Welcher Nerv verursacht Wadenschmerzen? Ein umfassender Überblick

Wadenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das viele Menschen betrifft. Sie können durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden, von harmlosen Muskelverspannungen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Die Art und Weise, wie sich die Beschwerden äußern, kann variieren: Sie können sich ziehend, bohrend, stechend oder brennend anfühlen und unterschiedlich lange andauern. Um die richtige Behandlung zu finden, ist es wichtig, die Ursache der Schmerzen zu kennen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die möglichen Ursachen von Wadenschmerzen, die beteiligten Nerven und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.

Anatomie der Wade

Die Wade, auch Regio suralis genannt, ist der hintere gewölbte Abschnitt des Unterschenkels. Sie beginnt unterhalb der Kniekehle und reicht bis zum unteren Drittel des Unterschenkels. Die Wadenmuskulatur, insbesondere die Flexoren des Unterschenkels, verleiht ihr ihre Form. Der wichtigste Muskel der Wade ist der Musculus triceps surae, der aus drei Muskelköpfen besteht: dem Musculus gastrocnemius (Zwillingswadenmuskel) mit zwei Köpfen und dem Musculus soleus (Schollenmuskel) mit einem Kopf. Einige Autoren sehen auch den Musculus plantaris als Teil dieser Muskelgruppe.

Der Musculus triceps surae ist der stärkste Beuger im oberen Sprunggelenk und spielt eine entscheidende Rolle bei der Plantarflexion (Beugung des Fußes in Richtung der Fußsohle). Die Wadenmuskulatur ermöglicht es uns, auf den Zehenspitzen zu stehen, unterstützt unsere aufrechte Körperhaltung und hilft, das Gleichgewicht zu halten. Darüber hinaus fungiert die Wade als „Wadenpumpe“, indem sie durch die Kontraktion der Muskulatur das Blut in den Venen zurück in die Körpermitte pumpt.

Innervation der Wade

Die Innervation der Wade erfolgt hauptsächlich über den Nervus tibialis. Dieser Nerv entspringt aus dem Nervus ischiadicus (Ischiasnerv) des Plexus sacralis und teilt sich in seinem weiteren Verlauf in mehrere Äste auf, die die verschiedenen Muskeln der Wadenregion innervieren. Gemeinsam versorgen diese Äste alle Muskeln der Wade.

Mögliche Ursachen von Wadenschmerzen

Es gibt viele Gründe, warum es zu Schmerzen, Krämpfen oder Funktionsverlusten in der Wade kommen kann. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

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Muskelverletzungen

  • Muskelfaserriss: Ein Muskelfaserriss entsteht meist durch intensive sportliche Aktivität, Überanstrengung oder Überdehnung der Muskelfasern. Dabei kommt es zu stechenden Schmerzen im betroffenen Muskel, Kraftverlust, Druck- und Dehnungsschmerz, Schwellung und einem Hämatom.
  • Wadenzerrung: Eine Wadenzerrung ist eine leichtere Verletzungsform als der Muskelfaserriss. Sie entsteht oft durch ein nicht ausreichendes Aufwärmen vor dem Sport oder durch plötzliche, intensive Belastungen.
  • Muskelkater: Ungewohnte Bewegungen und Anstrengungen können zu Muskelkater führen, der sich durch Schmerzen und Steifheit in der Wadenmuskulatur äußert.

Achillessehnenprobleme

  • Achillessehnenruptur: Ein Riss der Achillessehne kann durch plötzliche starke Belastungen oder degenerative Prozesse entstehen. Betroffene haben starke Schmerzen und sind stark in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt.
  • Achillessehnenentzündung: Eine Entzündung der Achillessehne kann durch Überlastung im Alltag oder beim Sport entstehen. Sie führt zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.

Gefäßerkrankungen

  • Tiefe Venenthrombose (TVT): Eine TVT beschreibt den Verschluss tiefer Venen durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Dies kann zu ziehenden oder drückenden Schmerzen in der Wade, Schwellung (Ödembildung) und einem Schweregefühl im Unterschenkel führen. Eine TVT ist eine ernstzunehmende Erkrankung, da sie zu einer Lungenembolie führen kann.
  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Die pAVK, auch „Schaufensterkrankheit“ genannt, entsteht durch eine Verengung der Arterien, die die Wade versorgen. Dies führt zu Schmerzen beim Gehen, die in Ruhe nachlassen (Claudicatio intermittens). In schweren Fällen können die Schmerzen auch im Ruhezustand auftreten.

