Hirnmetastasen: Ursachen, Symptome und Behandlungsoptionen

Für Patienten und ihre Angehörigen ist die Diagnose Hirnmetastasen oft ein Schock. Die bereits bestehende Krebserkrankung wird durch das Auftreten von Metastasen im Gehirn zusätzlich erschwert. Obwohl die Prognose für Patienten mit Hirnmetastasen oft ungünstig ist, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die die Lebensqualität verbessern und die Überlebenszeit verlängern können.

Was sind Hirnmetastasen?

Metastasen sind Absiedlungen von Tumoren, die ihren Ursprung in einem anderen Organ haben, dem sogenannten Primärtumor. Krebszellen können sich vom Primärtumor lösen und über Blut- oder Lymphbahnen in andere Organe wandern, wo sie sich ansiedeln und vermehren, wodurch Metastasen entstehen. Diese Tochtergeschwülste bestehen aus Zellen des Primärtumors. Daher kann eine Laboruntersuchung von Hirnmetastasen-Gewebe Hinweise auf den ursprünglichen Tumor liefern, selbst wenn dieser noch unbekannt ist.

Wandernde Tumorzellen gelangen über die Blutbahnen ins Gehirn. Dank des verlängerten Überlebens von Krebspatienten, verbesserter Diagnosetechniken wie der Magnetresonanztomografie (MRT) und deren häufigerer Anwendung werden Hirnmetastasen heute häufiger diagnostiziert und sind mittlerweile häufiger als Tumoren, die direkt im Gehirn entstehen.

Ursachen und Häufigkeit von Hirnmetastasen

Besonders häufig treten Hirnmetastasen bei Primärtumoren der Lunge, Brust sowie bei schwarzem Hautkrebs auf. Laut der Deutschen Hirntumorhilfe sind 40 bis 60 % der Hirnmetastasen auf ein Bronchialkarzinom (Lungenkrebs), 15 bis 20 % auf ein Mammakarzinom (Brustkrebs) und 10 bis 15 % auf ein malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs) zurückzuführen. In 10 bis 20 % der Fälle bleibt der Primärtumor unbekannt.

Die Wahrscheinlichkeit für die Bildung einer Metastase im Gehirn ist bei einigen fortgeschrittenen Krebserkrankungen hoch. Bei etwa 45 % der Patienten mit malignem Melanom oder kleinzelligem Bronchialkarzinom treten im Laufe der Erkrankung Hirnmetastasen auf.

Lesen Sie auch: Ursachen neurologischer Ausfälle

Nicht jeder solide Tumor im Körper streut ins Gehirn. Warum sich einige Krebsarten im Gehirn ausbreiten und andere nicht, ist noch nicht vollständig erforscht. Das Risiko für Hirnmetastasen besteht bei folgenden Tumorerkrankungen in absteigender Häufigkeit:

  • Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)
  • Brustkrebs (Mammakarzinom)
  • Schwarzer Hautkrebs (malignes Melanom)
  • Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs)
  • Bösartige Tumoren im Verdauungstrakt
  • Bösartige Tumoren im Harntrakt

Da sehr viele Menschen an Lungenkrebs leiden, ist dieser für etwa die Hälfte aller diagnostizierten Hirnmetastasen verantwortlich. Brustkrebs ist die zweithäufigste Ursache mit etwa 20 Prozent.

Symptome von Hirnmetastasen

Hirnmetastasen verursachen nicht immer sofort Symptome. Beschwerden treten oft erst bei fortgeschrittenem Wachstum oder Befall empfindlicher Hirnregionen auf. Die Art der Symptome hängt von der Lage und Größe der Metastase ab.

Viele Patienten klagen zunächst über lang anhaltende, starke Kopfschmerzen, die sich durch Schmerzmittel nicht bessern. Übelkeit und Erbrechen sind ebenfalls häufige Symptome. Hauptursache für diese unspezifischen Beschwerden ist oft eine Flüssigkeitsansammlung (Ödem) um die Metastase herum. Da sich das Gehirn aufgrund des umgebenden Schädelknochens nicht ausdehnen kann, führt das Ödem zu einem Anstieg des Hirndrucks, was sich in Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel äußert.

Weitere mögliche Symptome sind:

Lesen Sie auch: Behandlung von Nervenschmerzen im Rücken

  • Funktionsstörungen oder Lähmungen
  • Gleichgewichtsprobleme
  • Eingeschränktes Sehfeld
  • Undeutliche Sprache
  • Psychische Auffälligkeiten und Wesensveränderungen (hirnorganisches Psychosyndrom)
  • Epileptische Anfälle

Viele Symptome einer Hirnmetastase sind unspezifisch und können auch andere, weniger schwerwiegende Ursachen haben. Bei lang anhaltenden, starken und ungewöhnlichen Kopfschmerzen oder sich nicht bessernder Übelkeit sollte jedoch ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären.

