Schmerzempfindliche Zähne sind nicht nur unangenehm, sondern können auch ein Anzeichen für ein tieferliegendes Problem wie Zahnfleischrückgang sein. Plötzliche, kurze Zahnschmerzen sind vielen bekannt - aber warum reagieren Zähne so empfindlich auf Hitze und Kälte? Und warum war das vorher nicht so?
Was ist Dentinhypersensibilität?
Fachleute bezeichnen das Phänomen überempfindlicher Zähne als Dentinhypersensibilität. Die häufigste Ursache für empfindliche Zähne ist Zahnfleischrückgang. Gesundes Zahnfleisch umschließt die Zahnhälse wie eine Manschette. Bei Zahnfleischrückgang liegen Teile des Zahnhalses frei. Der Zahnhals besteht wie der sichtbare Teil des Zahns, die Zahnkrone, hauptsächlich aus einem knochenähnlichen Gewebe, dem Dentin - daher der Name Dentinhypersensibilität. Im Gegensatz zur Krone ist der Hals jedoch nicht mit Zahnschmelz bedeckt. Wenn der Zahnhals freiliegt, sind seine Nervenbahnen ohne weiteren Schutz äußeren Einflüssen ausgesetzt. Deshalb empfinden Betroffene bei Hitze oder Kälte den typischen stechenden Schmerz.
Zahnfleischrückgang tritt meist im Alter zwischen 30 und 40 Jahren erstmals auf. Der Rückgang ist ein schleichender Prozess, der oft lange unbemerkt bleibt. Wenn ein Zahnhals freiliegt, kann der Kontakt mit Heißem und Kaltem plötzlich schmerzhaft sein, obwohl man jahrzehntelang keine Probleme mit empfindlichen Zähnen hatte.
Ursachen für Zahnfleischrückgang
Oft ist eine Entzündung des Zahnfleisches (Gingivitis) oder des Zahnbetts (Parodontitis) die Ursache für die Rückbildung des Zahnfleisches. Da unbehandelte Parodontitis zu Zahnverlust führt, muss sie unbedingt behandelt werden. Zahnfleischrückgang ist jedoch nicht immer auf eine Entzündung zurückzuführen. Liegt keine vor, sprechen Fachleute bei Zahnfleischrückgang von gingivaler Rezession oder Gingivarezession. Gingiva ist der medizinische Begriff für Zahnfleisch.
Handlungsbedarf besteht aber auch bei einer Gingivarezession. Sie kann ebenso mit Zahnverlust enden. Außerdem regeneriert sich zurückgegangenes Zahnfleisch nicht von selbst. Deshalb sollten Sie frühzeitig mögliche Ursachen von Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin abklären lassen, um entsprechende Maßnahmen treffen zu können.
Lesen Sie auch: Umfassende Betrachtung: Homöopathie und Zahnnervschmerzen
Oft gibt es keine einzelne Ursache für eine Gingivarezession. Mehrere Faktoren können eine Rolle spielen, darunter:
- Veranlagung: Manche Menschen haben dünnes Zahnfleisch, das sich leichter zurückzieht.
- Kieferorthopädische Behandlung: Eine Korrektur der Zähne kann das Zahnfleisch belasten.
- Abrasive Zahnpasta: „Abrasiv“ bedeutet, dass Zahnpasten kleine Partikel für einen stärkeren Abrieb enthalten. Das ist bei der Entfernung von Zahnbelag hilfreich, wer aber empfindliche Zähne hat, sollte keine „Whitening“-Pasten verwenden. Ihr Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin kann weiterhelfen.
- Säurehaltige Lebensmittel: Die Säure in sauren Lebensmitteln kann die Schutzfunktion des Zahnschmelzes mindern, indem sie Mineralien entzieht. Energy Drinks, Sportgetränke oder Softdrinks sind besonders säurehaltig. Da solche Getränke unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt sind, ist deren Anfälligkeit für Schäden am Schmelz erhöht. Auch starker Konsum von Fruchtsaft oder saurem Obst kann für empfindliche Zähne ursächlich sein, ebenso wie Magenbeschwerden mit Reflux.
