Die Reizweiterleitung im Nervensystem ist ein komplexer Vorgang, bei dem elektrische sowie chemische Potenziale im Bruchteil einer Sekunde angewandt werden. Dies ermöglicht schnelle Reaktionen, beispielsweise im Straßenverkehr, wenn man einem Auto ausweichen muss.
Reizaufnahme und Weiterleitung
Ein Reiz kann unterschiedlicher Natur sein, wie die Wahrnehmung einer Temperaturveränderung, ein visueller Reiz oder Schmerz. Die Reizaufnahme im Nervensystem geschieht über die Dendriten, dünne Fortsätze der Neuronen. Der Axonhügel sammelt die bei den Dendriten eingehenden elektrischen Potenziale. Nur wenn eine bestimmte Potenzialschwelle überschritten wird, gibt der Axonhügel das elektrische Potenzial an das Axon weiter. Dies ist eine Art Schutzmaßnahme des Nervensystems, um eine Reizüberflutung, die nicht verarbeitet werden kann, zu verhindern.
Viele Axone im peripheren Nervensystem (der Teil des Nervensystems, der nicht zu Gehirn und Rückenmark gehört) werden durch einen Mantel aus speziellen Zellen (Schwann-Zellen = Hüll- und Stützzellen) elektrisch isoliert. Dabei entsteht keine durchgängige Umhüllung. Die Abschnitte, an denen das Axon frei liegt, werden Ranviersche Schnürringe genannt und dienen einer schnelleren Übertragung von Nervensignalen - die Erregung wird hierbei in Sprüngen von einem Schnürring zum nächsten weitergegeben (saltatorische Erregungsleitung).
Das Ruhepotential
Wenn kein Reiz weitergegeben werden muss, zeigt das Neuron folgende Verteilung elektrischer Ladung: Im Zellinneren herrscht eine hohe Konzentration an Kaliumionen (K+) und organischen Anionen (zum Beispiel Eiweiß), während außerhalb überwiegend Natrium- (Na+) und Chloridionen (Cl-) anzutreffen sind. Im Ruhezustand besteht ein Gleichgewicht zwischen der Zellinnen und -außenseite, das durch verschiedene Transportmechanismen (Kaliumkanäle und Natrium-Kalium-Pumpen) aufrechterhalten wird (Ruhepotential). Auf der Innenseite der Zellmembrane ist die Ladung zunächst negativ.
Aktionspotential und Impulsweiterleitung
Im Falle eines elektrischen Impulses, der durch einen Reiz ausgelöst wurde, öffnen sich unter anderem die Natrium-Kanäle der Zellmembran und Natriumionen strömen vermehrt ins Zellinnere. Dies bedeutet, dass abschnittsweise die Ladung an der Innen- und Außenseite des Neurons umgekehrt wird. Durch diese lokale Ladungsänderung wird der elektrische Impuls entlang des Axons bis zum Ende weitertransportiert.
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Umwandlung in chemische Signale an den Synapsen
Am synaptischen Endknöpfchen, was dem Ende des Axons entspricht, wird der elektrische Impuls in ein chemisches Signal umgewandelt. Das elektrische Potenzial, das dort ankommt, löst die Ausschüttung chemischer Botenstoffe (sogenannte Neurotransmitter) aus. Dort löst der Neurotransmitter erneut einen elektrischen Impuls aus, der wieder am Axon entlangwandert und so von Zelle zu Zelle weitergegeben wird.
Einflussfaktoren auf die Nervenleitgeschwindigkeit
Damit Organismen rasch auf Reize aus der Umwelt reagieren können, müssen Nervenimpulse entlang der Nervenfortsätze, sogenannter Axone, schnell und präzise weitergeleitet werden. Während wirbellose Tiere zum Teil sehr dicke Axone entwickelt haben, um die Nervenleitgeschwindigkeit zu erhöhen, hat sich im Nervensystem von Wirbeltieren Myelin um die Axone gebildet. Diese Isolationsschicht ermöglicht eine schnelle Erregungsleitung bei kleinem Axondurchmesser.
