Rückenschmerzen und Beinschmerzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Viele Menschen leiden unter Schmerzen, die vom Rücken in die Beine ausstrahlen. Diese Beschwerden können unterschiedliche Ursachen haben, von harmlosen Muskelverspannungen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen der Wirbelsäule. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine, die diagnostischen Möglichkeiten und die verschiedenen Therapieansätze.

Definition der Lumboischialgie

Unter einer Lumboischialgie versteht man Kreuzschmerzen in der Lendenwirbelsäule, die von dort in den Ober- und Unterschenkel ausstrahlen. Wenn Schmerzen vom Rücken in das Bein ausstrahlen, unterscheidet man radikuläre und pseudoradikuläre Schmerzen. Radikuläre Schmerzen entstehen durch die Kompression einer Nervenwurzel im Wirbelkanal (Spinalkanal), z.B. durch einen Bandscheibenvorfall. Pseudoradikuläre Schmerzen fühlen sich wie ein Nervenwurzelschmerz an, sind es aber nicht. Sie strahlen zwar auch in das Bein aus, zumeist jedoch nicht weiter als bis zum Knie. Sie entstehen auch nicht durch die Kompression einer Nervenwurzel sondern sind Gelenkschmerzen (Ileo-Sakral-Gelenk, Facettengelenk der Lendenwirbelsäule), die in den Oberschenkel ausstrahlen können.

Eine Lumboischialgie liegt definitionsgemäß nur bei radikulären Schmerzen vor und - wenn man die Begrifflichkeit genau einhält - auch nur bei der Kompression von Nervenwurzeln, welche am Ende den Ischiasnerv bilden, also der Nervenwurzeln L4, L5 und S1. Gemeinhin wird mit einer Lumboischialgie aber doch jeder Rückenschmerz in Kombination mit einem Beinschmerz beschrieben.

Ursachen von Beinschmerzen, die von der Wirbelsäule ausgehen

Die Ursachen für Beinschmerzen sind vielfältig. Häufige Auslöser sind:

  • Muskelkater und Verspannungen: Harmlose Ursachen wie Muskelkater oder Verspannungen nach schwerer Arbeit können Beinschmerzen verursachen. Diese treten oft bei untrainierten Menschen nach ungewohnter Belastung auf. Auch Fehlbelastungen oder falsches Schuhwerk können eine Rolle spielen.
  • Ischiasnervreizung: In vielen Fällen von Beinschmerz ist der Ischiasnerv oder seine Nervenwurzeln in der Wirbelsäule betroffen. Reizungen des Nervs sind häufig Auslöser für Schmerzen in den Beinen.
  • Probleme mit dem Iliosakralgelenk (ISG): Auch Schmerzen im Iliosakralgelenk, also dem Gelenk, das die Wirbelsäule mit dem Becken verbindet, ziehen häufig in die Beine.
  • Knochenerkrankungen: Viele ältere Menschen leiden unter Osteoporose, die im fortgeschrittenen Stadium Knochenschmerzen verursachen kann. Aber auch Knochenbrüche (Frakturen) haben Schmerzen in den Beinen zur Folge. Neben traumatisch bedingten Frakturen gibt es sogenannte Ermüdungsbrüche, die häufig Schienbein (Tibia) oder Wadenbein (Fibula) betreffen.
  • Gefäßerkrankungen: Weiterhin gibt es Beinschmerzen, die ihre Ursachen in den Gefäßen oder im Herzen haben. Dazu zählen beispielsweise Thrombose, Herzschwäche oder Gefäßverengungen (pAVK). Aber auch Nervenerkrankungen (Polyneuropathien z. B. bei Diabetes mellitus) können Beinschmerzen verursachen.
  • Bandscheibenvorfall: Eine Bandscheibe verliert ihre Elastizität, und der Gallertkern tritt nach außen. Dies führt zu einem Druck auf die Nervenwurzeln, was Schmerzen, Taubheit oder Kribbeln im Bein verursachen kann. Der Druck des Bandscheibengewebes auf die Nervenwurzel führt zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren, die eine Nervenentzündung (Radikulitis) verursachen. In den frühen Stadien der Diskopathie kommt es zu einer Vorwölbung (Protrusion) der Bandscheibe in den Wirbelkanal. Patienten berichten über Schmerzen, die vom unteren Rücken über das Gesäß bis in das Bein ausstrahlen.
  • Spinalkanalstenose: Bei dieser Erkrankung verengt sich der Wirbelkanal, wodurch die Nervenwurzeln eingeengt werden. Häufig spüren Betroffene Schmerzen, die beim Gehen zunehmen und beim Sitzen abnehmen. Bei einer Spinalkanalstenose können Nerven im Wirbelkanal der Wirbelsäule zusammengedrückt werden. Viele Menschen haben immer wieder Schmerzen im unteren Rücken. Meist lässt sich deren Ursache nicht genau bestimmen. Kommen Beschwerden im Bein hinzu, kann das auf eine Spinalkanalstenose hinweisen.
  • Spondylose (Arthrose der Wirbelsäule): Verschleißerscheinungen der Wirbelgelenke und Bandscheiben können chronische Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen, die in die Beine ausstrahlen.
  • Nervenwurzelkompression: Mechanische Einflüsse, etwa durch Fehlstellungen oder Verkalkungen, üben Druck auf Nervenwurzeln aus. Das Ergebnis: ausstrahlende Schmerzen in Beine und Füße.
  • Wirbelgleiten (Spondylolisthesis): Beim Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) verrutscht ein Wirbel gegenüber dem angrenzenden Wirbel. Dies kann durch einen Spalt in den Wirbelbögen ausgelöst sein (Spondylolyse) oder aufgrund einer einfachen Verschleißerkrankung. In der Regel zeigt sich diese Veränderung an der unteren Lendenwirbelsäule, weshalb es zu chronischen, tief sitzenden Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich kommen kann.