- Zahnkosmetische Aufhellung (Bleaching): Ferner kann eine zahnkosmetische Aufhellung (Bleaching) zu erhöhter Schmerzempfindlichkeit führen. Vermutlich gelangen Wasserstoffperoxid-Moleküle durch Zahnschmelz und Dentin an den Zahnnerv. Die Empfindlichkeit nach dem Bleichen ist in der Regel vorübergehend, kann bei Personen, die bereits vorher empfindliche Zähne hatten, aber anhaltend sein.
- Karies: Schließlich kann auch Karies Schmerzen verursachen, vor allem wenn Bakterien eine Enzündung des Zahnnervs auslösen. Was auch immer die Ursache für den Schmerz sein mag - sie sollte zügig zahnärztlich abgeklärt werden, um dauerhafte Schäden zu vermeiden.
- Bruxismus: Auch mechanische Ursachen können dazu führen, dass sich das Zahnfleisch zurückbildet oder die Zahnsubstanz Schäden nimmt. Das kann zum Beispiel bei nächtlichem Zähneknirschen (Bruxismus) der Fall sein, aber auch bei Zahnfehlstellungen, Verletzungen oder schlecht sitzenden Zahnspangen.
- Falsche Mundhygiene: Eine recht häufige Ursache für freiliegende Zahnhälse ist auch die tägliche Mundhygiene. Oft wird beim Zähneputzen zu viel Druck auf das Zahnfleisch ausgeübt. Dadurch kommt es zu Reizungen und kleinen Verletzungen des Zahnfleisches. Mit der Zeit kann es sich zurückbilden und den Zahnhals offenlegen. Stark abrasive Zahncremes haben einen ähnlichen Effekt, da sie das Zahnfleisch äußerlich stark reizen.
- Ernährung: Auch die Ernährung spielt für die Gesundheit des Zahnfleisches eine wichtige Rolle. Bei einem übermäßigen Verzehr an Zucker, Weißmehlprodukten und tierischem Eiweiß kann es zu einer Übersäuerung kommen. Es bilden sich leichter Zahnbeläge, sogenannte Plaques.
- Weitere Risikofaktoren: Weitere Risikofaktoren sind Vitaminmangel, hormonelle Schwankungen und bestimmte Medikamente. Hier kommen zum Beispiel bestimmte Chemotherapeutika und Blutdruck senkende Präparate als Auslöser infrage. Einige Menschen leiden zudem unter übermäßig stark entwickelten Lippenbändchen. Wenn diese zu viel Zug auf das Zahnfleisch ausüben, kann es ebenfalls zu einem Zahnfleischrückgang kommen.
Symptome freiliegender Zahnhälse
Freiliegende Zahnhälse gehen meist mit einer gesteigerten Sensibilität der Zähne einher. Die Betroffenen merken das insbesondere beim Verzehr von heißen oder kalten Speisen. Auch süße und saure Lebensmittel können Probleme verursachen. Symptomatisch für freiliegende Zahnhälse sind ziehende Schmerzen beim Essen oder bei Berührungen. Auch kurze, stechende Schmerzen können auftreten.
Übersicht möglicher Symptome bei freiliegenden Zahnhälsen:
- Erhöhte Sensibilität der Zähne
- Starke Kälte- und Wärmeempfindlichkeit
- Schmerzen beim Essen
- Ästhetische Beeinträchtigung
- Plaqueakkumulation und Entzündung
Weiterhin verändert sich das Erscheinungsbild der Zähne. Die Zähne wirken optisch länger, da zusätzlich zur Zahnkrone auch ein Teil des Zahnhalses oder gar der Zahnwurzel zum Vorschein kommt. Am Übergang zwischen Zahn und Zahnfleisch können keilförmige Defekte sichtbar werden. Die betroffenen Zähne sind zunächst dadurch erkennbar, dass sie durch das zurückgehende Zahnfleisch optisch länger wirken. Dies kann gerade im sichtbaren Frontzahnbereich eine ästhetische Beeinträchtigung bedeuten und sehr unangenehm für die Betroffenen sein.
