Zahnschmerzen und neurologische Ursachen: Ein umfassender Überblick

Ein plötzlich einschießender, scharfer und stechender Schmerz im Gesicht kann viele Ursachen haben. Oftmals suchen Betroffene lange nach der Ursache. Handelt es sich um ein Zahnproblem oder steckt doch etwas anderes dahinter? Die Abgrenzung zwischen zahnbedingten Schmerzen und neurologischen Ursachen kann eine Herausforderung sein. Daher ist es wichtig, die typischen Merkmale zu kennen und die richtigen Schritte zur Abklärung einzuleiten.

Einführung

Zahnschmerzen sind ein häufiger Grund für einen Besuch in der Zahnarztpraxis und entstehen meist durch Reizungen oder Entzündungen im Zahn selbst oder im umliegenden Gewebe. Sie bleiben oft nicht auf den Zahn begrenzt. Die Trigeminusneuralgie hingegen ist eine neurologische Erkrankung, die plötzlich auftretende, heftige Gesichtsschmerzen verursacht. Diese Schmerzen betreffen das Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus, typischerweise im Bereich der zweiten (Oberkiefer) oder dritten (Unterkiefer) Nervenäste. Fast immer ist nur eine Gesichtshälfte betroffen, meist im Bereich von Wange, Ober- oder Unterkiefer.

Ursachen von Zahnschmerzen

Zahnschmerzen entstehen meistens durch Reizungen des Zahnnervs. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

  • Karies (Zahnfäule): Bakterielle Zersetzung von Zucker und Stärke führt zur Bildung von Säuren, die den Zahnschmelz angreifen und Löcher verursachen.
  • Parodontitis: Eine fortgeschrittene Form der Zahnfleischentzündung, die durch Plaque und Zahnstein verursacht wird und das Zahnfleisch und die darunterliegenden Strukturen entzündet.
  • Pulpitis: Eine Entzündung der Zahnwurzel bzw. des Zahnmarks, die durch tiefe Karies, Traumata oder wiederholte zahnärztliche Eingriffe verursacht werden kann.
  • Zahnabszess: Eine Ansammlung von Eiter, die durch eine bakterielle Infektion verursacht wird und zu starken, akuten Zahnschmerzen führen kann.
  • Zahnfraktur: Ein abgebrochener Zahn kann starke Schmerzen verursachen, besonders wenn der Bruch das Zahnmark freilegt.
  • Weisheitszahndurchbruch: Druckgefühl und Schmerzen im Kiefer können durch Weisheitszähne verursacht werden, die teilweise oder vollständig im Kieferknochen eingeschlossen sind.
  • Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung): Schmerzen in den oberen Backenzähnen können durch den Druck in den entzündeten Nebenhöhlen verursacht werden.
  • Zähneknirschen (Bruxismus): Stressbedingtes Zähneknirschen kann zu Verkrampfungen in der Kiefermuskulatur und zu Schäden an den Zähnen führen.
  • Zahndurchbruch und Zahnwechsel: Bei Kindern sind Zahndurchbruch und Zahnwechsel häufige Gründe für Zahnschmerzen.

Die Trigeminusneuralgie: Ein "Kurzschluss im Nervensystem"

Die Trigeminusneuralgie ist eine sehr schmerzhafte Erkrankung, die den Trigeminusnerv betrifft, einen der größten Nerven im Gesicht. Dieser Nerv verläuft in drei Äste und versorgt die Stirn, die Wangen und das Kinn. Wenn dieser Nerv gereizt oder komprimiert wird, kann dies zu starken Schmerzen führen. In der Regel treten diese einseitig auf. Die genauen Auslöser können unterschiedlich sein. In vielen Fällen drückt ein Blutgefäß auf den Trigeminusnerv und reizt ihn. Es gibt aber auch sekundäre Formen, etwa im Zusammenhang mit Multipler Sklerose oder nach Verletzungen.

Symptome der Trigeminusneuralgie

Die Symptome der Trigeminusneuralgie sind meist sehr eindeutig. Betroffene berichten oft von starken, plötzlich einsetzenden Schmerzen, die Sekunden bis Minuten anhalten können. Diese Schmerzen treten in der Regel an einer Seite des Gesichts auf und betreffen die Bereiche, die vom Trigeminusnerv versorgt werden: die Stirn, Wangen oder das Kinn. Ein weiteres Kennzeichen ist, dass Schmerzen durch alltägliche Aktivitäten wie Sprechen, Kauen oder sogar durch Berührungen ausgelöst werden. Das Klicken oder Knacken im Kiefergelenk ist auch ein häufiges Symptom, das mit den Schmerzattacken einhergehen kann.

