Die Diagnose Demenz, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium, wirft viele Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Lebenserwartung. Demenz ist ein Oberbegriff für Erkrankungen, die mit einem Verlust der geistigen Funktionen wie Denken, Erinnern und Orientierung einhergehen. Alzheimer ist die häufigste Form und macht etwa 60 Prozent aller Demenzerkrankungen aus. Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen unumkehrbar zerstört werden. Der Verlauf von Demenz ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Stadien der Demenz und ihre Auswirkungen
Der Verlauf der Alzheimer-Demenz lässt sich grob in drei Stadien einteilen, die fließend ineinander übergehen:
- Frühe Phase (leichtes kognitives Defizit - MCI): In dieser Phase treten leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns auf, die im Alltag zunächst kaum einschränken. Menschen mit MCI nehmen Veränderungen manchmal selbst wahr, doch oft fallen sie zuerst Angehörigen auf.
- Mittlere Phase: In diesem Stadium zeigt sich zunehmend Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten. Gespräche sind anstrengender - oft fehlen Worte oder der Gedanke geht verloren. Gegenstände wie Schlüssel oder Brille werden häufiger verlegt. Hinzu kommen erste Probleme mit der Orientierung in Raum und Zeit. Viele alltägliche Aufgaben - wie einkaufen, kochen oder die Wäsche machen - gelingen noch gut. Viele Menschen mit Demenz merken nun deutlich, dass etwas nicht stimmt. Aus Scham oder Unsicherheit versuchen sie, ihre Schwierigkeiten zu verstecken. Sie ziehen sich zurück und meiden ungewohnte Situationen. Auch die Stimmung kann sich verändern: Manche Menschen sind leichter reizbar, andere traurig oder verunsichert.
- Späte Phase (fortgeschrittene Demenz): Jetzt wird die Krankheit deutlich sichtbar. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt. Viele Erinnerungen an das eigene Leben treten in den Hintergrund - zum Beispiel daran, welchen Beruf man ausgeübt hat oder ob man verheiratet war. Orientierungsprobleme, auch in vertrauter Umgebung. Bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt. Es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und im Wesen. Viele Erkrankte spüren einen ausgeprägten Bewegungsdrang und starke Unruhe. Die Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit der Betroffenen schlägt oft in Misstrauen, Reizbarkeit, Nervosität und aggressive Ausbrüche um. Der Tag-Nacht-Rhythmus gerät aus dem Gleichgewicht, was zu Schlafstörungen führen kann. In diesem Stadium ist eine selbstständige Lebensführung nicht mehr möglich.
- Endstadium: Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen. Typische Veränderungen: Verlust der Sprache - nur noch einzelne Wörter oder Laute, keine sinnvolle Kommunikation mehr. Selbst engste Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt. Völlige Orientierungslosigkeit, leben nur noch im unmittelbaren Moment. Inkontinenz - Kontrolle über Blase und Darm gehen verloren. Schluckstörungen, die die Nahrungsaufnahme erschweren. Im Endstadium haben Menschen mit Demenz ein zunehmend geschwächtes Immunsystem und werden anfälliger für Infektionen.
Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen
Die Prognose der Lebenserwartung bei Demenz ist schwierig, da sie von verschiedenen Faktoren abhängt:
- Alter bei Krankheitsbeginn: Je später im Leben die Demenz ausbricht, desto geringer ist die Lebenserwartung. Studien haben gezeigt, dass Menschen, bei denen Anzeichen der Demenz vor dem 65. Lebensjahr eintreten, eine Lebenserwartung von acht bis zehn Jahren haben. Tritt eine Demenz im Alter zwischen 65 und 75 auf, so verkürzt sich die Lebenserwartung statistisch auf weniger als fünf Jahre. Erkrankt ein Mensch nach dem 85. Lebensjahr an einer Demenz, so verringert sich die Lebenserwartung auf weniger als drei Jahre.
- Schwere der Symptome: Je schwerer die Symptome sind, desto geringer ist die Lebenserwartung.
- Begleiterkrankungen: Das Vorliegen von körperlichen Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infektionskrankheiten verkürzt die Lebenserwartung zusätzlich. Eine Demenzerkrankung an sich ist nicht tödlich, vielmehr wird die Lebenserwartung durch begleitende Krankheiten eingeschränkt. So begünstigt eine Demenz beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infektionskrankheiten.
- Demenzerkrankung: Neben der Alzheimer-Demenz gibt es verschiedene Formen von Demenzerkrankungen, deren Anzeichen zum Teil sehr ähnlich sind. Der Gedächtnisverlust hat jedoch unterschiedliche Ursachen: Vaskuläre Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Morbus Pick.
Es ist wichtig zu beachten, dass es sich bei den genannten Zahlen um statistische Werte handelt. Die individuelle Lebenserwartung kann stark variieren.
Häufige Todesursachen bei fortgeschrittener Demenz
Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz sind Betroffene anfälliger für Infektionen, insbesondere Lungenentzündungen. Dies ist oft die Folge von Schluckstörungen (Dysphagien), die dazu führen können, dass Nahrung oder Speichel in die Lunge gelangen (Aspirationspneumonie). Im Endstadium der Demenz sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen.
