Die Diagnose einer Demenz ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Schritte und Untersuchungen umfasst. Da die Symptome einer Demenz schleichend beginnen und sich im Laufe der Zeit verstärken, ist eine frühzeitige Erkennung und Abklärung entscheidend. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Demenzdiagnostik, von den ersten Anzeichen und Anlaufstellen bis hin zu den spezifischen Tests und Verfahren, die zur Feststellung einer Demenz eingesetzt werden.
Erste Anzeichen und Anlaufstellen
Wenn sich das Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig verschlechtern, ist die erste Anlaufstelle meist die hausärztliche Praxis. Gerade für viele ältere Menschen ist die Hausärztin oder der Hausarzt eine wichtige Vertrauensperson, die zudem gut über deren gesundheitlichen Zustand Bescheid weiß. Der Hausarzt, der sensibilisiert ist, der untersucht selber. Es ist ratsam, zu den Untersuchungsterminen ein Familienmitglied oder eine andere nahestehende Person mitzubringen, die ebenfalls befragt werden kann. Gedächtnisprobleme werden von den Betroffenen häufig anders erlebt als von ihrem nächsten Umfeld.
Bei anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie auffallenden Verhaltensstörungen im Alter sollte unbedingt eine Abklärung der Ursache beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie erfolgen. Für den Facharzt von Vorteil sind dabei Kompetenzen im Bereich der Alterskrankheiten seines Faches (Gerontopsychiatrie, Geriatrie = Altersheilkunde).
Der Diagnoseprozess
Anamnese und Erstgespräch
Zunächst findet ein Anamnese-Gespräch statt: Die Ärztin oder der Arzt fragt nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren. Generell sollten Sie vorbereitet sein, viele persönliche Fragen gestellt zu bekommen, auch zu Sachverhalten, die Ihnen selbst nicht wichtig erscheinen. Trotzdem ist es empfehlenswert, sich auf den Termin in der fachärztlichen Praxis in Ruhe vorzubereiten, indem man mögliche Fragen der Ärztin oder des Arztes für sich beantwortet und sich zusätzliche Fragen notiert.
Ein erster Schritt bei der fachärztlichen Diagnose von Gedächtnisstörungen ist das Anamnese-Gespräch. Dabei werden folgende Fragen gestellt:
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- Welche Beschwerden liegen vor?
- Wann begannen die Beschwerden?
- Um welche Tageszeit treten die Beschwerden auf und wie lange dauern diese an?
- Wie oft treten die Beschwerden auf?
- Wodurch verbessert oder verschlechtert sich der Zustand?
- Wie sehr schränken die Beschwerden im Alltag ein?
Im Anschluss an das Gespräch folgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.
Kognitive Tests
Kognitive oder auch neuropsychologische Tests können wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung geben. Diese Tests untersuchen verschiedene Bereiche der geistigen Leistungsfähigkeit, wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und andere höhere Hirnfunktionen.
Kurztests
Einfachere Untersuchungen wären, dass man einen Kurztest macht. In einem Kurztest werden drei Wörter vorgegeben, 'Auto, Blume, Kerze', dann wird eine kleine Rechenaufgabe - Man muss von 100 sieben abziehen bis 65 runter - gestellt. Damit wird so ein bisschen die Aufmerksamkeit, den Faden halten, die Konzentration geprüft und nachdem die Patienten gerechnet haben, wird gefragt: 'Ich hatte Ihnen eben oder Sie hatten mir drei Wörter wiederholt, wie hießen die? Und die Patienten, die eine deutlichere Ausprägung haben, die können sich nie diese drei Wörter merken.
Ausführliche Gedächtnistests
Ein ausführlicher Gedächtnistest, den wir in der Gedächtnisambulanz machen, ist, dass man 15 Wörter lernen muss und zwar fünfmal hintereinander und dass danach eine zweite Wortliste gelernt wird, auch mit 15 Wörtern und dass danach - nach weiteren 20 Minuten - nach der ersten Wortliste nochmal gefragt wird.
