Die rechte Gehirnhälfte: Funktionen, Aufgaben und Mythen

Die Annahme, dass jede Gehirnhälfte ihre eigenen spezifischen Aufgaben hat, hält sich hartnäckig. Immer wieder ist von der „emotionalen rechten Gehirnhälfte“ und der „analytischen linken Gehirnhälfte“ die Rede. So soll bei analytisch denkenden und rechnenden Menschen die linke Gehirnhälfte ausgeprägter sein, während bei kreativen Menschen die rechte Gehirnhälfte dominant sei. Doch was steckt wirklich dahinter? Dieser Artikel beleuchtet die Funktionen und Aufgaben der rechten Gehirnhälfte, räumt mit Mythen auf und zeigt, wie beide Gehirnhälften zusammenarbeiten.

Die Gehirnhälften: Mehr als nur eine Aufteilung in rechts und links

Das menschliche Gehirn ist in zwei Gehirnhälften geteilt, die jedoch nicht isoliert voneinander funktionieren. Stattdessen arbeiten sie zusammen und stehen in ständigem Kontakt miteinander. Verbunden sind sie in der Mitte durch einen Balken. Die Aufgaben des Gehirns verteilen sich nicht einfach auf eine rechte und eine linke Seite, sondern auf verschiedene Areale, die meist sowohl links als auch rechts im Gehirn verteilt sind.

Unterschiede zwischen den Gehirnhälften

Wir müssen uns aber nicht komplett vom Bild der zwei Gehirnhälften verabschieden, denn es gibt einige Unterscheidungen. So ist die linke Gehirnhälfte für die Steuerung und Reizverarbeitung der rechten Körperhälfte zuständig und umgekehrt. Zudem gibt es einige Gehirnareale, die bei den meisten Menschen nur in einer Gehirnhälfte liegen. Ein Beispiel dafür sind das Broca- und Wernicke-Areal, die für die Sprache verantwortlich sind und bei Rechtshändern größtenteils in der linken Hemisphäre liegen. Das Broca-Areal ist dabei hauptsächlich für die Sprachproduktion verantwortlich.

Gehirnlappen und ihre Verteilung

Abgesehen von diesen Beispielen sind die meisten Gehirnareale in beiden Hälften zu finden. Es handelt sich bei diesen Arealen um Gehirnlappen, zu denen der Frontallappen, der Parietallappen, der Temporallappen, der Occipitallappen und der Insellappen gehören.

Mythen und Realitäten über die rechte Gehirnhälfte

Oft wird die rechte Gehirnhälfte als die emotionale und kreative und die linke als die analytische und rationale Hälfte gesehen. Diese Vorstellung ist jedoch zu einfach. Das Empfinden von Gefühlen kann man nicht alleine einer Gehirnhälfte zuordnen.

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Das Sprachzentrum im Gehirn

Sprache wird im Gehirn hauptsächlich im sogenannten Broca-Areal und im Wernicke-Areal verarbeitet, die in der Regel in der linken Gehirnhälfte lokalisiert sind. Neue Untersuchungen zeigen jedoch, dass auch die rechte Gehirnhälfte eine wichtige Rolle bei der Sprachverarbeitung spielt und die Ausprägung der Unterschiede nicht in jedem Menschen gleich ist.

Lateralisierung von Funktionen

Die Sinneswahrnehmung ist lateralisiert, d.h. sie wird bevorzugt oder vollständig in einer der beiden Gehirnhälften verarbeitet. Ebenfalls klar lateralisiert ist die Kontrolle der motorischen Funktionen: Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperhälfte und die linke Gehirnhälfte die rechte. Eine weitere Form der Lateralisierung zeigt sich in bestimmten Aspekten der Aufmerksamkeit, für die eher die rechte Gehirnhälfte entscheidend ist.

Veränderungen im Laufe des Lebens

Der Grad der Lateralisierung variiert jedoch individuell und verändert sich mit den Jahren. Mit zunehmendem Alter nimmt die Lateralisierung von Aufmerksamkeitsaufgaben ab, sodass sich die für die Aufmerksamkeit zuständigen Gehirnareale zunehmend symmetrischer in beiden Gehirnhälften verteilen.

