Die Zahl der Menschen mit Demenzerkrankungen steigt stetig, was neue Wohn- und Betreuungsformen erforderlich macht. Herkömmliche Strategien stoßen an ihre Grenzen, und Angehörige sind oft überfordert. Alternative Wohnkonzepte, insbesondere Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Diese bieten eine Möglichkeit, Selbstständigkeit zu erhalten und gleichzeitig die notwendige Betreuung zu gewährleisten.
Was ist eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz?
Eine Wohngemeinschaft (WG) für Menschen mit Demenz ist eine Wohnform, in der mehrere Menschen mit Demenz - meistens 6 bis 12 - in einer großen Wohnung zusammenleben und von einem ambulanten Pflegedienst betreut werden. Die Bewohner sind Mieter und werden in der Regel durch Angehörige oder rechtliche Vertreter (Bevollmächtigte) vertreten. Sie zahlen Miete für ihren Wohnraum und anteilige Beiträge für gemeinsam genutzte Räume wie Bad, Wohnzimmer und Küche.
Das Leben in einer solchen Wohngemeinschaft fördert die Beteiligung der Bewohner an allen Verrichtungen des Alltags. Der Grundgedanke besteht darin, so viel Selbstständigkeit wie möglich zu erhalten und so viel Betreuung wie erforderlich zu bieten.
Merkmale einer Demenz-WG
- Familiäre Struktur: Die Bewohner leben in einer familienähnlichen Struktur und genießen ein hohes Maß an Selbstständigkeit.
- Überschaubare Umgebung: Eine überschaubare häusliche Umgebung vermittelt Sicherheit, Geborgenheit und Lebensqualität.
- Professionelle Betreuung: Ein professionelles Team aus Pflege- und Betreuungskräften gewährleistet eine fachliche Betreuung rund um die Uhr.
- Einbindung der Angehörigen: Die Angehörigen werden in die Lebensgestaltung mit eingebunden. Besuche sind jederzeit möglich und erwünscht.
- Alltagsorientierung: Der Erhalt der Tagesstruktur wird gefördert, zum Beispiel durch gemeinsame Mahlzeiten und Aktivitäten.
Vorteile von Demenz-Wohngemeinschaften
Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber traditionellen Wohnformen wie Einzelwohnungen oder Pflegeheimen.
- Erhalt der Selbstständigkeit: Die Bewohner können ihren Alltag aktiv mitgestalten und ihre Fähigkeiten so lange wie möglich erhalten.
- Soziale Kontakte: Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft fördert soziale Interaktionen und beugt Einsamkeit vor.
- Individuelle Betreuung: Die Betreuung wird individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bewohner abgestimmt.
- Entlastung der Angehörigen: Die Angehörigen werden entlastet und können sich auf ihre Rolle als Familienmitglieder konzentrieren.
- Kosteneffizienz: Alternative Wohnformen sind oft kosteneffizienter als Pflegeheime, da der Pflegedienst maßgeschneidert werden kann.
Konzepte und Gestaltung von Demenz-Wohngemeinschaften
Individuelles Wohnen und Gemeinschaft
In einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke steht der Mieter im Mittelpunkt. Es findet ein individuelles Wohnen in einer Gemeinschaft statt. Jeder Bewohner erhält einen eigenen privaten Raum, den er selbst einrichten kann. Daneben gibt es Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Küche und Esszimmer, die von allen Bewohnern genutzt werden.
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Tagesstruktur und Aktivierung
Der Erhalt der Tagesstruktur ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts. Dies kann durch gemeinsame Mahlzeiten, Spaziergänge, Kochen und andere Aktivitäten erreicht werden. Die Kerntätigkeiten schaffen ein Bindeglied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ressourcen und kognitive Fähigkeiten des einzelnen Bewohners werden durch die tägliche Wiederholung der Tätigkeiten unterstützt und gefördert. Dabei ist es wichtig, die Ressourcen richtig einzuschätzen und die Tätigkeiten darauf abzustimmen, um Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.
Einbindung der Angehörigen
Die Angehörigen der Mieter werden in die Lebensgestaltung mit eingebunden. Besuche sind jederzeit möglich und erwünscht. Die Wohngemeinschaft ist auf die Unterstützung der Angehörigen angewiesen, die die personellen Ressourcen durch Teilnahme an Außenaktivitäten ergänzen können.
Aktivierende Pflege
Aktivierende Pflege ist ein wesentlicher Baustein des Konzepts. Sie zielt darauf ab, die Selbstständigkeit und die Fähigkeiten der Bewohner so lange wie möglich zu erhalten. Eine regelmäßige Beratung vor Ort ist gewährleistet, entweder bei Bedarf oder durch kontinuierliche Sprechzeiten.
Raumgestaltung
Die Raumgestaltung spielt eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer demenzfreundlichen Umgebung.
- Übersichtliche Einrichtung: Die oberste Grundregel ist die übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums. Zu viele Sinneseindrücke überfordern Betroffene und erschweren die Orientierung.
- Klare Kennzeichnung: Türen sollten mit Schildern gekennzeichnet werden, um die Orientierung zu erleichtern.
- Gute Beleuchtung: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser zu sehen als warmweißes. LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder helfen bei der nächtlichen Orientierung.
