Die Spinalkanalstenose, eine Verengung des Wirbelkanals, ist ein Zustand, der oft mit zunehmendem Alter auftritt und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung, um Betroffenen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.
Was ist eine Spinalkanalstenose?
Der Spinalkanal ist der Raum in der Wirbelsäule, der das Rückenmark und die Nervenfasern beherbergt. Die Wirbelsäule selbst besteht aus 24 Wirbelkörpern sowie dem Kreuzbein und dem Steißbein. Alle Wirbellöcher zusammen bilden den Wirbelkanal, der auch als Spinalkanal bezeichnet wird. Dieser Kanal erstreckt sich von der Halswirbelsäule bis zum Steißbein und schützt das Rückenmark und die von diesem abgehenden Rückenmarksnerven, die zudem von Wasser umgeben sind. Eine Spinalkanalstenose bezeichnet eine Verengung dieses Kanals, wodurch Druck auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln ausgeübt werden kann.
Ursachen einer Spinalkanalstenose
Die häufigste Ursache für eine Spinalkanalstenose sind Verschleißerscheinungen im Laufe des Lebens. Degenerative Prozesse der Wirbelsäule führen dazu, dass sich der Wirbelkanal verengt. Mit zunehmendem Alter und Belastungen verdicken die Wirbelgelenke und Bänder zwischen den Wirbelkörpern. Manchmal bilden sich auch Verknöcherungen an den Wirbelkörpern oder es kommt zu einem Bandscheibenvorfall. All dies kann dazu führen, dass der Wirbelkanal sich über eine kurze oder längere Strecke verengt.
Weitere, seltenere Ursachen können sein:
- Unfälle oder Stürze mit Wirbelsäulenverletzungen
- Infektionsbedingte Entzündungen an Knochen, Knochenmark oder Bandscheiben
- Stoffwechselerkrankungen, die die Stabilität der Wirbelkörper beeinflussen
- Chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen
- Knochenerkrankungen, die die Knochen instabiler werden lassen
- Angeborene Verengung des Rückenmarkskanals (primäre Spinalkanalstenose)
Symptome einer Spinalkanalstenose
Eine leichte Verengung des Wirbelkanals verursacht in der Regel keine Symptome. Erst wenn die Verengung weit fortgeschritten ist, kommt es zu Beschwerden. Die Art der Beschwerden hängt davon ab, ob die Verengung in der Lendenwirbelsäule (LWS) oder der Halswirbelsäule (HWS) vorliegt.
Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden
Symptome bei Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule (LWS)
Patienten verspüren oft chronische Schmerzen im unteren Rücken, die in das Gesäß oder die Beine ausstrahlen. Die Beschwerden treten in der Regel unter Belastung auf, zum Beispiel beim Gehen. Besserung tritt ein, wenn Betroffene stehen bleiben und sich nach vorne beugen oder setzen. Unter Belastung können auch Gefühlsstörungen und Lähmungen in den Beinen auftreten. Weil die Gehstrecke, die ohne Schmerzen bewältigt werden kann, durch das Auftreten der Beschwerden deutlich verkürzt ist, spricht man auch von der spinalen Schaufensterkrankheit (Claudicatio spinalis oder Spinalstenose).
Symptome bei Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule (HWS)
Bei der Halswirbelsäule kann eine Wirbelkanalenge dazu führen, dass die Nervenwurzeln, die aus dem Rückenmark herausgehen, eingeengt werden. Dann kommt es zu Schmerzen in Schulter oder Arm. Drücken Knochenvorsprünge auf das empfindliche Rückenmark, wird dieses geschädigt. Weil die Lageinformationen der Beine nicht mehr zum Gehirn gelangen, wird das Gehen unsicher, was sich erst einmal besonders bei Dunkelheit bemerkbar macht. Zudem kann man zunehmend schlechter das Gleichgewicht halten. Die Hände werden ungeschickt, was sich zum Beispiel beim Knöpfen von Hemden zeigt. Die Beeinträchtigungen können irgendwann so weit gehen, dass Arme und Beine kaum mehr bewegt werden können. Auch Schwindel kann auftreten, wenn die Halswirbelsäule betroffen ist.
Weitere mögliche Symptome
- Kribbeln und Gefühle von Schwäche sowie Taubheit in den Beinen
- Krämpfe in den Beinen, die das Gehen erschweren
- Gebückte und nach vorne geneigte Haltung zur Schmerzlinderung
- Störungen der Blasen- oder Darmentleerung (potenzieller Notfall!)
- Gefühlsstörungen der Gesäß- und Genitalregion (potenzieller Notfall!)