Die Zusammenarbeit der Gehirnhälften

Es gibt also Unterschiede zwischen den beiden Gehirnhälften, doch übernehmen sie auch viele ähnliche Funktionen. Beide Gehirnhälften sind essenziell und arbeiten eng zusammen. Aus Gründen der Effizienz kann eine Gehirnhälfte eine bestimmte Aufgabe stärker übernehmen, während ihr Gegenstück für eine andere Funktion dominanter ist.

Anatomische Unterschiede

Betrachtet man die Anatomie des Gehirns, zeigt sich, dass bestimmte Gehirnareale der linken und rechten Hemisphäre unterschiedlich dick ausgeprägt sind. Analysen der Mikrostruktur offenbaren zudem Unterschiede im Aufbau der kortikalen Schichten zwischen den beiden Hemisphären. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass strukturelle Unterschiede zu funktionellen Variationen führen könnten, wodurch die Organisation des Gehirns dynamisch bleibt.

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Individuelle Unterschiede

Demgegenüber stehen individuelle Unterschiede, die sich zum Teil auf genetische Komponenten zurückführen lassen. Eine zentrale Herausforderung dieser anatomischen Analysen besteht daher darin, genetische Einflüsse von entwicklungs- und umweltbedingten Faktoren abzugrenzen.

Die Aufgabenverteilung: Ergänzung statt Konkurrenz

Zwar ist unser Gehirn symmetrisch gebaut, doch sind die Aufgaben so auf beide Gehirnhälften verteilt, dass sie sich ergänzen. Die linke Hälfte denkt logisch, abstrakt und analytisch, die rechte bildhaft, gefühlsbetont und schöpferisch.

Spezialisierungen der rechten Hemisphäre

Die rechte Hemisphäre ist spezialisiert auf:

  • gefühlsmäßiges Denken
  • konkretes Denken
  • Anfassen und Begreifen
  • ganzheitliches Arbeiten
  • Integrieren
  • Musik, Geräusche
  • Farben, Gerüche
  • Formen, Bilder, Gestalten
  • räumliches Nebeneinander
  • Sehen, Fühlen, Deuten und Verstehen
  • Intuition, Kreativität

Spezialisierungen der linken Hemisphäre

Die linke Hemisphäre ist spezialisiert auf:

  • logisches Denken
  • abstraktes Denken
  • Bildung von Begriffen
  • analytisches Arbeiten
  • Analysieren
  • Buchstaben, Zahlen
  • Schriftbilder
  • Einzelheiten, Fakten
  • zeitliches Nacheinander
  • Hören, Sprechen, Schreiben und Lesen
  • Befolgung von Regeln und Anweisungen

Das Zusammenspiel ist entscheidend

Es gibt natürlich nicht den linken und rechten Gehirntyp in Reinkultur, genauso wenig wie rein auditive oder visuelle Lerntypen. Das Zusammenspiel von rechter und linker Gehirnhälfte ist für uns von großer Bedeutung. Das rechte Zentrum lässt uns erst die volle Bedeutung von Sätzen, nicht nur das Gesagte, sondern das Gemeinte verstehen.

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Das Gehirn als Steuerzentrale

Das Gehirn steuert unseren Körper. Mit den fünf Sinnen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) nehmen wir alles wahr, was um uns herum geschieht. Über dünne weiße „Kabel“, die Nervenleitungen, werden die Informationen ans Gehirn gesendet und dort in Gedanken und Gefühle umgewandelt. Das Sprechen und Denken übernimmt das Großhirn, der obere und größte Teil unseres Gehirns direkt unter der Schädeldecke. Für Bewegungen ist das Kleinhirn im Hinterkopf zuständig. Und all das Lebenswichtige, was nebenbei abläuft, ohne dass wir daran denken müssen - atmen, das Blut durch den Körper schicken, auch husten und niesen -, das regelt der Hirnstamm zwischen Großhirn und Rückenmark.

Das Großhirn und seine zwei Hälften

Unser Großhirn besteht aus zwei Hälften mit unterschiedlichen Spezialisierungen. Die linke Hirnhälfte steuert die rechte Körperseite und umgekehrt. Menschen, bei denen die rechte Gehirnhälfte stärker ist, sind eher kreativ und emotional. In ihrem Kopf überwiegen die Bilder. Bei wem die linke Gehirnhälfte stärker ist, der gehört eher zu den Denkern. Besonders klug sind die Menschen, bei denen beide Hälften gut zusammenarbeiten und sich ergänzen.