Bedeutung von Myelin für Wirbeltiere
Die Myelin-bildenden Zellen im peripheren Nervensystem, Schwannzellen genannt, sind dicht um die Axone gewickelt. Kleinere Axone verbrauchen nicht nur weniger Energie, sondern auch weniger Platz. Dadurch passen mehr Axone in eine Nervenbahn und erlauben so eine hohe Präzision bei der Übertragung von Reizen und die Entwicklung komplexer kognitiver Funktionen. Durch die Isolierung der Axone ist zudem die schnelle Reizweiterleitung auch über lange Strecken möglich, wie sie bei großen Tieren wie z.B. der Giraffe nötig ist.
Forschungsergebnisse zur Axondicke
Forschende am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen haben das Protein CMTM6 in den Myelin-bildenden Zellen von Mäusen genetisch abgeschaltet. Sie konnten daraufhin beobachten, dass diese Mäuse nicht nur dickere Axone entwickeln, sondern auch deutlich schneller auf sensorische Reize reagieren als ihre Artgenossen. Elektrophysiologische Untersuchungen der Nervenzellen zeigten, dass die Nervenleitgeschwindigkeit in diesen Mäusen erhöht ist. Andere Komponenten des Nervensystems waren unverändert, weshalb die Forscher die schnellere Reizübertragung auf die dickeren Axone zurückführen konnten.
Konsequenzen schnellerer Reizweiterleitung
Die schnelle Reizweiterleitung stellte die Mäuse jedoch auch vor Probleme. Ließen die Wissenschaftler die Mäuse über ein Gitter laufen, rutschen die genetisch veränderten Mäuse öfter von den Stäben ab als ihre Artgenossen. Die Versuche mit den genetisch veränderten Tieren liefern jedoch eine mögliche Grundlage für die Therapie neuronaler Erkrankungen. Bei Patienten mit der Charcot-Marie-Tooth Krankheit sind Axone mit reduziertem Durchmesser ein Grund. „Das Protein CMTM6 könnte ein Ansatzpunkt für die Therapie solcher Krankheiten sein“, sagt Eichel.
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Sensorisches und motorisches Nervensystem
Über das Nervensystem tritt der Mensch in Kontakt mit seiner Umwelt. So nehmen beispielsweise Augen, Ohren, Nase, Zunge und Sensoren in der Haut, wie beispielsweise Temperatur- und Berührungssensoren, Reize aus der Umwelt wahr und leiten sie weiter zum Zentralnervensystem. Auch Informationen über den Zustand des eigenen Organismus, wie z.B. die Stellung des Körpers oder Hunger und Durst, werden registriert. Dieser Teil des Nervensystems wird als sensorisches Nervensystem bezeichnet.
Dem gegenüber steht das motorische Nervensystem. Mit ihm reagiert der Organismus auf Signale aus seiner Umgebung oder vom Körper selbst. So steuert das motorische Nervensystem die Muskulatur und ermöglicht uns damit, Handlungen auszuführen und sich in der Umwelt zu bewegen. Ein Beispiel: Bewegen wir uns auf ein Hindernis zu, wird es vom Auge wahrgenommen. Das sensorische Nervensystem gibt diese Information an das Gehirn weiter. Hier wird die Information verarbeitet und die Entscheidung getroffen, dem Hindernis auszuweichen.
Willkürliches und vegetatives Nervensystem
Vieles von dem, was unser Nervensystem leistet, machen wir bewusst. Wir entscheiden über Zuschauen oder Wegsehen, Fortgehen oder Stehenbleiben, Sprechen oder Zuhören. Der daran beteiligte Teil unseres Nervensystems unterliegt unserer willkürlichen Kontrolle. Daneben hat das Nervensystem aber auch Aufgaben, die wir nicht bewusst kontrollieren können. Jeder kennt die Situation: Beim Sport oder in Stresssituationen erhöht sich automatisch der Herzschlag, die Atmung wird schneller und man beginnt zu schwitzen. Verantwortlich dafür ist das vegetative Nervensystem, das auch als autonomes oder unwillkürliches Nervensystem bezeichnet wird, weil es nicht unserem Willen unterworfen ist.