Diagnose von Hirnmetastasen

Bei Verdacht auf Hirnmetastasen stehen verschiedene moderne diagnostische Verfahren zur Verfügung.

  • Neurologische Untersuchung: Ärztinnen und Ärzte suchen nach Hinweisen für einen erhöhten Hirndruck oder Störungen der Bewegungen, Reflexe sowie des Denkens, der Wahrnehmung oder Aufmerksamkeit (kognitive Beeinträchtigungen).
  • Bildgebende Verfahren:
    • Magnetresonanztomografie (MRT): Eine Methode, die mit starken Magnetfeldern arbeitet und das Gehirn "scheibchenweise" aufnimmt, wodurch detaillierte Schnittbilder entstehen. Die MRT ist oft das bildgebende Verfahren der Wahl, da sie empfindlicher ist als die CT und kleinere Veränderungen besser aufspüren kann.
    • Computertomografie (CT): Eine Untersuchung, bei der Röntgenstrahlen zum Einsatz kommen, um hochaufgelöste Schnittbilder zu erzeugen.
    • Positronenemissionstomografie (PET): Die Untersuchung macht Bereiche sichtbar, deren Stoffwechsel besonders aktiv ist (z. B. Krebszellen).
  • Biopsie: Entnahme von Gewebeproben aus dem verdächtigen Bereich zur Analyse im Labor. Die Biopsie kann helfen, den Ursprung der Metastase zu bestimmen und besondere Merkmale der Krebszellen (molekularbiologische Marker) nachzuweisen, was für die Therapie von Bedeutung sein kann.
  • Lumbalpunktion (Entnahme von Hirnwasser): In seltenen Fällen kann eine Entnahme von Hirnwasser aus dem Rückenmarkskanal erfolgen, um den Ursprung der Metastase zu bestimmen.

Behandlung von Hirnmetastasen

Die Behandlung von Hirnmetastasen zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Überlebenszeit zu verlängern. Die Wahl der Therapie hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:

  • Anzahl, Größe und Lage der Metastasen
  • Art des Primärtumors
  • Allgemeinzustand des Patienten
  • Vorherige Behandlungen

Folgende Behandlungsoptionen stehen zur Verfügung:

Linderung der Symptome

  • Kortikosteroide (Kortison): Werden eingesetzt, um den Hirndruck zu senken, der durch Ödeme um die Metastasen verursacht wird. Kortison kann die Symptome oft innerhalb weniger Stunden verbessern.
  • Antiepileptika (Antikonvulsiva): Werden bei epileptischen Anfällen eingesetzt, die durch Hirnmetastasen ausgelöst werden können.

Spezifische Therapien

  • Operation: Große Metastasen (über 3 cm Durchmesser) oder Metastasen, die Symptome verursachen, werden nach Möglichkeit operativ entfernt. Eine Operation kann auch zur Gewinnung von Tumorgewebe dienen, um den Primärtumor zu identifizieren, wenn dieser unbekannt ist. In der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Mannheim sind die Operationssäle mit modernster Technologie ausgestattet. Um auch bei komplexen operativen Eingriffen dem Patienten maximale Sicherheit zu bieten, wird routinemäßig mikrochirurgisch unter Zuhilfenahme der Neuronavigation und des Neuromonitorings gearbeitet. Die Neuronavigation ermöglicht hochpräzise Arbeit über möglichst kleine operative Zugänge.
  • Strahlentherapie:
    • Stereotaktische Strahlentherapie (Radiochirurgie): Eine sehr gezielte Bestrahlungsmethode, bei der eine hohe Strahlendosis punktgenau auf die Metastase ausgerichtet wird. Beispiele hierfür sind das Gamma-Knife und das Cyberknife. Die Radiochirurgie schont das umliegende Hirngewebe und kann oft in wenigen Behandlungstagen ohne Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden. Nach der Operation entfernt eine Bestrahlung die unter Umständen noch vorhandenen Krebszellen und verringert damit das Risiko eines Rückfalls. Auch nach der Operation ist die stereotaktische Strahlentherapie (Radiochirurgie) eine Alternative zur Ganzhirnbestrahlung. Durch die Bestrahlung sollen vereinzelte Tumorzellen, die möglicherweise nach der Operation noch im Gehirn verblieben sind, abgetötet werden. Damit soll ein Rückfall verhindert werden.
    • Ganzhirnbestrahlung: Wird meist bei zahlreichen Hirnmetastasen eingesetzt. Sie kann neurologische Symptome und die Lebensqualität verbessern. Um Gedächtniseinschränkungen zu minimieren, bestrahlen die Radioonkologen wann immer für den Patienten sinnvoll möglich mit speziellen Rotationstechniken, die den Hippocampus, der für das Gedächtnis zuständig ist, schonen.
  • Medikamentöse Therapie:
    • Chemotherapie: Medikamente, die Krebszellen im ganzen Körper angreifen. Das Problem der Chemotherapie kann jedoch sein, dass aufgrund der Blut-Hirn-Schranke nicht genügend Zytostatika bei den Hirnmetasen ankommen.
    • Zielgerichtete Therapien: Medikamente, die spezifisch gegen den Krebs wirken, indem sie auf molekulare Eigenschaften von Krebszellen abzielen. Diese Therapien sind bei bestimmten Krebserkrankungen (z. B. HER2-positiver Brustkrebs, nicht-kleinzelliger Lungenkrebs mit EGFR- oder ALK-Mutationen oder malignes Melanom mit BRAF-Mutationen) bereits das Mittel der Wahl.
    • Antihormontherapie: Kann bei hormonempfindlichen Primärtumoren (z. B. Brustkrebs) in Frage kommen.
    • Immuntherapie: Medikamente, die die körpereigene Abwehr gegen den Krebs mobilisieren.