- Gestörte sexuelle Funktion
Diagnose einer Spinalkanalstenose
Die Diagnose der Spinalkanalstenose basiert auf einer gründlichen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und bildgebenden Verfahren.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Der Arzt wird zunächst nach den Beschwerden fragen, wann sie auftreten und wann sie sich bessern. Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der unter anderem die Muskelkraft, die Gefühlswahrnehmung, die Reflexe, die Geschicklichkeit der Hände und das Gleichgewicht untersucht werden. Gegebenenfalls werden Betroffene auch zur weiteren Abklärung zu anderen Fachärzten (Neurologie, Orthopädie, Neurochirurgie) überwiesen.
Bildgebende Verfahren
- Kernspintomographie (MRT): Die MRT ist dasStandardverfahren zur Darstellung des Rückenmarks, der Nervenwurzeln und der Bandscheiben. Sie ermöglicht es, die Enge des Spinalkanals und mögliche andere Ursachen für die Beschwerden sichtbar zu machen.
- Computertomographie (CT): Wenn eine MRT nicht möglich ist (z.B. bei Patienten mit Herzschrittmacher), kann eine CT durchgeführt werden. In der CT können Knochen besser untersucht werden. Manchmal wird zusätzlich zur MRT eine CT durchgeführt, da die MRT manchmal durch sogenannte Teilvolumenartefakte eine größere Einengung vortäuschen kann.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen können Veränderungen an den Wirbelkörpern und Wirbelgelenken zeigen.
- Myelo-CT: In seltenen Fällen wird ein Myelo-CT angefertigt, bei dem ein Kontrastmittel in den Spinalkanal injiziert wird, um die Nervenstrukturen besser darzustellen.
- Elektromyographie (EMG/NLG): In einzelnen Fällen kann eine Elektromyographie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG) notwendig sein, um den Funktions- und Leistungszustand der Nervenbahnen zu ermitteln.
- Laboruntersuchungen: In einzelnen Fällen können Laboruntersuchungen durchgeführt werden, um andere Ursachen für die Beschwerden auszuschließen.
Es ist wichtig zu beachten, dass bildgebende Untersuchungen nur dann sinnvoll sind, wenn auch typische Beschwerden bestehen. Denn bei vielen Menschen, vor allem im höheren Lebensalter, sieht man auch Verengungen im Wirbelkanal, ohne dass sie Beschwerden haben.
Lesen Sie auch: Ganglionzysten an der Wirbelsäule: Ein umfassender Überblick
Behandlungsmöglichkeiten bei einer Spinalkanalstenose
Bei der Behandlung einer Spinalkanalstenose stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, die je nach Schweregrad der Erkrankung und den individuellen Bedürfnissen des Patienten eingesetzt werden.
Konservative Therapie
Sofern keine höhergradige Lähmung oder eine Störung der Blasen- oder Mastdarmentleerung besteht, sollte immer zuerst der Versuch einer konservativen Behandlung erfolgen. Im Bereich der Halswirbelsäule ist eine konservative Behandlung sinnvoll, wenn keine Störung des Rückenmarks besteht.
Die konservative Therapie umfasst:
- Physiotherapie: Krankengymnastische Übungen können die Beschwerden effektiv lindern. Sie stärkt die Rücken- und Bauchmuskulatur, um die Wirbelsäule zu stützen und die Lendenwirbelsäule zu entlasten. Dadurch soll das Hohlkreuz minimiert und der Spinalkanal geweitet werden. Spezielle Übungen mobilisieren die Wirbelkörper. Die Übungen zielen darauf ab, die Wirbelsäule zu stabilisieren, die Muskulatur zu kräftigen und die Beweglichkeit zu verbessern. Sanfte Sportarten wie Wassergymnastik, Radfahren oder Pilates sind empfehlenswert, sofern sie schmerzfrei durchgeführt werden können.
- Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel lindern Schmerzen und verhindern die Verkrampfung der Muskulatur, die die Wirbelsäule unterstützt. Bei besonders starken Schmerzen kann eine entzündungshemmende Spritze mit Kortison und Betäubungsmittel direkt in die schmerzende Nervenwurzel angewandt werden. Es können entzündungshemmende Schmerzmittel, Nervenschmerzmittel und muskelentspannende Medikamente eingesetzt werden.
- Wärme- und Kälteanwendungen: Wärmebehandlungen und Massagen können vorübergehende Linderung bieten. Sie entspannen die Muskeln, verbessern die Durchblutung und reduzieren den Schmerz. Auch Kälteanwendungen können bei akuten Schmerzen hilfreich sein.