Das vegetative Nervensystem kontrolliert die Muskulatur aller Organe, regelt also lebenswichtige Körperfunktionen wie Herztätigkeit, Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel, Verdauung, Ausscheidung, Schweißbildung, Körpertemperatur und Fortpflanzung. Außerhalb von Gehirn und Rückenmark besteht es aus dem Sympathikus und seinem Gegenspieler, dem Parasympathikus. Der Sympathikus sorgt für eine Erhöhung des Herzschlages und der Atemtätigkeit, verbessert die Durchblutung in der Muskulatur und fördert das Schwitzen. Durch den Parasympathikus hingegen schlägt das Herz langsamer, die Atmung wird ruhiger und die Verdauung wird gefördert.
Das Gehirn als Informationszentrale
Das Gehirn ist die Informationszentrale unseres Körpers. Hier werden Informationen aus der Umwelt und über den Zustand des Organismus zusammengetragen und zu Reaktionen weiterverarbeitet. Der am höchsten entwickelte Abschnitt des Gehirns ist das Großhirn mit der Großhirnrinde. Hier liegen die Verarbeitungszentren für Signale, die von den Augen (Sehrinde), den Ohren (Hörzentrum) und anderen Sinnesorganen kommen. Durch die Sehrinde beispielsweise erkennen wir einen Gegenstand als Auto, d.h. erst durch sie erhält das Gesehene eine Bedeutung. Auch Informationen von der Körperoberfläche werden in der Großhirnrinde verarbeitet. Dabei ist der Bereich der Großhirnrinde, der für eine bestimmte Region der Körperoberfläche zuständig ist, umso grösser, je wichtiger er für die Wahrnehmung der Umwelt ist. So ist das „Wahrnehmungsfeld“ für Informationen, die von den Händen kommen, deutlich grösser als das für die Füße. Auch das Wiedererkennen von Orten und Personen erfolgt in der Großhirnrinde. Andere Bereiche der Großhirnrinde sind für Sprache, Rechnen und Empfindungen zuständig. Der motorische Bereich der Großhirnrinde steuert und koordiniert Muskelbewegungen.
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Weitere Abschnitte des Gehirns
Die weiteren Abschnitte des Gehirns sind Zwischenhirn, Mittelhirn, Kleinhirn und Nachhirn. Im Zwischenhirn werden beispielsweise vegetative Funktionen wie Körpertemperatur, das Hunger- und Durstgefühl sowie das Sexualverhalten gesteuert. Hier befindet sich auch die Hypophyse. Diese wichtige Hormondrüse, die auch als Hirnanhangsdrüse bezeichnet wird, produziert Wirkstoffe (Hormone), die in die Blutbahn abgegeben werden und dann über den Blutkreislauf zu ihren Wirkorten gelangen. Die Hormone der Hypophyse steuern beispielsweise das Längenwachstum vor der Pubertät, fördern das Wachstum der inneren Organe und haben Einfluss auf den Stoffwechsel. Zudem fördern sie die Reifung der Eizellen in den Eierstöcken der Frau und die Entwicklung der Spermien beim Mann.
Das Mittelhirn ist der kleinste Abschnitt des Gehirns. Es steuert u.a. den Wach-Schlaf-Rhythmus und kann die Aufmerksamkeit auf bestimmte Sinneseindrücke lenken. Verantwortlich für den richtigen Ablauf aller Körperbewegungen ist das Kleinhirn. Zudem ist es massgeblich an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes beteiligt. Bei einem Ausfall des Kleinhirns kommt es deshalb zu taumelnden, zielunsicheren oder zittrigen Bewegungen, wie sie bei Betrunkenheit auftreten. Auch schnell aufeinander folgende Bewegungen können nicht mehr ausgeführt werden.
Mit dem Nachhirn grenzt das Gehirn an das Rückenmark. Hier werden die Atmung, der Kreislauf und viele Abläufe in den Organen gesteuert. Das Nachhirn ist auch für den Lidschlussreflex, den Tränenfluss, den Schluckreflex, die Speichelproduktion sowie für Niesen, Husten und Erbrechen zuständig. Zudem gibt es Reflexe, an denen nur das Rückenmark beteiligt ist.