Diagnose
Freiliegende Zahnhälse entstehen meist schleichend über einen längeren Zeitraum. Die Betroffenen bemerken den Zahnfleischrückgang erst, wenn die Zähne überempfindlich reagieren oder länger zu werden scheinen. Anhand der Beschwerden und der optischen Veränderung am Zahn kann der Arzt meist schon eine erste Diagnose stellen. Zusätzlich befragt er den Patienten nach seinen Essgewohnheiten, seiner Putztechnik und nach möglichen mechanischen Auslösern. Im nächsten Schritt überprüft der Zahnarzt den Zustand von Zahn und Zahnfleisch. Er kontrolliert, ob das Zahnfleisch bereits zurückgegangen ist und ob möglicherweise eine Entzündung vorliegt.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Nervenproblemen im Oberkiefer
Behandlungsmöglichkeiten
Die notwendigen Maßnahmen für die Zahngesundheit hängen von der jeweiligen Ursache der Schmerzempfindlichkeit ab. Beim Zähneknirschen hilft eine Beißschiene, Prothesen und Zahnspangen lassen sich optimieren und Karies lässt sich behandeln. Operative Eingriffe zur Wiederherstellung von zurückgegangenem Zahnfleisch sind selten. In den meisten Fällen reicht eine Anpassung der Zahnhygiene oder Ernährung aus:
- Umstellung des Zahnputzverhaltens: Falls Sie zur „Schrubbtechnik“ oder übermäßigem Putzen neigen, zeigt Ihnen Ihr Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin, wie man die Zähne am besten putzt. Untertreiben sollten Sie es jedoch nicht: Nur durch regelmäßige Pflege lassen sich Zahnbeläge gründlich beseitigen. Die Zähne sollten mit sanften, kreisenden Bewegungen ohne übermäßigen Druck gereinigt werden. Auch spezielle Zahncremes wie Elmex Gelee(R) haben sich bei sensiblen Zahnhälsen bewährt. Die hoch dosierte Zahncreme bildet eine Fluoridschicht auf dem Zahnschmelz, die den Zahn nachhaltig härtet.
- Zahnpasta für empfindliche Zähne: Auch hier wird Ihnen in der Praxis weitergeholfen. Geeignet sind zum Beispiel Pasten mit Kaliumnitrat. Es wirkt desensibilisierend und ist auch in vielen Mundspüllösungen zur häuslichen Anwendung enthalten. Benutzen Sie spezielle Zahnpasten für empfindliche Zähne, gereiztes Zahnfleisch und freiliegende Zahnhälse. Sie enthalten weniger abrasive Schleifkörper und mildere Inhaltsstoffe als herkömmliche Produkte. Sinnvoll kann auch sein, die Zähne einmal wöchentlich mit einem Fluoridgel zu putzen.
- Ernährungsumstellung, wenn Essen oder Getränke ursächlich für empfindliche Zähne sind: Obst ist ein unverzichtbarer Ernährungsbestandteil, weswegen eine Empfehlung sein kann, auf sehr saure Arten wie Zitrusfrüchte zu verzichten. Kurzfristig können bei empfindlichen Zähnen und Schmerzen auch Gewürznelken helfen, zum Beispiel in Form von Nelkenöl. Essen Sie Ihr Obst daher am besten mit etwas Joghurt.
- Fluoridlack: Sollte keine akute Entzündung vorliegen, dann kann der Zahnarzt den Zahnhals mit einem speziellen Fluorid-Lack versiegeln. Der Lack legt sich wie ein Schutzmantel um den Zahn und verhindert so, dass Reize an den Zahnnerv weitergeleitet werden. Dadurch lässt sich eine weitgehende Schmerzfreiheit erzielen.