Interdisziplinäre Behandlung

Die Behandlung von Hirnmetastasen sollte in einem interdisziplinären Behandlungsteam erfolgen, das aus Ärzten verschiedener Fachrichtungen besteht, darunter Neurologie, Neuroonkologie, Neurochirurgie, Strahlentherapie, Neuroradiologie und Pathologie. Das Team legt für jeden Patienten individuell die bestmögliche und am wenigsten belastende Therapie fest.

Lesen Sie auch: Diagnose von Nervenschmerzen

Vorbeugende Maßnahmen gegen Hirnmetastasen

Es gibt keine spezifischen präventiven Maßnahmen, die das Risiko für die Entwicklung von Hirnmetastasen direkt reduzieren können, da diese in der Regel eine Folge von fortgeschrittenen Krebserkrankungen sind. Allerdings gibt es allgemeine Empfehlungen zur Krebsprävention, die auch das Risiko für die Entstehung von Metastasen senken können:

  • Ausgewogene Ernährung: Reich an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
  • Körperliche Aktivität: Kann das Krebsrisiko senken.
  • Verzicht auf Rauchen: Eine der effektivsten Maßnahmen zur Krebsprävention, insbesondere zur Vorbeugung von Lungenkrebs.
  • Moderater Alkoholkonsum: Ein hoher Alkoholkonsum ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten verbunden.
  • Schutz vor UV-Strahlung: Wichtig zur Vorbeugung von Hautkrebs.
  • Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen: Können dazu beitragen, Krebs in einem frühen Stadium zu erkennen.
  • Impfungen: Gegen bestimmte Krebsarten, die durch Viren verursacht werden.
  • Vermeidung krebserregender Stoffe: Am Arbeitsplatz und in der Umwelt.
  • Gesundes Körpergewicht: Übergewicht und Fettleibigkeit sind mit einem erhöhten Risiko für mehrere Krebsarten verbunden.

Lebenserwartung und Heilungschancen

Das Auftreten von Hirnmetastasen deutet darauf hin, dass sich der Primärtumor bereits weiter ausgebreitet hat, was generell ein schlechtes Zeichen für den Verlauf der Krebserkrankung ist. Die Lebenserwartung und die Heilungschancen hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art des Primärtumors, der Allgemeinzustand des Patienten und die Wirksamkeit der Behandlung.

Mit der operativen Entfernung und gezielten Bestrahlung gibt es jedoch vielversprechende Möglichkeiten, die Tumorherde im Gehirn zu behandeln oder zu kontrollieren. Die Behandlung des Primärtumors und anderer möglicher Metastasen ist entscheidend für den Verlauf und die Lebenserwartung.

Insgesamt beträgt die Lebenserwartung bei Patienten mit Hirnmetastasen oft nur wenige Monate. Etwa zehn Prozent der Betroffenen überleben die ersten zwölf Monate nach der Diagnose, nur einzelne Patienten leben noch mehrere Jahre mit ihrer Erkrankung.

Spezialisten für die Behandlung von Hirnmetastasen

Hirnmetastasen werden in erster Linie von Ärzten behandelt, die Spezialisten für den Primärtumor sind (z. B. Gynäkologen bei Brustkrebs). Für die Diagnose werden CT- und MRT-Bilder des zentralen Nervensystems erstellt, die von Neuroradiologen beurteilt werden.

Für die bestmögliche individuelle Therapie werden Patienten in einem interdisziplinären Tumorboard vorgestellt, wo sich zusätzlich Ärzte der Fachrichtungen Strahlentherapie, Onkologie und Neurochirurgie beraten und gemeinsam einen Therapieplan ausarbeiten.

tags: #Metastasen #im #Gehirn #Ursachen #Symptome #Behandlung