Nervenzellen und Signalübertragung
Die Aufgabe der Nervenzellen besteht darin, Signale aufzunehmen und an andere Nervenzellen oder Muskel- und Drüsenzellen weiterzuleiten. Entlang einer Nervenzelle werden die Signale elektrisch fortgeleitet. Die Geschwindigkeit solcher Signale kann bis zu 360 km pro Stunde erreichen (100 m/sec = 6000 m/min = 360 km/h). Solche hohen Geschwindigkeiten sind notwendig, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Signale vom Gehirn bis zu der Muskulatur der Beine eine relativ große Strecke zurücklegen müssen. Die Kontaktstelle zwischen 2 Nervenzellen ist die Synapse. Hier erfolgt die Übertragung des elektrischen Signals von einer Nervenzelle zur nächsten mit Hilfe von Botenstoffen, die auch als Transmitter bezeichnet werden. Gelangt das elektrische Signal zum Axonende einer Nervenzelle, wird dort der jeweilige Botenstoff in den winzigen Spalt zwischen den beiden Zellen ausgeschüttet. Die Funktion von Gehirn und Nervensystem basiert somit nicht nur auf einer Weiterleitung von elektrischen Signale sondern auch biochemischen Prozessen, welche die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen erst ermöglicht.
Die Nervenleitgeschwindigkeit in der medizinischen Diagnostik
Die Nervenleitgeschwindigkeit, oder kurz (N_{LG}), ist ein Begriff aus der medizinischen Diagnostik und Neurophysiologie. Um die Nervenleitgeschwindigkeit zu erläutern, starten wir mit dem Aufbau eines Nervs. Der Nerv ist ein Verbund von Nervenzellen oder Neuronen, die elektrische Signale weiterleiten können. Wenn du zum Beispiel in ein Stück Apfel beißt, ist es die Nervenleitgeschwindigkeit, die dafür sorgt, dass du sofort schmeckst, wie süß der Apfel ist. Das Signal von den Geschmacksrezeptoren auf der Zunge wird über Nervenfasern an dein Gehirn weitergeleitet.
Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit hat sich in der medizinischen Diagnostik als sehr nützlich erwiesen. Durch ihre Hilfe können Neurologen und andere medizinische Fachleute Rückschlüsse auf den Zustand des Nervensystems ziehen. Die Nervenleitgeschwindigkeit kann aber auch darüber Aufschluss geben, wie gut eine Behandlung anschlägt. Verschiedene Therapieansätze zielen darauf ab, die Nervenleitgeschwindigkeit zu verbessern, etwa durch gezielte Medikation oder Physiotherapie. Unter medizinischem Fachpersonal und insbesondere bei Medizinischen Fachangestellten (MFA) ist das Wissen über die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit von großer Bedeutung.
Die Elektroneurographie (ENG)
Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit ist ein wesentlicher Aspekt in der neurologischen Diagnostik und wird durch ein Verfahren, die sogenannte Elektroneurographie (ENG), durchgeführt. Hierbei werden dem Patienten zwei Elektroden an der Hautoberfläche aufgeklebt. Die erste Elektrode sendet einen elektrischen Impuls, welcher ein Aktionspotential im Nerv auslöst. Die zweite Elektrode fungiert als Empfänger und misst das ankommende Signal. Der Vorgang lässt sich mathematisch als (N_{LG} = \frac{d}{t}) darstellen, wobei (d) die Distanz zwischen den Elektroden und (t) die benötigte Zeit für die Signalübertragung ist. Ein Vorteil der Elektroneurographie ist, dass sie unter kontrollierten Bedingungen stattfindet. Dies ermöglicht eine genaue Quantifizierung der Nervenleitgeschwindigkeit und den Vergleich mit normalen Werten, um Abweichungen festzustellen. Ein Patient mit der Verdachtsdiagnose auf eine periphere Neuropathie könnte eine reduzierte Nervenleitgeschwindigkeit aufweisen.
Schmerzhaftigkeit der Messung
Ein Aspekt, der oft zur Sprache kommt, wenn es um die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit geht, ist die Frage, ob das Verfahren schmerzhaft ist. Auch wenn die Verwendung von Elektroden oft abschreckend wirken kann, ist die Prozedur im Allgemeinen mit minimalen Beschwerden verbunden. Der elektrische Impuls, der zur Auslösung des Aktionspotenzials verwendet wird, fühlt sich oft wie ein kurzer, leichter Schock an. Dies kann als unangenehm empfunden werden, wird jedoch in der Regel nicht als schmerzhaft beschrieben. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass einige Patienten vielleicht empfindlicher auf den elektrischen Impuls reagieren als andere. Deshalb ist es nützlich, dem Patienten vor Beginn der Prozedur zu erklären, was zu erwarten ist, um Ängste und Unbehagen zu minimieren. In seltenen Fällen können Hautrötungen an den Stellen auftreten, an denen die Elektroden angebracht waren, diese klingen jedoch normalerweise nach kurzer Zeit von selbst ab.
