In der Medizin werden Hohlräume im menschlichen Körper als Ventrikel bezeichnet, die an verschiedenen Stellen vorkommen. In der Anatomie versteht man unter einem Ventrikel (vom lateinischen Wort "ventriculus") bauchförmige Hohlorgane oder Leerräume. Auch der Magen wird in der Anatomie als "ventriculus" bezeichnet. Das Ventrikelsystem des menschlichen Gehirns ist ein komplexes Netzwerk von Hohlräumen, das eine zentrale Rolle für die Funktion des zentralen Nervensystems spielt. Es sorgt für die Produktion, Zirkulation und Regulation des Liquor cerebrospinalis, der das Gehirn schützt, versorgt und reinigt. Darüber hinaus ermöglicht es die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnstrukturen und trägt wesentlich zur Stabilität des intrakraniellen Drucks bei.
Das Ventrikelsystem: Ein Überblick
Das Ventrikelsystem ist ein Netzwerk von Hohlräumen im Inneren des Gehirns, das vollständig mit Liquor cerebrospinalis gefüllt ist. Es wird auch als "innerer Liquorraum" bezeichnet, im Gegensatz zum äußeren Liquorraum, der sich zwischen der Arachnoidea und der Pia mater befindet. Diese Hohlräume stehen über spezifische Durchgänge und Strukturen miteinander in Verbindung, was eine reibungslose Kommunikation und Zirkulation des Liquors ermöglicht.
Das Ventrikelsystem besteht aus vier Hirnventrikeln, die in verschiedenen Regionen des Gehirns angesiedelt sind und über Verbindungen ein Netzwerk bilden. Die Hirnventrikel (ventriculi cerebri) sind ein zentraler Bestandteil des Ventrikelsystems im Gehirn und erfüllen essenzielle Aufgaben für die Liquorzirkulation. Sie bilden ein komplexes Netzwerk aus Hohlräumen, die mit Hirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gefüllt sind. Dieser Flüssigkeitsraum schützt das Gehirn vor mechanischen Einwirkungen, reguliert den intrakraniellen Druck und transportiert Stoffwechselprodukte.
Die vier Hirnventrikel im Detail
Die vier Ventrikel unseres Ventrikelsystems unterteilen sich in die beiden großen Seitenventrikel in den Großhirnhemisphären, den 3. Ventrikel - deutlich enger - in der Region des Zwischenhirns und den 4. Ventrikel im Bereich des Rautenhirns.
- Seitenventrikel (1. und 2. Hirnventrikel): Die Seitenventrikel sind paarig angelegt und befinden sich jeweils in einer der beiden Großhirnhemisphären. Sie weisen eine komplexe Form auf, die durch die embryonale Entwicklung des Gehirns bedingt ist. Jeder Seitenventrikel erstreckt sich mit seinem Vorderhorn (Cornu anterius) in den Stirnlappen und mit seinem Hinterhorn (Cornu posterius) in den Hinterhauptslappen. Das Unterhorn (Cornu inferius) reicht in den Schläfenlappen und der zentrale Teil (Pars centralis) liegt im Scheitellappen. Sie entsprechen dem Helm des Aliens, werden in Lehrbüchern aber auch oft mit einem Horn verglichen. Beide Kammern gliedern sich in das ausufernde Vorderhorn (Cornu frontale) im Stirnlappen, den schmaleren, bogenförmigen Mittelteil (Pars centralis) im Scheitellappen, das kleine, nach hinten zeigende Hinterhorn (Cornu occipitale) im Hinterhauptlappen und das seitlich nach vorn laufende Unterhorn (Cornu temporale) im Schläfenlappen. Dieses letztere grenzt nach unten hin an den Hippocampus, die anderen Abschnitte werden nach oben vom Corpus callosum, nach unten vom Thalamus begrenzt.
- Dritter Hirnventrikel: Der dritte Hirnventrikel ist unpaar und befindet sich im Diencephalon, unterhalb des Corpus callosum. Seine Seitenwände werden von Thalamus und Hypothalamus gebildet. Er ist ein enger und hoher, spaltförmiger Raum. Er bildet den Kopf des Aliens und lässt sich dem Zwischenhirn zuordnen. Dabei stößt er an den Thalamus, den Epithalamus und den Hypothalamus. Wenn sich rechter und linker Thalamus berühren - an der Adhaesio interthalamica -, entsteht eine rundliche Aussparung im dritten Ventrikel: das Auge des Außerirdischen. Der Hohlraum läuft in vier schmale, längliche Ausbuchtungen aus - zwei im Gesicht des Aliens, zwei am Hinterkopf. Ausstülpungen, wie der Recessus suprapinealis, Recessus supraopticus und Recessus suprainfundibularis, erweitern die Struktur dieses Ventrikels.