Mini-Mental-Status-Test (MMST)
Der MMST ist der älteste und bekannteste Fragebogentest zur Demenz. Er umfasst unter anderem verschiedene Merk- und Rechenaufgaben. Er wird häufig vom Hausarzt zur ersten Orientierung durchgeführt, er dauert nur ca. 10 Minuten. Der Patient muss einige Fragen zur aktuellen Zeit und zum Raum, in dem er sich gerade befindet, beantworten (misst Orientierung in Zeit und Raum). Er wird gebeten, drei Worte nachzusprechen (misst Merkfähigkeit), einen einfachen „Rückrechentest" durchzuführen (misst Aufmerksamkeit und Richtigkeit). Dann soll er die drei Worte des Merkfähigkeitstest wiederholen (misst Erinnerungsfähigkeit). Schließlich gibt es einige Sprach- und Schreibtests. Die Aufgaben sind so einfach, dass sie jeder geistig Gesunde mit Leichtigkeit bestehen würde. Ein Demenz-Kranker weist jedoch Lücken auf. Sie werden mit zunehmender Demenz immer deutlicher.
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Demenz-Detektion (DemTect)
Dieser Spezialtest zur Früherkennung ist dem MMST überlegen und wird daher häufig vom Gerontopsychiater/Neurologen durchgeführt. Er dauert ebenfalls etwa 10 Minuten. Der Test enthält fünf Aufgaben. Der Patient muss eine Wortliste wiederholen. Damit wird das Kurzzeitgedächtnis geprüft. Diese Liste wird am Testende noch einmal abgefragt, um das Langzeitgedächtnis zu beurteilen. In einer "Zahlenwandelaufgabe" muss der Patient zwei Ziffern in Zahlwörter und zwei Zahlwörter in Ziffern umsetzen. Außerdem wird die Flüssigkeit der Sprache geprüft.
Montreal Cognitive Assessment (MoCA)
Ähnlich dem DemTect dient auch der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens. In 10 Minuten werden auch hier verschiedene Bereiche der Leistungsfähigkeit abgefragt. Dazu gehört das Lernen von fünf Begriffen, welche später abgefragt werden. Die visuell-räumliche Verarbeitung wird durch das Zeichnen einer Uhr und das Abzeichnen eines Würfels geprüft. Es folgt die Prüfung der Konzentration, der „Exekutivfunktionen“ und der Abstraktionsfähigkeit. Auch hier werden die Flüssigkeit der Sprache und die Zahlenverarbeitung getestet. Darüber hinaus werden die Fähigkeit, komplexe Sätze zu verstehen, und die Orientierung in Raum, Ort und Situation untersucht.
Uhren-Test
Bereits das einfache Zeichnen einer Uhr, lässt eine Beurteilung des geistigen Zustands des Patienten zu. Aufgrund der zunehmenden visuell-räumlichen Orientierungsprobleme im Verlauf der Krankheit können die Ziffern und Zeiger oft nicht mehr richtig in einem vorgegebenen Kreis angeordnet werden (Dauer ca. 5 Minuten). Im Verlauf einer Demenz können Erkrankte Ziffern und Zeiger oft nicht mehr richtig anordnen.
ADL-Skalen
ADL-Skalen (ADL: "Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten. Der Test, der in verschiedenen Varianten existiert, misst, zu welchen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens der Patient noch fähig ist. Es werden Alltagsprobleme mit Punkten zwischen 1 für "nie vorhandene" und 10 für "immer vorhandene Schwierigkeiten" bewertet (Dauer: ca. 10 Minuten).
Bildgebende Verfahren
Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns. Ärzte und Ärztinnen erkennen so Demenzauslöser wie Durchblutungsstörungen und Schlaganfälle. Diese bildgebenden Verfahren ermöglichen allein zwar nicht die Diagnose einer Demenz, können aber helfen, zwischen den einzelnen Formen zu unterscheiden. So können z.B.
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Der Hauptgrund für die Erstellung von CT- und MRT-Bildern liegt jedoch in der frühzeitigen Erkennung von behandelbaren Ursachen einer Demenz. Dies kann ein Hirntumor oder eine krankhafte Erweiterung der Hohlräume im Gehirn sein.