- Kunststoff-Füllungen oder Veneers: Bei manchen Patienten sind durch eine ungünstige Putztechnik regelrechte Rillen und Kerben am Zahnhals entstanden. Diese Defekte kann der Zahnarzt durch spezielle Füllmaterialien ausgleichen. Heute verwendet man dazu meist eigens entwickelte Kunststoffe, sogenannte Komposit-Materialien. Freiliegende Zahnhälse lassen sich auch durch ästhetisch-plastische Methoden behandeln. Diese Variante kommt vor allem dann in Frage, wenn Sie das unschöne Erscheinungsbild der „langen Zähne“ stört. Bei größeren Defekten am Zahn kann der Zahnarzt diese mit Kunststoff-Füllungen dauerhaft verschließen. Solche Füllungen eignen sich insbesondere für Patienten mit keilförmigen Defekten. Im sichtbaren Frontzahnbereich kommen häufig Veneers zum Einsatz. Zur Anbringung von Kunststoff-Füllungen reinigt der Zahnarzt zunächst die Zahnoberfläche. Anschließend werden mehrere Schichten Komposit aufgetragen, gehärtet und poliert. Bei einer Veneer-Behandlung wird die Zahnoberfläche zunächst angeschliffen. Anschließend nimmt der Zahnarzt einen Abdruck, anhand dessen die Verblendschalen individuell angefertigt werden.
- Zahnfleischtransplantation: Ist das Zahnfleisch stark zurückgegangen, können chirurgische Maßnahmen wie eine Zahnfleischtransplantation erforderlich sein. Hierzu wird ein Stück Bindegewebe an einer bestimmten Stelle in der Mundhöhle entnommen und im fehlenden Zahnfleischbereich eingesetzt.
- Behandlung von Entzündungen und Karies: Bestehende Entzündungen und kariöse Stellen müssen gezielt behandelt werden, bevor der Zahnarzt weitere Maßnahmen ergreifen kann.
- Ernährungsumstellung: Unter Umständen kann eine Ernährungsumstellung auf basische Kost sinnvoll sein, insbesondere wenn eine Übersäuerung besteht.
- Entfernung mechanischer Auslöser: Mechanische Auslöser wie Piercings sollten entfernt werden.
Hausmittel
Wenn die Zahnhälse bereits offenliegen, können verschiedene Hausmittel die Beschwerden lindern. Weiterhin kommen verdünnte Mundspülungen aus Ratanhiawurzel, Nelkenöl oder Myrrhentinktur zum Einsatz. Auch Salbei- oder Kamillentee kann zum Spülen verwendet werden. Solche Hausmittel bekämpfen allerdings nur die Symptome und nicht die Ursachen für den Zahnfleischrückgang. Ein wirksames Hausmittel bei akutem Zahnschmerz sind beispielsweise Gewürznelken, die Sie kauen oder auf die schmerzende Stelle auflegen können.
Vorbeugung
Ein wichtiges Stichwort zur Vorbeugung von freiliegenden Zahnhälsen ist die richtige Mundhygiene: Wer seine Zähne beim Putzen mit der Bürste zu grob angeht, kann durch den hohen Druck das Gewebe schädigen und so mit der Zeit die Zahnhälse freilegen. Wird die Zahnputztechnik jedoch erkannt und korrigiert, lassen sich entstandene Schäden manchmal noch ausgleichen, sofern das druckreiche Schrubben durch sanfte Kreisbewegungen mit der Zahnbürste ersetzt wird.
Als Patient können Sie eine erfolgreiche Behandlung wirksam unterstützen. Das A und O ist dabei eine Anpassung der Mundhygiene. Hier einige Tipps:
- Bevorzugen Sie bei gereiztem Zahnfleisch eine Zahnbürste mit weichen Borsten, um das Zahnfleisch nicht unnötig zu reizen.
- Putzen Sie "von Rot nach Weiß". Vermeiden Sie horizontales Schrubben und zu harten Druck beim Zähneputzen. Lassen Sie sich die richtige Technik in der Zahnarztpraxis zeigen.
- Verwenden Sie einmal täglich Zahnseide zusätzlich zum Zähneputzen. Auch hier gilt: die richtige Technik zeigen lassen.
- Lassen Sie regelmäßig, am besten zweimal im Jahr, eine professionelle Zahnreinigung durchführen, um Zahnfleisch und Zähne gesund zu erhalten.
Lesen Sie auch: Nervenschmerzen im Zahn? So können Globuli helfen
tags: #zahn #freiliegender #nerv #ursachen #behandlung