Radikuläre Schmerzen bei einer Lumboischialgie

Das Rückenmark ist kürzer als die Wirbelsäule, einfach, weil es im Laufe seiner Ausbildung mit dem Längenwachstum der Wirbelsäule nicht mitgehalten hat. Das Rückenmark endet ungefähr auf Höhe des 1. Lendenwirbels, also ungefähr knapp oberhalb des Bauchnabels. Von dort an liegt im Wirbelkanal (Spinalkanal) nicht mehr das Rückenmark selbst, sondern nur noch eine Ansammlung von Nervenwurzeln, die zu dem für sie vorgesehenen Nervenaustrittsloch (Neuroforamen) an der weiter unten gelegenen Lendenwirbelsäule ziehen. Wegen der Ähnlichkeit mit einem Pferdeschweif spricht man auch von der „Cauda equina“. Da es fünf Lendenwirbel gibt, gibt es auch Nervenaustrittslöcher auf fünf verschiedenen Segmenthöhen. Je nachdem, wo eine Nervenwurzel den Wirbelkanal Richtung Peripherie verlässt spricht man von der L1-, L2-, L3-, L4- oder L5-Nervenwurzel. Die erste aus dem Kreuzbein (lat.: Sakrum) austretende Nervenwurzel heißt S1-Nervenwurzel.

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Jede dieser Nervenwurzeln hat eine klar umrissene und sehr individuelle Aufgabe. Sie leitet zum Beispiel Berührungs- und Temperaturempfinden eines ganz bestimmten auf der Hautoberfläche gelegenen Areals weiter zum Gehirn. Dieses Areal wird „Dermatom“ genannt. Aus diesem Dermatom werden auch Schmerzen über die jeweilige Nervenwurzel an das Gehirn geleitet. Deshalb kann man aus der Ausbreitung des Schmerzes Rückschlüsse auf die betroffene Nervenwurzel ziehen und damit auf die Höhe eines möglicherweise vorliegenden Bandscheibenvorfalls. Ähnlich verhält es sich mit Taubheitsgefühlen, welche sich bei Nervenwurzelkompressions-Syndromen ebenfalls auf das von der Nervenwurzel versorgte Dermatom beschränken. Zuletzt innerviert jede Nervenwurzel ganz bestimmte „Kennmuskeln“, die S1-Wurzel zum Beispiel die Wadenmuskulatur. Da wir die Wadenmuskulatur benötigen, um uns auf die Zehen zu stellen, ist eine Schwäche des Zehenspitzenstands ein deutlicher Hinweis auf eine Kompression der S1-Nervenwurzel.

Nachdem sie den Wirbelkanal (Spinalkanal) verlassen haben, bilden die Nervenwurzeln einen großen Nervenknoten, den sogenannten Plexus, aus dem die zwei großen Hauptnervenstämme entspringen, die weiter in das Bein ziehen. Diese beiden Nerven sind der vorne gelegene Femoralnerv und der hinten gelegene Ischiasnerv. Der Femoralnerv wird aus den Nervenwurzeln L1-L3 gebildet, der Ischiasnerv aus den Nervenwurzeln L4-S1. Nimmt man die Definition der Lumboischialgie also ganz genau, so entsteht sie durch Reizung der Nervenwurzel L4, L5 oder S1.

