Unfallversicherung und Schlaganfall: Ein umfassender Leitfaden

Ein Schlaganfall kann das Leben eines Menschen von Grund auf verändern. Neben den gesundheitlichen Folgen stellen sich oft auch finanzielle Fragen. Eine davon ist, ob die Unfallversicherung bei einem Schlaganfall leistet. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Unfallversicherung und Schlaganfall, um Ihnen einen umfassenden Überblick zu geben.

Gesetzliche und private Unfallversicherung: Ein Überblick

Zunächst ist es wichtig, die Unterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Unfallversicherung zu verstehen. Die gesetzliche Unfallversicherung sichert Arbeitnehmer auf dem Weg zur und von der Arbeit ab. Sie deckt Arbeits- und Wegeunfälle ab. Die private Unfallversicherung hingegen greift bei Unfällen in der Freizeit, im Haushalt oder im Urlaub. Sie bietet Leistungen bei Invalidität, zahlt Unfallrenten bei bleibenden Schäden, leistet im Todesfall und bietet diverse Zusatzleistungen wie Reha-Kosten und Bergung. Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld können bei längeren Krankenhausaufenthalten nach Unfällen zusätzlich greifen; bei Knochenbrüchen bieten manche Versicherer extra Entschädigungen wie „Gipsgeld“.

Wann zahlt die Unfallversicherung bei einem Schlaganfall?

Die Frage, ob eine Unfallversicherung bei einem Schlaganfall zahlt, ist komplex. Grundsätzlich gilt: Die Unfallversicherung leistet, wenn der Unfall ursächlich für den Schlaganfall war. Es gibt hier zwei Möglichkeiten:

  1. Unfall verursacht Schlaganfall: Der Versicherte erleidet einen Unfall und infolgedessen einen Schlaganfall. In diesem Fall ist die Versicherung in der Regel leistungspflichtig.
  2. Schlaganfall verursacht Unfall: Der Versicherte erleidet einen Schlaganfall und verursacht daraufhin einen Unfall. In diesem Fall leistet die Versicherung in der Regel nicht, da Unfälle durch Bewusstseinsstörungen von der Haftung ausgeschlossen sind - es sei denn, dieser Fall ist explizit mitversichert.

Die Klärung der Ursache-Wirkungs-Beziehung ist entscheidend. War der Unfall (z. B. ein Sturz) die Ursache für den Schlaganfall oder umgekehrt? Oft ist selbst durch medizinische Gutachten keine eindeutige Zuordnung möglich. Die Unfallversicherung verweigert oft Leistungen mit der Begründung, dass die Ursachen, die zum Gehirnschlag geführt haben, bereits vor dem Unfall bestanden haben. Daraus können langwierige Rechtsstreitigkeiten resultieren.

Leistungen der privaten Unfallversicherung im Detail

Die private Unfallversicherung konzentriert sich auf die Übernahme der Kosten, die durch langfristige Schäden und Invalidität entstehen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Leistungen:

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  • Invalidität: Von Invalidität spricht man, wenn körperliche oder geistige Fähigkeiten dauerhaft beeinträchtigt sind. Eine Beeinträchtigung gilt meist als dauerhaft, wenn sie länger als drei Jahre bestehen wird und/oder eine dauerhafte Besserung nicht in Sicht ist. Die Unfallversicherung übernimmt die Kosten für die Anpassung an die neue Lebenssituation sowie zur Sicherung des (finanziellen) Lebensstandards. Die Höhe der Zahlung hängt von der vereinbarten Grundversicherungssumme, einer möglichen Progression und dem Invaliditätsgrad ab, der sich nach der sogenannten Gliedertaxe richtet. Diese listet im Detail auf, wie hoch der Invaliditätsanteil beim Verlust bzw. der Funktionsunfähigkeit einzelner Körperteile ausfällt. Geht die Funktion eines Beins infolge eines Bänderrisses beispielsweise dauerhaft verloren, ist eine Gliedertaxe von 50 % nicht unüblich.