Neuere Verfahren wie Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und Positronen-Emissionstomographie (PET) können in unklaren Fällen und in Frühstadien zur Sicherung der Diagnose beitragen. So kann eine PET-Untersuchung z.B. einen verminderten Zuckerstoffwechsel im Gehirn nachweisen, obwohl im MRT noch keine Hirnschrumpfung darstellbar ist. Auch ist es neuerdings möglich, die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen darzustellen.
Blut- und Nervenwasseruntersuchungen
Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen). Eine Blutabnahme erfolgt, um behandelbare Ursachen einer Demenz zu erkennen, zum Beispiel einen Vitaminmangel.
Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor). Über eine Analyse des Nervenwassers lässt sich die Konzentration von beta-Amyloid und Tau-Protein ermitteln, die bei der Entstehung von Demenz eine zentrale Rolle spielen. Jedoch gibt es Liquor-Biomarker, die Hinweise auf das Vorliegen einer Demenz vom Alzheimer-Typ geben können. Mittels einer dünnen Nadel entnehmen wir zwischen den Wirbelkörpern im Lendenwirbelbereich eine Probe des Nervenwassers. Im Anschluss untersuchen wir, ob in der Probe Entzündungszellen oder demenztypische Eiweiße vorhanden sind.
Differenzialdiagnose
Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden: Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen , gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw.
Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.
Demenzformen unterscheiden
Welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind, hängt von der vermuteten Demenzform ab. Bei der Alzheimer-Diagnostik steht der Nachweis bestimmter Biomarker im Vordergrund - etwa im Nervenwasser (Liquor) oder Blut. Bei anderen Demenzformen kommen zum Teil andere Verfahren zum Einsatz.
Einige Beispiele:
- Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern. Das ist vor allem mit Blick auf künftige Therapien bedeutsam: Soll beispielsweise eine Behandlung mit Antikörpern wie Leqembi erfolgen, ist ein Nachweis der Biomarker eine zentrale Voraussetzung.
- Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen. Bei unklarem Befund können darüber hinaus PET- oder SPECT-Untersuchungen sinnvoll sein. Bei familiärer Vorbelastung wird eine genetische Beratung empfohlen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen. Typische Symtpome wie Halluzinationen oder Schwankungen in der Aufmerksamkeit werden gezielt abgefragt oder getestet.
- Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen. Wichtig ist dabei, ob sich die Veränderungen im Gehirn mit den beobachten kognitiven Einschränkungen erklären lassen. Auch medizinische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes werden bei der Abklärung einbezogen.
Auch psychologische Testverfahren können helfen, Demenzformen voneinander zu unterscheiden.
Bedeutung einer frühen Diagnose
Die meisten Menschen mit Gedächtnisstörungen sind stark verunsichert. Viele verbergen oder überspielen ihre Schwächen, nicht selten werden sie dabei von engen Angehörigen unterstützt.
Ein frühzeitiges Erkennen gibt den Betroffenen zumindest die Chance, sich mit der Demenz und ihren Folgen auseinanderzusetzen, bevor sie dazu die Fähigkeit verlieren. Außerdem ist es möglich, die Symptome - insbesondere im Anfangsstadium - durch medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungen zu lindern.
Die Zukunft der Demenzdiagnostik
Weltweit arbeiten Demenzforscherinnen und -forscher daran, die Diagnose von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld im Bereich der Diagnostik ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen. Während die Alzheimer-Krankheit mittlerweile sehr gut zu Lebzeiten eindeutig diagnostiziert werden kann, sind andere, seltenere Demenzen diagnostisch nach wie vor eine Herausforderung - zum Beispiel die Frontotemporale Demenz oder die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE), die durch Kopfverletzungen hervorgerufen wird. Hier kann oft erst eine Untersuchung des Gehirns nach dem Tod endgültig Gewissheit bringen. Die Forschung arbeitet daran, auch diese Diagnosen frühzeitig und eindeutig zu ermöglichen.