- Entlastungsübungen: Entspannungsübungen sind wichtig, um die Wirbelsäule zu entlasten. Dies können Betroffene mit einer Stufenlagerung der Beine erreichen. Dabei legen sie sich flach auf den Rücken, ohne dass ein Hohlkreuz entsteht und platzieren die Beine auf einer Erhöhung, sodass sie einen rechten Winkel bilden.
- Akupunktur und Yoga: Akupunktur kann den Energiefluss im Körper ausgleichen, während Yoga-Übungen die Muskulatur stärken und die Flexibilität und Beweglichkeit der Wirbelsäule verbessern.
- Korsett: In manchen Fällen kann ein Korsett verordnet werden, um die Wirbelsäule zu stabilisieren und die Beschwerden zu lindern.
Operative Therapie
Wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder neurologische Ausfälle (Lähmungen, Blasen-Mastdarm-Störungen) auftreten, kann eine Operation erforderlich sein. Ziel der Operation ist es, den Wirbelkanal zu erweitern (Dekompression) und den Druck auf die Nervenstrukturen zu beseitigen.
Es gibt verschiedene operative Techniken, die je nach Lage und Ausmaß der Stenose eingesetzt werden können:
Lesen Sie auch: Die Rolle der Wirbelsäule
- Laminektomie: Bei diesem Eingriff wird ein Teil des Wirbelbogens (Lamina) entfernt, um den Spinalkanal zu erweitern.
- Laminotomie: Hierbei wird nur ein Teil der Lamina entfernt, um den Druck auf die Nervenwurzeln zu verringern.
- Foraminotomie: Dieser Eingriff dient der Erweiterung der Nervenaustrittsstellen (Foramina intervertebralia).
- Interspinöser Spreizer: Bei diesem Verfahren wird ein Spreizer zwischen den Dornfortsätzen eingesetzt, um den Spinalkanal zu erweitern.
- Spondylodese (Versteifungsoperation): Wenn die Wirbelsäule instabil ist, kann eine Spondylodese erforderlich sein, um die betroffenen Wirbelkörper miteinander zu verbinden und zu stabilisieren.
Die Operation kann minimal-invasiv mit dem sogenannten Schlüsselloch-Verfahren durchgeführt werden. Bei der OP einer Spinalkanalverengung (vor allem im Alter) muss in der Regel kein Bandscheibenmaterial entfernt werden. In der Bandscheibenklinik in Gensingen erweitern wir mittels Hochfrequenz-Mikrodiamantfräsen den Wirbelkanal durch teilweises oder vollständiges Abnehmen eines Halbbogens.
Nach der Operation ist eine Physiotherapie wichtig, um die Beweglichkeit zu verbessern, die Muskulatur zu kräftigen und Schmerzen zu reduzieren.
Risiken und Komplikationen
Wie bei allen medizinischen Eingriffen gibt es auch bei der operativen Behandlung der Spinalkanalstenose gewisse Risiken, über die Patienten vor dem Eingriff aufgeklärt werden müssen. Zu den möglichen Komplikationen gehören:
- Infektionen
- Nervenschäden
- Blutungen
- Wundheilungsstörungen
- Instabilität der Wirbelsäule
- Nachoperationen
Was können Sie selbst tun?
Neben den ärztlichen Behandlungen können Sie selbst einiges tun, um die Beschwerden einer Spinalkanalstenose zu lindern und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen:
- Bewegung: Bleiben Sie aktiv und bewegen Sie sich regelmäßig. Vermeiden Sie jedoch belastungsintensive Übungen wie Laufen, Springen und Klettern. Sanfte Sportarten wie Wassergymnastik, Radfahren, Stretching oder Pilates sind besser geeignet.
- Gewichtskontrolle: Reduzieren Sie Übergewicht, um die Wirbelsäule zu entlasten.
- Ergonomie: Achten Sie auf eine gute Körperhaltung im Alltag und bei der Arbeit. Vermeiden Sie langes Sitzen und Heben schwerer Lasten.
- Entlastungslagerung: Legen Sie sich regelmäßig auf den Rücken und lagern Sie die Beine hoch, um die Wirbelsäule zu entlasten.
- Wärme: Wärmeanwendungen können die Muskeln entspannen und Schmerzen lindern.
- Entspannungsübungen: Erlernen Sie Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training, um Stress abzubauen und die Muskeln zu entspannen.
- Hilfsmittel: Nutzen Sie bei Bedarf Hilfsmittel wie Gehstöcke oder Rollatoren, um die Wirbelsäule zu entlasten.
tags: #wirbelsäule #nerven #verengung #ursachen #symptome #behandlung