- Vierter Hirnventrikel: Der vierte Hirnventrikel liegt im Rhombencephalon und grenzt an die Rautengrube, welche den Boden des Ventrikels bildet. Der vierte Ventrikel liegt im Rautenhirn (Rhombencephalon). Seinen Boden stellt die Rautengrube dar, gebildet von der Brücke und der Medulla oblongata. Sein Dach ist zeltförmig, verläuft vom Mittelhirn zum Kleinhirn und hat seitlich zwei kräftige Ausbuchtungen. Er bildet den Körper des Aliens mit den beiden Ärmchen. An deren offenen Enden, den Aperturae laterales, sind sie zum äußeren Liquorraum zwischen innerer und mittlerer Hirnhaut geöffnet - besagtem „Puffer“ zum Schädelknochen. Eine weitere solche Verbindung bildet die Apertura mediana - sozusagen das Stummelschwänzchen des Aliens. Der vierte Ventrikel setzt sich nach unten hin in den Zentralkanal des Rückenmarks fort.
Verbindungen zwischen den Ventrikeln
- Foramen Monroi (Foramen interventriculare): Die Seitenventrikel sind über das Foramen interventriculare (Foramen Monroi) mit dem dritten Ventrikel verbunden. Die beiden Seitenventrikel sind vollkommen geschlossene Hohlräume, die nur durch eine Öffnung, das Foramen Monroi (oder Foramen interventriculare) miteinander und mit dem 3. Ventrikel in Verbindung stehen. Zum einen verbinden zwei kurze Ausbuchtungen, die Foramina interventricularia, je einen Seitenventrikel mit dem dritten Ventrikel. Ob nun Widderhorn oder Alienhelm: Hier sind sie am Kopf des Aliens angewachsen.
- Aquaeductus mesencephali: Der Liquor fließt durch das Aquädukt (Aquaeductus mesencephali) in den vierten Ventrikel. Mit dem 4. Ventrikel ist der 3. Ventrikel über den Aquaeductus mesencephalis (eine Art Kanal) verbunden. Dessen langer Hals ist eigentlich die „Wasserleitung des Mittelhirns“, der Aquaeductus mesencephali. Durch ihn gelangt der Liquor vom dritten in den vierten Ventrikel.
- Apertura lateralis (Foramen Luschkae) und Apertura mediana (Foramen Magendi): Über die Apertura lateralis (Foramen Luschkae) und die Apertura mediana (Foramen Magendi) steht er mit den äußeren Liquorräumen in Verbindung.
Akzessorische Strukturen
Neben den vier Hauptventrikeln treten gelegentlich akzessorische Strukturen wie das Cavum septi pellucidi (auch als "fünfter Ventrikel" bezeichnet) oder das Cavum vergae (manchmal "sechster Ventrikel") auf. Diese Hohlräume, meist Überbleibsel aus der Embryonalentwicklung, bilden sich häufig frühzeitig zurück.
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Histologie des Ventrikelsystems
Die Histologie des Ventrikelsystems offenbart die spezialisierten Strukturen, die seine Funktionen ermöglichen. Die Wände der Ventrikel sind mit Ependymzellen ausgekleidet, einem einschichtigen Epithel, das durch Kinozilien und Mikrovilli an der Oberfläche charakterisiert ist. Diese Spezialform des Epithels ist überwiegend kubisch, kann jedoch auch regional aus hochprismatischen bis mesothelartigen Zellen bestehen. Diese Zellen beeinflussen die Liquorzusammensetzung, indem sie beispielsweise überschüssige Neurotransmitter mit Hilfe von Transportproteinen auf der Oberfläche entfernen. Unterhalb des Epithels liegt die subependymale Zone mit Astrozyten und spezialisierten Liquorkontaktneuronen, die als Chemosensoren fungieren könnten.