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Ursachen der Trigeminusneuralgie

Die genauen Ursachen der Trigeminusneuralgie sind noch nicht vollständig erforscht. Es gibt jedoch einige Faktoren, die das Risiko erhöhen. In vielen Fällen liegt eine Kompression des Trigeminusnervs vor. Dies geschieht häufig durch ein Blutgefäß, das auf den Nerv drückt und so die Nervenfasern irritiert. Diese Reizung führt zu den charakteristischen Schmerzen. Eine weitere mögliche Ursache sind Multiple Sklerose (MS) und andere Komplexitäten, die die Nervenhüllen schädigen. Auch Stress kann zu einer Verspannung der Muskulatur im Kieferbereich führen, wodurch die Nerven zusätzlich gereizt werden und das Risiko für die Entwicklung der Krankheit erhöht wird. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Zahnbehandlungen, wie z. B. das Ziehen von Zähnen oder Operationen, in einigen Fällen die Entwicklung einer der Erkrankung begünstigen können.

Diagnose der Trigeminusneuralgie

Die Diagnose der Trigeminusneuralgie kann besonders bei unklaren Zahnschmerzen herausfordernd sein. In der Regel erfolgt die Diagnose durch die Anamnese, also das Gespräch über Art, Intensität und Auslöser der Schmerzen. Eine gründliche Untersuchung und der Ausschluss von Zahnproblemen sind ebenfalls wichtige Schritte. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) können eingesetzt werden, um andere Ursachen auszuschließen.

Behandlung der Trigeminusneuralgie

Die Behandlung der Trigeminusneuralgie richtet sich nach der Schwere der Symptome und den zugrunde liegenden Ursachen. In den meisten Fällen wird eine medikamentöse Therapie angewendet. Zu den Medikamenten gehören insbesondere Antikonvulsiva wie Carbamazepin oder Oxcarbazepin, die die Schmerzen lindern, indem sie die übermäßige elektrische Aktivität im Nervensystem dämpfen. Eine andere Möglichkeit der Behandlung ist die operative Therapie, falls Medikamente nicht ausreichend wirken. Die Trigeminusneuralgie‒OP kann eine mikrovaskuläre Dekompression beinhalten, bei der das Blutgefäß, das auf den Nerv drückt, entfernt oder umgeleitet wird. In manchen Fällen wird auch eine perkutane Rhizotomie durchgeführt, bei der das betroffene Nervengewebe gezielt zerstört wird, um die Schmerzübertragung zu blockieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Behandlung ist die physikalische Therapie. Gezielte physiotherapeutische Übungen können dazu beitragen, die Muskulatur im Kieferbereich zu entspannen und die Schmerzen zu lindern. Auch eine Zahnschiene kann zur Entlastung des Kiefergelenks und zur Verringerung des Zähneknirschens eingesetzt werden. Wenn die Trigeminusneuralgie durch Stress ausgelöst wird, können auch Entspannungstechniken oder Psychotherapie hilfreich sein, um den Stress abzubauen und die Symptome zu lindern.

Zahnschmerz oder Trigeminusneuralgie? Die Unterschiede

Obwohl beide Schmerzarten im Gesichtsbereich auftreten, unterscheiden sie sich in ihrer Ursache, ihrem Verlauf und der Schmerzcharakteristik deutlich. Zahnschmerzen sind meist ein lokales Warnsignal - vergleichbar mit einem Rauchmelder, der direkt dort Alarm schlägt, wo etwas nicht stimmt: etwa bei Karies, einer Entzündung oder einem beschädigten Zahn. Die Trigeminusneuralgie gleicht eher einem „Kurzschluss im Nervensystem“ - der Schmerz kommt plötzlich, heftig und oft ohne sichtbaren Auslöser. Betroffene beschreiben ihn wie Stromstöße oder Messerstiche, die in Sekundenschnelle einschiessen.

