unter Umständen hilfreich sein, wenn neben dem Fuß auch die Wade behandelt wird, die deine Fußmuskulatur ansteuert.
    • Dehnübungen und Faszien-Rollmassage: Bei schmerzenden Füßen empfehlen wir dir: Dehne deine Fußsohle und deine Wade! Doch Achtung: Dehnung ist nicht gleich Dehnung. Faszien, also dein Bindegewebe, brauchen eine gewisse Zeit, um nachzugeben. Der Prozess beginnt nach etwa 30 Sekunden13) und lässt sich nach 2 Minuten steigern. Den Effekt der Dehnübungen unterstützt du durch eine vorsichtige Faszien-Rollmassage. An der Fußsohle eignet sich dafür unsere Mini-Faszienkugel ganz besonders. Mit ihrer Hilfe rollst du das Gewebe in deinem Fuß spiralförmig so gezielt aus, dass sich Verklebungen lösen können und die Zwischenzellflüssigkeit wieder besser zirkuliert. Kreise dein Gewebe möglichst langsam ab. Sei besonders vorsichtig, wenn du Druckschmerz bei einem Morton Neurom hast.

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