Normwerte und Interpretation der Ergebnisse
Wie bereits erwähnt, bietet die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit eine wichtige diagnostische Hilfe bei der Untersuchung neurologischer Erkrankungen. Dabei ist es sinnvoll, die ermittelten Werte mit vorgegebenen Normwerten vergleichen zu können. Bei gesunden Menschen liegt die Nervenleitgeschwindigkeit in der Regel zwischen 50 und 60 Metern pro Sekunde bei peripheren Nerven und bis zu 120 Metern pro Sekunde bei zentralen Nerven. Eine zu langsame Nervenleitgeschwindigkeit kann auf Schädigungen der Nerven hinweisen. Solche Schädigungen können beispielsweise durch mechanische Verletzungen, Entzündungen oder degenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose entstehen. Sollte eine zu langsame Nervenleitgeschwindigkeit festgestellt werden, kann es hilfreich sein, diese zu spezifizieren. Bei Neurologen ist oftmals von einem "peripheren Nerv" die Rede. Der periphere Nerv kann durch etliche Ursachen geschädigt werden. Krankheiten, die eine Schädigung verursachen können, sind beispielsweise Diabetes mellitus, Karpaltunnelsyndrom, oder eine Guillain-Barré-Syndrom.
Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit
Eine Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit kann durch verschiedene therapeutische Ansätze erreicht werden. Dies kann einerseits durch eine gezielte Behandlung der Ursache, z.B. der Behandlung einer Autoimmunerkrankung, geschehen. Ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit ist die physikalische Therapie. Hierbei handelt es sich um Übungen, die darauf abzielen, die Funktion der betroffenen Nerven zu verbessern und damit auch die Leitgeschwindigkeit zu normalisieren. Zudem kann die Einnahme bestimmter Medikamente, z. B. solchen, die bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden, indirekt auch zur Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit führen. Darüber hinaus ist eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung wichtig, da bestimmte Vitamine und Mineralien eine wichtige Rolle für die Gesundheit der Nerven spielen.
Einflussfaktoren auf die Nervenleitgeschwindigkeit
In der medizinischen Diagnostik stellt die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit ein essenzielles Werkzeug dar, um Rückschlüsse auf den Zustand des Nervensystems zu ziehen. Die Nervenleitgeschwindigkeit spiegelt die Kapazität der Nerven, elektrische Impulse entlang des Axons, dem langen Fortsatz eines Nervenzells, zu leiten. Sie gibt Aufschluss über die Integrität der Myelinscheide, eine schützende Fett- und Proteinschicht, die die Nervenfasern umgibt. Vielfalt von Faktoren können die Nervenleitgeschwindigkeit beeinflussen, einschließlich Alter, Geschlecht und bestehenden gesundheitlichen Zuständen. Zum Beispiel wird im Allgemeinen bei älteren Menschen eine niedrigere Nervenleitgeschwindigkeit beobachtet als bei jüngeren, was auf eine natürliche Abnahme der Myelinschicht mit der Zeit zurückzuführen ist. Eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit kann auf eine Reihe von Erkrankungen hinweisen, darunter entzündliche Neuropathien, demyelinisierende Erkrankungen (wie Multiple Sklerose) oder akute Verletzungen des Nervs. In der medizinischen Diagnostik kann das Erkennen einer niedrigen Nervenleitgeschwindigkeit somit Ärzten helfen, die Ursache der Krankheit des Patienten einzugrenzen oder bestätigen. Darüber hinaus kann eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit auch Hinweise auf systemische Erkrankungen liefern.
