Curare: Wirkung des Pfeilgifts auf die Synapse

Einführung

Synapsengifte sind Substanzen, die die Informationsübertragung an Synapsen beeinflussen können, was schwerwiegende Auswirkungen auf den Organismus hat. Curare, ein bekanntes Pfeilgift aus Südamerika, ist ein solches Synapsengift. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Curare auf die Synapse und seine Auswirkungen auf den menschlichen Körper.

Was ist Curare?

Curare ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Substanzen, die von der indigenen Bevölkerung Südamerikas als Pfeilgift für die Jagd genutzt werden. Es wird aus eingedickten Extrakten von Rinden und Blättern verschiedener südamerikanischer Lianenarten hergestellt, wobei die Rezepturen der einzelnen Volksgruppen unterschiedlich sind. Die spanischen Eroberer beschrieben bereits die tödlichen Giftpfeile der südamerikanischen Einwohner, deren Gift innerhalb kurzer Zeit das Muskelsystem des Getroffenen lähmte.

Herstellung und Zusammensetzung

Die Herstellung von Curare erfolgt durch das Einkochen und Filtrieren frisch gesammelter Pflanzen. Alexander von Humboldt beschrieb 1804 detailliert, wie das Curaregift von einem Indianer bzw. Medizinmann aus der frisch gesammelten Pflanze Mavacure gewonnen wurde. Die Zusammensetzung variiert je nach Herkunft und Zubereitung. Nach den Aufbewahrungsformen der Gifte werden sie in Tubo-Curare, Topf-Curare und Calebassen-Curare aufgeteilt.

  • Tubo-Curare: Wird aus der Rinde der Art Chondrodendron tomentosum sowie verschiedener anderer Arten der Mondsamengewächse (Menispermaceae) gewonnen. Diese Form wird vor allem von den Ureinwohnern Guayanas und des oberen Amazonasbeckens hergestellt. Der Name leitet sich von der Aufbewahrung des flüssigen Curares in Bambusröhren (spanisch: „tubo“) ab.
  • Calebassen-Curare: Wird vor allem aus Arten der Gattung der Brechnüsse (Strychnos) gewonnen und enthält verschiedene Strychnosalkaloide wie das Alcoferin oder das Toxiferin. Es wird traditionell vor allem von Einwohnern des heutigen Kolumbien und Venezuelas hergestellt.
  • Topf-Curare: Ist typisch für die Indios des Orinoco-Beckens.

Wirkung von Curare auf die Synapse

Curare wirkt an der Synapse auf die Rezeptoren, genauer gesagt auf die sogenannten Acetylcholin-Rezeptoren. Es konkurriert mit dem eigentlichen Neurotransmitter Acetylcholin um die Bindungsstellen an den Rezeptoren. Curare dockt dort an, aktiviert den Rezeptor aber nicht. Da das Curare mit Acetylcholin um die gleiche Bindungsstelle am Rezeptor konkurriert, spricht man von kompetitiver Hemmung.

Blockade der Acetylcholin-Rezeptoren

Curare bindet an postsynaptische Rezeptoren und verhindert den Natriumeinstrom. Dies führt dazu, dass kein exzitatorisches postsynaptisches Potenzial (EPSP) ausgebildet wird und keine neuen Aktionspotenziale entstehen können. Somit wird die Erregungsübertragung von Nervenzellen zu Muskelzellen verhindert. Die Natriumkanäle bleiben geschlossen und es können keine Na+-Ionen in die Zelle strömen. Die Curare-Wirkung hat zur Folge, dass kein Signal weitergeleitet wird und die Muskeln erschlaffen.

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Auswirkungen auf den Körper

Curare bewirkt eine schlaffe MuskelLähmung. Zum Tode führt letzten Endes der Atemstillstand durch Lähmung der Atemmuskulatur. Das zentrale Nervensystem bleibt weitgehend intakt, auch der Herzmuskel ist nicht betroffen.