Diagnose von Beinschmerzen

Eine präzise Diagnostik ist entscheidend, um die Ursache der Beinschmerzen zu identifizieren. Zunächst wird der Arzt eine ausführliche Anamnese erheben und den Patienten körperlich untersuchen. Gezielte Fragen z. B. nach Beginn, Dauer, Art und Lokalisation der Schmerzen sowie nach auslösenden und lindernden Faktoren können bereits wichtige Hinweise liefern.

Körperliche Untersuchung:

  • Der Arzt wird das Bein äußerlich inspizieren, um Auffälligkeiten wie Schwellungen, Rötungen oder Fehlstellungen zu erkennen.
  • Neurologische Tests werden durchgeführt, um die Funktion der Nerven zu überprüfen. Dazu gehören die Prüfung der Reflexe, der Sensibilität und der Muskelkraft.
  • Provokationstests können helfen, die Ursache der Schmerzen einzugrenzen.

Bildgebende Verfahren:

  • Röntgen: Anhand eines Röntgenbildes kann der Arzt Abnutzungserscheinungen, Fehlstellungen, Entzündungen oder Tumoren erkennen bzw. ausschließen. Bei Verdacht auf Wirbelgleiten ist eine Röntgenuntersuchung sinnvoll, weil das in einer Röntgenaufnahme in der Regel gut sichtbar ist.
  • MRT (Magnetresonanztomografie): Um Knorpel- oder Bandschäden erkennen zu können, ist möglicherweise ein MRT erforderlich. Mithilfe der MRT lassen sich Bandscheiben, Nervenwurzeln, Sehnen und Bänder darstellen. Der Verdacht auf einen verengten Nervenkanal oder Nervenquetschungen kann eindeutig erhärtet oder widerlegt werden. Auch Gelenkzysten oder Bandscheibenvorfälle werden in den Schichtbildern dargestellt. In der Praxis für Orthopädie in Kiel wird ein offener MRT angeboten, der eine stressfreie Diagnostik ohne Engegefühl ermöglicht. Hierdurch lassen sich selbst komplexe Nerven- und Wirbelsäulenprobleme präzise sichtbar machen.
  • CT (Computertomografie): Alternativ kann auch eine Röntgenaufnahme unter Gabe von Kontrastmitteln (Myelografie) oder eine Computertomografie unter Gabe von Kontrastmitteln (CT-Myelografie) gemacht werden.

Therapie von Beinschmerzen

Die Therapie von Beinschmerzen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. In vielen Fällen können konservative Maßnahmen die Beschwerden lindern.

Konservative Therapie:

  • Schmerzmittel: Rezeptfreie Schmerzmittel (z.B. Ibuprofen 400mg, etc.) können entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken. In der Regel ist aber eine ausreichende Schmerzstillung durch diese Maßnahmen nicht zu erzielen. Dann sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden.
  • Wärme- oder Kälteanwendungen: Den meisten Menschen hilft lokale Wärmeanwendung (heißes Bad, Kirschkernkissen, Wärmegel, Wärmepflaster, etc.). Die Wärme entspannt die Muskulatur und wirkt dadurch schmerzlindernd. Einigen Menschen hilft eher Kälte, z.B. durch ein kühlendes Gel aus der Apotheke.
  • Physiotherapie: Hier werden gezielte Übungen und Haltungen zur Entlastung der Wirbelsäule erlernt, die man dann selbstständig durchführen kann. Durch eine schmerzstillende und entzündungshemmende Spritze an die betroffene Nervenwurzel (PRT = Periradikuläre Therapie) kann für eine sehr rasche Schmerzlinderung gesorgt werden. In der Regel ist es dabei erforderlich, die betroffene Nervenwurzel mithilfe einer Computertomographie zu lokalisieren, um sicher zu gehen, daß das Medikament auch die symptomatische Nervenwurzel erreicht.
  • Chirotherapie: Mithilfe manueller Techniken werden Blockaden gelöst und die Beweglichkeit der Wirbelsäule verbessert. Dies trägt zur Druckentlastung der Nerven bei.
  • Osteopathie: Ein ganzheitlicher Ansatz, der nicht nur die Beschwerden, sondern auch die zugrunde liegenden Funktionsstörungen behandelt.
  • Entlastungshaltungen: Entlastungshaltungen, etwa das Beugen des Oberkörpers oder das Kippen des Beckens.
  • Manuelle Therapie: Bei der manuellen Therapie wird der betroffene Wirbelsäulenabschnitt und die Nervenwurzeln am Übergang zum Kreuzbein gezielt mobilisiert. Auch eine Dehnung und Mobilisierung der Gelenke im Hüft-, Becken- und Wirbelsäulenbereich sowie Rumpfübungen gehören dazu.
  • Bewegung: Bewegung wird zwar empfohlen, um die Mobilität zu erhalten, wirkt aber nicht so gut wie beim pseudoradikulären Schmerz der Lumbago. Im Gegenteil kann es belastungsabhängig zu einer Zunahme des Beinschmerzes kommen. Generell wird empfohlen, im Alltag möglichst aktiv zu bleiben.