Plexus choroideus und die Blut-Liquor-Schranke
Der Plexus choroideus besteht aus spezialisierten Gliazellen und ist für die Produktion und Reinigung des Liquors verantwortlich. Hier werden täglich etwa 500 Milliliter Liquor gebildet. Da es im Bereich des Plexus choroideus keine Blut-Hirn-Schranke gibt, könnten theoretisch Substanzen aus dem Blut ungehindert passieren. Der Übertritt in den Liquor wird allerdings durch die Blut-Liquor-Schranke, eine verlagerte Diffusionsbarriere, verhindert. Die Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit wird in speziellen Knäueln aus kleinen Arterien und Venen, dem Plexus choroideus, von bestimmten Ependymzellen gebildet, welche die Wände der Liquorräume auskleiden (siehe auch Kapitel "Feingeweblicher Aufbau").
Bochdalek-Blumenkörbchen
Aus der Apertura lateralis tritt ein Teil des Plexus choroideus in den Subarachnoidalraum hinaus. Neben den vier Hauptventrikeln treten gelegentlich akzessorische Strukturen wie das Cavum septi pellucidi (auch als „fünfter Ventrikel“ bezeichnet) oder das Cavum vergae (manchmal „sechster Ventrikel“) auf. Diese Hohlräume, meist Überbleibsel aus der Embryonalentwicklung, bilden sich häufig frühzeitig zurück.
Liquorzirkulation und Funktion des Ventrikelsystems
Das Ventrikelsystem ist entscheidend für die Liquorzirkulation, die pulsierend im Takt des Herzzyklus verläuft. Der Liquor fließt nach der Produktion über die diversen Ventrikelverbindungen in den vierten Ventrikel und von dort in den Subarachnoidalraum, wo er über Granulationen in die venösen Hirnsinus drainiert wird. Dieser Mechanismus gewährleistet Schutz, Nährstoffversorgung und Abfallentsorgung für das Zentrale Nervensystem.
Die Aufgabe des Hirnwassers besteht darin, das Gehirn vor mechanischer Schädigung zu schützen. Es regelt außerdem den Hirninnendruck, hält das Hirngewebe feucht und transportiert Stoffwechselprodukte.
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Die Funktionen des Liquors im Überblick
- Schutz: Der Liquor umhüllt das Gehirn und bildet so einen wirksamen Puffer zwischen hartem Schädelknochen und weichem Gehirn. Die Flüssigkeit wirkt wie ein Puffer, der Gehirn und Rückenmark gegen plötzliche Stöße und andere schädliche Einwirkungen schützt.
- Nährstoffversorgung: Das in unserem - aus vier miteinander verbundenen Hirnkammern (sog. Ventrikeln) bestehende - Ventrikelsystem zirkulierende Hirnwasser versorgt unser Gehirn mit Nährstoffen. Über das Ventrikelsystem und dem darin zirkulierenden Liquor wird das Gehirn mit Nährstoffen versorgt.
- Abtransport von Stoffwechselprodukten: Das in unserem - aus vier miteinander verbundenen Hirnkammern (sog. Ventrikeln) bestehende - Ventrikelsystem zirkulierende Hirnwasser sorgt für den Abtransport von Stoffwechselprodukten. Über das Ventrikelsystem und dem darin zirkulierenden Liquor werden Stoffwechsel-Abbauprodukte abtransportiert.
- Regulation des intrakraniellen Drucks: Die drei Öffnungen in der Decke des 4. Ventrikels sind wichtig für den Druckausgleich des Liquors in den Hirnventrikeln.
- Kommunikation: Das Ventrikelsystem ermöglicht die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnstrukturen.
Klinische Bedeutung: Erkrankungen des Ventrikelsystems
Klinische Störungen des Ventrikelsystems betreffen häufig die Regulation und Zirkulation des Liquors, was zu einer Erweiterung der Liquorräume über das Normalmaß hinaus führt, einem Zustand, der als Hydrocephalus bezeichnet wird. Diese Erweiterung kann je nach Lokalisation in zwei Hauptformen unterteilt werden: den Hydrocephalus internus, bei dem die Hirnventrikel vergrößert sind, und den Hydrocephalus externus, der durch eine Erweiterung der äußeren Liquorräume gekennzeichnet ist.
Bei allen Erkrankungen des Ventrikelsystems liegt ein Missverhältnis zwischen der Produktion von Liquor und dessen Resorption oder Abfluss aus dem Ventrikelsystem vor.
Hydrocephalus: Ursachen und Formen
- Hydrocephalus e vacuo: Entsteht durch einen Schwund von Hirngewebe, der mit einer kompensatorischen Zunahme des Liquorvolumens einhergeht.
- Hydrocephalus durch Liquorzirkulationsstörungen: Ist die Folge eines Missverhältnisses zwischen der Produktion des Liquors und seinem Abfluss oder seiner Resorption.
