Das Nervensystem ist ein übergeordnetes System, das es uns ermöglicht, mit unserer Umwelt zu interagieren und gleichzeitig die Mechanismen in unserem Körper zu steuern. Es ist ein komplexes Netzwerk, das bewusste und unbewusste Prozesse steuert. Vom einfachen Greifen einer Tasse Kaffee bis hin zu lebenswichtigen Funktionen wie Atmung und Herzschlag - das Nervensystem ist an allem beteiligt.
Gliederung des Nervensystems
Das Nervensystem des Menschen wird in zwei Hauptbereiche unterteilt:
- Zentralnervensystem (ZNS): Umfasst Gehirn und Rückenmark. Es ist sicher im Schädel und Wirbelkanal der Wirbelsäule eingebettet.
- Peripheres Nervensystem (PNS): Besteht aus neuronalen Komponenten, die sich aus dem ZNS fortsetzen und außerhalb des ZNS liegen. Dazu gehören die 12 Hirnnerven, die aus dem Gehirn austreten.
Zusätzlich zu diesen Hauptbereichen gibt es das autonome Nervensystem (ANS), das die Funktionen der inneren Organe überwacht und steuert.
Das Autonome Nervensystem (ANS)
Das autonome Nervensystem (ANS) wird auch als vegetatives oder unwillkürliches Nervensystem bezeichnet, da es nicht unserem Willen unterworfen ist. Es reguliert lebenswichtige Körperfunktionen wie Herztätigkeit, Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel, Verdauung, Ausscheidung, Schweißbildung, Körpertemperatur und Fortpflanzung.
Das ANS besteht aus drei Teilen:
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- Sympathisches Nervensystem (Sympathikus): Bereitet den Körper auf Aktivität und Stress vor. Es erhöht den Herzschlag, die Atemfrequenz, verbessert die Durchblutung der Muskulatur und fördert das Schwitzen. Der Sympathikus wird durch erhöhte körperliche Leistung erregt und hat eine energiemobilisierende und aktivitätssteigernde Funktion für den Körper. Er bewirkt eine Erhöhung des Blutdrucks, eine Beschleunigung von Herzschlag und Atmung, eine Erweiterung der Pupillen und eine vermehrte Schweißabsonderung. Die Zellkörper der sympathischen Nervenzellen liegen hauptsächlich im Rückenmark von Brust- und Lendenwirbelsäule. Von dort schicken sie ihre Fasern zum sympathischen Grenzstrang (Truncus sympathicus), einer Kette von Nervenzellhaufen (sympathischen Ganglien), die zu beiden Seiten der Wirbelsäule von der Schädelbasis bis zum Steißbein verläuft.
- Parasympathisches Nervensystem (Parasympathikus): Fördert Ruhe und Entspannung. Es verlangsamt den Herzschlag, beruhigt die Atmung und fördert die Verdauung. Der Parasympathikus sorgt eher für den Erhalt und den Wiederaufbau der Körperenergien. Der Hauptnerv des Parasympathicus ist der X. Hirnnerv (Nervus vagus). Dieser entspringt im verlängerten Mark des Hirnstamms, zieht von dort aus, zusammen mit den großen Halsgefäßen, abwärts und breitet sich in Höhe des Brustkorbs netzartig im Bereich der Brust- und Bauchorgane aus. Aber auch andere Hirnnerven, beispielsweise der III. Hirnnerv (Augenmuskelnerv), führen parasympathische Fasern.
- Enterisches Nervensystem: Dieses Nervensystem ist im Verdauungstrakt lokalisiert und steuert die gastrointestinale Motilität.
Sympathikus und Parasympathikus wirken im Körper meist als Gegenspieler, um ein Gleichgewicht der Organfunktionen aufrechtzuerhalten.
Sensorisches und Motorisches Nervensystem
Über das Nervensystem tritt der Mensch in Kontakt mit seiner Umwelt.
- Sensorisches Nervensystem: Nimmt Reize aus der Umwelt (z.B. über Augen, Ohren, Nase, Zunge und Hautsensoren) und Informationen über den Zustand des eigenen Organismus (z.B. Körperstellung, Hunger, Durst) wahr und leitet sie an das Zentralnervensystem weiter.