MerkmalZahnschmerzTrigeminusneuralgie
UrsacheLokale Reizung oder Entzündung im Zahn oder umliegenden Gewebe (z.B. Karies, Parodontitis, Pulpitis, Abszess)Neurologische Erkrankung, Reizung oder Kompression des Trigeminusnervs (z.B. durch Blutgefäß, Multiple Sklerose, Verletzung)
SchmerzcharakteristikDumpfer, pochender oder stechender Schmerz, der sich über die Zeit verstärken oder wie aus dem Nichts auftreten kann. Oft verbunden mit Empfindlichkeit auf Temperatur oder Süßes.Plötzlich einschießende, blitzartige, elektrisierende Schmerzen, die Sekunden bis Minuten andauern. Treten oft einseitig auf und können durch alltägliche Aktivitäten wie Sprechen, Kauen oder Berührungen ausgelöst werden.
AuslöserKaries, Entzündungen, beschädigte Zähne, Temperaturreize, SüssesOft keine sichtbaren Auslöser, können aber durch Berührungen, Sprechen, Kauen oder sogar kalten Wind ausgelöst werden.
LokalisationMeist auf einen bestimmten Zahn oder Bereich im Mund beschränkt, kann aber auch ausstrahlen.Betrifft das Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus, typischerweise im Bereich der zweiten (Oberkiefer) oder dritten (Unterkiefer) Nervenäste. Fast immer ist nur eine Gesichtshälfte betroffen, meist im Bereich von Wange, Ober- oder Unterkiefer.
BegleitsymptomeSchwellung, Zahnfleischbluten, Empfindlichkeit auf Temperatur, sichtbare Löcher, EiterbildungIn einigen Fällen Speichel- oder Tränenfluss, Muskelzuckungen und -krämpfe oder Hautrötungen.
DiagnostikZahnärztliche Untersuchung, RöntgenaufnahmenNeurologische Untersuchung, Anamnese, Magnetresonanztomografie (MRT)
BehandlungFüllung, Wurzelbehandlung, Parodontitisbehandlung, ZahnextraktionMedikamente (Antikonvulsiva), operative Verfahren (mikrovaskuläre Dekompression, perkutane Rhizotomie), physikalische Therapie, Entspannungstechniken, Psychotherapie
HausmittelKühlung, Mundhygiene, Schmerzmittel (Ibuprofen, Paracetamol)Hexenschuss-Tee, Kampferöl, Johanniskrautöl (ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung)
Wann zum Arzt?Bei akuten Zahnschmerzen, die nicht von selbst verschwinden oder sich verschlimmern.Bei plötzlich einschießenden, heftigen Gesichtsschmerzen, die wie Stromschläge empfunden werden und durch alltägliche Aktivitäten ausgelöst werden.

Hausmittel gegen Zahnschmerzen: Problematisch oder hilfreich?

Hausmittel können zwar kurzfristig Linderung verschaffen, bergen aber auch Risiken. Während Salzwasserspülungen oder das Auftragen von Nelkenöl entzündungshemmend wirken können, behandeln sie lediglich die Symptome und nicht die Ursache der Schmerzen. Dies kann dazu führen, dass ernsthafte zahnmedizinische Probleme unbehandelt bleiben und sich verschlimmern. Zudem besteht die Gefahr, dass durch unsachgemäße Anwendung von Hausmitteln Schleimhautreizungen oder allergische Reaktionen auftreten. Daher sollten Hausmittel nur als vorübergehende Maßnahme betrachtet werden, bis eine professionelle zahnärztliche Behandlung erfolgen kann.

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Was tun bei akuten Zahnschmerzen?

Bei akuten Zahnschmerzen ist es wichtig, schnell zu handeln, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Hier sind einige Schritte, die betroffene Patienten unternehmen können:

  • Zahnarzttermin vereinbaren: Suchen Sie so schnell wie möglich einen Zahnarzt auf, um die Ursache der Schmerzen professionell abklären und behandeln zu lassen.
  • Schmerzmittel einnehmen: Zur kurzfristigen Linderung können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol eingenommen werden. Beachten Sie dabei die empfohlene Dosierung und mögliche Nebenwirkungen.
  • Kühlung: Legen Sie einen in ein Tuch gewickelten Eisbeutel auf die betroffene Wange, um Schwellungen zu reduzieren und Schmerzen zu lindern.
  • Mundhygiene aufrechterhalten: Trotz Schmerzen sollten Sie weiterhin Ihre Zähne putzen und Zahnseide verwenden, um weitere Infektionen zu verhindern.

Die Zusammenarbeit von Zahnarzt und Neurologe

Bei Verdacht auf eine Trigeminusneuralgie ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Neurologe entscheidend. Während Zahnärzte sicherstellen können, dass keine Zahnprobleme oder Kieferfehlstellungen die Schmerzen verursachen, kann der Neurologe eine gründliche Untersuchung des Nervensystems durchführen. Diese Kombination stellt sicher, dass Patienten eine präzise Diagnose erhalten und sich nicht unnötigen Zahnbehandlungen unterziehen müssen.

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