Nervenprobleme

  • Bandscheibenvorfall L5/S1: Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), insbesondere zwischen dem Lendenwirbel 5 (L5) und dem Sakralwirbel 1 (S1), kann zu Wadenschmerzen führen. Die Schmerzen können einseitig oder beidseitig auftreten und werden oft als Muskelkater beschrieben. Zusätzlich können Sensibilitätsstörungen und Kribbeln auftreten.
  • Nervenkompressionssyndrome: Nervenkompressionssyndrome, insbesondere im untersten Segment der Lendenwirbelsäule, können ebenfalls Wadenschmerzen verursachen. Dabei wird ein Nerv eingeklemmt, was zu Schmerzen und Missempfindungen führen kann.
  • Ischialgie: Eine Ischialgie beschreibt Muskelverhärtungen in der Wade, die auf einen bestimmten Nerv drücken und die Reizweiterleitung reduzieren, was zu Schmerzen führt.

Muskelkrämpfe

  • Wadenkrämpfe: Wadenkrämpfe entstehen durch plötzliche, unwillkürliche Kontraktionen der Wadenmuskulatur. Es gibt viele Faktoren, die das Auftreten von Wadenkrämpfen verursachen können, darunter Elektrolytmangel (Magnesium, Kalium, Kalzium), Flüssigkeitsmangel, Überanstrengung, Stoffwechselerkrankungen und Medikamente.

Kompartmentsyndrom

  • Kompartmentsyndrom: Bei einem Kompartmentsyndrom steigt der Druck in einem Muskelkompartiment der Wade, wodurch Nerven und Blutgefäße abgedrückt werden. Dies kann durch Traumata wie Knochenbrüche, Prellungen, Verbrennungen oder Einblutungen entstehen. Folgen sind Taubheitsgefühl, Kribbeln und starke Schmerzen.

Weitere Ursachen

  • Baker-Zyste: Eine Baker-Zyste ist eine mit Gelenkflüssigkeit gefüllte Zyste in der Kniekehle, die auf die umliegenden Strukturen drücken und Wadenschmerzen verursachen kann.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente können Muskelkrämpfe oder Schmerzen in der Wade als Nebenwirkung haben.
  • Infektionen: Wadenschmerzen können auch nach Infektionen auftreten, entweder als Begleiterscheinung des Infekts selbst oder durch einen Erreger, der über eine Hautverletzung in den Körper eingedrungen ist.
  • Fußfehlstellungen: Fehlstellungen wie Hohlfüße, O-Beine oder gekrümmte Zehen können zu einer Fehlbelastung der Wadenmuskulatur führen und Wadenschmerzen verursachen.
  • Zystische Adventitiadegeneration: Eine seltene Erkrankung, bei der Zysten in der Adventitia (äußerste Schicht) der Arterien die Durchblutung behindern und zu Wadenschmerzen führen können.
  • Popliteales Entrapment-Syndrom: Eine seltene Ursache für Wadenschmerzen, bei der die Arteria poplitea (Kniekehlenarterie) durch Muskeln oder Bänder komprimiert wird.
  • Ganglien oder parameniskale Zysten: Zystische Pathologien in der Kniekehle können Wadenschmerzen verursachen.

Symptome von Wadenschmerzen

Die Symptome von Wadenschmerzen können je nach Ursache variieren. Einige häufige Symptome sind:

  • Stechende, ziehende oder brennende Schmerzen in der Wade
  • Schwellung der Wade
  • Rötung der Haut
  • Schwere- und Spannungsgefühl im Unterschenkel
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Muskelkrämpfe
  • Kraftverlust im Bein
  • Sensibilitätsstörungen (Kribbeln, Taubheitsgefühl)
  • Blässe oder Kälte der Wade (bei Durchblutungsstörungen)
  • Schmerzen, die sich beim Gehen oder Laufen verstärken
  • Schmerzen, die auch im Ruhezustand auftreten können

Diagnose von Wadenschmerzen

Um die Ursache von Wadenschmerzen zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und den Patienten körperlich untersuchen. Dabei werden die Wade abgetastet, die Beweglichkeit des Fußes und des Beines geprüft und auf Schwellungen, Rötungen oder andere Auffälligkeiten geachtet.

Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um die Diagnose zu sichern:

  • Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Die Sonographie eignet sich besonders zur Darstellung von Flüssigkeiten und kann verwendet werden, um Schwellungen, Blutergüsse oder eine Beinvenenthrombose zu beurteilen. Mit der Doppler-Sonographie können Blutströme in Gefäßen dargestellt werden, um Durchblutungsstörungen zu erkennen.
  • MRT (Magnetresonanztomographie): Eine MRT-Aufnahme ermöglicht eine sehr genaue Darstellung von sämtlichen Gewebearten und ist besonders wichtig bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall oder Muskelverletzungen.
  • EMG (Elektromyographie): Die EMG misst die elektrische Aktivität von Muskeln und kann bei der Diagnose von Nervenkompressionssyndromen oder anderen neurologischen Ursachen von Wadenschmerzen helfen.
  • Laufbandanalyse: Eine Laufbandanalyse kann durchgeführt werden, um Fehlbelastungen beim Gehen oder Laufen zu erkennen, die zu Wadenschmerzen führen können.
  • Blutuntersuchungen: Bluttests können helfen, Elektrolytmängel, Schilddrüsenprobleme oder Entzündungswerte zu erkennen.