- Motorisches Nervensystem: Reagiert auf Signale aus der Umgebung oder vom Körper selbst und steuert die Muskulatur, um Handlungen auszuführen und sich in der Umwelt zu bewegen.
Das Gehirn: Die Informationszentrale
Das Gehirn ist die zentrale Informationsverarbeitungsstelle des Körpers. Hier werden Informationen aus der Umwelt und über den Zustand des Organismus zusammengetragen und zu Reaktionen weiterverarbeitet.
Die wichtigsten Abschnitte des Gehirns sind:
- Großhirn: Der am höchsten entwickelte Abschnitt des Gehirns mit der Großhirnrinde. Hier liegen die Verarbeitungszentren für Signale von den Sinnesorganen (Sehrinde, Hörzentrum) und der Körperoberfläche. Bereiche der Großhirnrinde sind auch für Sprache, Rechnen und Empfindungen zuständig. Der motorische Bereich der Großhirnrinde steuert und koordiniert Muskelbewegungen.
- Zwischenhirn: Steuert vegetative Funktionen wie Körpertemperatur, Hunger- und Durstgefühl sowie Sexualverhalten. Hier befindet sich auch die Hypophyse, eine wichtige Hormondrüse.
- Mittelhirn: Steuert u.a. den Wach-Schlaf-Rhythmus und kann die Aufmerksamkeit auf bestimmte Sinneseindrücke lenken.
- Kleinhirn: Verantwortlich für den richtigen Ablauf aller Körperbewegungen und die Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes.
- Nachhirn: Steuert Atmung, Kreislauf und viele Abläufe in den Organen. Es ist auch für Reflexe wie Lidschluss, Tränenfluss, Schlucken, Speichelproduktion, Niesen, Husten und Erbrechen zuständig.
Nervenzellen und Signalübertragung
Die Aufgabe der Nervenzellen besteht darin, Signale aufzunehmen und an andere Nervenzellen oder Muskel- und Drüsenzellen weiterzuleiten. Entlang einer Nervenzelle werden die Signale elektrisch fortgeleitet. Die Geschwindigkeit solcher Signale kann bis zu 360 km/h erreichen. Die Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen ist die Synapse. Hier erfolgt die Übertragung des elektrischen Signals von einer Nervenzelle zur nächsten mit Hilfe von Botenstoffen (Transmitter). Gelangt das elektrische Signal zum Axonende einer Nervenzelle, wird dort der jeweilige Botenstoff in den winzigen Spalt zwischen den beiden Zellen ausgeschüttet.
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Nervensystem im Alltag
Das Nervensystem ist ständig aktiv und steuert eine Vielzahl von Prozessen, die wir oft gar nicht bewusst wahrnehmen. Ein Beispiel:
Eine Tasse Kaffee am Morgen:
- Sensorisches Nervensystem: Nimmt den Geruch, das Aussehen und die Temperatur des Kaffees wahr. Es beurteilt, ob man Durst hat, ob der Kaffee zu heiß ist und wie er schmeckt.
- Motorisches Nervensystem: Steuert die Muskelbewegungen, um die Tasse zu greifen und zum Mund zu führen. Das Gehirn berechnet, wohin man greifen muss, und gibt den Befehl zum Ausstrecken der Hand.
- Vegetatives Nervensystem: Kontrolliert die unbewussten Prozesse, die mit der Verdauung des Kaffees zusammenhängen, sowie Herztätigkeit, Atmung, Kreislauf, Schweißbildung und Körpertemperatur.
Neurologische Erkrankungen und Läsionen
Schädigungen des Nervensystems können zu einer Vielzahl von neurologischen Defiziten führen. Einige Beispiele sind:
- Läsion des ersten Motoneurons: Kann zu Spastik und Klonus führen.
- Läsion des zweiten Motoneurons: Kann Lähmung oder Parese, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen verursachen.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone, die zu fortschreitender Muskelschwäche und Lähmung führt.
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