    • Versicherungssumme: Die Versicherungssumme, auch Grundsumme genannt, gibt an, wie viel Geld Sie bei voller Invalidität (100 Prozent) erhalten. Beträgt Ihre Versicherungssumme 200.000 Euro, erhalten Sie bei Vollinvalidität also 200.000 Euro. Wird bei Ihnen nach einem Unfall ein Invaliditätsgrad von 15 Prozent festgestellt, so erhalten Sie 15 Prozent der vereinbarten Versicherungssumme (30.000 Euro). Wichtig hier: Ab wann zahlt der Versicherer? Einige zahlen erst ab einem höheren Invaliditätsgrad. Bei leichteren Graden gehen Sie dann leer aus, trotz Versicherungsschutz.
    • Gliedertaxe: Die Gliedertaxe ist eine Art Bewertungstabelle, in der ein Versicherer bestimmte Körperteile und -funktionen in Invaliditätsgrade einstuft. Beispiel: Nach einem Unfall muss Ihr rechter Fuß amputiert werden. Diesen stuft Ihr Versicherer mit 40 Prozent Invalidität ein. Bei einer Versicherungssumme von 200.000 Euro erhalten Sie also eine Kapitalleistung von 80.000 Euro. Auch der Verlust zum Beispiel eines Daumens, eines Auges, des Gehörs usw. ist über die Gliedertaxe festgelegt.
    • Progression: Sie können in Ihrer Unfallversicherung auch eine sogenannte Progression (Mehrleistungen) vereinbaren. Ihre vereinbarte Versicherungssumme steigert sich dann bei besonders schweren Invaliditätsgraden, die oft auch einen höheren Kapitalbedarf erfordern.
  • Unfallrente: Während die Unfallversicherung Geldleistungen bei Invalidität einmalig auszahlt, ist bei der sogenannten Unfallrente eine lebenslange monatliche Zahlung vorgesehen. Sie dient dazu, den Lebensunterhalt langfristig zu sichern, wenn die Arbeitskraft durch einen Unfall beeinträchtigt ist. Ab einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent zahlen viele Versicherer eine monatliche Rente - wenn nötig ein Leben lang. Ab einem Invaliditätsgrad von 90 Prozent verdoppeln einige Versicherer die Unfallrente.

  • Zusätzliche Leistungen: Je nach persönlichem Lebensstil und Risiko können individuelle Leistungen innerhalb der privaten Unfallversicherung vereinbart werden. Zu den häufigsten gehören:

    • Übergangsleistungen: Diese werden kurzfristig gezahlt, wenn der Heilungsprozess nach einem Unfall länger als sechs Monate andauert. Dabei ist es egal, ob deine Verletzungen dauerhaft oder vorübergehend sind.
    • Krankenhaustagegeld: Wenn Sie nach einem Unfall für mehrere Wochen im Krankenhaus bleiben müssen, zahlt Ihnen Ihre Krankenversicherung in der Regel ab dem 43. Tag ein Krankentagegeld. Darüber hinaus beziehst du ab Tag eins deines Krankenhausaufenthaltes ein Krankenhaustagegeld - vorausgesetzt, du hast einen solchen Zusatz vereinbart. Bist du privat abgesichert, kannst du das Krankenhaustagegeld entweder über deine private Krankenversicherung oder über die private Unfallversicherung vereinbaren.
    • Genesungsgeld: Hast du das Krankenhaustagegeld der Unfallversicherung in Anspruch genommen, kannst du im Anschluss außerdem sogenanntes Genesungsgeld beziehen.
    • Sofortleistungen: Einige Versicherer bieten Sofortleistungen bei bestimmten schweren Verletzungen, wie z. B. dem Verlust einer Hand - 20 % der Versicherungssumme für die Invaliditäts- oder Rentenleistung (min. 10.000 €, max. 20.000 €). Diese Kapitalleistung wird kurz nach dem Unfall ausgezahlt, um erste anfallende Folgekosten abfedern zu können. Die Sofortleistung wird auf eine spätere Invaliditätsleistung angerechnet.
    • Kosmetische Operationen: Kostenübernahme für kosmetische Operationen aufgrund eines Unfalles - bis zu einem bestimmten Betrag (z.B. 50.000 €).
    • Reha- und Assistance-Leistungen: Kostenübernahme für zahlreiche praktische Hilfsdienste, die die Alltagsbewältigung nach einem Unfall erleichtern (Fahrdienst, Wäscheservice, Wohnungsreinigung, Menüservice u. v. m.). Beratung und Organisation, wenn ein behindertengerechter Umbau von Kfz und Wohnung erforderlich ist.

Alternativen zur Unfallversicherung bei Schlaganfallrisiko

Da die Unfallversicherung bei einem Schlaganfall oft nicht leistet, gibt es alternative Versicherungen, die im Falle eines Schlaganfalls Schutz bieten können:

  • Berufsunfähigkeitsversicherung (BU): Die BU zahlt eine monatliche Rente, wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls Ihren bisherigen Beruf nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt ausüben können. Auch Schlaganfall-Patienten, die nach einem Hirnschlag für einen längeren Zeitraum nicht berufsfähig sind, profitieren von der Berufsunfähigkeitsversicherung. Wichtig ist, dass die Berufsunfähigkeit nicht dauerhaft sein muss, um Leistungen zu erhalten.
  • Dread Disease-Versicherung: Diese Versicherung, auch Schwere-Krankheiten-Versicherung genannt, zahlt bei der Diagnose einer versicherten schweren Krankheit, wie z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs oder Multiple Sklerose, eine einmalige Summe. Der Vorteil: Die Versicherung zahlt immer bei Diagnose, unabhängig davon, ob die Person anschließend dauerhaft mit gesundheitlichen und/oder beruflichen Einschränkungen leben muss oder nicht. Die Versicherungssumme wird zur freien Verwendbarkeit bereitgestellt. Das bedeutet, dass Sie selbst bestimmen können, wofür Sie das Geld benutzen. Ob Sie damit einen Verdienstausfall ausgleichen, sich bei einem Spezialisten behandeln lassen oder sich eine Haushaltshilfe gönnen, bleibt gänzlich Ihnen überlassen.
  • Risikolebensversicherung: Diese Versicherung zahlt im Todesfall eine vereinbarte Summe an die Hinterbliebenen.
  • Pflegeversicherung: Diese Versicherung leistet, wenn Sie pflegebedürftig werden.

Worauf Sie bei der Wahl einer Unfallversicherung achten sollten

Wenn Sie eine private Unfallversicherung abschließen möchten, sollten Sie auf folgende Punkte achten:

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  • Versicherungssumme: Die Versicherungssumme sollte ausreichend hoch sein, um Ihren individuellen Bedarf zu decken. Berücksichtigen Sie dabei Ihre familiäre Situation und Ihren Lebensstandard. Empfehlenswert sind ca. 200.000 Euro.
  • Gliedertaxe: Achten Sie darauf, wie der Versicherer bestimmte Körperteile und -funktionen in seiner Gliedertaxe einstuft. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie bestimmte Hobbys haben, bei denen bestimmte Körperteile besonders gefährdet sind.
  • Progression: Eine Progression kann sinnvoll sein, um bei schweren Invaliditätsgraden eine höhere Leistung zu erhalten.
  • Zusatzleistungen: Prüfen Sie, welche Zusatzleistungen der Versicherer anbietet und ob diese für Sie relevant sind. Achten Sie auf Soforthilfen, Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld, kosmetische Operationen und Reha- und Assistance-Leistungen.
  • Ausschlüsse: Lesen Sie die Versicherungsbedingungen sorgfältig durch und achten Sie auf Ausschlüsse. Stellen Sie sicher, dass Unfälle durch Eigenbewegung oder erhöhte Kraftanstrengung mitversichert sind.
  • Gesundheitsprüfung: Viele Versicherungsgesellschaften führen vor dem Abschluss eine Gesundheitsprüfung durch. Seien Sie ehrlich und geben Sie bereits diagnostizierte Vorerkrankungen an.
  • Dynamische Anpassung: Vereinbaren Sie eine dynamische Anpassung, um die Versicherungssumme jährlich an den steigenden Lebensstandard anzupassen.

Die Rolle von Vorerkrankungen

Ein Gehirnschlag gehört im weitesten Sinne zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen und wird oft durch verschiedene Vorerkrankungen ausgelöst. Bei den meisten Versicherungsgesellschaften müssen Sie vor dem Abschluss Ihrer Schlaganfall-Versicherung eine Gesundheitsprüfung durchlaufen. Hier müssen Sie bereits diagnostizierte Vorerkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck, Arteriosklerose oder Herzrhythmusstörungen, angeben.

Unfallmeldung und Fristen

Bitte melden Sie uns den Unfall unverzüglich. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner vor Ort oder auch an die Servicehotline. Häufig beträgt in der privaten Unfallversicherung die Meldefrist 48 Stunden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass Sie die Versicherungsleistungen in vollem Umfang in Anspruch nehmen können. Bei der DEVK können Sie Ihren Schaden online melden oder telefonisch unter 0800 4-757-757 (gebührenfrei aus dem deutschen Telefonnetz). Falls Sie sich unsicher sind, welche Meldefrist für Sie gilt, können Sie dies in Ihren Versicherungsbedingungen nachlesen. Auch Ihr:e DEVK-Berater:in vor Ort steht Ihnen gerne zur Seite.

Unfallversicherung im Ehrenamt

Die gesetzliche Unfallversicherung bietet automatischen Versicherungsschutz bei der Ausübung eines Ehrenamts in den meisten Organisationen (in Vereinen, kirchlichen oder städtischen Einrichtungen). Eine private Unfallversicherung rentiert sich auch im Ehrenamt, denn sie leistet zusätzlich zur gesetzlichen Unfallversicherung und das meist mit wesentlich höheren Versicherungssummen. Mit einer privaten Unfallversicherung sind Sie auch im Ehrenamt weltweit und rund um die Uhr abgesichert.

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