- Vermeidung von Spiegelungen: Spiegelndes Licht kann zu Verwirrung führen und sollte vermieden werden.
- Kontraste: Kontraste helfen Demenzerkrankten, Details schnell wahrzunehmen.
- Farben: Helle und freundliche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte. Dunkle Töne und großflächige Muster sollten vermieden werden.
- Sicherheit: Stolperfallen wie lose Kabel und Teppiche sollten entfernt werden. Im Badezimmer sind Anti-Rutsch-Matten und Haltegriffe hilfreich.
- Erinnerungsstücke: Persönliche Gegenstände und Erinnerungsstücke schaffen eine vertraute Atmosphäre und regen Erinnerungen an.
Alternative Wohnformen für Menschen mit Demenz
Neben Wohngemeinschaften gibt es noch weitere alternative Wohnformen für Menschen mit Demenz:
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- Betreutes Wohnen: Senioren leben in ihren eigenen Wohnungen und können je nach Bedarf Pflege, Mahlzeiten oder hauswirtschaftliche Dienste in Anspruch nehmen.
- Tagespflege: Betroffene verbringen den Tag im Tagespflegeheim, wo sie entsprechend ihres Pflegegrades gepflegt, beschäftigt und gefördert werden.
- Wohnen auf dem Bauernhof: Die ruhige Umgebung und die Begegnung mit Natur und Tier können für Menschen mit Demenz schöne Augenblicke ermöglichen.
- Seniorenresidenzen: Wohlhabende alte Menschen ziehen in Alters- oder Seniorenresidenzen um, die ein umfassendes Angebot an Dienstleistungen und Annehmlichkeiten bieten.
Finanzierung von Demenz-Wohngemeinschaften
Die Finanzierung einer Demenz-Wohngemeinschaft setzt sich aus verschiedenen Posten zusammen:
- Miete: Regional bedingt müssen Sie mit Kosten zwischen 300 und 600 Euro rechnen.
- Haushaltsführung: Es geht um das gemeinsame Wirtschaften; den Einkauf von Lebensmitteln, die Strom- und Telefonrechnung, Putzmittel und anderes. Die Durchschnittswerte liegen inzwischen bei 250 Euro bis 350 Euro.
- Pflege und Betreuung: Abhängig vom Pflegegrad (und der Anzahl der Mitbewohner) sind Kosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Monat zu kalkulieren.
Diese Kosten werden zum Teil von der Pflegeversicherung (Pflegesachleistung entsprechend des Pflegegrades) und gegebenenfalls vom Sozialamt übernommen.
Wohngruppenzuschlag
Personen mit Pflegegrad 1, die in einer ambulant betreuten Wohngruppe leben, haben Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag.
Worauf ist bei der Wahl einer Demenz-WG zu achten?
- Verträge: Die Verträge für Wohnraum sowie Pflege und Betreuung werden separat abgeschlossen und sind separat kündbar.
- Pflegedienst: Der Pflege- und Betreuungsdienst ist frei wählbar.
- Mitbestimmung: Die WG-Mitglieder bilden ein gemeinsames Gremium und treffen schriftliche Vereinbarungen, die den Alltag regeln.
- Verantwortung: Jedes Mitglied trägt Verantwortung - für sich und die anderen.
- Dienstleistungen: Die Mitglieder der WG bestimmen selbst, welche Dienstleistungen sie in Anspruch nehmen.
- Gespräche mit Angehörigen: Sprechen Sie mit den Angehörigen der anderen WG-Mitglieder.
- Probewohnen: Vereinbaren Sie gemeinsames Kaffeetrinken oder, falls möglich, ein Probewohnen.
- Beratung: Lassen Sie sich von einer unabhängigen Stelle beraten.
Pflegeheim als Alternative?
Wenn die Belastung die eigenen Grenzen übersteigt, kann ein Pflegeheim eine gute Alternative sein. Viele Pflegeheime bieten spezielle Betreuungsangebote oder auch besondere Wohn- und Pflegebereiche für Menschen mit Demenz an.
Worauf ist bei der Wahl eines Pflegeheims zu achten?
- Atmosphäre: Ist die Atmosphäre stressfrei, wohnlich und familiär?
- Orientierung: Erleichtern Piktogramme, Wegweiser und eine entsprechende Farbgestaltung die Orientierung?
- Würdevoller Umgang: Werden die Bewohner würdevoll und fürsorglich behandelt?
- Angebote: Welche Angebote speziell für Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz gibt es? Wie wird auf ihre Vorlieben und ihre Biografie eingegangen?
- Medizinische Versorgung: Wie ist die medizinische und pflegerische Unterstützung geregelt?
- Besuchszeiten: Können Angehörige rund um die Uhr zu Besuch kommen?
- Personal: Sind die Pflegekräfte festen Gruppen zugeordnet? Wie lange arbeiten die Pflegekräfte schon in dieser Einrichtung?
- Beschäftigung: Gibt es für die Bewohnerinnen und Bewohner Einzel- und Gruppenangebote, um sich ihren Möglichkeiten entsprechend zu beschäftigen?
- Beratung: Wie gut und individuell werden Sie beraten?
- Probewohnen: Manche Pflegeheime bieten an, alte Menschen zur Probe wohnen zu lassen.
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