Behandlung von Wadenschmerzen

Die Behandlung von Wadenschmerzen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Hier sind einige allgemeine Behandlungsansätze:

  • Schmerzlinderung:
    • Entzündungshemmende Medikamente: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen eingesetzt werden. Sie können oral eingenommen oder als Gel auf die schmerzende Wade aufgetragen werden.
    • Pflanzliche Mittel: Kyttasalbe oder Tiger Balm können ebenfalls helfen, die Schmerzen in der Wade zu reduzieren.
    • Wärme: Wärme wirkt muskelentspannend und durchblutungsfördernd. Warme Wickel, Wärmflaschen oder warme Bäder können bei Muskelverspannungen und Krämpfen helfen.
    • Kälte: Bei akuten Verletzungen wie Muskelfaserrissen kann Kälte helfen, Schwellungen und Schmerzen zu reduzieren.
  • Physiotherapie:
    • Manuelle Therapie: Mithilfe spezieller manueller Drucktechniken können Blockaden, falsche Bewegungsmuster und verklebte Faszien gelöst werden.
    • Faszientherapie (Myofascial Release): Diese Therapie zielt darauf ab, Verklebungen im Bindegewebe (Faszien) zu lösen, die zu Wadenschmerzen beitragen können.
    • Stoßwellentherapie: Die Stoßwellentherapie kann zur Unterstützung bei der Lösung muskulärer Verspannungen eingesetzt werden.
    • Kinesiotaping: Kinesiotapes können die Muskelspannung und -funktion positiv beeinflussen und dazu beitragen, Schmerzen zu lindern.
    • Lasertherapie: Je nach Art und Ursache der Schmerzen kann auch eine Lasertherapie geeignet sein.
    • Dehnübungen: Gezielte Dehnübungen für die Wadenmuskulatur können helfen, Muskelverkürzungen auszugleichen und die Beweglichkeit zu verbessern.
    • Kräftigungsübungen: Muskelaufbauende Übungen können helfen, die Wadenmuskulatur zu stärken und zu entlasten.
  • Weitere Behandlungen:
    • Thrombolyse: Eine Thrombose wird mittels Thrombolyse behandelt, um das Blutgerinnsel aufzulösen.
    • Kompressionsbehandlung: Eine Kompressionsbehandlung ist sinnvoll, wenn Schwellungen und Schmerzen den Patienten im Bereich der Wade beeinträchtigen. Eine Kompressionsbinde wird mehrmals leicht überlappend vom Fuß her nach oben bis unter das Knie gewickelt.
    • Operation: In schweren Fällen, wie bei einer fortgeschrittenen pAVK oder einem Kompartmentsyndrom, kann ein operativer Eingriff erforderlich sein.
    • Einlagen: Bei Fußfehlstellungen können Einlagen helfen, die Fehlbelastung der Wadenmuskulatur zu korrigieren.

Was kann man selbst bei Wadenschmerzen tun?

Neben den ärztlichen und physiotherapeutischen Behandlungen gibt es auch einige Maßnahmen, die man selbst ergreifen kann, um Wadenschmerzen zu lindern und vorzubeugen:

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  • Schonung: Vermeiden Sie überlastende Bewegungen und gönnen Sie Ihrem Bein Ruhe.
  • Hochlagern: Lagern Sie das Bein mehrmals täglich hoch, um Schwellungen zu reduzieren.
  • Dehnen: Dehnen Sie die Wadenmuskulatur regelmäßig, um Muskelverkürzungen vorzubeugen.
  • Trinken: Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um Muskelkrämpfen vorzubeugen.
  • Ausgewogene Ernährung: Essen Sie ausgewogen und achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Elektrolyten wie Magnesium, Kalium und Kalzium.
  • Geeignete Schuhe: Tragen Sie bequeme Schuhe mit guter Dämpfung und Unterstützung des Fußgewölbes.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und stärkt die Muskulatur.
  • Vermeidung von Risikofaktoren: Verzichten Sie auf Rauchen und behandeln Sie Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck rechtzeitig.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:

  • Die Wadenschmerzen plötzlich und stark auftreten.
  • Die Schmerzen von Schwellungen, Rötungen oder Überwärmung begleitet sind.
  • Taubheitsgefühle oder Kribbeln in den Beinen auftreten.
  • Die Schmerzen sich bei Belastung verstärken oder auch im Ruhezustand auftreten.
  • Die Schmerzen trotz Selbstbehandlung nicht besser werden.
  • Zusätzlich zu den Wadenschmerzen weitere Symptome wie Fieber, Atemnot oder Brustschmerzen auftreten.

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