- Hydrocephalus malresorptivus (aresorptivus): Eine gestörte Resorption in den Granulationes arachnoideae liegt vor.
- Hypersekretionshydrozephalus: Eine erhöhte Liquorsekretion übersteigt die Kapazität von Abfluss und Resorption.
- Normaldruckhydrozephalus: Eine besondere Variante ist der Normaldruckhydrozephalus, der durch eine gestörte Resorption und einen gestörten Abfluss in variierendem Ausmaß gekennzeichnet ist. Dabei kann Liquor durch die Ventrikelwände in das umgebende Hirngewebe austreten, was zu einem periventrikulären Ödem führt. Dies führt allmählich zur Kompression von Kortex und neuronalen Bahnsystemen.
Weitere mögliche Probleme des Ventrikelsystems
- Verstopfung der Öffnungen des 4. Ventrikels: So können etwa die Öffnungen des 4. Ventrikels durch Blutungen, Entzündungen oder Tumoren verschlossen sein. Das behindert den Abfluss von Liquor. In der Folge erweitert sich das Ventrikelsystem und das Gehirn vergrößert sich - es kommt zu einem Hydrocephalus internus (Wasserkopf).
- Kolloidzyste im Bereich des 3. Ventrikels: Im Bereich des 3. Ventrikels kann eine Kolloidzyste auftreten, eine gutartige Zyste, die das Foramen Monroi verlegen und den Abfluss des Liquors aus dem Ventrikelsystem behindern kann. Dieser Liquorstau führt ebenfalls zu einem Hydrocephalus.
- Angeborene Abflussbehinderung des 3. Ventrikels: Eine Abflussbehinderung des 3. Ventrikels kann angeboren sein - entweder erblich bedingt oder als Folge einer Erkrankung wie einer Infektion mit Toxoplasmose. Die betroffenen Babys kommen also schon mit einer Störung im Ventrikelsystem zur Welt. Mediziner sprechen hier von einem Hydrocephalus congenitalis.
- Tumoren im Bereich der Liquorräume: Bei Kindern und Jugendlichen kommen Tumoren vor, die aus entarteten Ependymzellen, hervorgehen. Diese Tumoren, die Ependymome, können überall im Bereich der Liquorräume, das heißt in den Hohlräumen des Gehirns und des Rückenmarks entstehen. Ein Tumor im Kleinhirn (zum Beispiel ein Medulloblastom oder Astrozytom) wiederum kann zum Beispiel von hinten den IV. Hirnventrikel verschließen und dadurch zum Liquoraufstau in den beiden Seitenventrikeln (I. und II. Ventrikel) und dem III. Ein solcher Verschlusshydrocephalus kann vorübergehend sein oder aber (durch narbige Verwachsungen nach einer Tumorentfernung oder Bestrahlung) dauerhaft bestehen bleiben.
Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Ventrikelsystems
Mit Computertomographie und Magnetresonanztomographie lässt sich das Ventrikelsystem problemlos abbilden. Der Arzt kann dann auf Schnittbildern beurteilen, ob es größer ist als normal.
Zum Zweck der Diagnose kann der Arzt dem Patienten Liquor über eine Lumbalpunktion entnehmen. Dafür führt er eine lange Nadel zwischen drittem und viertem Lendenwirbel ein. Seltener - nur wenn eine Lumbalpunktion nicht möglich ist - punktiert er direkt den äußeren Liquorraum am Schädel. Das klingt sehr unangenehm, kann sich aber durch die Sicherung einer Diagnose und eine darauf aufbauende spezifische Therapie lohnen. Zum Beispiel lassen sich im Liquor hervorragend Entzündungen des Zentralnervensystems und der Hirnhäute nachweisen: Die Flüssigkeit enthält dann mehr Zellen und Eiweiße als normal - unter anderem weiße Blutkörperchen. Hin und wieder finden sich auch bakterielle Erreger direkt im Liquor wieder. Bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose sammeln sich vermehrt Antikörper, genauer Immunoglobulin G, in der Gehirnflüssigkeit. Im Falle eines Tumors lassen sich auch Krebszellen detektieren. Auch die äußere Erscheinung des Liquors verrät vieles: Bei einer Hirnhautentzündung (Meningitis) ist die Flüssigkeit beispielsweise trüb gefärbt.
Eine Therapieoption des kindlichen Hydrocephalus ist eine sogenannte Shunt-Anlage, bei der eine künstliche Abflussmöglichkeit für den Liquor in den Bauchraum geschaffen wird.
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