Wie lernen wir? Die Vernetzung im Gehirn

Wie wir etwas lernen, kann man sich so vorstellen: Es gibt einen losen Wollfaden, an dem hängt ein Zettel mit 2+2. Und es gibt einen Wollfaden, an dem hängt ein Zettel mit der Zahl 4. Durch Wiederholung schafft es unser Gehirn die beiden Wollfäden zu verknoten und wir wissen dann 2+2 ist 4. Je mehr solcher Knoten in unserem Gehirn entstehen, desto schlauer werden wir. Wenn wir aber die Verbindungen länger nicht mehr gebrauchen, dann werden sie immer lockerer und gehen wieder verloren. Das Gehirn besteht natürlich nicht aus Wolle, sondern aus Gehirnzellen. Die Erinnerung besteht hauptsächlich aus einer verstärkten Verknüpfung von Nervenzellen.

Tests zur Dominanz der Gehirnhälfte

Um herauszufinden, welche Gehirnhälfte bei einer Person dominant ist, gibt es verschiedene Tests. Einer dieser Tests ist der sogenannte 2-Sekunden-Test. Wenn sie sich im Uhrzeigersinn dreht, wird der rechten Gehirnhälfte der Vorzug gegeben. Diese Personen sind eher kreativ, intuitiv und emotional. Wenn sich die Tänzerin gegen den Uhrzeigersinn dreht, dominiert die linke Gehirnhälfte, was zu einem strukturierten, logisch-analytischen Denken führt. Ein weiterer Hinweis auf die Dominanz der Gehirnhälfte ist die Kopf- und Augenhaltung bei der Beantwortung einer Frage. Personen, die den Kopf nach links drehen, bevorzugen die rechte Gehirnhälfte. Eine weitere Testmöglichkeit ist die Montageanleitung für technische Geräte. Linksseitig orientierte Personen folgen der Anweisung Satz für Satz. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Dominanz einer Gehirnhälfte nicht immer eindeutig ist und sich im Laufe des Lebens ändern kann.

Die Bedeutung der rechten Gehirnhälfte für Kreativität

Kreativität beansprucht die rechte Hemisphäre der Großhirnrinde, und dort insbesondere den rechten vorderen oberen temporalen Gyrus und den rechten parietalen Cortex. Wenn Versuchspersonen sprachliche Probleme lösen, die kreative Einsichten veranlagen, nimmt die Aktivität in dieser Region des rechten Temporallappens zu. Dieses charakteristische Aktivitätsmuster im rechten Temporallappen lässt vermuten, dass dieser Hirnbereich Informationen unbewusst integrieren muss, um zu kreativen Lösungen zu gelangen.

Die Rolle der rechten Gehirnhälfte bei der Sprachverarbeitung

FRANKFURT. Wenn wir sprechen, benötigen wir dazu beide Gehirnhälften. Jede übernimmt einen Teil der komplexen Aufgabe, Laute zu formen, die Stimme zu modulieren und das Gesprochene zu überprüfen. Allerdings ist die Aufgabenteilung anders als bisher gedacht, wie ein interdisziplinäres Team von Neurowissenschaftlern und Phonetikern der Goethe-Universität Frankfurt und des Leibniz-Zentrums für Allgemeine Sprachwissenschaft jetzt herausgefunden hat: Nicht nur die rechte Gehirnhälfte analysiert, wie wir sprechen, sondern auch die linke leistet dazu einen Beitrag.

Die Aufgabenteilung beim Sprechen

Die Aufgabenverteilung folgt jedoch anderen Prinzipien, erklärt Privatdozent Dr. Christian Kell von der Klinik für Neurologie der Goethe-Universität: „Während die linke Hirnhälfte bei der Sprachkontrolle zeitliche Aspekte wie Übergänge zwischen Sprachlauten kontrolliert, ist die rechte Gehirnhälfte für das Klangspektrum zuständig. Wenn man zum Beispiel „mother“ sagt, kontrolliert die linke Hirnhälfte bevorzugt die dynamischen Übergänge zum Beispiel zwischen „th“ und den Vokalen, während die rechte Hirnhälfte bevorzugt den Klang der Laute selbst überprüft.“

Die Verarbeitung von Zeit und Klang

Eine mögliche Erklärung für diese Form der Arbeitsteilung zwischen den beiden Hirnhälften wäre, dass die linke Hirnhälfte generell schnelle Abläufe, wie die Übergänge zwischen Sprachlauten, besser analysiert als die rechte. Die rechte Hirnhälfte könnte besser langsamere Abläufe kontrollieren, die zur Analyse des Klangspektrums benötigt werden.