Operative Therapie:

  • Bei Vorliegen von Lähmungserscheinungen, die im Alltag hinderlich werden können oder gar eine Sturzgefahr bedeuten und/oder bei Versagen der anderen konservativen Maßnahmen mit weiterhin bestehenden starken Schmerzen im Bein kann der Bandscheibenvorfall mikrochirurgisch (d.h. minimal-invasiv) operiert werden.
  • Bei einer Spinalkanalstenose kann eine Operation infrage kommen, wenn die Beschwerden viele Monate oder Jahre andauern und trotz konservativer Behandlungen nicht besser werden. Eine Operation ist sofort nötig, wenn die Nerven so stark beeinträchtigt sind, dass Lähmungserscheinungen beispielsweise an den Beinen auftreten oder die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren. Letzteres sind Zeichen des sogenannten Kauda-Syndroms.

Spezifische Therapien bei Lumboischialgie

Alle symptomatischen Therapien, die bei der recht unspezifischen Lumbago helfen, nützen auch bei der Lumboischialgie:

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  • Im ganz akuten Fall hilft die Stufenbettlagerung, d.h. eine Rückenlage mit um ca. 90° angewinkelten Hüft- und Kniegelenken (z.B. durch ein großes Kissen unter den Knien).
  • Krankengymnastik zur Kräftigung der Rücken-, Bauch- und Gesäßmuskulatur in Kombination mit Fango und Massagen.

Wirbelgleiten Therapie

Die Spezialisten der Schön Kliniken geben Ihren Wirbeln wieder Halt. Sie sind auf die Behandlung von Wirbelgleiten spezialisiert. Exakte und sorgfältige Diagnose, nicht operative Behandlung oder präzise Operation - Sie profitieren von dem großen Erfahrungsschatz unserer Rücken-Spezialisten.

Spinalkanalstenose Therapie

Nicht operative (konservative) Behandlungen stehen bei der Therapie einer Spinalkanalstenose im Vordergrund.

Umgang mit chronischen Schmerzen

Besonders wenn Beschwerden länger andauern und chronisch werden, kann eine sogenannte multimodale Schmerztherapie sinnvoll sein. Hierbei wird man von Fachleuten aus verschiedenen therapeutischen Bereichen betreut, etwa aus der Medizin, Physiotherapie und Psychologie. Sie unterstützen dabei, in Bewegung zu bleiben und mit den Beschwerden umzugehen.

Die Beschwerden durch eine Spinalkanalstenose können von Tag zu Tag unterschiedlich stark sein. Wenn sie stärker sind, kann das für berufstätige Menschen zu Einschränkungen im Job führen. Auch Alltagstätigkeiten wie Putzen oder Einkaufen können schwerfallen und man braucht für viele Dinge mehr Zeit. Manchmal ist es dann gut, im Familien- oder Freundeskreis um Unterstützung zu bitten.

An Tagen mit starken Schmerzen fällt es mitunter schwer, sich wie gewohnt zum Beispiel mit anderen zu treffen oder ins Kino zu gehen. Daher kann es manchmal leichter sein, sich spontan zu melden oder kurzfristig für eine Unternehmung zu entscheiden, wenn die Beschwerden gerade schwächer sind. Die Sorge vor einer Verschlechterung kann aber belastend sein.

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Ein „Wundermittel“ gegen Beschwerden einer Spinalkanalstenose gibt es nicht. Sie begleiten viele Menschen über lange Zeit. Die Herausforderung ist dann, sich damit zu arrangieren und gute Strategien für den Alltag zu entwickeln. Chronische Schmerzen können jedoch körperlich und psychisch so zu schaffen machen, dass sie manchmal sogar zu Problemen wie einer Depression führen.

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