Lesen Sie auch: Symptome und Behandlungsmethoden bei eingeklemmtem Nerv
Ein weiteres Drittel verstirbt an Schlaganfällen und etwa zehn Prozent an Herzinfarkt, Herzmuskelschwäche und Folgeerkrankungen, bedingt durch Abmagerung und Austrocknung.
Umgang mit belastenden Beschwerden in der letzten Lebensphase
In der letzten Lebensphase können bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz verschiedene belastende Beschwerden auftreten:
- Schmerzen: Treten häufig auf und können durch Gelenk- oder Muskelschmerzen, Zahnschmerzen, Harnblasenentzündungen oder Verstopfung verursacht werden.
- Luftnot: Kann durch Infektionen der Lunge, Blutarmut oder andere Erkrankungen verursacht werden.
- Unruhe und Angst: Können durch Schmerzen, Verwirrtheit oder das Gefühl der Hilflosigkeit ausgelöst werden.
- Akute Verwirrtheit: Tritt meist plötzlich auf und klingt wieder ab.
Es ist wichtig, diese Beschwerden frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Palliative Versorgung und Sterbebegleitung
Da Demenz in den meisten Fällen unheilbar ist, zielt die Behandlung darauf ab, die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen zu verbessern. Palliative Versorgung spielt eine wichtige Rolle, um belastende Symptome zu lindern und den Betroffenen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen.
In der Sterbephase können typische Anzeichen auftreten, wie eine veränderte Atmung (langsam, flach oder unregelmäßig), Rasselatmung, blasse oder bläulich gemusterte Haut, sowie ein vermindertes Bewusstsein. Es ist wichtig, den Sterbenden in dieser Phase nicht allein zu lassen und ihm Trost und Geborgenheit zu spenden.
Lesen Sie auch: Taubheitsgefühl nach zahnärztlichem Eingriff: Ein Leitfaden
Sterbeorte und Trauerbegleitung
Die meisten Menschen mit Demenz werden zu Hause von ihren Angehörigen betreut und versorgt und haben den Wunsch, auch dort zu sterben. Mit Fortschreiten der Erkrankung wird häufiger eine Pflegeeinrichtung das neue Zuhause. Über ein Viertel verstirbt in einem Pflegeheim und etwa ein Viertel im Krankenhaus.
Nach dem Tod eines Angehörigen ist es wichtig, sich Zeit für die Trauer zu nehmen und sich Unterstützung zu suchen. Hospizdienste bieten Unterstützung in dieser Lebensphase an. Eine Trauerbegleitung kann als Einzelangebot oder als Gruppenbegleitung stattfinden. An einigen Orten besteht die Möglichkeit Trauercafés zu besuchen und sich dort mit ausgebildeten Begleiterinnen und Begleitern und anderen Menschen, die ebenfalls Naheste…
Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität
Trotz der Einschränkungen, die mit einer fortgeschrittenen Demenz einhergehen, gibt es verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen können, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern:
- Medikamentöse Behandlung: Medikamente können helfen, die Symptome der Demenz zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.
- Nicht-medikamentöse Therapien: Psychotherapie, Musik- und Kunsttherapie, Bewegungsübungen oder Sinnes- und Wahrnehmungsübungen können dazu beitragen, die verbliebenen Fähigkeiten der Kranken zu trainieren und das geistige Versagen hinauszuzögern.
- Anpassung der Umgebung: Eine demenzgerechte Raumgestaltung kann dazu beitragen, Barrieren abzubauen und die Orientierung zu erleichtern.
- Soziale Kontakte: Die Teilnahme am sozialen Leben und der Kontakt zu anderen Menschen sind wichtig, um Einsamkeit und Isolation vorzubeugen.
- Beschäftigung und Spiele: Beschäftigung und Spiele können die geistige und körperliche Aktivität anregen und soziale Interaktion erzeugen.
- Unterstützung der Angehörigen: Angehörige, die einen Menschen mit Demenz pflegen, benötigen selbst Unterstützung und Entlastung, um ihre eigenen Belastungsgrenzen nicht zu überschreiten.
Prävention von Demenz
Obwohl die Ursachen der Alzheimer-Demenz noch nicht vollständig erforscht sind, gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Lebensstilfaktoren das Risiko, an Demenz zu erkranken, beeinflussen können. Dazu gehören:
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung kann das Risiko für Demenz senken.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann das Gehirn schützen.
- Geistige Aktivität: Geistig aktiv zu bleiben, z. B. durch Lesen, Rätsel lösen oder das Erlernen neuer Fähigkeiten, kann das Gehirn fit halten.
- Soziale Teilhabe: Soziale Kontakte und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben können das Risiko für Demenz senken.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischer Stress sowie das Vorliegen einer Hörminderung erhöhen das Risiko für Demenz.
Lesen Sie auch: Verlauf von Parkinson im Endstadium