Behandlung einer Curare-Vergiftung

Zur Therapie muss der Patient ausreichend beatmet werden, bis die Giftwirkung nachlässt. Da Curare die Acetylcholinrezeptoren kompetitiv hemmt, kann es durch viel Acetylcholin wieder verdrängt werden. Um soviel Acetylcholin zu bekommen, wird die Acetylcholinesterase meist mit Parathion gestoppt. Dadurch wird das Curare verdrängt, die Übertragung funktioniert wieder. Das Problem ist, dass auch Parathion, besser bekannt als E 605, ein Gift ist, weil bald zuviel Acetylcholin vorhanden ist und die Muskeln sich deshalb verkrampfen. Dies führt ebenfalls zum Erstickungstod. Das Parathion wird dann oft mit Atropin bekämpft, welches ebenfalls die Rezeptoren für das Acetylcholin blockiert.

Weitere Synapsengifte und ihre Wirkungsweisen

Neben Curare gibt es noch weitere Synapsengifte, die unterschiedliche Wirkungsweisen haben:

  • Parathion: Hemmt die Cholinesterase, ein Enzym, das für den Abbau des Neurotransmitters Acetylcholin (ACh) im synaptischen Spalt verantwortlich ist. Durch diese Hemmung wird ACh nicht mehr abgebaut, was zu einer erhöhten Konzentration des Neurotransmitters führt. Die Folge einer Parathion-Vergiftung ist die Ausbildung eines großen exzitatorischen postsynaptischen Potenzials (EPSP) und eine Dauererregung.
  • Atropin: Bindet an postsynaptische Rezeptoren und verändert deren Struktur. Diese Strukturveränderung verhindert die Öffnung der Natriumkanäle, selbst wenn Neurotransmitter vorhanden sind. Atropin eignet sich zur Behandlung einer Latrotoxin-Vergiftung. Eine Atropin-Vergiftung führt zu einer Lähmung und kann ebenfalls zum Erstickungstod führen.
  • Latrotoxin: Bindet an der präsynaptischen Membran und verursacht einen dauerhaften Calciumeinstrom. Dies führt zu einer erhöhten Konzentration von Neurotransmittern im synaptischen Spalt und einem übermäßigen Natriumeinstrom in die postsynaptische Zelle.
  • Botulinum: Bindet an die Vesikel in der Präsynapse und verhindert deren Ausschüttung durch die Spaltung von Proteinen des Vesikel-Fusionsapparates. Die Folge ist, dass weder EPSPs noch Aktionspotenziale ausgebildet werden können und keine Erregungsweiterleitung stattfindet. Eine Botulinum-Vergiftung führt zu einer Lähmung und kann ebenfalls zum Erstickungstod führen.
  • Muscarin: Wirkt an den Rezeptoren der Synapse wie der Neurotransmitter Acetylcholin. Es wird aber nicht abgebaut und löst sich daher nicht vom Rezeptor. Dies führt dann zu einer dauerhaften Weitergabe von Signalen an der Synapse.
  • Batrachotoxin: Verhindert an der Synapse, dass die mit den Rezeptoren verbundenen Kanäle wieder geschlossen werden. Dadurch findet an der Synapse eine dauerhafte Aussendung von Signalen statt. Es treten Muskel- und damit auch Atemlähmungen auf, die in schweren Fällen beim Menschen zum Tod nach etwa 20 Minuten führen können.
  • Tetrodotoxin: Verhindert an der Synapse, dass bestimmte, spannungsgesteuerte Kanäle geöffnet werden können. Durch eine Blockade der Kanäle wird die Erregung von Muskeln und Nerven verhindert.

Medizinische Bedeutung von Curare

In der Anästhesie wurde Curare als Muskelrelaxans eingesetzt. Dies ist nach der Hypnose, Analgesie und Amnesie die vierte Komponente einer Narkose. In der modernen Anästhesie finden als nicht depolarisierendes Muskelrelaxans heutzutage Nachfolgesubstanzen wie Atracurium, Mivacurium, Pancuronium oder Rocuronium Verwendung, die ein günstigeres Wirkprofil aufweisen.

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