Wie man die Zusammenarbeit der Gehirnhälften stärken kann

Um die Zusammenarbeit und Synchronisation beider Gehirnhälften zu stärken, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Multisensorische Aktivitäten: Durchführen von Tätigkeiten, die mehrere Sinne ansprechen und somit beide Gehirnhälften gleichzeitig aktivieren.
  • Kinesiologische Übungen: Übungen, die die Koordination zwischen beiden Gehirnhälften verbessern sollen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Übungen, die angeben, lediglich eine Gehirnhälfte zu trainieren, wissenschaftlich nicht fundiert sind. Bei jeglicher Art von Gehirntraining werden immer beide Hälften aktiv, jedoch in unterschiedlicher Form.

Die Verbindung von Systematik und Intuition

Um das Gedächtnis zu verbessern, müssen Synapsen verstärkt werden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Verbindung zwischen systematischem Denken und Intuition.

Lernen durch Visualisierung und Assoziation

Es ist ratsam, das Gehirn durch verschiedene Lern- und Denkprozesse zu fordern und zu trainieren, um eine bessere Vernetzung der gespeicherten Informationen zu erreichen. Eine Möglichkeit hierfür ist beispielsweise das Lernen durch Visualisierung und Assoziation.

Gehirntraining: Mehr als nur eine Hälfte

Das Gehirntraining von NeuroNation spricht daher immer beide Gehirnhälften an! NeuroNation bietet Ihnen ein wissenschaftlich fundiertes Trainingsprogramm, das in Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten entwickelt wurde. Über 30 Übungen warten dort auf Sie. Die App wertet automatisch Ihre Leistung aus und personalisiert die Schwierigkeit, um so den Trainingseffekt zu maximieren.

Neglect: Wenn die rechte Gehirnhälfte ausfällt

Die rechte Gehirnhälfte ist hauptverantwortlich für einen Großteil der Wahrnehmung von linksseitigen Sinneseindrücken und Bewegung unserer linken Körperhälfte. Daher führt eine Schädigung in der rechten Hirnhälfte zu Beeinträchtigungen in der Aufmerksamkeit für die linke Hälfte der Umwelt, genannt linksseitiger Neglect.

Die Dominanz der rechten Gehirnhälfte für Aufmerksamkeit

Die linke Gehirnhälfte wiederum steuert (die meisten) Bewegungen und Wahrnehmungen der rechten Körperhälfte. Trotzdem folgt auf eine Schädigung der linken Gehirnhälfte nur selten ein rechtsseitiger Neglect. Forscher:innen schließen daraus, dass die rechte Gehirnhälfte eine Dominanz hat für die Ausrichtung unserer Aufmerksamkeit und zwar sowohl nach links als auch nach rechts.

Emotionen und die rechte Gehirnhälfte

Heute wird stattdessen ein Zusammenhang zwischen einer Dominanz der rechten Hirnhälfte und Emotionen wissenschaftlich diskutiert - allerdings nur negativer Emotionen! Auf der Suche nach der Ursache für Depressionen haben Forscher:innen die Valenzhypothese vorgeschlagen. Die Idee ist, dass eine Hyperaktivität der rechten Gehirnhälfte dazu führe, dass negative Gefühle stärker verarbeitet werden, pessimistische Gedanken auftauchen und unkonstruktive Denkmuster entstehen. Aktivität in der rechten Hirnhälfte sei außerdem verknüpft mit Selbstreflektion, die bei depressiven Patient:innen häufig intensiver ist als bei gesunden Menschen. Die rechte Hirnhälfte spielt auch eine wichtige Rolle bei der Anpassung unseres Erregungszustands. Das könnte erklären, wieso depressive Menschen häufig an Schlafproblemen leiden.

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