Weitere diagnostische Verfahren
- Elektromyographie (EMG): Bei dieser Untersuchung wird die elektrische Aktivität von Muskeln gemessen, indem eine dünne Nadel-Elektrode in einen Muskel injiziert wird. Die Untersuchung der Muskeln dient also dazu Schädigungen am zuführenden Nerven feststellen zu können. Deshalb kann man z.B. aus der Untersuchung eines Muskels am Arm oder am Bein Rückschlüsse auf eine Schädigung des Nerven an der Wirbelsäule, z.B. durch einen Bandscheibenvorfall ziehen. Auch Erkrankungen des Muskels selbst, die seltener sind als Schädigungen des zuführenden Nerven, kann man mit dem EMG untersuchen.
- Ultraschalldiagnostik von Nerven (Nervensonographie): Die Nervensonographie kann Nervenverletzungen, Nerventumoren oder Einklemmungen von Nerven sichtbar machen. Die Darstellung vieler Nerven gelingt mit dem Ultraschall besser als mit der Kernspintomographie.
- Elektroenzephalographie (EEG): Ein EEG wird zur Untersuchung von Funktionsstörungen des Gehirns eingesetzt. Die Untersuchung ist schmerzfrei.
- Evozierte Potentiale: Als evoziertes (=hervorgerufenes) Potential wird eine Hirnstromaktivität bezeichnet, die durch einen Sinnesreiz ausgelöst wird. Die Messung evozierter Potentiale erlaubt eine objektivierbare und quantifizierbare Darstellung von Störungen und eignet sich auch für Verlaufsuntersuchungen.
- Magnetstimulation: Bei der Magnetstimulation wird über den Kopf des Patienten eine Magnetspule gehalten. Diese Spule gibt einen magnetischen Impuls ab, der die darunter liegenden motorischen Nervenzellen kurzzeitig stimuliert. Eine Muskelzuckung wird ausgelöst und an den Armen oder Beinen über aufgeklebte Elektroden registriert. Die Zeit zwischen der Impulsabgabe über dem Kopf bzw. der Wirbelsäule und der aufgetretenen Muskelzuckung wird gemessen.
- Doppler-Sonographie und Duplex-Sonographie: Schlaganfälle werden häufig durch Verengungen oder Verschlüsse der Blutgefäße verursacht, die das Gehirn mit Blut versorgen. Diese Verengungen lassen sich mit Hilfe von Ultraschalluntersuchungen besonders gut und risikolos darstellen.
- Lumbalpunktion: Eine Lumbalpunktion ist die Entnahme von Nervenwasser aus dem Wirbelsäulenkanal in Höhe der Lendenwirbelsäule. Das entnommene Nervenwasser kann nun auf seine Bestandteile, insbesondere Zellen und Eiweiße untersucht werden. Diese Untersuchung ist geeignet, entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, wie z.B. Multiple Sklerose, zu diagnostizieren.
Aktionspotentiale und funktionelle Elektrostimulation (FES)
Bei der Übertragung von Informationen im Nervensystem und der Kontraktion von Muskeln spielen Aktionspotenziale eine entscheidende Rolle. Ein Aktionspotenzial entsteht, wenn eine Nervenzelle durch einen Reiz ausreichend erregt wird. Dieser Reiz kann zum Beispiel eine elektrische Spannungsänderung sein, die an der Zellmembran auftritt. Durch das Öffnen der Ionenkanäle strömen Ionen wie Natrium (Na+) in die Zelle, wodurch es zu einer vorübergehenden Depolarisation der Zellmembran kommt. Dies bedeutet, dass das Innere der Zelle kurzzeitig positiv und das Äußere negativ geladen werden. Dieser schnelle Wechsel des Membranpotenzials von einem negativen Ruhepotential zu einem positiven Wert wird als Aktionspotenzial bezeichnet.
Die funktionelle Elektrostimulation (FES) nutzt die Aktionspotenziale im Körper, um gezielt Muskeln oder Nerven zu stimulieren. Bei der funktionellen Elektrostimulation werden externe elektrische Impulse erzeugt, um Muskeln oder Nerven zu stimulieren und Bewegungen auszulösen. Die elektrischen Impulse der funktionellen Elektrostimulation aktivieren die Muskeln, indem sie die natürlichen elektrischen Signale imitieren. Durch die gezielte Anregung der Muskeln können Bewegungen erzeugt werden, wenn die körpereigene Steuerung nicht oder nicht ausreichend funktioniert.